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328 JVG – Getilgte Strafen – verwertbar oder nicht?

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328 JVG – Unzuverlässigkeit, Getilgte Strafen – verwertbar oder nicht?

328 JVG

Mark G. v. Pückler

I. Die Rechtsgrundlage
1. „Eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen.“ § 45 Abs. 2 WaffG Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht, die wiederholt oder gröblich gegen Vorschriften des Waffengesetzes verstoßen haben.“ Abs. 2 Nr. 5 WaffG Ist die Eintragung über Verurteilung im Strafregister getilgt worden oder sie zu tilgen, so dürfen die und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten nicht zu seinem Nachteil verwertet werden.“ § 51 Abs. Bundeszentralregistergesetz Verwertungsverbot) Die frühere Tat darf abweichend vom Verwertungsverbot nur berücksichtigt werden, wenn der Betroffene die Erteilung einer Waffenbesitzkarte, eines Munitionserwerbsscheins, Waffenscheins, Jagdscheins oder einer Erlaubnis nach § 27 des Sprengstoffgesetzes beantragt, falls die Erteilung der Erlaubnis sonst zu einer erheblichen Gefährdung der Allgemeinheit führen würde.“ 52 Abs. 1 Nr. 4 Bundeszentralregistergesetz (Ausnahme vom Verwertungsverbot)

II. Der Sachverhalt
W. besaß drei Waffenbesitzkarten aus den Jahren zwischen 1974 und 1989. Im Januar 1991 überprüfte die Waffenbehörde seine Zuverlässigkeit. Dabei stellte sie fest, dass W. in den Jahren 1969 bis 1983 wegen zahlreicher Straftaten zu Geldstrafen verurteilt worden war. Das letzte Urteil wurde am 31.1.1984 rechtskräftig. Außerdem schwebten gegen W. zwischen 1974 und 1989 weitere Verfahren wegen waffenrechtlicher Verstöße, die jedoch nicht zu einer Verurteilung führten. Hierbei handelte es sich um Ordnungswidrigkeiten sowie zuletzt um ein Strafverfahren wegen fortgesetzten unerlaubten Waffenbesitzes, das im Jahre 1989 wegen geringer Schuld eingestellt wurde. Mit Bescheid vom 23.4.1991 widerrief die Behörde die Waffenbesitzkarten wegen Unzuverlässigkeit. Das Verwaltungsgericht wies die Klage des W. ab, das Oberverwaltungsgericht gab W. Recht und hob den Widerrufsbescheid auf. Hiergegen legte die Behörde mit Erfolg Revision ein.

III. Das Urteil
Das Bundesverwaltungsgericht hob das Urteil des Oberverwaltungsgerichts auf und wies die Sache zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts und erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Diese habe zu prüfen, ob Unzuverlässigkeit wegen eines wiederholten oder gröblichen Verstoßes gegen das Waffengesetz gegeben sei. Ausgangspunkt sei § 45 Abs. 2 WaffG. Danach sei eine Waffenbesitzkarte zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Das gelte insbesondere bei nachträglich eingetretener Unzuverlässigkeit. Vorliegend könne die Unzuverlässigkeit jedoch nicht mehr auf die früheren Verurteilungen und die ihnen zugrunde liegenden Verfehlungen aus den Jahren 1969 bis 1983 gestützt werden, weil das Verwertungsverbot nach § 51 Abs. 1 Bundeszentralregistergesetz dies ausschließe. Nach diesem Verbot dürften getilgte oder zu tilgende Verurteilungen und die ihnen zugrunde liegenden Taten nicht mehr zum Nachteil des Betroffenen verwertet werden. Das gelte sowohl für die Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG als auch nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 WaffG. Da die letzte Verurteilung 1983 erfolgt sei und die Verurteilungen nur zu Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen geführt hätten, seien sie gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 1a Bundeszentralregistergesetz nach Ablauf von fünf Jahren seit der letzten Verurteilung getilgt worden. Dem stehe nicht entgegen, dass das Verwertungsverbot nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 Bundeszentralregistergesetz bei der Erteilung einer Waffenbesitzkarte nicht gelte, wenn die Erteilung zu einer erheblichen Gefährdung der Allgemeinheit führen würde. Denn hier gehe es nicht um die Erteilung einer Waffenbesitzkarte, sondern um deren Widerruf. Eine Ausdehnung der Ausnahme vom Verwertungsverbot auch auf den Widerruf sei wegen des eindeutigen Wortlauts des Gesetzes nicht möglich. Inwieweit die weiteren Vorfälle aus den Jahren 1974 bis 1989, die zu keiner strafrechtlichen Verurteilung geführt hätten, die Unzuverlässigkeit begründen könnten, müsse das Oberverwaltungsgericht noch klären. Hier stehe das Verwertungsverbot grundsätzlich nicht entgegen, weil es nur für strafrechtliche Verurteilungen und die ihnen zugrunde liegenden Taten gelte, nicht aber für Fälle, in denen das Verfahren nicht zu einer Verurteilung geführt habe oder nur ein Bußgeldbescheid ergangen sei. Denn die Tilgung und das daran anschließende Verwertungsverbot sollen den Strafmakel beseitigen und eine Wiedereingliederung des Verurteilten in die Gesellschaft erleichtern, nicht jedoch sons tige Folgen der Tat ausschließen. Gleichwohl gebe es die Ausnahme, dass eine Verwertung solcher Verfehlungen dann ausscheide, wenn sie im Falle einer Verurteilung inzwischen getilgt wären oder wenn es sich lediglich um länger zurückliegende Ordnungswidrigkeiten handele, es sei denn, die Verstöße dauerten bis in die Gegenwart an. Ob sich aus den späteren Verstößen bis 1989 nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG eine Unzuverlässigkeit wegen wiederholten oder gröblichen Verstoßes gegen das Waffengesetz ergebe, müsse vom Ober verwaltungsgericht noch geprüft werden. Ein solcher Verstoß scheide nicht schon deshalb aus, weil das Landgericht das Verfahren betreffend fortgesetzten unerlaubten Waffenbesitzes wegen geringer Schuld gegen Zahlung einer Geldbuße von 1 000 DM nach § 153a Strafprozessordnung eingestellt habe. Denn anders als das Strafrecht sei im öffentlichen Sicherheitsrecht nicht die Schuld des Täters maß gebend, sondern die Gefährdung der Allgemeinheit. Das mit dem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko solle möglichst gering gehalten und daher nur bei Personen hingenommen werden, von denen anzunehmen sei, dass sie stets und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß mit der Waffe umgehen würden. Ein gröblicher, gefahrenbegründender Verstoß könne daher auch dann vorliegen, wenn den Täter nur eine geringe Schuld daran treffe. Jedenfalls seien Verfehlungen, die nach dem Waffengesetz vorsätzliche Straftaten darstellten, in der Regel auch gröbliche Verstöße im Sinne der Unzuverlässigkeitsregelung. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26.3.1996 – 1 C 12.95 –

V. Ergebnis
1. Grundsätzlich dürfen getilgte Verurteilungen und die ihnen zugrunde liegenden Taten nicht mehr verwertet werden. Das gilt auch beim Widerruf einer Waffenbesitzkarte und dem Entzug des Jagdscheins. 2. Ausnahmen: Dieses Verwertungsverbot gilt nicht bei Anträgen auf Erteilung eines Jagdscheins, einer Waffenbesitzkarte, eines Munitionserwerbsscheins und einer Erlaubnis nach dem Sprengstoffgesetz, wenn dadurch die Allgemeinheit erheblich gefährdet würde. In diesen Fällen dürfen die früheren Taten noch berücksichtigt werden. 3. Das Verwertungsverbot gilt an sich nur für strafrechtliche Verurteilungen und die ihnen zugrunde liegenden Taten. Endet das Strafverfahren ohne Verurteilung, beispielsweise durch Einstellung, wird es aber ebenfalls angewandt, wenn die Tat im Falle einer Verurteilung inzwischen getilgt wäre. Ebenso ist es bei länger zurückliegenden Ordnungswidrigkeiten. 4. Die Tilgungsfrist beträgt je nach Strafhöhe und Straftat fünf bis 20 Jahre. 5. Zuwiderhandlungen gegen das Waffengesetz, die vorsätzliche Straftaten darstellen, sind regelmäßig gröbliche Verstöße, die nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG in der Regel zur Unzuverlässigkeit führen, auch wenn das Strafverfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt wurde

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