294 JVG – Bei Wiesenschäden Der „Wiesenhobel“ ist das Maß des Schadens
Mark G. v. Pückler
I. Die Rechtsgrundlage
1. „Wird ein Grundstück, das zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehört oder einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk angegliedert ist, durch Schalenwild, Wildkaninchen oder Fasanen beschädigt, so hat die Jagdgenossenschaft dem Geschädigten den Wildschaden zu ersetzen. … Hat der Jagdpächter den Ersatz des Wildschadens ganz oder teilweise übernommen, so trifft die Ersatzpflicht den Jagdpächter.“ § 29 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 BJG 2. „Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teile verursacht worden ist. Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern.“ § 254 Bürgerliches Gesetzbuch (Mitverschulden)
II. Der Sachverhalt
Der Eigentümer mehrerer Wiesengrundstücke machte Schwarzwildschäden geltend. Nach dem Scheitern einer gütlichen Einigung setzte die Gemeinde den zu ersetzenden Schaden durch Vorbescheid auf 1 939 Euro fest. Gegen diesen Bescheid erhob der Jagdpächter Klage beim Amtsgericht. Er beantragte, den Betrag auf 994 Euro zu reduzieren. Zur Begründung machte er geltend, dass die Höhe der Entschädigung auf Schätzungen beruhe, denen veraltete Methoden zu Grunde lägen. Durch die Verwendung eines „Wiesenhobels“ hätten die Kosten etwa um die Hälfte gesenkt werden können. Bei dieser Methode werde die beschädigte Wiese in einem Arbeitsgang instand gesetzt. Der Einsatz eines solchen Gerätes koste etwa 70 Euro pro Stunde, in einer Stunde könne eine Fläche von rund zwei (bayerischen) Tagwerken (0,68 Hektar) bearbeitet werden. Damit sei diese Methode zur Beseitigung von Wiesenschäden erheblich preisgünstiger als die von dem Wildschadensschätzer in seiner Berechnung zu Grunde gelegte herkömmliche Art und Weise.
III. Das Urteil
Das Gericht gab dem Pächter Recht. Es reduzierte den zu ersetzenden Schaden auf 994 Euro, da beim Einsatz eines „Wiesenhobels“ nur Kosten in dieser Höhe entstanden wären. Das vom Gericht erhobene Sachverständigengutachten habe ergeben, dass der Einsatz eines „Wiesenhobels“ eine „gute und schnelle“ Möglichkeit darstelle, um Wiesenschäden zu beseitigen. Die Kosten hierfür lägen etwa um 49 Prozent unter denen der herkömmlichen Methode, da die aufgebrochenen Stellen in einem einzigen Arbeitsgang wiederhergestellt würden. Ein Geschädigter könne zwar die Art und Weise der Schadensbeseitigung frei wählen; jedoch sei er hierbei gehalten, aufgrund der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht einen wirtschaftlich vertretbaren Weg zu wählen. Der Einsatz eines „Wiesenhobels“ sei ein solcher Weg, er stelle eine „gleichsam effektive wie auch kostengünstige“ Lösung dar, so dass nur diese Kosten zu erstatten seien. Zu ersetzen seien daher:
➡ Nutzungsentschädigung für den Wiesenhobel : 443,05 Euro,
➡ Wiederherstellungskosten: 497,74 Euro,
➡ Flurschaden: 0,00 Euro, Folgeschäden: 54,03 Euro,
➡ Summe: 994,82 Euro.
Entgegen der Ansicht des Geschädigten hindere die Hanglage der Wiese nicht den Einsatz eines „Wiesenhobels“. Unzutreffend sei auch dessen Auffassung, dass durch das Abfressen von Wurzeln größere Löcher verblieben, die einer Verwendung dieses Gerätes entgegenstünden. Denn Schwarzwild suche beim Brechen weniger nach Wurzeln als vielmehr nach Würmern und sonstigem tierischen Eiweiß, um seinen hohen Vitamin-B-Bedarf zu decken. Amtsgericht Bayreuth, Urteile vom 10.1.2006 – 2 C 200/04 – und vom 31.3.2006 – 4 C 189/04 -, bestätigt durch Landgericht Bayreuth, Urteil vom 26.4.2006 – 13 S 15/06 –
IV. Anmerkungen
Oh, diese Wiesenschäden! Immer mehr werden sie zum Alptraum der Jäger. Kaum sind die ersten Schäden angemeldet, zieht die Rotte erneut über die Fläche und hinterlässt eine Spur der Verwüstung, auf der Suche nach Würmern, Engerlingen und Mäusen (tierisches Eiweiß). Ein Teufelskreis! Die dabei entstehenden Schäden sind beträchtlich und schwierig zu schätzen. Denn anders als bei Schäden im Feld, bei denen in der Regel nur der Ertragsausfall zu ersetzen ist (die Substanzschäden werden mit der Neubestellung automatisch beseitigt), sind bei Wiesenschäden neben dem Ertragsausfall zusätzlich die Kosten für die Beseitigung der Gebrächschäden zu bestimmen. Bei der Bemessung des Ertragsausfalls ist zwischen Mähwiesen und Weideflächen zu unterscheiden. Die Schäden an Mähwiesen sind erheblich höher zu bewerten als die an Weiden, dagegen dürften die Kosten zur Beseitigung der Substanzschäden an beiden Flächen etwa gleich hoch sein. Die zur Zeit günstigste Methode zur Beseitigung großflächiger Gebrächschäden ist der Einsatz eines „Wiesenhobels“. Bei ihm wird die Fläche in einem Arbeitsgang nivelliert, eingesät und gewalzt, so dass keine weiteren Arbeiten mehr erforderlich sind. Die Kosten hierfür betragen einschließlich Saatgut je nach Größe der Schäden und Beschaffenheit der Wiese zwischen 1,5 und 3 Cent pro Quadratmeter. Bei einer Arbeitsbreite von über zwei Metern schafft eine solche Maschine je nach Topographie der Fläche einen halben bis maximal 1 Hektar pro Stunde. Im obigen Gerichtsverfahren sprach der Sachverständige von einer Fläche von zwei bayerischen Tagwerken (1 Tagwerk entspricht rund 34 Ar) und einer Ersparnis gegenüber den herkömmlichen Methoden von 49 Prozent im konkreten Fall. Idealer Zeitpunkt für die Reparatur der im Herbst und Winter eingetretenen Schäden ist je nach Witterung der März/April, damit der Aufwuchs frühzeitig beginnen kann. Allerdings sollte die Erde richtig trocken sein, damit sich keine Klumpen bilden (siehe hierzu ergänzend WuH Nr. 4/2001, S. 58 – 61). Nach § 254 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch ist der Geschädigte verpflichtet, den Schaden „abzuwenden oder zu mindern“, soweit ihm das möglich und zumutbar ist. Unterlässt er das, muss er sich ein Mitverschulden am Entstehen des Schadens anrechnen lassen, das seinen Ersatzanspruch reduziert. Das ist in der Regel der Fall, wenn der Geschädigte „diejenigen Maßnahmen unterlässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensabwendung und Schadensminderung ergreifen“ würde. Deshalb hat das Gericht in den obigen Urteilen entschieden, dass der Geschädigte bei Wiesenschäden nur diejenigen Kosten verlangen kann, die beim Einsatz eines (verfügbaren) „Wiesenhobels“ entstanden wären, wenn dadurch höhere Kosten vermieden worden wären.
V. Ergebnis
1. Bei größeren Wiesenschäden kann der Einsatz eines „Wiesenhobels“ die Kosten etwa um die Hälfte senken. 2. Der Geschädigte kann daher nur diejenigen Kosten verlangen, die beim Einsatz eines „Wiesenhobels“ entstehen würden, sofern ein solcher im konkreten Fall zur Verfügung steht.