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381 JVG – Störender Waldkindergarten

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381 JVG – Störender Waldkindergarten EINSTWEILIGE VERFÜGUNG ERFOLGREICH

Mark G. v. Pückler

381 JVG

I. Die Rechtsgrundlage
„Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.“ § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch

II. Der Sachverhalt
Der Pächter eines Jagdbezirks staunte nicht schlecht, als er eines Tages spielende Kinder eines Waldkindergartens in den Einständen des Rehwildes antraf. Sein kleines, schmales Revier vor den Toren der Stadt lag in Ortsnähe und wurde bereits durch zahlreiche Freizeitaktivitäten erheblich beunruhigt. Der Kindergarten befand sich im einzigen größeren Waldgebiet des Jagdbezirks. Die Kinder durchstreiften lärmend das Gelände und bauten sich aus Ästen kleine Unterstände und Hütten. Von ihren Eltern wurden sie jeweils mit dem Auto über eine Forststraße zur Tagesstätte gebracht. Der Betrieb fand werktags von 8 bis 14 Uhr statt, ein Bauwagen diente als Schutzraum. Die Eigentümerin des Grundstücks hatte der Nutzung zugestimmt. Der Jagdpächter forderte den Betreiber vergeblich auf, die Störungen zu unterlassen. Vor Gericht verlangte er sodann, durch Erlass einer einstweiligen Verfügung den störenden Kindergartenbetrieb einzustellen. Zur Begründung machte er geltend, dass sich das Wild infolge der andauernden massiven Störungen aus den Einstandsgebieten im Wald zurückziehen würde. Ein Jagen während des Tages sei nicht mehr möglich, die Erfüllung des Abschussplanes gefährdet. Auch bestehe Wiederholungsgefahr, da die Aufforderungen zur Einstellung erfolglos geblieben seien. Der Betreiber des Kindergartens erwiderte, dass die Kinder keine weitergehenden Störungen verursachten als die übrigen Waldbesucher. Ihre Anwesenheit werde durch das allgemeine Betretungsrecht gedeckt und behindere nicht die Jagdausübung.

III. Das Urteil
Das Gericht gab dem Jagdpächter Recht. Es ordnete an, dass der Inhaber den Betrieb des Waldkindergartens unterlässt und das in den Wald verbrachte Inventar sowie den dort aufgestellten Bauwagen nicht mehr für Zwecke eines Waldkindergartens nutzt. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ihm ein Ordnungsgeld bis zu 50 000 Euro, bei Uneinbringlichkeit Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht. 1. Wesentliche Störung Zur Begründung führte das Gericht aus, dass das Jagdausübungsrecht des Pächters – ein absolutes Recht wie das Eigentum – durch den Betrieb des Waldkindergartens wesentlich beeinträchtigt werde. Nach den glaubhaften Angaben des Pächters sei eine erfolgreiche Ausübung der Jagd auf einem erheblichen Teil des Jagdgebietes nicht mehr möglich. Durch das Herumstreifen und den Lärm der Kinder sowie die An- und Abfahrt durch das Revier werde das Wild dauerhaft vergrämt. Erschwerend komme hinzu, dass die Störungen in einem der wenigen Teile des Revieres erfolgten, in denen noch eine erfolgreiche Jagd möglich sei. Die Erfüllung des Abschussplanes, zu der der Pächter nach dem Gesetz und dem Pachtvertrag vpflichtet sei, werde dadurch gefährdet. Die Störungen seien dem Betreiber des Kindergartens zuzurechnen. Dem stehe nicht entgegen, dass die Eigentümerin den Betrieb des Kindergartens auf ihrem Grundstück erlaubt habe. Denn die vertragliche Gestattung binde nur die Vertragspartner, also die Eigentümerin und den Betreiber, nicht aber den Jagdpächter. Der Betreiber könne sich auch nicht auf das allgemeine Betretungsrecht des Waldes berufen. Denn dieses diene nur dazu, die Schönheiten der Natur zu genießen und sich zu erholen, nicht aber um pädagogische und erzieherische Ziele zu verfolgen. Im Übrigen stelle der Betrieb des Kindergartens eine Veranstaltung dar, die eine Beeinträchtigung der betroffenen Grundstücke und des Jagdausübungsrechts erwarten ließen. 2. Einstweilige Verfügung notwendig Der Erlass der einstweiligen Verfügung sei notwendig, um wesentliche Nachteile vom Jagdpächter abzuwenden. Ein weiteres Zuwarten und damit eine Fortsetzung der Störungen begründe die Gefahr, dass das Wild auf Dauer abwandern würde. Dadurch würde das Jagdausübungsrecht langfristig und nachhaltig beeinträchtigt werden.

IV. Anmerkungen
Nach seinem Wortlaut schützt § 1 004 Bürgerliches Gesetzbuch nur das Eigentum gegen Beeinträchtigungen, zu denen auch Störungen gehören. Die Gerichte haben aber den Anwendungsbereich dieser Vorschrift erweitert und auf alle absoluten Rechte ausgedehnt. Deshalb fällt auch das Jagdausübungsrecht unter den Schutz dieser Bestimmung. Die Vorschrift enthält zwei Ansprüche: Einen Beseitigungsanspruch bei bereits eingetretenen und noch andauernden Beeinträchtigungen (Satz 1) sowie einen Unterlassungsanspruch bei künftig drohenden Störungen. In beiden Fällen muss die Beeinträchtigung gegenüber dem Jagdausübungsberechtigten rechtswidrig sein, das heißt, er muss sie nicht dulden müssen. Außerdem muss sie „wesentlich“ sein, also die Jagdausübung im konkreten Fall erheblich einschränken, behindern oder gar unmöglich machen (Folge aus § 906 Bürgerliches Gesetzbuch analog, Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 16.1.1990 – 2 U 153/87 – ; Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 12.7.1984 – 2 U 579/84 –). Eine wesentliche rechtswidrige Beeinträchtigung des Jagdausübungsrechts liegt zum Beispiel vor, wenn sich die Nutzung des Grundstücks störungsmäßig nicht in die umgebende Natur einfügt, sondern einen „störenden Fremdkörper“ darstellt und das Jagen erheblich beeinträchtigt, zum Beispiel ein Kindergarten im Einstandsgebiet, ein Zeltlager auf ruhigen Äsungsflächen, eine Diskoanlage auf einer Waldwiese et cetera (siehe WuH 14/2007, S. 106; 17/2004, S. 104). Je ruhiger, einsamer und ungestörter die Umgebung ist, desto eher liegt eine wesentliche Störung/Beeinträchtigung vor. Auch eine Überschreitung des allgemeinen Betretungsrecht stellt häufig eine rechtswidrige Beeinträchtigung des Jagdausübungsrechts dar (siehe WuH 18/2001, S. 88). Hierunter können zum Beispiel verbotenes Radfahren und Reiten außerhalb der Wege fallen, ferner ungenehmigte Sportveranstaltungen sowie gewerbliche Nutzungen, jeweils im unmittelbaren Lebensraum des Wildes. Auch das Überjagen von Stöberhunden auf Bewegungsjagden stellt in der Regel eine rechtswidrige Beeinträchtigung des fremden Jagdausübungsrechts dar (siehe WuH 6/2006, S. 104). Grundsätzlich kann weder die Zustimmung des Eigentümers zur störenden Nutzung seines Grundstücks noch eine Genehmigung des Forstamtes einen rechtsEin widrigen Eingriff in das Jagdausübungsrecht rechtfertigen. Denn diese besagen in der Regel nur, dass in ihre Rechte nicht rechtswidrig eingegriffen wird. Über einen Eingriff in das Jagdausübungsrecht können sie in solchen Fällen nicht ohne Weiteres befinden. Einen wichtigen Anhaltspunkt über die Art der zulässigen Grundstücksnutzung, beispielsweise forstliche, landwirtschaftliche oder gewerbliche Nutzung, ergibt sich aus dem örtlichen Flächennutzungsplan, den man im Bürgermeisteramt einsehen kann. Störungen durch ordnungsgemäße Land- und Forstwirtschaft sind regelmäßig hinzunehmen, beispielsweise durch abendliche Erntearbeiten, Fruchtwechsel, Übergang von Feld- zu Weidewirtschaft mit Zäunen. Gleiches gilt für Störungen durch Personen, die das allgemeine Betretungsrecht legal wahrnehmen, etwa durch Spaziergänger und Jogger, erlaubtes Radfahren und Reiten sowie Schifahren und Rodeln. Der Unterlassungsanspruch setzt weiter voraus, dass eine rechtswidrige Beeinträchtigung entweder erstmals konkret bevorsteht (Ankündigung eines Open-Air- Festivals im Wald) oder dass nach einer bereits eingetretenen Beeinträchtigung weitere zu erwarten sind (Wiederholungsgefahr), beispielsweise wenn sich der Störer trotz Aufforderung weigert, künftig ähnliche Handlungen zu unterlassen.

V. Ergebnis
1. Wird das Jagdausübungsrecht durch Störungen rechtswidrig beeinträchtigt, kann der Jagdausübungsberechtigte die Beseitigung der Beeinträchtigungen verlangen. Drohen rechtswidrige Beeinträchtigungen, hat er einen Anspruch auf Unterlassung. 2. In beiden Fällen muss die Beeinträchtigung/ Störung wesentlich sein (Fremdkörper in der Umgebung) und die Jagdausübung oder Hege erheblich behindern oder unmöglich machen. 3. In der Regel rechtfertigen weder die Zustimmung des Eigentümers noch die des Forstamtes eine rechtswidrige Beeinträchtigung des Jagdausübungsrechts. Der Flächennutzungsplan der Gemeinde enthält wichtige Hinweise auf die zulässige Nutzungsart der Grundflächen. 4. Die Ansprüche sind ausgeschlossen, wenn der Jagdausübungsberechtigte die Beeinträchtigungen dulden muss, zum Beispiel als Folge des allgemeinen Betretungsrechts oder aufgrund ordnungsgemäßer Land- oder Forstwirtschaft. 5. Hinweis: Nach Erlass des Urteils haben sich die Beteiligten geeinigt (Verlegung des Kindergartens an eine nicht störende Stelle), sodass das Urteil obsolet wurde.

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