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Weniger Asyl – mehr Freiheit

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Ein Leitbild für das Rotwild-Management in Deutschland

Dass das Rotwild in Deutschland nicht eben auf Rosen gebettet ist, ist allgemein bekannt. Ulrich Wotschikowsky (VAUNA, Oberammergau) und Olaf Simon (Institut für Tierökologie, Groß Gerau) mahnen in einem gewagten „Leitbild“ deshalb zu einem anderen Umgang mit dem Rotwild. WILD UND HUND beleuchtet dieses Leitbild und sprach mit Ulrich Wotschikowsky.

 

Wagt man einen Blick in die Zukunft des Rotwildes in Mitteleuropa und Deutschland, gilt es zunächst, zurückzublicken. Denn Zukunft hat bekanntlich Herkunft. Was war? Was ist? Was wird? Was könnte werden?

Die Rolle des ungeliebten Prügelknaben

Nacheiszeitlich war das Rotwild zunächst flächendeckend über Mitteleuropa verbreitet. Es wechselte ungehindert und jahreszeitabhängig zwischen verschiedenen Einstandsformen und wurde zahlen- und verbreitungsmäßig neben dem Klima vor allem von Großraubtieren wie Luchs, Bär und Wolf sowie direkten großen Äsungskonkurrenten wie Ur und Wisent beeinflusst. Hinzu kam die sukzessive Wiederbewaldung der ehemals vereisten Flächen.

Heute dagegen wird das Wohl und Wehe des Rotwildes gänzlich durch die Landnutzung des Menschen bestimmt. Tatsächliche oder mögliche Konflikte des Rotwildes mit der Forst- und Landwirtschaft stehen dabei im Vordergrund. Wir entscheiden über ungefähr tragbare Wilddichten und wir entscheiden, wo das Rotwild letztlich leben darf und wo nicht. Dies ist der alleinige Grund, weshalb die aktuelle Verbreitung des Rotwildes in Deutschland einem Flickenteppich aus mehr oder minder isolierten Populationen gleicht. Die Alters- und Sozialstrukturen vieler dieser Populationen sind zerschlagen und entsprechen längst nicht mehr dem natürlichen Gefüge jahrzehnte- oder jahrhundertelang bestehender Rotwildbestände. Zudem werden die Verbreitungslücken in den definierten Rotwildgebieten zusehends größer. Und nur allzu oft spielt das Rotwild vielerorts eher die Rolle des ungeliebten Prügelknaben als die eines natürlichen Mitgliedes autochthoner Lebensgemeinschaften.

Vor diesem Szenario haben Ulrich Wotschikowsky und Olaf Simon ein neues „Leitbild für das Rotwild-Management in Deutschland“ entworfen, dass aktuell nicht nur jagdpolitisch für Furore sorgt, sondern den gesamten Umgang mit dem Rotwild in Deutschland gründlich hinterfragt. Die komplette Ausarbeitung umfasst 25 Din A4-Seiten. An dieser Stelle muss es daher genügen, quasi als Einleitung zum folgenden Interview und als Diskussionsgrundlage „Das Leitbild“ in seinen Kernaussagen auszugsweise darzustellen.

Grundsätzlich folgen die Autoren gedanklich den Grundzügen des Wildtiermanagements, wie es in Nordamerika entwickelt wurde. Dabei stehen die Belange der Tierart im Vordergrund. Die verschiedenen Interessen der beteiligten Gruppen (Jäger, Waldbesitzer, Naturschützer usw.) werden zusammengefasst und mit den Ansprüchen des Rotwildes an seine Umwelt abgeglichen. Das konkrete Management (Populationsnutzung- und Kontrolle, Lebensraumgestaltung, Jagdstrategien, Freizeitlenkung) bezieht sich jeweils auf einen konkreten Rotwildbestand oder ein Rotwildgebiet und hat die Interessenlagen zu integrieren anstatt zu polarisieren.

Zusammenfassung

Allen weiteren Ausführungen zur aktuellen Situation und zur Biologie des Rotwildes stellen die Verfasser eine Vision (s. Kasten) voran, deren Inhalte sich später wie ein roter Faden durch die weiteren Begründungen und Hintergründe ziehen, die kapitelweise jeweils in Empfehlungen enden. Einige dieser Empfehlungen sollen im folgenden kurz zusammengefasst werden.

– Die starre Abgrenzung der Rotwildgebiete wird aufgegeben und durch ein flexibles Management ersetzt, das nicht an der Fläche orientiert ist, sondern an den Ansprüchen des Rotwildes.

– Absehbare Entwicklungen in der Landnutzung werden in dieses Konzept integriert. Dazu werden moderne Methoden der Wildtierökologie und der Landschaftsplanung genutzt.

– Die Möglichkeiten für saisonale Wanderungen werden für jedes Rotwildvorkommen geprüft und neu initiiert beziehungsweise gefördert.

– Rotwild wird von der Forstwirtschaft als natürlicher Standortfaktor akzeptiert. Als Anforderungen an den Waldbau ergeben sich daraus im Wesentlichen Natur- statt Kunstverjüngung, Beschränkung auf standortgemäße Baumarten und langfristige Vorausverjüngung auf relativ großer Fläche.

– Offene nahrungsreiche Flächen im Wald (kleinere Windwürfe, Käferlöcher, Waldinnensäume, Nassstandorte) werden einer natürlichen Entwicklung überlassen.

– Die Kirrung von Rotwild wird aufgegeben.

– Auf die Winterfütterung wird verzichtet. Ausnahmen werden allenfalls dort zugelassen, wo geeignete Winterlebensräume nicht mehr zur Verfügung stehen und nicht kompensiert werden können.

– Verbreitungsschwerpunkte werden in jedem Rotwildvorkommen akzeptiert. Die jagdlichen Aktivitäten werden hier auf ein Minimum reduziert und waldbauliche Zugeständnisse gemacht.

– Die Bejagung von Rotwildpopulationen wird so ausgerichtet, dass ein relativ hohes Durchschnittsalter erreicht wird.

– Den Wünschen der Jäger nach einer attraktiven Jagd wird durch flexible Abschussregelungen und ein räumlich differenziertes Bejagungskonzept der Hirsche Rechnung getragen.

– Das Management kleiner Populationen trägt dafür Sorge, dass die Individuenzahl nicht abnimmt und ein Austausch mit benachbarten Beständen möglich ist.

– Die an äußeren Merkmalen (Phänotyp) ausgerichtete Auslesejagd wird aufgegeben.

– In den Verbreitungszentren wird die Jagdzeit auf wenige Monate im letzten Jahresdrittel verkürzt und mit den Jagdzeiten auf andere Wildarten harmonisiert.

– Die Sommerjagd wird als kurze Intervalljagd auf Kleinverbände (Alttier, Kalb, Schmaltier) im August durchgeführt, die dabei komplett erlegt werden sollten. Größere Rudel bleiben unbejagt.

– Sofern gefüttert wird, sind Jagdzeit und Fütterungszeit strikt getrennt.

– Auf die Nachtjagd wird verzichtet.

– Eine zukunftsorientierte Erhaltung des Rotwildes verlangt die Abkehr von der rein nutzungsorientierten Sichtweise – Jagdnutzung hier, Schadensvermeidung dort. Rotwild ist mehr als Waldschädling oder Jagdbeute. Gefordert ist eine Einstellung, die den Rothirsch als wertvollen Bestandteil unserer Natur würdigt – auch ohne Bezug zu wirtschaftlichen Aspekten.

– Für jede Rotwildpopulation wird von der Hegegemeinschaft mit Unterstützung von Fachleuten ein Managementplan erstellt.

– Die Umsetzung wird den Hegegemeinschaften übertragen. Dazu sind sie mit der rechtlichen Kompetenz ausgestattet (Weisungsbefugnis).

– Die Kontrolle obliegt der Jagdbehörde.

– Langfristig sollte das Management des Rotwildes (wie auch anderer Arten, die größere Probleme verursachen können oder besonderen Interessen unterliegen) einer unabhängigen Wildtierbehörde übertragen werden.

So, liebe Leserinnen und Leser. Und jetzt sind Sie dran. Zu- oder Einspruch? Applaus oder Pfeifkonzert? Einverständnis oder offene Ablehnung? Bitte schreiben Sie uns Ihre Meinung. Die WILD UND HUND-Redaktion freut sich auf eine vielfältige, faire und objektive Diskussion.

IM GESPRÄCH MIT ULRICH WOTSCHIKOWSKY

Ich bin optimistisch…

WILD UND HUND wollte mehr über den Ursprung und dieHintergründe des neuen „Leitbildes“ in Erfahrung bringen und besuchte einen der Autoren und Initiatoren in Oberammergau.

WuH: Herr Wotschikowsky, Sie haben zusammen mit Olaf Simon ein “Leitbild für das Rotwild-Management in Deutschland” entworfen. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

$(kursiv:U. Wotschikowsky: Die Idee ist in Feuchtwangen geboren worden. Heiner Sindel hatte eine Gruppe von Leuten zu einem Gespräch darüber eingeladen, wie es denn mit „unseren Elefanten“ weitergehen solle.)

WuH: Ist der Vergleich mit den Elefanten mittlerweile nicht etwas überstrapaziert?

$(kursiv:U. Wotschikowsky: Nein. Die Schwierigkeiten mit dem Rotwild in Deutschland gleichen noch immer denen mit den afrikanischen Elefanten aufs Haar: Einengung des Lebensraums, Unterbrechung von großräumigen Wanderungen, Konflikte mit der Landnutzung. Dazu kommt, dass beide Arten sehr beeindruckend, vielleicht attraktiv sind und ein ähnliches und hoch entwickeltes Sozialverhalten haben.)

WuH: Allerdings sind Elefanten noch immer Sympathieträger in unserer Gesellschaft, während das Rotwild bekanntlich längst nicht mehr der „König der Wälder“ ist, sondern vielerorts zur unerwünschten Waldgeissel mutierte.

$(kursiv:U. Wotschikowsky: Ja, leider. Das ist der gravierende Unterschied. Der Hirsch wird auch in den Medien oft als „viel zu zahlreich“ und „schädlich für den Wald“ der naturentfremdeten Öffentlichkeit präsentiert. Darüber hinaus ist er in Deutschland das Symbol für die Trophäenjagd. Ökologisches Denken und Vernunft kommen zu kurz. Das Rotwild hat ein schlechtes Image.)

WuH: Ist das der Grund, warum Sie das „Leitbild“ ohne Beteiligung der Jägerschaft erarbeitet haben?

$(kursiv:U. Wotschikowsky: Nein. Die Jägerschaft allein ist als Lobby für das Rotwild aber nicht ausreichend. Sie steht in der Öffentlichkeit immer im Verdacht, ausschließlich eigene Interessen zu verfolgen, sie ist quasi vorbelastet. Es kam uns deshalb darauf an, in der ersten Phase hauptsächlich die reinen Schutzverbände mit in’s Boot zu bekommen.)

WuH: Wo sehen Sie denn das Hauptproblem im Umgang mit dem Rotwild?

$(kursiv:U. Wotschikowsky: Das eine ist die vielfältige Manipulation seines räumlichen Verhaltens. In den so genannten rotwildfreien Gebieten zum Beispiel wird es nicht geduldet, obwohl viele davon als Rotwildlebensraum besser geeignet wären als die Wälder, in denen irgend jemand vor Jahrzehnten gerne Hirsche haben wollte. Und in den Rotwildgebieten selbst dominiert vielerorts leider noch immer der Revieregoismus. Zahlreiche Maßnahmen wie Fütterungen, Kirrungen und Äsungsflächen dienen nur zu oft dazu, sich selbst auf kleiner Fläche eine schöne Jagd einzurichten, was angesichts der Pachtpreise sogar verständlich sein kann. Doch bringt uns das nicht weiter. Das Verhalten des Rotwildes und seine Einstandswahl werden häufig also über menschlichen Eigensinn gesteuert.)

WuH: Deshalb erteilen Sie all diesen Maßnahmen eine Absage. Sie sind sich darüber im Klaren, mit diesen Ansätzen zumindest regional auf den erbitterten Widerstand der Jägerschaften zu treffen.

$(kursiv:U. Wotschikowsky: Ja, selbstverständlich. Wie Sie wissen, bin ich selbst Jäger. Doch wurde unser Leitbild aus der Sicht des Rotwildes geschrieben, nicht aus der Perspektive des Jägers. Es geht uns darum, für den Rothirsch eine bessere Zukunft zu sichern. „Wild vor Jagd“, wenn Sie wollen. Ein ganz wichtiger Schritt besteht darin, dem Rotwild zu erlauben, sich seine Einstände und Äsungsgebiete wieder selbst zu wählen. Grundsätzlich spricht übrigens nichts gegen Äsungsflächen – sofern sie sich am richtigen Ort befinden und nicht an jeder Ecke und für jede Windrichtung eine Kanzel steht.)

WuH: Sie möchten die behördlich festgelegten Rotwildgebiete auflösen und dem Rotwild die Wiederbesiedlung von Lebensräumen ermöglichen, die gegenwärtig rotwildfrei sind oder rotwildfrei gehalten werden sollen. Damit sind wir bei den nächsten Widerständen – zahlreiche Waldbesitzer und Forstleute werden angesichts solcher Modelle nicht eben in Jubelstürme ausbrechen.

$(kursiv:U. Wotschikowsky: Das wäre sicher dann der Fall, wenn wir ausschließlich das „potenziell schadensträchtige“ Rotwild in Gebiete transportieren wollten, wo es derzeit keines gibt. Nein, zunächst müssen wir das Rotwild „unschädlich“ machen. Dazu gehört ein weiterer, mitentscheidender Schritt, und das sind wildfreundlichere Jagdmethoden. Neun Monate Jagdzeit, Kirrjagd, Nachtjagd, Kahlwildbejagung ohne Rücksicht auf das sensible Sozialverhalten und einiges mehr – es ist teilweise eine rüde Behandlung, die wir dem Rotwild angedeihen lassen. Deshalb sind die Tiere so scheu. Und scheues Wild verursacht eben zwangsläufig mehr Schäden.)

WuH: Sie möchten die Jagdzeiten einschränken, und ein Selektionsabschuss nach phänologischen Merkmalen gefällt Ihnen auch nicht. Also nur noch ein paar Tage Bewegungsjagd mit Hunden, Zahl vor Wahl und sonst nichts?

$(kursiv:U. Wotschikowsky: Nein. Wir werden auf die Ansitzjagd nicht verzichten können und wollen das auch nicht. Aber wenn wir die extreme Scheu des Rotwildes abbauen wollen, müssen wir uns insbesondere bei der Kahlwildbejagung etwas einfallen lassen. Wir müssen es nach Möglichkeit vermeiden, dass viele Alttiere jedes Jahr ihr Kalb verlieren und dies als ein traumatisches Erlebnis empfinden, das untrennbar mit dem Menschen verknüpft ist. Jagd an der Kirrung und Nachtjagd sind in dieser Hinsicht besonders folgenschwere Methoden. In den Verbreitungsschwerpunkten wünschen wir uns allerdings eine deutliche Verkürzung der Jagdzeit. Denn genau dort muss das Rotwild wieder tagaktiv werden. Das ist mit einer monatelangen Ansitzjagd nicht zu vereinbaren.)

WuH: Damit sprechen Sie aber weniger die Privatjäger an als die Landesforsten, in deren Jagdflächen letztlich die meisten Verbreitungsschwerpunkte des Rotwildes liegen.

$(kursiv:U. Wotschikowsky: Richtig. Wir wünschen uns von den Landesforsten eine Art Vorreiterrolle. Sie müssen in ihrem Hoheitsgebiet vorbildlich mit dem Rotwild umgehen, vorbildlich aus der Sicht des Wildes.)

WuH: Zurück zur Winterfütterung. Glauben Sie, wir können Rotwild in nennenswerten Beständen ganz ohne Hilfe in einer intensiv genutzten Landschaft erhalten?

$(kursiv:U. Wotschikowsky: Viele Waldbesitzer machen uns das längst erfolgreich vor. Wo wir weg sind von der Kahlschlagswirtschaft und naturnahe Waldwirtschaft betreiben, entstehen vielfältige Waldbestände, die mit wiederkäuendem Schalenwild wesentlich besser zurecht kommen als die einförmigen Altersklassenforsten der Vergangenheit. Hier ist eine Winterfütterung nicht nur unnötig, sie wäre wegen der Förderung von Wildansammlungen sogar gefährlich für den Wald.)

WuH: Was macht die naturnahe Waldwirtschaft für das Rotwild so viel besser?

$(kursiv:U.Wotschikowsky: Die Kahlschlagswirtschaft schafft auf relativ kleinen Flächen ein enormes Äsungsangebot und zieht damit sämtliche wiederkäuenden Schalenwildarten magisch an. Die Folge davon ist ein massiver Verbiss an den Forstpflanzen, oder man zäunt die Verjüngungsflächen ein und verschließt dem Wild damit die produktivsten Nahrungsgründe. Die naturnahe Waldwirtschaft sorgt für langfristige Naturverjüngung auf großer Fläche und im Halbschatten des Altbestandes. Diese Forstpflanzen sind für Pflanzenfresser weniger attraktiv und auch viel zahlreicher als die von Hand gepflanzten Bäumchen auf der Kahlfläche. Deshalb werden die Wälder, die heute entstehen, das Rotwild leichter verkraften als die einförmigen Altersklassenbestände der Vergangenheit.)

WuH: Die Probleme der Forstwirtschaft mit dem Rotwild sind Ihrer Meinung nach also „hausgemacht“?

$(kursiv:U.Wotschikowsky: Die Kahlschlagswirtschaft mit Nadelholzreinanbau hat ohne Zweifel zu den Waldschäden – Verbiss und Schäle – viel beigetragen. Aber lassen Sie uns in die Zukunft schauen, nicht in die Vergangenheit.)

WuH: Sie möchten für jede Rotwildpopulation einen Managementplan. Noch lieber aber möchten Sie, dass das ganze Rotwildgeschehen unter die Fittiche einer Wildbehörde kommt, nach dem Muster in den USA. Wollen Sie die Jäger entmündigen?

$(kursiv:U. Wotschikowsky: Nein. Die Jäger sollen und müssen mit im Boot bleiben – wie könnte es anders sein? Nur sprechen die Fakten und Zahlen aus diversen Rotwildgebieten eine bedenkliche Sprache. Es muss sich einiges ändern. Wir wünschen uns in der Verwaltung des Rotwildes deshalb dreierlei: Zum Ersten viel Sachverstand – das erfordert die verstärkte Einschaltung von Fachleuten. Zum Zweiten ein stärkeres Engagement der örtlich Betroffenen. Hierzu zählen die Grundeigentümer, die Forstleute, die Jäger, aber auch die nicht jagende Öffentlichkeit. Zum Dritten eine Verlagerung der Zuständigkeiten weg vom Revier und hin zur Hegegemeinschaft. Das Gerede, dass Rotwildmanagement nur großräumig zu bewerkstelligen ist, muss endlich in die Praxis umgesetzt werden.)

WuH: Das heißt im Klartext „alle Macht den Räten“?

$(kursiv:U. Wotschikowsky: Damit könnte man es vergleichen. In den Hegegemeinschaften kochen leider noch immer zu viele Jäger ihr eigenes Süppchen und handeln sehr egoistisch. Wenn wir es mit einem fortschrittlichen Management des Rotwildes ernst meinen, gilt es diesem Revieregoismus den Boden zu entziehen. Die Freiheiten, die das Jagdgesetz einräumt, müssen auf eine höhere räumliche Ebene verlagert werden. Und das ist die Hegegemeinschaft.)

WuH: Wozu dann die Wildbehörde?

$(kursiv:U. Wotschikowsky: Weil es ohne Kontrolle nicht geht. Bei den Kreisämtern ist sie nicht gut aufgehoben, weil dort vielfach der Sachverstand fehlt. Eine Wildbehörde muss mit Fachleuten besetzt sein, mit unabhängigen Fachleuten, sofern es sie überhaupt gibt. Jedenfalls wünschen wir uns in den Wildbehörden eine Mannschaft von Fachleuten, die über eingehende Kenntnisse über die verwalteten Tiere verfügen, mit Menschen umgehen können und keinem „Lager“ angehören.)

WuH: Ziemlich hohe Ansprüche, die Sie da stellen!

$(kursiv:U. Wotschikowsky: Das wissen wir. Aber man wird doch noch Optimist sein dürfen.)

WuH: Selbstverständlich. Herzlichen Dank für das Gespräch.

Mit Ulrich Wotschikowsky sprach WuH-Redakteur Andreas David.

Zu hoch auf? Finger gerade lassen? Zu gut?Die Verfasser des neuen „Leitbildes“ fordern die Abkehr vom herkömmlichen Selektionsabschuss auch beim Kahlwild. Wichtig sei vielmehr, dass die jeweilige Rotwildpopulation ein relativ hohes Durchschnittsalter erreicht

 


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