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380 JVG – Unterwegs mit Schusswaffen

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380 JVG – Unterwegs mit Schusswaffen, Jagdschein entzogen

Mark G.v. Pückler

380 JVG

I. Die Rechtsgrundlage

1. Wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheins begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheins eintreten oder bekannt werden, so ist die Behörde verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen. § 18 BJagdG

2. Wer Waffen oder Munition besitzt, hat die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. § 36 Abs. 1 WaffG

3. Ein Jäger darf Jagdwaffen zur befugten Jagdausübung … führen und mit ihnen schießen; er darf auch im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit die Jagdwaffen nicht schussbereit führen. § 13 Abs. 6 WaffG

4. Bei der vorübergehenden Aufbewahrung von Waffen und Munition außerhalb der Wohnung, insbesondere im Zusammenhang mit der Jagd oder dem sportlichen Schießen, hat der Verpflichtete die Waffen oder Munition unter angemessener Aufsicht aufzubewahren oder durch sonstige erforderliche Vorkehrungen gegen Abhandenkommen oder unbefugte Ansichnahme zu sichern, wenn eine Aufbewahrung in einem ordnungsgemäßen Sicherheitsbehältnis nicht möglich ist.

§ 13 Abs. 11 AWaffV

II. Der Sachverhalt

Ein Förster fuhr mit seinem Praktikanten gegen 14 Uhr in den Wald, um zunächst Forstarbeiten zu kontrollieren und anschließend zu jagen. Er nahm seine Waffe im Futteral sowie Munition mit und verdeckte beides mit einem Mantel auf dem Rücksitz. Im

Wald stellte er seinen Wagen an drei verschiedenen Stellen für kurze Zeit ab, um die Arbeiten zu überprüfen. Als er gegen 16 Uhr mit der Jagd beginnen wollte, stellte er fest, dass seine Waffe fehlte.

Zur gleichen Zeit befand sich der Jagdpächter im Wald. Er bemerkte das abgestellte Fahrzeug und stellte fest, dass es unverschlossen war und auf dem Rücksitz eine Waffe im Futteral lag. Er habe einige Zeit gewartet und Wanderer gefragt, ob sie eine Person in der Nähe gesehen hätten. Nachdem dies verneint worden sei, habe er die Waffe aus dem unverschlossenen Futteral genommen. Dabei habe er bemerkt, dass sie mit fünf Patronen im Kal. 8 x 57IS geladen gewesen sei. Er habe die Waffe entladen und am nächsten Tag der Polizei übergeben, da er Wilderei befürchtet habe. Der Förster bestritt, dass sein Fahrzeug unverschlossen und seine Waffe geladen gewesen sei. Die abgegebene Munition stamme nicht von ihm, da er bleifrei jage. Offenbar habe die Schließanlage seines Fahrzeugs nicht funktioniert. Die zuständige Behörde erklärte den Jagdschein für ungültig und zog ihn ein. Hiergegen erhob der Förster Klage.

III. Das Urteil

Vor Gericht hatte der Förster keinen Erfolg. Seine Klage wurde abgewiesen, weil er wegen der Aufbewahrung seiner Waffe und Munition im unverschlossenen Fahrzeug waffenrechtlich als unzuverlässig anzusehen sei.

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG fehlt die erforderliche Zuverlässigkeit bei Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie ihre Waffen und Munition nicht sorgfältig verwahren werden. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Denn nach § 36 Abs. 1 WaffG muss jeder Waffenbesitzer die notwendigen Vorkehrungen gegen ein Abhandenkommen seiner Waffen und Munition treffen.

Zu Hause bedeute dies, dass diese Gegenstände in speziellen Sicherheitsbehältnissen aufzubewahren seien. Außerhalb der Wohnung, insbesondere im Zusammenhang mit der Jagdausübung und dem jagdlichen Schießen, müsse dies „unter angemessener Aufsicht“ oder durch „sonstige erforderlichen Vorkehrungen“ erfolgen (§ 13 Abs. 11 AWaffV). Hierbei müsse stets ein unmittelbarer sachlicher und auch zeitlicher Zusammenhang mit der Jagdausübung bestehen, der nicht unterbrochen werden dürfe.

Im vorliegenden Fall fehle dieser unmittelbare Zusammenhang mit der Jagdausübung. Denn die Fahrt habe

dienstlichen Zwecken gedient und bereits um 14 Uhr begonnen, während die Jagd erst ab 16 Uhr geplant gewesen sei. In der Zwischenzeit habe der Förster Dienstgeschäfte verrichtet. Somit habe weder der Transport noch die Aufbewahrung von Waffe und Munition in direktem Zusammenhang mit der Jagd gestanden. Es sei möglich und zumutbar gewesen, diese Gegenstände während der Dienstverrichtung zu Hause in sicherer Aufbewahrung zu belassen und sie erst danach von dort zur Jagdausübung zu holen. „Gründe der Bequemlichkeit und Praktikabilität“ seien hier unerheblich. Die Mitnahme zu einem so frühen Zeitpunkt stelle daher wegen fehlenden unmittelbaren Zusammenhangs mit der Jagdausübung einen die Unzuverlässigkeit begründenden Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten dar.

Im Übrigen habe die Aufbewahrung im Fahrzeug auch nicht den Anforderungen des § 13 Abs. 11 AWaffV entsprochen. Denn nach dieser Bestimmung habe die Aufbewahrung unter „angemessener Aufsicht“ zu erfolgen, was bedeutet, dass der Waffenbesitzer die Waffe und Munition „nicht aus den Augen“ lassen darf, oder sie müssen durch sonstige erforderliche Vorkehrungen gegen ein Abhandenkommen gesichert werden, zum Beispiel unsichtbar im verschlossenen Kofferraum. Der Förster habe aber seine Waffe und Munition weder beaufsichtigt noch in einem verschlossenen Fahrzeug zurückgelassen.

Bei dieser Sach- und Rechtslage komme es nicht mehr darauf an, ob tatsächlich die Waffe geladen oder die Türschließanlage defekt gewesen war. Auch sei es unerheblich, ob den Waffenbesitzer ein Verschulden trifft. Denn waffenrechtlich sei entscheidend, dass die Aufbewahrungspflichten objektiv verletzt wurden und dadurch ein Abhandenkommen der Waffe und Munition nicht verhindert wurde.

Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 23.6.2015 – 8 K 2615/14 –

VI. Anmerkungen und Ergebnis

1. Sicher ist: Wer seine Waffe und Munition im unverschlossenen Fahrzeug außerhalb seines unmittelbaren Sicht-und Überwachungsbereichs zurücklässt, verstößt gegen die Pflicht zu ordnungsgemäßer Aufbewahrung. Dies führt zur Unzuverlässigkeit und damit zum Verlust von Jagdschein und Jagdbezirk, Waffenbesitzkarte und Waffen. So weit, so klar.

2. Ob im vorliegenden Verfahren auch ein Aufbewahrungsverstoß allein schon darin besteht, dass der sachliche oder zeitliche Zusammenhang mit der späteren Jagdausübung fehlte, die Waffe also zu Hause im Tresor hätte bleiben müssen, erscheint mir zweifelhaft. Denn zum einen lag der Ort der Dienstverrichtung im Wald im Bereich der Jagd, zum anderen betrug die Zwischenzeit lediglich zwei Stunden.

Eine kurzfristige Unterbrechung oder ein geringer Umweg auf der Fahrt zur Jagd ist jedoch unschädlich, das heißt, er unterbricht nicht den Zusammenhang mit der Jagdausübung. Was „kurzfristig“ bedeutet, ist im Gesetz nicht definiert. Die Auslegung dieses Begriffs (juristisch: unbestimmter Rechtsbegriff) überlässt der Gesetzgeber den Gerichten, wohl auch deshalb, weil es wesentlich auf die Höhe der Gefährdung am konkreten Ort ankommt. In zweifelhafter Umgebung sollte man diese Gegenstände nur sehr kurz oder gar nicht im verschlossenen Fahrzeug zurücklassen, im einsamen Wald wesentlich länger. In Nr. 36.2.15 WaffVwV werden hierzu als Beispiele genannt, die Dauer der Einnahme eines Essens und die Teilnahme am Schüsseltreiben. Beides kann sich durchaus über zwei Stunden hinziehen.

3. Nicht zur Sprache kam, dass bei fehlendem Zusammenhang mit der Jagdausübung ein unerlaubtes Führen der Waffe vorlag. Denn nur im Zusammenhang mit der Jagd darf die Waffe unterwegs zugriffsbereit mitgeführt werden. Nach Ansicht des Gerichts fehlte aber dieser Zusammenhang. Die Waffe hätte daher in einem verschlossenen Behältnis mitgeführt werden müssen, was jedoch nicht der Fall war. Ob sie darüber hinaus geladen oder unterladen war, blieb ungeklärt.

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