Mein Hund ist vom Wild nicht abzurufen. Selbst an einer langen oder auch kürzeren Leine ist er kaum zu bremsen und will hinter Hasen her. Vögel interessieren ihn auch, je kleiner (Zaunkönig) desto besser. Wie kann ich dies ändern?
Es ist wirklich sehr oft zu sehen, dass der Hundeführer bei Wildkontakt für seinen Hund Luft ist. Bei einigen Hunden reicht die Wittrung, um sie so in den Bann zu ziehen, dass kein Kommando mehr an ihr Ohr dringt. Man erlebt auch immer wieder auf den Treibjagden Hundeführer, die an einem Senffeld auf ihren Hund warten, weil dieser gerade irgendwo vorsteht. Einen Hund aus dem Vorstehen abzurufen, ist leider auch heute noch bei vielen Ausbildern verpönt. Die Meinung, man müsse ihn „abtragen“, ist immer noch weit verbreitet. Das kann bei einem starken Rüden schon sehr ins Kreuz gehen.
Natürlich stellt gerade sich bewegendes Wild für den Jagdhund einen extrem hohen Reiz dar, denn der Beutetrieb wird bei „flüchtendem“ Wild besonders angesprochen. Mit einem Hund, der bei Wildkontakt alles und jeden um sich herum vergisst, ist natürlich kein gesittetes Jagen möglich. Der Hundeführer muss besonders für einen Jagdgebrauchshund das Maß aller Dinge sein. Damit der Hund das allerdings lernt, muss der Führer lernen, seinen Hund auf sich zu fokussieren. Das fängt im Welpenalter an. Ich werde immer für meine ablehnende Haltung zu Welpenspielgruppen angegriffen, aber ich habe bisher immer Hunde gehabt, für die der Mensch das Wichtigste war, ohne dass sie jemals aggressiv oder unsozial gegenüber anderen Hunden geworden wären. Dieser Faktor ist der Grundstock für die Erziehung und Ausbildung zum Jagdgebrauchshund.
Der Hund muss vom Welpenalter an lernen, dass der Mensch der Erfüller aller Hundeträume ist. Diese Rolle bekommt man durch Kontaktliegen (das Mittagschläfchen mit dem Hund auf dem Teppich), durch Füttern, aber vor allem durch Erziehung. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Hund sich einer Persönlichkeit entweder anschließt, neben ihr her lebt oder sie dominieren will.
Rein technisch ist es so, dass ein Hund nicht bei gespannter Leine vom Wild weggezogen werden soll. Denn statischer Zug provoziert Gegenzug. Er wird entweder „Sitz“ oder „Platz“ befohlen oder abgerufen. Ignoriert er eines dieser vorher gelernten Kommandos, wird er beispielsweise durch einen Leinenruck korrigiert. Bevor es ans Wild geht, sind einige Trockenübungen extrem effektiv. Ist der Hund sehr verfressen, wird er regelmäßig im Garten mit der Feldleine zu seinem Napf geschickt. In einer anderen Sitution wird regelmäßig ein Stoppkommando einstudiert. Funktioniert das tadellos, wird das Stoppkommando auf dem Weg zum Napf eingebaut. Das ganze kann gesteigert werden, indem nach dem Stopp ein „Komm“ verlangt wird. Diese Übung sollte unbedingt dahingehend erweitert werden, dass sie immer dann zum Tragen kommt, wenn der Hund unbedingt irgendwo hin will. Eine lange Zeit immer das gleiche Ritual: „Stopp“, „Komm“, „Lauf“. Hin und wieder sollte der Hund auch mittels Feldleine vom Napf weggerufen werden. Ein verfressener Hund, der sich vom Napf wegrufen lässt, ist aus vielen Situationen einfacher abrufbar. Die Übungen sollten nicht nur mit Futter durchgeführt werden, sondern auch mit anderen Beuteobjekten. Da ist der Hundeführer gefragt, zu erkennen, was der Hund besonders toll findet.
Uwe Heiß