ANZEIGE

398 JVG – ohne Schutzvorrichtung kein Ersatz bei Hybridmais

3552
398 JVG
Handelt es sich um Hybridmais, ist der Geschädigte verpflichtet, für Schutz zu sorgen. Bei Körner- und Silomais muss das der Jagdpächter übernehmen. Foto: Dieter Hopf

I. Der Fall
Die Pächter eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks hatten den Ersatz von Wildschäden übernommen. In ihrem Revier baute ein Landwirt Hybridmais zur Produktion von Saatmais an. Ein solcher Anbau ist extrem teuer, weshalb der Preis um ein Vielfaches höher ist, als der von Körner- und Silomais.
Die Anbaufläche lag in der Nähe des Waldes. Die dem Wald zugewandte Seite war durch einen dreilitzigen Elektrozaun gegen Schwarzwild gesichert, die übrigen Seiten waren ungeschützt. Die Pächter verweigerten die Zahlung, weil nach ihrer Auffassung Hybridmais ein hochwertiges Handelsgewächs sei, sodass die Fläche vollständig hätte umzäunt werden müssen.
II. Das Urteil
Das Amtsgericht wies die Klage des Landwirts ab, das Landgericht die Berufung zurück. Beide Gerichte kamen zu dem Ergebnis, dass Hybridmais ein hochwertiges Handelsgewächs ist. Unter diesen Begriff fallen Gewächse, die nicht für den direkten Endverbrauch bestimmt und geeignet sind, sondern als Rohstoff für wertvolle Waren dienen.
Hybridmais dient als Saatgut und ist daher, anders als Körner- und Silomais, nicht für den direkten Endverbrauch bestimmt. Erst der später durch das Saatgut erlangte Mais ist für den direkten Endverbrauch bestimmt. Des Weiteren dient Hybridmais als Rohstoff für die Herstellung von besonders ertragreichem Saatgut. Hierzu wird er aufwendig zubereitet und gebeizt, ehe er in den Handel gelangt. Als solcher ist er eine sehr wertvolle Ware, mit der mehr als doppelt so hohe Erträge zu erzielen sind.
Ist hiernach Hybridmais als hochwertiges Handelsgewächs einzustufen, so entfällt ein Ersatzanspruch, wenn die Errichtung der üblichen Schutzvorrichtungen unterblieben ist. Dies ist hier der Fall, weil die Anpflanzung nur an einer Seite durch einen Elektrozaun geschützt wurde, nicht aber – wie erforderlich – rundherum.
Dieses Ergebnis entspricht auch dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Denn mit der Verpflichtung des Geschädigten zur Errichtung von Schutzmaßnahmen will das Gesetz den Jagdausübungsberechtigten davor bewahren, auch für Schäden zu haften, die dadurch entstehen, dass besonders gefährdete und hochwertige Gewächse dem Wild schutzlos preisgegeben werden. Landgericht Freiburg i.Br., Urteil vom 19.12.2017 – 9 S 87/17 –
III. Anmerkungen
In gemeinschaftlichen Jagdbezirken haftet für ersatzpflichtige Wildschäden an erster Stelle die Jagdgenossenschaft. Der Jagdpächter haftet nur, soweit er den Ersatz übernommen hat. Hat er dies nur teilweise getan, haftet die Jagdgenossenschaft für den Rest. Dies vorausgeschickt, verteilt das Gesetz in § 32 Abs. 2 BJagdG und den entsprechenden Landesjagdgesetzen das Wildschadensrisiko je nach Gefährdung und Gewächs einerseits auf den Ersatzpflichtigen und andererseits auf den Geschädigten wie folgt:
. Für Schäden an Feldfrüchten (zum Beispiel Getreide, Mais, Raps, Rüben, Kartoffeln) haftet grundsätzlich der Ersatzpflichtige, der Geschädigte muss keine Schutzvorrichtungen errichten. Will er den Schaden mindern oder verhindern, so muss er selbst tätig werden, zum Beispiel durch verstärkte Bejagung, Errichtung eines Elektrozaunes oder sonstige Maßnahmen. Der Grund: Diese Pflanzen kommen häufig und großflächig im Revier vor, sodass sich das Wild an sie gewöhnt hat und daher nicht übermäßig angezogen wird.
. Für Schäden an Sonderkulturen, das sind Weinberge, Gärten und 0bstgärten, Baumschulen, Alleen, einzeln stehende Bäume sowie Freilandpflanzungen von Garten- und hochwertigen Handelsgewächsen, haftet der Ersatzpflichtige nur, wenn der Geschädigte die üblichen Schutzvorrichtungen errichtet und instand gehalten hat. Der Grund: Diese Früchte und Gewächse kommen im Revier nur selten vor, sodass sie das Wild besonders anziehen. Diese Gefahrenerhöhung hat der Geschädigte mit dem Anpflanzen selbst verursacht, weshalb er zu besonderen Schutzmaßnahmen verpflichtet ist.
. Für Schäden im Wald gilt Ähnliches: Schäden an Kulturen mit ausschließlich Hauptbaumarten sind grundsätzlich zu ersetzen. Der Geschädigte muss keine Schutzvorrichtungen errichten, weil diese Bäume im Revier häufig vorkommen und daher das Wild nicht übermäßig anlocken. Schäden an Kulturen mit Nebenholzarten sind demgegenüber nur zu erstatten, wenn der Geschädigte die üblichen Schutzvorrichtungen erstellt hat. Denn auch Nebenhölzer ziehen das Wild in erhöhtem Maße an.
. Übliche Schutzvorrichtungen sind je nach Landesrecht Wildschutzzäune oder Drahtgeflechtzäune in unterschiedlicher Höhe:
Gegen Rot-, Dam- und Sikawild: 1,80 Meter (m).
Gegen Muffelwild: 2,50 m (NRW und RLP: 1,80 m, BB 2 m).
Gegen Reh- und Gamswild: 1,50 m.
Gegen Schwarzwild: 1,50 m, je nach Landesrecht am Boden befestigt (NRW: 1,20 m hoch und 0,30 m in der Erde). BW: Als Schutz gegen Schwarzwild sind auch Elektrozäune zulässig, wenn sie im Einzelfall in der Wirksamkeit den wilddichten Zäunen gleichstehen.
Wildkaninchen: 1,30 m hoch und 0,20 m in der Erde (NRW, NI, ST: 1,20 m hoch und 0, 30 m in der Erde,
BW: 1 m hoch und 0, 30 in der Erde), Maschenweite 40 Millimeter (mm), (HE: 25 mm).
IV. Ergebnis
1. Besonders gefährdete und übermäßig wertvolle Pflanzen muss der Geschädigte durch Errichtung der üblichen Schutzvorrichtungen gegen Wildschäden schützen, andernfalls erhält er keinen Ersatz.
2. Hybridmais ist nicht zum Endverbrauch bestimmt und im Vergleich zu Körnermais extrem teuer. Er ist daher ein hochwertiges Handelsgewächs, das durch übliche Schutzvorrichtungen geschützt werden muss.

ANZEIGE

ANZEIGE
Aboangebot