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Österreich: Gams nicht länger vogelfrei

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Der Österreichische Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat einen angeordneten Zwangsabschuss für Gamswild in einem Revier für rechtswidrig erklärt (Az. Ra 2023/03/0154-17).

Der Verein Wildes Bayern macht Zwangsabschüssen von Gamswild in Österreich ein Ende (Symbolbild: artepicturas /AdobeStock)

Dezimierungsmaßnahmen ohne Rücksicht auf Schonzeiten oder die Auswirkungen auf die Wildpopulationen seien nicht ohne weiteres mit dem EU-Recht vereinbar, wie der Wildtier-Schutzverein Wildes Bayern mitteilt, der gegen die Zwangsabschuss-Anordnung für Gamswild in einem ÖBf-Eigenjagdrevier vorgegangen war. Gamswild sei im Anhang V der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) aufgeführt. Jeglicher Umgang mit dieser Art müsse deshalb stets sicherstellen, dass die Populationen nicht gefährdet und der Erhaltungszustand in der Region günstig sei.

„Das Urteil ist für uns eine Sensation, weil es endlich dem FFH-Schutz der Gams gerecht wird“, so Wildes Bayern-Vorsitzende Dr. Christine Miller nach der Beschlussverkündung. „Bisher können in fast allen Bundesländern die Behörden auf Zuruf von Grundeigentümern und Forstverwaltung die Gams für vogelfrei erklären. Von Vorarlberg bis Kärnten gibt es derartige Möglichkeiten, auf bestimmten Flächen jede Gams zu jeder Zeit zu eliminieren. Egal, wie hoch die Winterverluste waren, egal, wie notwendig der jeweilige Lebensraum für die Population ist. Mit dem Urteil haben wir nun ein Schwert in der Hand, um derartige Missstände zu bekämpfen.“

Die in Österreich und in Bayern anerkannte Umweltvereinigung Wildes Bayern e. V. war gegen die Zwangsabschuss-Anordnung für Gamswild in einem ÖBf-Eigenjagdrevier in Oberösterreich vorgegangen. Die Bezirksbehörde habe zuerst die notwendigen Auskünfte verweigert, und das oberösterreichische Landesverwaltungsgericht die Beschwerde von Wildes Bayern abgelehnt. Dagegen habe sich der Verein gewehrt – und nun vor dem VwGH Recht erhalten. Der VwGH stellte am 3. September 2024 klar, dass die Anordnung eines Zwangsabschusses für Gamswild als Tierart von Anhang V der FFH-Richtlinie zwingend voraussetzt, dass der günstige Erhaltungszustand aufrecht erhalten wird und somit die Bestandszahlen und die mögliche Beeinträchtigung der Gamspopulation durch die Maßnahme vorab festgestellt werden müssen (Az. Ra 2023/03/0154-17).

Auch hielt der VwGH fest, dass es rechtswidrig war, einer anerkannten Umweltorganisation wie Wildes Bayern e. V. sowohl die Auskünfte zum Bescheid als auch die Klagemöglichkeit dagegen vorzuenthalten.

„Es ist sehr erfreulich, dass wir mit der Erwirkung dieses richtungsweisenden VwGH-Urteils dem Unionsumweltrecht im Bereich des Oö. Jagdgesetzes zum Durchbruch verhelfen konnten und damit der Artenschutz in Österreich eine weitere Stärkung erfahren hat“ so der Anwalt von Wildes Bayern e.V., Mag. Sebastian Pechlof aus der Kanzlei HOLTER-WILDFELLNER & PARTNER Rechtsanwälte GmbH & Co KG. „Die Entscheidung des VwGH stellt klar, dass Umweltorganisationen auch Entscheidungen anfechten können, die sich auf Tiere des Anhangs V der FFH-Richtlinie, wie die Gams, beziehen“, so Dr. Miller. „Das ist eine wichtige Weichenstellung, auf deren Basis wir nun weitere Bescheide in ganz Österreich beklagen werden.“

PM /fh

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