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383 JVG – Waffe am Straßenrand vergessen

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383 JVG – Waffe am Straßenrand vergessen JAGDSCHEIN UND WAFFEN ENTZOGEN

Mark G. v. Pückler

383 JVG

I. Der Sachverhalt

Jäger J. wollte zur Jagd fahren. Er packte seine entladene Langwaffe in einen verschlossenen Waffenkoffer und stellte diesen auf dem Gehweg neben seinem Fahrzeug ab. Jedoch vergaß er dann den Koffer und fuhr los. Auf der Autobahn fiel ihm das Versäumnis auf, drehte um und fuhr zurück. Doch der Koffer war bereits verschwunden.

Anschließend ging er zur Polizei und erstattete Anzeige wegen Diebstahls. Die Waffenbehörde informierte er nicht. Sie erfuhr von dem Vorfall erst aus der Anzeige. Am folgenden Tag wurde der Koffer vom Finder bei der Polizei abgegeben. Diese gab ihn dem Jäger samt Inhalt zurück. Die Waffenbehörde widerrief die waffenrechtlichen Erlaubnisse wegen Unzuverlässigkeit und forderte den Jäger auf, seine Waffen und Munition innerhalb einer bestimmten Frist entweder einem Berechtigten zu überlassen oder sie unbrauchbar machen zu lassen. Die Jagdbehörde erklärte seinen Jagdschein für unwirksam und zog ihn ein.

Vor Gericht machte J. geltend, dass es sich um ein einmaliges, persönlichkeitsfremdes Augenblicksversagen gehandelt habe, das er weder vorsätzlich noch grob fahrlässig begangen habe. Es werde sich nicht wiederholen. Eine konkrete Gefahr für die Allgemeinheit habe nicht bestanden. Der Waffenkoffer sei verschlossen und der Kipp-Block aus seiner Blaser Bockdoppelbüchse entfernt gewesen, sodass sie nicht mehr schussfähig gewesen sei.

II. Die Gerichtsentscheidung

Vor Gericht hatte J. keinen Erfolg. Nach § 45 Abs. 2 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Denn das Vergessen der Waffe am Straßenrand stelle einen schweren Verstoß gegen die Aufbewahrungsbestimmungen dar und offenbare ein solches Maß an Pflichtvergessenheit und Nachlässigkeit, dass die Annahme gerechtfertigt sei, J. werde auch in Zukunft mit Waffen oder Munition nicht ordnungsgemäß umgehen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG). Eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit sei für diese Prognose nicht erforderlich.

Durch das Abstellen des Waffenkoffers am Straßenrand habe J. seine Waffe und Munition dem Zugriff Nichtberechtigter ausgesetzt und dadurch eine erhebliche Gefährdung der Allgemeinheit begründet. Dem stehe nicht entgegen, dass ein wesentlicher Teil der Waffe entfernt gewesen sei. Denn ein Nichtberechtigter habe die

Möglichkeit, diesen Teil illegal zu erwerben oder die Waffe an einen illegalen Besitzer eines solchen Teiles zu veräußern.

Das mit jedem Waffenbesitz verbundene Risiko könne nur bei Personen hingenommen werden, bei denen aufgrund ihres Verhaltens davon auszugehen sei, dass sie jederzeit und in jeder Hinsicht mit ihren Waffen und der Munition ordnungsgemäß umgehen würden. Unerheblich sei, dass sich J. bisher waffenrechtlich unauffällig verhalten habe. Dies setze das Gesetz als selbstverständlich voraus.

Oberverwaltungsgericht Hamburg, Beschluss vom 7.8.2015 – Bs 135/15 –

IV. Ergebnis

1. Man kann es nicht oft genug sagen: Selbst scheinbar geringe und folgenlose Verstöße gegen das Waffengesetz genügen, um die Unzuverlässigkeit des Waffenbesitzers zu begründen. Das gilt selbst dann, wenn die Waffe nicht schussfähig war und sich der Waffenbesitzer jahrzehntelang waffenrechtlich korrekt verhalten hat.

2. Entscheidend ist regelmäßig, dass durch den Verstoß eine nicht unerhebliche Gefahr für die Allgemeinheit bestanden hat, egal ob diese vorsätzlich oder fahrlässig begründet wurde.

3. Wer eine Waffe auf einer gemeinschaftlichen Jagd oder einem Schüsseltreiben vergisst, sollte sofort bei den beteiligten Jägern nachfragen, ob diese sie mitgenommen haben, ehe die Waffe für verlustig gemeldet wird. Umgekehrt sollte jeder Jäger eine vergessene Waffe sofort mitnehmen, dazu ist er aufgrund seines Jahresjagdscheins berechtigt, um mögliche Gefahren abzuwenden und die Waffe dem Berechtigten schnellstens abzuliefern.

4. Bleibt zu hoffen, dass die Waffenbehörde bei der Bemessung der Dauer der Unzuverlässigkeit kürzend berücksichtigt hat, dass J. mehr für die Sicherheit getan hat, als das Gesetz verlangt. Denn auf Fahrten zur und von der Jagd darf die Waffe „zugriffsbereit“ mitgeführt werden, also entladen und blank auf dem Rücksitz liegend. Sie muss nicht in einem verschlossenen Behältnis sein. Schon gar nicht muss sie schussunfähig gemacht werden, etwa durch Entfernung des Schlosses. Es genügt, dass sich keine Patronen in der Waffe und im eingefügten Magazin befinden.

5. Wer waffenrechtlich unzuverlässig ist, verliert auch seinen Jagdschein (§ 17 Abs. 1 S. 2 BJagdG).


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