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367 JVG – Schalldämpfer – nur für Förster?

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367 JVG – Schalldämpfer – nur für Förster? WAFFENRECHTLICHE ERLAUBNIS

Mark G. v. Pückler

367 JVG

I. Die Rechtsgrundlagen

1. „Wesentliche Teile von Schusswaffen und Schalldämpfer stehen … den Schusswaffen gleich, für die sie bestimmt sind.“ Anlage 1 zum WaffG, Abschnitt 1, Unterabschnitt 1 Nr. 1.3

2. Die Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Schusswaffen wird durch eine Waffenbesitzkarte … erteilt. § 10 Abs. 1 WaffG

3. Der Arbeitgeber hat die nach § 3 festgelegten Schallschutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik durchzuführen, um Gefährdungen der Beschäftigten auszuschließen oder so weit wie möglich zu vermindern. Dabei ist folgende Reihenfolge zu berücksichtigen:

a. Die Lärmemission muss am Entstehungsort verhindert oder so weit wie möglich verringert werden.

b. Die Maßnahmen nach Ziff. 1 haben Vorrang vor der Verwendung von Gehörschutz. § 7 Abs. 1 der Lärm-und Vibrations-ArbeitsschutzVO

II. Der Sachverhalt

Förster F. beantragte eine waffenrechtliche Erlaubnis zum Erwerb, Besitz und Führen eines Schalldämpfers. Zur Begründung machte er geltend, dass er von Berufs wegen zum Jagen verpflichtet sei. Infolge eines bereits erlittenen und ärztlich bestätigten Knalltraumas (durch einen Jagdunfall) leide er seit Jahren an einem fachärztlich bestätigten Tinnitus und einer Hochtonschallempfindungsstörung beidseits, weshalb eine weitere Schädigung durch Lärm unbedingt zu vermeiden sei. Die Verwendung eines Schalldämpfers werde daher ärztlicherseits empfohlen.

Die Waffenbehörde lehnte den Antrag ab und verwies darauf, dass die Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb eines Schalldämpfers grundsätzlich restriktiv zu behandeln sei. Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen könne hierfür ein Bedürfnis bestehen, da der Geschossknall mittels eines elektronischen Gehörschutzes ausreichend vermindert werden könne. Dafür spreche auch, dass die Verwendung von Schalldämpfern auf der Jagd in vielen Bundesländern verboten sei. Ein elektronischer Gehörschutz schütze vor dem Schussknall und verstärke andererseits schwache Geräusche. Ein rasches Anschlagen der Waffe sei auch mit einem Gehörschutz möglich, wie beim jagdlichen Trap-und Skeetschießen zu beobachten sei.

Nach erfolglosem Widerspruch erhob der Förster Klage beim Verwaltungsgericht. Hier machte er ergänzend geltend, dass von Langwaffen mit Schalldämpfern keine erhöhte kriminelle Gefahr ausgehe. Demzufolge seien Schalldämpfer in Frankreich, England, Schottland und allen skandinavischen Ländern für Jäger frei erhältlich. Ein elektronischer Gehörschutz sei anfälliger und schließe bei Brillenträgern „Lärmbrücken“ nicht verlässlich aus. Nach der Lärm-und Vibrations-ArbeitsschutzVO müsse der Lärm grundsätzlich am Entstehungsort und nicht an der Person vermindert werden.

III. Das Urteil

Das Verwaltungsgericht gab dem Förster Recht. Es hob den ablehnenden Bescheid auf und verpflichtete die beklagte Behörde, die beantragte waffenrechtliche Erlaubnis zu erteilen. Zur Begründung wies es darauf hin, dass der Förster gemäß § 8 Nr. 1 WaffG ein erhöhtes Bedürfnis für einen Schalldämpfer glaubhaft gemacht habe. Denn sein besonderes Interesse am Schutz seiner Gesundheit überwiege die entgegenstehenden öffentlichen Sicherheitsinteressen.

Nach den Angaben des Waffensachverständigen vom Landeskriminalamt Baden-Württemberg vor Gericht verursache die Büchse des Jägers im Kaliber .308 Winchester einen Schallpegel von rund 160 Dezibel (dB[A]). Zum Vergleich hierzu betrage der von einem Verkehrsflugzeug in sieben Meter Abstand erzeugte Schalldruck 120 dB(A) und der Lärm eines Düsenjägers in gleichem Abstand 130 dB(A). Letzteres sei auch die Schmerzgrenze, sodass ein Büchsenschuss des Försters deutlich darüber liege. Auch ein nur kurzes Einwirken eines sehr lauten Knalles (akustisches Trauma) könne zu einer Schädigung des Gehörs an den Haarzellen (Innenohrschwerhörigkeit) und/oder zu einem Tinnitus mit irreparablen Schäden führen, wobei im vorliegenden Falle hinzu komme, dass bereits eine Vorschädigung des Gehörs gegeben sei.

Demgegenüber sei das öffentliche Interesse daran, die Zahl der Waffen mit Schalldämpfern so gering wie möglich zu halten, von geringerem Gewicht. Denn nach Auskunft des Landeskriminalamts wurden in den vergangenen zehn Jahren bundesweit nur 53 Straftaten (zum Beispiel Mord, Totschlag, Raub) durch Schusswaffen mit Schalldämpfern begangen, darunter nur in 17 Fällen mit Langwaffen. Unter diesen 17 seien nur acht Jäger betroffen, aber lediglich wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz (Anm. des Verf.: zum Beispiel wegen unerlaubten Besitzes oder Führens eines Schalldämpfers), keine Schwerkriminalität.

Statistisch gesehen gehe von Kurzwaffen mit Schalldämpfern zwar ein erhöhtes Risiko aus, im Verhältnis zur Gesamtkriminalität sei die Anzahl jedoch sehr gering. Ein Schalldämpfer für Langwaffen könne nicht ohne spezielle Umrüstung für eine Kurzwaffe verwendet werden. Eine Gefährdung der Waldbesucher durch lautloses Jagen sei nicht zu befürchten, weil der gedämpfte Schuss noch deutlich zu hören sei. Nach Angaben des Sachverständigen vom LKA bewirke der Schalldämpfer eine Reduzierung des Schalldruckes um bis zu 30 dB(A), sodass der Büchsenknall bei rund 100 dB(A) liege. Das entspreche dem Lärmpegel einer Kreissäge oder den Lärmspitzen in einem Fußballstadion (siehe hierzu auch WuH-Sonderdruck „Schalldämpfer“. Erhältlich unter www.wildundhundshop.de).

Ein elektronischer Gehörschutz biete nur geringeren Schutz. Insbesondere bei Nachsuchen sei der Schutz unzureichend, da ein elektronischer Gehörschutz das Richtungshören beeinträchtige, was bei wehrhaftem Wild sehr gefährlich sei. Auch könne er in einem Dickicht leicht abgestreift werden. Schließlich sei aus § 7 Abs. 1 der Lärm-und Vibrations-ArbeitsschutzVO

die Wertung zu entnehmen, dass der Lärmschutz am Entstehungsort vorrangig sei gegenüber dem Schutz an der Person, sodass ein Gehörschutz nicht als gleichwertig angesehen werden könne.

Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil v. 12.11.2014 -1 K 2227/13 – (nicht rechtskräftig)

IV. Anmerkungen

Das Urteil ist zu begrüßen. Es räumt auf mit der Mär vom heimtückischen Töten mit lautlosen Waffen, soweit es sich um Langwaffen in Jägerhand handelt. Die Urteilsgründe beruhen entscheidend darauf, dass im gegebenen Falle der Schutz der Gesundheit das öffentliche Sicherheitsinteresse überwog, weil der Förster bereits vorgeschädigt war und er die Jagd berufsmäßig ausüben muss.

Wenn die Schmerzgrenze bei 130 dB(A) liegt und höhere Schallpegel zu irreparablen Gehörschäden führen können, dann muss eigentlich jedem Jäger – unabhängig davon, ob vorgeschädigt oder beruflich verpflichtet – die Möglichkeit gegeben werden, sich vor solchen Schäden zu schützen. Denn ein Büchsenknall von 160 dB(A) übersteigt die Schmerz-und Gefahrengrenze um ein Mehrfaches, weil sich der Schalldruck etwa alle zehn dB(A) verdoppelt.

Gegenwärtig besteht bei den Waffenbehörden „traditionell“ noch eine allgemeine Zurückhaltung bei der Bewilligung von Schalldämpfern, was aber kriminalistisch nicht begründbar ist. Es ist unhaltbar, dass Förster und Berufsjäger bevorzugt werden, weil sie berufsmäßig jagen, während die übrigen Jäger ihre Gesundheit nicht gleichwertig schützen dürfen. Die Gesundheit aller Jagenden hat selbstverständlich den gleichen Stellenwert und wird als Grundrecht in Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz geschützt.

Im Übrigen sind auch die Jäger nach dem Gesetz zum Jagen verpflichtet; denn sie müssen die Abschusspläne erfüllen und die Wildbestände zur Vermeidung übermäßiger Wildschäden an die Landeskultur anpassen (§ 1 und § 21 BJagdG). Insoweit kommt auch eine Schutzpflicht des Staates in Betracht. Dass es sich hierbei nicht um ein Arbeitsverhältnis, sondern um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu Gunsten der Allgemeinheit handelt, vermag keine unterschiedliche Behandlung zu begründen. Das Gleiche gilt auch insoweit, als die Jäger diese Verpflichtung freiwillig erfüllen, denn solche Argumente liegen neben der Sache, weil es um den Schutz der Gesundheit geht.

Da dem Schutz der Gesundheit nach Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz eine überragende Bedeutung zukommt, begründet er nach meiner Auffassung ein „besonders anzuerkennendes persönliches Interesse“ für ein Bedürfnis nach § 8 Nr. 1 WaffG für alle Jäger. Dem steht nicht entgegen, dass nach Nr. 8.1.6 WaffVwV – ohne jegliche Begründung! – nur in Ausnahmefällen ein Bedürfnis für den Erwerb eines Schalldämpfers in Betracht kommt. Denn hierbei handelt es sich nicht um ein Gesetz, sondern um eine Verwaltungsvorschrift, die lediglich der Auslegung und gleichen Anwendung des Waffengesetzes durch die Waffenbehörden dient. Die Gerichte sind hieran nicht gebunden, für sie ist allein das Waffengesetz maßgebend.

Schließlich wären auch unsere Jagdhunde dankbar, wenn ihr sehr viel feineres Gehör vor solchen Einwirkungen geschützt würde. Denn sie bekommen den Schalldruck frontal aus der Nähe zu spüren, wenn sie ein verletztes Stück gestellt haben und der Jäger den erlösenden Fangschuss anbringt.

V. Ergebnis

Dieses Urteil zerstört die Verteufelung von Schalldämpfern auf Langwaffen und begründet die Hoffnung auf eine liberalere Freigabe an Jäger. Nachsuchende Jäger und anerkannte Nachsuchenführer haben wohl bessere Chancen, die Förster die besten. In Schleswig-Holstein und Brandenburg können sie bereits einen Schalldämpfer erwerben und verwenden. In Bayern hat ein weiterer Förster den Erwerb eines Schalldämpfers vor Gericht erstritten. Ich bin gespannt, wie die Berufungsinstanz entscheiden wird.

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