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Damwild – Das unbekannte Wesen

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Zwei erfahrene Wildbiologen und Jagdpraktiker verfolgen für WILD UND HUND die Fährten des Damwildes und berichten Interessantes über dessen Raumnutzung, Aktivitätsphasen, Wanderungen oder Fluchtverhalten.

 

Von Prof. Dr. Axel Siefke, Prof. Dr. Christoph Stubbe

Viele Aktivitäten des Damwildes erfolgen im Rudel. Die immer wieder zu beobachtenden Wechsel in der Rudelzusammensetzung werden durch die Bindung der Einzeltiere an ihren Lebensraum bestimmt, der sich mit jenem anderer Artgenossen mehr oder weniger weit überschneidet oder auch deckungsgleich sein kann. In „seinem“ Lebensraum schließt sich das einzelne Stück Damwild dort lebenden Rudeln an. Wechselt das betreffende Rudel über die Grenzen des individuellen Streifgebietes, so bleibt das Einzeltier in seinem Lebensraum und zieht zu anderen dort ebenfalls lebenden Gruppen. In einem Telemetrieprojekt tauchten die besenderten Stücke in den unterschiedlichsten Rudeln auf. Der „große Familienverband“ war dabei nicht nachweisbar. Die Hirschrudel wechseln in ihrer Zusammensetzung häufiger als die Kahlwildrudel.

Störungen jeglicher Art wirken sich auf die Gruppenstärke aus

Nach dem Fegen der Geweihe Ende August kommt es schon im September mehr und mehr zur Auflösung der Hirschrudel, indem sich die ersten Schaufler auf den Weg zu den Brunftplätzen machen. Für die jagdliche Praxis in „Nicht-Brunft-Revieren“ gilt es also, möglichst vor der Brunft die sich bietenden Chancen zu nutzen und den oder die jeweils freigegebenen Hirsche zu erlegen, da es stets ungewiss bleibt, welche Geweihten nach der Brunft in ihr heimatliches Streifgebiet zurückkehren. Während der Brunftzeit selbst ziehen die Schaufler durchweg allein. Allenfalls schließen sich kurzzeitig einige jüngere Hirsche zusammen. In den Hirsch- wie in den Kahlwildrudeln steigt die Zahl der Tiere zum Winterhalbjahr an.

Die Größe der Streifgebiete zeigen Unterschiede je nach Geschlecht und Individuum in Abhängigkeit von der Ausstattung, zum Beispiel des Äsungsangebots. Die Streifgebietsgröße ist also ein Weiser für die Äsungskapazität des Lebensraumes. Je günstiger und attraktiver diese ist, deso kleiner wird der Aktionsraum der Damwildrudel. Diese Aussage gilt für den Winter allerdings nur mit Einschränkungen, denn in der Zeit zwischen Januar und März ist die Bewegungsaktivität generell stark herabgesetzt und die genutzten Lebensraumausschnitte demzufolge deutlich verkleinert.

Die geschlechtsspezifischen Unterschiede im Raumverhalten des Damwildes sind bedeutsam. Das weibliche Wild ist dabei äußerst „raumtreu“. Auch mittels telemetrischer Ortungen gelingen kaum Nachweise von Streifgebietsverlagerungen, bedeutenden Exkursionen oder gar Wanderungen. STIER und NITZE (2002, 2003) ermittelten bei sendermarkierten Alttieren Streifgebiete von nur 200 bis 300 Hektar Größe, die lebenslang genutzt wurden. Lediglich zur Brunft kann sich der genutzte Raum erweitern. Die eigentlichen Wohngebiete des weiblichen Wildes orientieren sich demzufolge nicht an den Brunftplätzen. Die paarungsfähigen weiblichen Stücke können verschiedene Brunftplätze und Schaufler aufsuchen. MAHNKE beobachtete ein markiertes Alttier innerhalb von zwei Tagen an zwei 2 250 Meter auseinanderliegenden Brunftplätzen. Die Platzhirsche beider Brunftplätze waren nicht identisch, eine Kopulation erfolgte mit beiden Schauflern. Während die Alt- und Schmaltiere an die Brunftplätze ziehen, bleiben die Kälber in deren Umgebung und bilden vorübergehend als „Jugendgruppen“ eigene Rudel. Doch können die Kälber der direkt an der Brunft beteiligten Alttiere auch allein beobachtet werden. Außerhalb der Brunft sind es zumeist Hirsche, die sich zeitweilig aus den Rudeln absondern und allein ziehen.

Die Größe der Gruppen wird vornehmlich durch die Wilddichte im jeweiligen Lebensraum bestimmt. Je höher diese ist, umso größer werden in der Regel auch die Rudel sein. Auch Störungen jeglicher Art wirken sich auf die Gruppenstärke aus – je öfter sie auftreten, umso stärker rudelt sich das Wild zusammen.

Lebenslang zu den selben Brunftplätzen

Das männliche Damwild (mit Ausnahme der Kälber) lebt weiträumiger und nutzt in einer Art Raumoptimierungsverhalten saisonal sehr unterschiedliche Gebiete. Eine dauerhafte, ausgeprägte Raumtreue wie beim Kahlwild ist bei den Hirschen so nicht zu beobachten, doch ist ihre Tendenz, immer wieder in das heimatliche Ausgangsstreifgebiet zurückzukehren, bemerkenswert.

Sehr unterschiedliche Meinungen sind zur so genannten Brunftplatztreue zu hören. Einzelne markante Schaufler sollen lebenslang immer wieder zu denselben Brunftplätzen ziehen. Daraus wird dann geschlossen, dass dies für alle Damhirsche zutrifft. Das Verhalten der Hirsche zur Brunft ist offenbar von verschiedenen Faktoren abhängig. Einerseits vom Alter, andererseits von der Kahlwilddichte im Streifgebiet sowie von der Lage der Brunftplätze und individuellen Verhaltensweisen. Für eine gewisse Unstetheit zumindest der jüngeren Schaufler zur Brunft und in ihrem Vorfeld beziehungsweise in der Zeit danach spricht folgendes Beispiel, das MAHNKE & STUBBE (1999) per Telemetrie aufnahmen: Ein vierjähriger Schaufler verlässt bereits am 9. September 1998 sein heimatliches Streifgebiet Zinow im Nationalpark Müritz (Mecklenburg-Vorpommern) trotz hoher Kahlwilddichte (> 20 Stück/100 ha). Bis zum 22. September gelingt keine Lokalisierung. Vom 23. September bis zum 12. Oktober kehrt er in sein Heimatgebiet zurück. Vom 13. bis zum 25. Oktober entzieht er sich erneut der Beobachtung. Erst am 26. Oktober wird er auf einem großen Brunftplatz – 15 Kilometer Luftlinie von seinem heimatlichen Wohngebiet entfernt – geortet. Dort bleibt er bis zum 30. Oktober. Die Rückwanderung, durch verschiedene Peilungen teilweise dokumentiert, verläuft sehr zögerlich. Erst am 25. November erreichte der Schaufler wieder sein heimatliches Streifgebiet. Ein sechsjähriger, ebenfalls besenderter Schaufler blieb dagegen auch zur Brunft dauerhaft in seinem vertrauten und kahlwildreichen Heimatgebiet Zinow.

Überhaupt lassen ältere Schaufler eine gewisse Brunftraumtreue erkennen. Sie etablieren sich auf bestimmten Brunftorten, zumindest so lange sich die Dominanzverhältnisse nicht ändern. Der Begriff Brunftraum ist dabei wörtlich zu nehmen. Denn auch die bevorzugten Brunftplätze der älteren Schaufler können weit auseinander liegen.

In der Praxis wird der Mangel oder das Fehlen alter Schaufler auf den Brunftplätzen immer wieder damit begründet, dass diese abseits am Rand der Einstandsgebiete mit wenig oder nur einzelnen Stücken Kahlwild brunften. Hierzu ist zu bemerken, dass im „Hakel“, einem etwa 1300 Hektar großem Waldkomplex in Sachsen-Anhalt, über die Jahre hinweg durchschnittlich überhaupt nur etwa 60 Prozent aller sichtmarkierten Stücke bei Tageslicht auf den Brunftplätzen registriert werden konnten. Auch blieben die fünf- bis achtjährigen Hirsche, die als Platzhirsche auftraten, durchschnittlich nur drei bis vier Tage auf den Brunftplätzen, was allerdings mit der hohen Kahlwilddichte begründet werden kann. Der relative Anteil der beobachteten Hirsche stieg dabei mit zunehmendem Alter. Nebenbrunftplätze waren besonders in der Vorbrunft von Bedeutung, in der sie gerne von den Hirschen aufgesucht wurden. STIER (2003) beobachtete im Forstamt Schildfeld (Mecklenburg-Vorpommern) per Telemetrie darüber hinaus einzelne ältere Hirsche, die ausschließlich(!) nachts auf die Brunftplätze zogen.

Nicht selten wird kampflos der Platz aufgegeben

Die Brunftplätze der einzelnen Hirsche selbst sind im Verbund als Territorien anzusehen, die zwischen 100 und etwa 10 000 Hektar groß sein können. Diese Territorien werden von den Schauflern optisch, geruchlich und akkustisch markiert und über einen unterschiedlich langen Zeitraum – falls notwendig – verteidigt. Nicht selten geben die Schaufler aber auch kampflos ihre Plätze auf und ziehen (nun stumm) ganz oder vorübergehend weg, und andere Hirsche treten an ihre Stelle. So kann auf einem Platz über mehrere Tage hinweg immer wieder derselbe Hirsch angetroffen werden, oft aber auch ein anderer. Das genaue Ansprechen des jeweiligen Platzschauflers ist also unerlässlich!

Damwild zeigt sich sowohl tag- als auch nachtaktiv

Auf den Hauptbrunftplätzen im „Hakel“ waren es in der Regel die fünf bis siebenjährigen Schaufler, die die stärksten Geweihe trugen. Die Bedeutung einer ausgewogenen Altersstruktur beim männlichen Damwild für die Brunft zeigte sich im „Hakel“ in den Jahren von 1990 bis 1992, als der Bestand aus forstlichen Gründen stark reduziert wurde und besonders die älteren Schaufler dem „Trophäenverkauf“ zum Opfer fielen. Während es vorher – bei der vorhandenen guten Altersstruktur – auf den Brunftplätzen nicht zu Kämpfen zwischen den Platzhirschen und jüngeren Beihirschen kam, waren nun nur noch maximal vierjährige Platzhirsche vorhanden. Diese kämpften ununterbrochen mit gleichaltrigen oder dreijährigen Hirschen. Spießer und Knieper kamen verstärkt zum Beschlag.

Eine mehrjährige Untersuchung im Nationalpark Müritz (Gebiet Serrahn) zeigte, dass die Bewegungsaktivität des Damwildes ganzjährig in der Zeit von 7.30 Uhr bis 8.30 Uhr ihren Höhepunkt erreicht. Der morgendliche Ansitz oder die Pirsch sind demzufolge am erfolgversprechendsten. Ein abgeschwächter Gipfel fällt in die Mittagszeit, ein dritter auf den späten Nachmittag. Sicherlich wird es hierbei je nach ortsspezifischen Gegebenheiten zu mehr oder minder nennenswerten Verschiebungen kommen. Doch zeigen die Erfahrungen und Beobachtungen aus zahlreichen Damwildgebieten, dass es bei massiven Störungen zwar zu räumlichen Anpassungsstrategien kommt, die Aktivitätsperioden im Großen und Ganzen aber vergleichbar bleiben. Insgesamt reagiert Damwild auf Störungen wesentlich unempfindlicher als das Rotwild.

Zwar bestätigte diese Untersuchung die in der Jagdpraxis hinreichend beobachtete Tagaktivität des Damwildes, insgesamt zeigte sich jedoch, dass das Damwild sowohl tag- als auch nachtaktiv ist. Die überwiegende Tagesaktivität ist in etlichen Revieren aber durch fortlaufende, massive Störungen auch beim Damwild weitgehend reduziert.

Insgesamt waren in diesem Versuch 174 Stück Damwild markiert

Obwohl Damwild wesentlich häufiger auf landwirtschaftlichen Nutzflächen zu beobachten ist als Rotwild, spielt die Deckung auch für das Damwild in normal bejagten Beständen eine bedeutende Rolle. Die Tatsache, dass Damwild in störungsarmen Gebieten selbst auf freiem Acker oder nach dem Äsen auf den Äsungsflächen im Wald ruht, widerspricht dem nicht. Eine entsprechende Untersuchung im Waldkomplex des „Hakel“, der ringsum von einem zehn bis 20 Kilometer breiten Feldstreifen fruchtbarer Bördeböden umgeben ist, zeigte, dass etwa 18 Prozent des männlichen und etwa 27 Prozent des weiblichen Wildes nie auf dem Feld beobachtet wurden.

Insgesamt waren in diesem Versuch 174 Stück Damwild markiert. Auch unter den besonderen Bedingungen dieses Untersuchungsgebietes zeigte sich darüber hinaus die deutlich flexiblere und weiträumigere Lebensraumnutzung der Hirsche (im Schnitt 497 Hektar) im Vergleich zum weiblichen Wild (im Schnitt 225 Hektar). Auffallend war weiterhin die enge Bindung der Tiere an diese Streifgebiete. Denn selbst bei Bewegungsjagden blieben sie größtenteils in den ihnen vertrauten, gut bekannten Wohngebieten.

Relativ große Standorttreue des Damwildes

Obwohl im „Hakel“ einige Hirsche nie im umgebenden Agrargürtel zu beobachten waren, zeigte sich auch dort die bekannte Verlagerung der Streifgebietsnutzung seitens der Hirsche zur Kolben- und Feistzeit in die Feldgebiete. Bereits nach dem Abwerfen der Geweihe wechseln die Hirsche im Mai in die Felder, um den hohen Äsungsbedarf für das Geweihwachstum besser decken zu können. Das weibliche Damwild setzt seine Kälber in der Zeit von Ende Mai bis Ende Juni und wechselt erst danach auf die Felder, behält dieses aber bis zur Ernte im September bei. Die Hirsche dagegen werden nach dem Fegen der Geweihe heimlicher. Sie ziehen überwiegend schon im September in die Nähe der Brunftplätze.

Die dargestellten Ergebnisse zeigen die relativ große Standorttreue des Damwildes auch in kleineren Gebieten über lange Zeiträume hinweg. Eine Bewirtschaftung des Damwildes ist demzufolge schon in Gebieten mit geschlossenen Waldkomplexen um 550 Hektar Größe möglich. Das Verhalten speziell der Hirsche im Sommer aber verlangt die Einbeziehung der Sommereinstände in die Hegegemeinschaften, die damit eine Größe von mehreren tausend Hektar haben müssen.

Die häufig geäußerte Ansicht, dass Damwild nicht „wandert“, muss an dieser Stelle aber relativiert werden. Denn obwohl recht standorttreu, kommt es gelegentlich zu Wanderungen einzelner Stücke. Untersuchungen in der ehemaligen DDR zeigen, dass immerhin zehn Prozent Zehn-Kilometer-Entfernungen beträchtlich überschritten. RIECK (1940) berichtete, dass ein Rudel von Lutter am Barenberg in Niedersachsen nach Thüringen über eine Entfernung von 90 Kilometer wechselte. Ein im Vorharz markierter Damhirsch kam im Kreis Oschatz in Sachsen, über 150 Kilometer vom Zeichnungsort entfernt, zur Strecke. Die Hintergründe für derartige Wanderungen sind vornehmlich in einer überhöhten Wilddichte und damit verschlechterten Äsungsbedingungen durch Konkurrenzdruck zu suchen.

Damwild sucht nach neuen, freien Lebensräumen. Nur so lässt sich auch die spontane Entstehung neuer Damwildpopulationen erklären. Im Hakel wurden beim weiblichen Wild mit einer Ausnahme (20 Kilometer) keine Abwanderungen registriert. Von den männlichen Tieren wanderten nur ein- bis vierjährige Hirsche ab – zum geringen Teil im März und April und zum überwiegenden Teil zur Brunft von September bis November. Die weitesten „Märsche“ gingen über 118 und 130 Kilometer. 80 Prozent der Migrationen lagen im Bereich bis zu 50 Kilometern.

Kenntnisse über das Schutz- oder Feindverhalten des Damwildes

Von besonderer jagdpraktischer Bedeutung sind Kenntnisse über das Schutz- oder Feindverhalten des Damwildes. Erleichtern sie doch die jägerischen Bemühungen um Annäherung und das Erreichen einer günstigen Schussposition. Gewissermaßen vorbeugend gehört zu diesem Verhalten des Damwildes bereits die Wahl der Wechsel sowie der Äsungs- und Ruheplätze. Sie sollen einen optischen Überblick über die Umgebung oder eine geruchliche Information über die windzugewandte Seite zulassen, um von einem sich nähernden Feind nicht überrascht zu werden. Es ist zum Beispiel typisch, dass ein auf eine Anhöhe zuziehendes Rudel vor dieser verharrt, bis die führenden Tiere vorsichtig über den Kamm äugend die Situation als ungefährlich erkannt haben.

Mit allen Sinnen

Auch beim Ziehen aus der Deckung heraus wird von deren Rand her intensiv gesichert. Es sei denn, es befinden sich bereits einige Artgenossen außerhalb der Deckungsstruktur. Für das Damwild ist bei der Feind-Identifikation – anders als beim Rotwild – die optische Wahrnehmung wichtiger als die geruchliche (siehe Kasten). Das Sichern dient dem Informationsgewinn über jegliche Veränderung in der Umgebung des Tieres. Es ist also keinesfalls nur auf den Menschen bezogen, sondern erfolgt auch gegenüber anderen Tieren und sämtlichen neuen Erscheinungen im Umfeld. Dabei ist zwischen dem spontanen Sichern in „lässiger Körperhaltung“, das als Unterbrechung des Äsens oder der Ruhe kurzzeitig erfolgt, und dem anhaltenden reaktiven Sichern beim Knacken eines Astes oder der Wahrnehmung einer nicht zu identifizierenden Bewegung zu unterscheiden. Bei Letzteren ist die Körperhaltung angespannt, das liegende Tier erhebt sich und versucht mit allen Sinnen, mehr Information über die Störquelle zu gewinnen. Dabei wendet sich das Stück dieser direkt zu oder es stellt sich bereits in Fluchtrichtung, um den erwarteten Feind mit rückwärts gerichtetem Haupt zu fixieren. Geben wir als Jäger dazu Veranlassung, ist unsere Pirsch schon fast gescheitert. Jetzt kann nur noch ein sehr anstrengendes, absolutes Verharren nach dem Motto „Wer sich zuerst bewegt, hat verloren“ das sichernde Stück wieder beruhigen.

HEIDEMANN (1973) ermittelte bei äsendem Damwild einen Zeitanteil von zwei bis 45 Prozent, der auf spontanes Sichern entfiel. Im Rudel sichert also fast immer ein Stück! Solange es dabei das Haupt nicht dem Jäger zuwendet, ist das belanglos. Dabei sind die weiblichen Stücke wachsamer als die Hirsche, besonders in gemischten Rudeln. Das reaktive Sichern, bei dem oft der Wedel angehoben wird, überträgt die Alarmstimmung rasch auf das ganze Rudel – besonders wenn das sichernde Stück dabei zusätzlich schreckt. Ebenso kann mit einigen, für das Damwild eigentümlichen Prellsprüngen reagiert werden. Sie sind Ausdruck der Erregung und Verunsicherung, erlauben einen besseren Überblick und verstärken den Alarm im Rudel. Dabei schließen sich die Rudelmitglieder fluchtbereit enger zusammen. Besonders die Kälber suchen Anschluss an die Muttertiere. Jetzt besteht in der Regel die letzte Möglichkeit, dem ausgewählten Stück einen sicheren Schuss anzutragen.

Konzentration ist gefragt

Gelingt es nicht, die Störquelle näher zu identifizieren, folgt in freiem Gelände die Flucht. Innerhalb zum Beispiel eines deckenden Jungwuchses kann bei unbedrohlichem Abstand aber auch weiterhin sichernd verharrt werden, oder die Stücke „stehlen sich langsam davon“. Auf den Brunftplätzen wird das Sichern weitgehend vom Kahlwild übernommen. Ihnen muss also zunächst unsere besondere Aufmerksamkeit gelten. Den „vielbeschäftigten“ Schauflern fehlt offenbar die dafür unerlässliche Konzentration. Während flüchtig abgehende Beihirsche wenig Beachtung finden, löst plötzlich abspringendes Kahlwild sofort Alarm aus und alle anwesenden Stücke schließen sich der Flucht an – auch die Jagd am Brunftplatz ist also kein Selbstläufer.

In einigen Revieren in Schleswig-Holstein brunftet das Damwild völlig untypisch un dem Rotwild ähnlich auf Freiflächen, wobei die Hirsche mitten im Kahlwildrudel stehen

 

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