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Grenzwert Jagd – Munitionsstudie

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Die endgültige Vorstellung der sechs Jahre andauernden Studie zum Thema Tötungswirkung von bleifreien gegenüber bleihaltigen Geschossen steht noch aus. Vorläufige Ergebnisse liefern Silke Böhm und Falk Kern.

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In Deutschland ist die Diskussion über den Einsatz bleifreier Jagdmunition zum Streitfall geworden – ohne wissenschaftliche Grundlage. Nachdem Diplom-Mathematiker Dr. Dr. Beat P. Kneubuehl 2011 eine Studie über das Abprallverhalten bleifreier Geschosse abgeschlossen hatte (WILD UND HUND 13/2011), wurde diesem auch die aktuelle Studie zum Gegenprüfen vorgelegt. Sie trägt den Titel: „Ergänzende Untersuchung zur Tötungswirkung bleifreier Geschosse“ und wurde von Carl Gremse und Prof. Dr. Siegfried Rieger, Mitarbeitern der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNE) vorgenommen.



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Neben 11 371 Abschüssen, dokumentiert in einer Feldstudie, wurden 118 Seifenbeschüsse analysiert. Letztere wurden von der Deutschen Versuchsanstalt für Jagd- und Sportwaffen e. V. (DEVA) durchgeführt. Die wesentlichen Erkenntnisse für den Jäger sind jedoch nicht auf bleihaltig oder -frei herunterzubrechen. Die Studie bestätigt die Ergebnisse der WILD UND HUND-Experten Claudia Elbing, Michael Schmid und Andreas Bach. Sie haben in Versuchen Heft 14/2012, S. 58 nachgewiesen, dass die Tötungswirkung von Geschossen in erster Linie konstruktions- und nicht materialabhängig ist.
Auslöser für die Studie war die Frage nach der tierschutzgerechten Letalwirkung auf unterschiedlich schweres Wild auf Distanzen bis 300 Meter mit bleifreier Munition.

 


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Alles auf Anfang könnte dies für den Gesetzgeber bedeuten. Nach den Ergebnissen Gremses und Riegers sind die bisher geforderten Leistungsparameter ( Beispiel: sämtliches Schalenwild stärker als Rehwild ab dem Kaliber 6,5 mm und einer E100 von 2 000 Joule (J)) nicht mehr haltbar. Nach Meinung der Wissenschaftler sollte jede auf Schalenwild eingesetzte Patrone mit Angaben ihrer maximalen Einsatzreichweite gekennzeichnet werden.
Die Forscher definieren in den WILD UND HUND vorliegenden vorläufigen Ergebnissen eine Grenzgeschwindigkeit Jagd GV: Unter diesem Wert (m/s) erfüllt das Geschoss die Grenzleistung Zielballistik Jagd (GL Jagd) nicht mehr. Diese beinhaltet folgende Mindestanforderungen: Eindringtiefe größer/gleich 30 cm, Grenzwirksamkeit 100 J/Zentimeter (cm). Die Grenzwirksamkeit muss auf den ersten 15 cm Eindringtiefe erreicht werden.

 


Für den Jäger bedeutet dies, dass er sein Geschoss noch präziser auswählen könnte. Dies jedoch unabhängig vom Material. Die Angabe der Einsatzbreite der Projektile ist nach Gremse und Rieger durchaus möglich. Allerdings beziehen sich die Empfehlungen nur auf die Wirkung und nicht auf ebenfalls wichtige Parameter wie zum Beispiel die Wildbretentwertung oder Geschossablenkung. Bei den Herstellern würde die Umsetzung des Gutachtens auf Ebene des Bundesjagdgesetzes nicht gänzlich zu Freudenschreien führen. So mancher könnte mit seinen existierenden Geschossen nicht mehr den Anforderungen des Tierschutzes entsprechen.

 


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Die Einsatzentfernungen der Munition variieren – unabhängig von bleifrei oder -haltig. So ist beispielsweise das Barnes TSX 10,7 Gramm (Kal. 30, 7,62 mm) aus der .300 Win. Mag. über 300 Meter tierschutzgerecht verwendbar. Im Kaliber .30-06 Spr. bis 270 Meter und im Kaliber .308 Win. nur bis 210 Meter einsetzbar. Ähnlich verhält es sich beim RWS Evolution 11,9 g (Kal. 30, 7,62 mm). Im Kaliber .300 Win. Mag. ist das Projektil über 300 Metern einsetzbar, in der .30-06 Spr. nur noch auf 280 Meter. Die .308 Win. bringt es noch auf 200 Meter.
Bei der Brenneke TUG nature, 14,2 Gramm, liegt die Grenzleistung Zielballistik für den Einsatz zur Bejagung bei Schalenwild aus dem Kaliber 9,3 x 62 bei 85 und aus dem Kaliber 9,3 x 74R nur bei 50 Metern. Als Spitzenreiter zeigten sich die Geschosse von Lutz Möller KJG, ebenfalls 7,62 mm mit 8 Gramm. Diese sind in den drei vorgenannten Kalibern jeweils über 300 Meter einsetzbar. Verlierer der Studie sind laut des Gutachtens die beiden Impala Geschosse LS und KS. Unabhängig vom Kaliber sind sie nach der GV Jagd nicht geeignet.
Die grundlegenden Daten zur Feldstudie stammen aus 6 469 Abschussberichten, die beim Monitoring von 2006 bis 2009 in Brandenburg gesammelt wurden. Von 2010 bis 2012 erweiterten sich diese Berichte auf 11 371 Abschussaufzeichnungen. Die Praxisdaten wurden mit 85 Variablen (Fluchtstrecke, Schussentfernung etc.) mit dem Programm SPSS Statistics 20 verarbeitet. Erlegt wurden die Stücke mit 64 Geschosstypen in zwölf Kalibern (49 Laborierungen) in sechs verschiedenen Entfernungskategorien. Die Auswahl der Munition erfolgte nach dem Zufallsprinzip. Zumindest im Segment „bleihaltig“ sind die verwendeten Projektile nicht repräsentativ. Vor allem fehlen moderne Deformationsgeschosse wie zum Beispiel Sako Hammerhead, Norma Oryx oder Geco plus.

 


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Aus diesen drei Parametern erschließt sich der Grenzwert Jagd: 1. Mindesteindringtiefe von 30 cm, 2. Mindestenergieabgabe von 100 J/cm und die Energieabgabe zwischen 0 und 15 cm. Damit ein Projektil als jagdtauglich eingestuft wird, müssen alle Parameter erfüllt sein. Deutlich ist im Seifenblock die Druck- und Geschosswolke sowie die Eindringtiefe zu sehen.
Hinzu kamen die Erkenntnisse aus den Labordaten der DEVA. Dort wurde ballistische Seife mit 19 verschiedenen Projektilen und unterschiedlichen Geschwindigkeiten beschossen. Mithilfe des simulierten Wundkanals konnte die Energieabgabe der Geschosse (J/ cm) in Abhängigkeit von der Eindringtiefe ermittelt werden. Die Erfahrungen in der Praxis bezüglich der Tötungswirkungen und Fluchtstrecken bestätigen signifikant die Laborergebnisse. Als Ergebnis stellen Gremse und Rieger fest: „Für den Einsatz bleifreier Geschosse zeigt sich, dass die Herstellung tierschutzgerecht und jagdpraxiskonform anwendbarer Geschosse ohne Verwendung von Blei nachweislich möglich ist. Eine Leistungsüberprüfung für den tierschutzgerechten, jagdpraktischen Einsatz von Jagdgeschossen ist – unabhängig vom Geschossmaterial – nach der hier entwickelten Methodik möglich“. Außerdem sollte schnellstmöglichst sichergestellt werden, „dass in der Praxis ausschließlich auf Erfüllung zielballistischer Mindestleistung positiv geprüfte, entsprechend gekennzeichnete Produkte verwendet werden“.

 


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Fraglich bleibt, ob die Studie von Herrn Gremse haltbar ist. Stimmen aus der Industrie, die auf eigene Abschussberichte verweisen, bezweifeln das. Ihrer Meinung nach ist es unhaltbar, Geschosse, mit denen bereits in hunderten von Fällen erfolgreich Wild auf sämtliche jagdrelevanten Entfernungen erlegt wurde, mit „Null-Tauglichkeit“ zu belegen.
Zwei Studien – ein Fazit
2011 hat Dr. Dr. Beat P. Kneubuehl das Abprallverhalten bleifreier Geschosse untersucht. Die vorläufigen Ergebnisse zum Tötungsverhalten von Carl Gremse und Prof. Dr Siegfried Rieger liegen nun vor. Beide Untersuchungen kommen zu dem gleichen Schluss. Nicht das Material ist für einen tierschutzgerechten, jagdpraktischen Einsatz wichtig, sondern die Konstruktion der Geschosse.
Mehr Infos zum Thema bleifreie Munition…

 

 

 


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