331 JVG – Kein Wildschadensersatz, Rechtzeitige Anmeldung ungeklärt
Mark G. v. Pückler
I. Die Rechtsgrundlage
„Der Anspruch auf Ersatz von Wildschäden erlischt, wenn der Berechtigte den Schadensfall nicht binnen einer Woche, nachdem er von dem Schaden Kenntnis erhalten hat oder bei Beobachtung gehöriger Sorgfalt erhalten hätte, bei der für das beschädigte Grundstück zuständigen Behörde anmeldet. Die Anmeldung soll die als ersatzpflichtig in Anspruch genommene Person bezeichnen.“ § 34 BJagdG
II. Der Sachverhalt
Landwirt L. bestellte am 7. Oktober 2010 sein Feld mit Winterweizen. Unmittelbar davor war Mais angebaut, an dem bereits erheblicher Schaden entstanden war. Mit Schreiben vom 5. November meldete L. einen Schaden am Weizen an. Am 11. November fand der Ortstermin statt, ohne Beteiligung eines Wildschadensschätzers. Mit Schrei ben vom 15. November teilte die Gemeinde L. mit, dass eine gütliche Einigung nicht zustande gekommen sei und sich daher ein weiterer Termin erübrige. Nun ging L. vor Gericht. Er machte geltend, dass er Anfang November einen Schaden von rund 3 000 Euro festgestellt habe. Die Jagdpächter entgegneten, dass das Vorverfahren fehlerhaft durchgeführt worden sei, weil kein Wildschadensschätzer teilgenommen habe. Außerdem habe L. weder detailliert angegeben noch bewiesen, wann genau er den Schaden bemerkt habe und wann er bei gehöriger Sorgfalt Kenntnis erhalten hätte. Auch sei der Schaden nur deshalb entstanden, weil L. liegen gebliebene Maiskolben untergepflügt habe (siehe hierzu WuH 5/2003, S. 66).
III. Das Urteil
Vor Gericht hatte L. keinen Erfolg. Seine Klage war zwar zulässig, obgleich im Orts termin kein Wildschadensschätzer anwesend war. Es genügt, dass überhaupt ein Vorverfahren stattgefunden hat. Nicht notwendig ist, dass es fehlerfrei durchgeführt wurde. Die Klage sei aber nicht begründet, so das Gericht weiter, weil L. die rechtzeitige Anmeldung des Schadens nicht nachgewiesen habe. Nach § 34 BJagdG seien Wildschäden im Feld innerhalb einer Woche ab Kenntnis erlangung oder ab dem Tage, an dem der Geschädigte bei Einhaltung gehöriger Sorgfalt Kenntnis erhalten hätte, bei der zuständigen Gemeinde anzumelden. Werde diese Frist nicht eingehalten, erlösche der Ersatzanspruch. Der Geschädigte müsse daher detailliert darlegen und erforderlichenfalls auch beweisen, dass er diese Frist eingehalten habe. Hierzu müsse er konkret angeben, was er wann unternommen habe, um unter Anwendung gehöriger Sorgfalt etwaige Schäden festzustellen. Im vorliegenden Falle sei das nicht erfolgt, sodass nicht festgestellt werden könne, wann L. von dem Schaden bei ordnungsgemäßen Kontrollen Kenntnis erlangt und damit den Lauf der Anmeldefrist ausgelöst hätte. Bei landwirtschaftlichen Flächen sei eine wöchentliche Kontrolle notwendig. Seine Behauptung, er habe den Schaden Anfang November entdeckt und bereits am 5. November, also innerhalb einer Woche, angemeldet, reiche hierfür nicht aus, weil unklar bleibe, wann er bei Anwendung gehöriger Sorgfalt den Schaden festgestellt hätte. Amtsgericht Siegburg, Urteil vom 18.2.2011 – 117 C 413/10 – (ebenso: Amtsgericht Schwarzenbek, Urteil vom 12.5.2010 – 2 C 392/09). IV. Anmerkungen Die Anmeldefrist von nur einer Woche ist von größter Bedeutung. Denn hierbei handelt es sich um eine Anspruchsvoraussetzung, die der Geschädigte dar legen und beweisen muss. Nur bei höherer Gewalt (beispielsweise Krankenhausaufenthalt) kann eine Nachfrist gewährt werden. Das beruht darauf, dass die rechtzeitige Anmeldung allein im Risiko bereich des Geschädigten liegt. Sie dient dazu, die Voraussetzungen seines Ersatzanspruchs sicher zu klären. Der Geschädigte muss also dafür sorgen, dass sich ein anderer während seiner Abwesenheit um seine Angelegenheiten kümmert. Die Frist ist deshalb so kurz bemessen, weil nur bei einer zeitnahen .berprüfung die Schadensursache sicher festan dem Tag, an dem der Geschädigte bei gehöriger Sorgfalt Kenntnis erhalten hätte. Sie endet mit Ablauf des gleichen Tages in der folgenden Woche. Ist der letzte Tag ein Sonn abend, Sonntag oder Feiertag, endet die Frist erst am folgenden Werktag. Beispiel: Kenntniserlangung am Mittwoch, Frist ende am folgenden Mittwoch um 24 Uhr; Kenntniserlangung gestellt werden kann. Außerdem soll der Jagdausübungsberechtigte so schnell wie möglich von dem Schaden erfahren, damit er umgehend weitere Schäden verhindern kann, sei es durch verstärkte Bejagung oder durch Errichtung üblicher Schutzvorrichtungen. Die Frist beginnt am Tag, an dem der Landwirt Kenntnis vom Schaden erhielt, oder am Sonnabend, Fristende am übernächsten Montag um 24 Uhr. Entscheidend ist der Tag des Zuganges bei der Gemeinde, nicht der Poststempel. Eigenhändiger Einwurf in den Briefkasten der Gemeinde unter Zeugen eine Minute vor Fristablauf (Mitternacht) genügt. Schwierigkeiten bereitet oft die Frage, wann der Geschädigte bei Beachtung gehöriger Sorgfalt von dem Schaden Kenntnis erlangt hätte. Der Geschädigte ist zwar grundsätzlich gehalten, seine Felder in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren; wie lang diese Abstände sind, ist jedoch gesetzlich nicht festgelegt. Sie richten sich daher nach der Höhe der Gefährdung im jeweiligen Fall. Je größer die Gefahr der Entstehung von Wildschäden im konkreten Fall ist, desto kürzer ist die Kontrollpflicht. In der Rechtsprechung hat sich der allgemeine Grundsatz herausgebildet, dass der Geschädigte im Normalfall mindestens einmal monatlich seine Flächen kontrollieren muss. Bei erhöhter Schadensanfälligkeit bis zu wöchentlich, zum Beispiel auf Flächen, an denen in der Vergangenheit wiederholt Schäden entstanden sind oder die aufgrund ihrer Lage oder Frucht (Milchreife) erhöht gefährdet sind. Das bedeutet, dass zwischen den einzelnen Kontrolltagen jeweils nur ein Monat (bei besonderer Gefährdung eine Woche) liegen darf. Beispiel: Kontrolle am 10. Mai, nächste Kontrolle bis zum 10. Juni/bei besonderer Gefährdung bis zum 17. Mai und so weiter. Es genügt nicht, jeden Monat irgendwann einmal zu kontrollieren, zum Beispiel am 10. Mai und 20. Juni. Denn hier liegt zwischen beiden Kontrollen mehr als ein Monat. Erfolgt die nächste Kontrolle vorzeitig, beispielsweise am 5. Juni, muss die nächste bis 5. Juli erfolgen. Ist der Folgemonat kürzer, gilt dessen letzter Tag: Kontrolle am 31. Mai, nächste am 30. Juni (nicht 1. Juli). Aus der monatlichen/ wöchentlichen Kontrollpflicht folgt als Faustregel, dass Schäden, die bei Kenntniserhalt bereits älter als einen Monat sind (bei besonderer Gefährdung älter als eine Woche), wegen Fristversäumung nicht mehr zu ersetzen sind. Das häufig anzutreffende Verhalten, dass der Landwirt erst kurz vor der Ernte sein Feld kontrolliert und dann alle bis dahin aufgelaufenen Schäden auf einmal anmeldet, führt dazu, dass alle Schäden, die an diesem Tage älter als einen Monat/eine Woche sind, nicht mehr ersetzt werden müssen. Die jüngsten, noch rechtzeitig angemeldeten Schäden entfallen dann meistens ebenfalls, weil sie mit den Alt schäden untrennbar vermischt sind. Daher ist eine exakte Bestimmung des zu erstattenden Schadens unmöglich (ausführlich in WILD UND HUND Exklusiv Nr. 35: „Wildschäden im Feld“).
V. Ergebnis
1. Wildschäden auf landwirtschaftlichen Flächen müssen innerhalb einer Woche ab Kenntnis von dem Schaden oder ab dem Tage, an dem der Geschädigte bei Beachtung gehöriger Sorgfalt von dem Schaden Kenntnis erhalten hätte, bei der zuständigen Stelle (in der Regel die Gemeinde) angemeldet werden. Andernfalls erlischt der Anspruch. 2. Aus der regelmäßigen Kontrollpflicht folgt, dass Schäden, die bei Kenntniserlangung bereits älter als einen Monat sind, nicht zu ersetzen sind. Diese Frist verkürzt sich auf bis zu einer Woche bei besonders gefährdeten Flächen, beispielsweise dort bei denen in der Vergangenheit wiederholt Schäden entstanden sind oder die aufgrund ihrer Lage oder Frucht besonders gefährdet sind. 3. Der Geschädigte muss die rechtzeitige Anmeldung konkret darlegen und erforderlichenfalls auch beweisen, da sie eine Voraussetzung seines Ersatzanspruchs ist.