ANZEIGE

301 JVG – Anmeldung von Wildschäden

1856

301 JVG – Anmeldung von Wildschäden Verspätet, vermischt und ungeklärt

301 JVG

Mark G. v. Pückler

I. Die Rechtsgrundlage
1. „Wird ein Grundstück, das zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehört, durch Schalenwild, Wildkaninchen oder Fasanen beschädigt, so hat die Jagdgenossenschaft dem Geschädigten den Wildschaden zu ersetzen. Hat der Jagdpächter den Ersatz des Wildschadens ganz oder teilweise übernommen, so trifft ihn die Ersatzpflicht.“ § 29 Abs. 1 BJagdG 2. „Der Anspruch auf Ersatz von Wild- oder Jagdschaden erlischt, wenn der Berechtigte den Schadensfall nicht binnen einer Woche, nachdem er von dem Schaden Kenntnis erlangt hat oder bei Beobachtung gehöriger Sorgfalt erhalten hätte, bei der für das beschädigte Grundstück zuständigen Behörde angemeldet hat.“ § 34 BJagdG

II. Der Sachverhalt
Im gemeinschaftlichen Jagdbezirk des Pächters P. entstand an einem Weizenfeld erheblicher Wildschaden. Die geschädigte Landwirtin meldete den Schaden am 9.8.05 bei der Gemeinde an, der Wildschadensschätzer bezifferte ihn auf 1 562 Euro. Daraufhin erließ die Gemeinde einen Vorbescheid gegen den Pächter in dieser Höhe. Der Pächter war damit nicht einverstanden. Er erhob Klage beim zuständigen Amtsgericht und beantragte, den Vorbescheid aufzuheben. Zur Begründung machte er geltend, dass der Schaden nicht von Muffelwild herrühre, sondern von Schafen und Ziegen. Außerdem enthalte er auch Altschäden, für deren Anmeldung die einwöchige Frist bereits abgelaufen gewesen sei. Eine Trennung dieser Altschäden von den rechtzeitig angemeldeten Neuschäden sei nicht erfolgt und auch nicht mehr möglich.

III. Das Urteil
Das Gericht gab dem Pächter Recht. Es hob den Vorbescheid auf und entschied, dass der Landwirtin kein Ersatzanspruch zusteht. Weder stehe fest, dass es sich um Wildschäden handle, noch sei geklärt, dass die Schäden rechtzeitig angemeldet worden seien. Der vom Gericht angehörte Wildschadensschätzer habe angegeben, dass er bei den großflächigen Schäden nicht sagen könne, ob es tatsächlich Muffelwildschäden seien. In seine Schätzung vom 9.8.05 habe er auch Altschäden aufgenommen, die schon im Frühjahr vorhanden gewesen seien und auch von Schafen oder Ziegen stammen könnten. Lediglich bei einem kleinen Teil des Schadens handle es sich um einen Schwarzwildschaden. Aber auch bei diesem kleinen Schaden könne er – ebenso wie bei den übrigen ungeklärten Schäden – nicht unterscheiden zwischen rechtzeitig angemeldeten Neuschäden und verspätet angemeldeten Altschäden. Auch die übrigen Zeugen hätten nicht ausschließen können, dass sich in dem fraglichen Zeitraum auch Schafe und Ziegen auf den Feldern befunden hätten. Daher könne nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass es sich bei den Hauptschäden tatsächlich um Muffelwildschäden handle. Diese Ungeklärtheit gehe zu Lasten der Geschädigten. Amtsgericht Kusel, Urteil vom 1.6.2006 –1 C 461/05 – IV. Weiteres Urteil In einem Jagdbezirk waren im Feld Wildschäden durch Schwarzwild entstanden. Der Wildschadensschätzer nahm den Schaden am 2.5.2005 zu Protokoll, die Gemeinde erließ einen entsprechenden Vorbescheid gegen den Jagdpächter. Dieser erhob Klage beim Amtsgericht und machte geltend, dass die Schäden verspätet angemeldet worden seien und der Wildschadensschätzer Alt- und Neuschäden nicht getrennt festgehalten habe. Das Gericht hob den Vorbescheid auf. Die Vernehmung der Zeugen habe ergeben, dass bereits nach der Aussaat im Jahre 2004 Schäden durch Schwarzwild entstanden seien. Weitere Schäden seien im Laufe des Jahres 2005 hinzugekommen. Der Wildschadensschätzer habe hierzu erklärt, dass er Schäden „aus verschiedenen Zeitabschnitten“ festgestellt habe. Darunter hätten sich „ältere und auch relativ neue“ Schäden befunden. Wie üblich, habe er den „insgesamt“ entstandenen Schaden seiner Schätzung zugrunde gelegt, ohne zwischen „alt“ und „neu“ zu unterscheiden. Bei dieser Sachlage konnte das Gericht nicht mit ausreichender Sicherheit klären, welche Schäden wann entstanden waren und damit rechtzeitig angemeldet wurden. Das hatte zur Folge, dass der Geschädigte keinen Ersatz verlangen konnte. Denn er muss nachweisen, dass er den Schaden rechtzeitig angemeldet hat und wie hoch dieser Schaden ist. Amtsgericht Lichtenfels, Urteil vom 5.4.2006 – 1 C 338/05 –

V. Anmerkungen
1. Die Anspruchsvoraussetzungen Wer einen Anspruch erhebt, muss seine Voraussetzungen nachweisen. Beim Wildschadensersatz bedeutet das, dass der Geschädigte nachweisen muss, a. dass der Schaden von Schalenwild, Wildkaninchen oder Fasanen stammt; b. dass er den Schaden rechtzeitig angemeldet hat; c. dass die Höhe des Schadens richtig berechnet wurde. Gelingt ihm dieser Nachweis nicht, steht ihm auch kein Anspruch zu. Umgekehrt muss der Ersatzpflichtige beweisen, dass der Anspruch ganz oder teilweise nicht besteht, z. B. weil den Geschädigten ein Mitverschulden trifft oder dieser Schutzvorrichtungen ohne triftigen Grund vereitelt oder unwirksam gemacht hat. 2. Wildschäden Nur Schäden von Schalenwild, Wildkaninchen und Fasanen sind zu ersetzen. Für Schäden von anderen Wildarten gibt es keinen Ersatz, außer der Ersatzpflichtige hat solche Schäden ausdrücklich im Pachtvertrag übernommen. Im obigen Fall Nr. 1 konnte die Geschädigte nicht nachweisen, ob die Schäden vom Muffelwild verursacht wurden oder von Schafen und Ziegen, die sich im fraglichen Zeitraum ebenfalls auf dem Grundstück befanden. Das war das „Aus“ für sie. Auf die Rechtzeitigkeit der Anmeldung kam es nicht mehr an. 3. Rechtzeitigkeit der Anmeldung Hier werden von den Geschädigten die meisten Fehler gemacht. Nach § 34 BJagdG erlischt der Anspruch auf Wildschadensersatz, wenn der Schaden nicht innerhalb einer Woche ab Kenntniserhalt angemeldet wird. Der Geschädigte muss den Schaden nicht selbst gesehen haben, es genügt, dass er von dem Schaden unterrichtet wurde, z. B. von einem Nachbarn. Beispiel: Kenntniserhalt am Mittwoch, Ablauf der Anmeldefrist am folgenden Mittwoch 24 Uhr. Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, so endet die Frist erst mit Ablauf des nächsten Werktages. Also: Kenntniserhalt am Samstag/ Sonntag, Fristende am übern.chsten Montag 24 Uhr. Wichtig: Dem Tag des Kenntniserhalts gleichgestellt ist der Tag, an dem der Geschädigte bei Einhaltung gehöriger Sorgfalt (also ohne Fahrlässigkeit) von dem Schaden Kenntnis erhalten hätte. Da der Geschädigte seine Flächen aufgrund der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht mindestens einmal monatlich kontrollieren muss, sind Schäden, die bei Kenntniserhalt bereits älter als ein Monat sind, grundsätzlich nicht mehr zu ersetzen. Ein Schaden ist älter als ein Monat, wenn er vor dem gleichen Datumstag des Vormonats entstanden ist. Beispiel: Kenntniserhalt am 20.11., Schadenseintritt vor dem 20.10.; Kenntniserhalt am 31.10., Schadenseintritt vor dem 30.9., da es den 31.9. nicht gibt. Bei fortlaufenden und sich wiederholenden Schäden sowie bei besonders gefährdeten Flächen, an denen bereits in der Vergangenheit häufig Wildschäden entstanden sind, muss der Geschädigte öfter als monatlich kontrollieren, z. B. alle zwei Wochen oder gar wöchentlich, damit der Ersatzpflichtige schnellstens schadensmindernde Maßnahmen ergreifen kann. 4. Alt- und Neuschäden vermischt Befinden sich auf einer Fläche Schäden, die bei Kenntniserhalt bereits älter als ein Monat (oder zwei Wochen/eine Woche, siehe oben) sind (sog. Altschäden), sowie Schäden jüngeren Datums (sog. Neuschäden), was z.B. bei wiederholten oder fortlaufenden Schädigungen der Fall ist, so sind nur die Jüngeren zu ersetzen. Für die älteren ist die Anmeldefrist bereits abgelaufen. Werden die jüngeren Schäden nicht exakt getrennt von den älteren festgestellt und geschätzt, so entfällt der Ersatzanspruch. Denn es ist ungeklärt, wie hoch der zu ersetzende Teil ist. Dies geht zu Lasten des Ersatzberechtigten, da er die Höhe des Schadens beweisen muss. Für diese getrennte Feststellung muss daher der Geschädigte sorgen; macht es der Jäger, gräbt er sich selbst sein Grab. Er sollte besser das Vorhandensein von Altschäden fotografieren und darauf achten, dass Schäden aus verschiedenen Schadensfällen im Protokoll festgehalten werden. Werden – wie im zweiten Fall – vor der Ernte alle bis dahin aufgelaufenen Schäden ungetrennt im Ganzen festgehalten und geschätzt, ohne dass zwischen Alt- und Neuschäden unterschieden wird, gibt es keinen Ersatz. Denn der Geschädigte hat weder nachgewiesen, welche Schäden er rechtzeitig angemeldet hat, noch wie hoch die darin enthaltenen Neuschäden tatsächlich sind. Auch eine Schätzung des Schadens durch das Gericht ist in solchen Fällen nicht möglich. Zum einen gibt es keine Anhaltspunkte, die eine zuverlässige Bestimmung des Schadens ermöglichen. Zum anderen soll eine solche Schätzung nur dem schuldlos in Beweisnot befindlichen Geschädigten zu Gute kommen. Hier aber hat der Geschädigte die Anmeldefrist schuldhaft versäumt, die gerade eine sichere Schadensfeststellung gewährleisten soll (Landgericht Hagen, Urteil vom 17.2.1998 – 1 S 291/97).

VI. Ergebnis
1. Der Geschädigte muss die Voraussetzungen des Wildschadensersatzanspruchs beweisen. Hierzu gehören die Verursachung durch Schalenwild, Wildkaninchen oder Fasane, Rechtzeitigkeit der Anmeldung sowie die Höhe des Schadens. 2. Der Geschädigte muss seine Flächen mindestens monatlich kontrollieren. Gefährdete Parzellen öfter. Schäden, die bei Kenntniserhalt bereits älter als ein Monat sind, sind grundsätzlich nicht mehr zu ersetzen. 3. Enthält eine Fläche Schäden, die bei Kenntniserhalt teils älter und teils jünger als einen Monat sind, so müssen diese voneinander getrennt festgehalten werden. Wird „alles zusammen“ festgestellt und bewertet, gibt es keinen Ersatz.

ANZEIGE

ANZEIGE
Aboangebot