Wissenschaftlicher Beirat Waldpolitik verfehlt mit Eckpunkten zur Waldstrategie 2050 das Ziel, Artenvielfalt zu fördern. Einziger Ansatz: Jagddruck erhöhen. DJV fordert von Ministerin Klöckner stattdessen ein Wildtiermanagement-Konzept.
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Anfang Mai hat der Wissenschaftliche Beirat Waldpolitik auf 75 Seiten Eckpunkte zur Waldstrategie 2050 vorgelegt. Nach Auffassung des Deutschen Jagdverbandes (DJV) ist der darin skizzierte eindimensionale Lösungsversuch des Forst-Jagd-Konflikts weit entfernt vom Erfolg. Er lautet schlicht: Schalenwildbestände durch Jagd reduzieren. Es fehlt eine umfassende Ursachenanalyse von Wildschäden. In einer Stellungnahme hat der DJV jetzt Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner gebeten, ein großräumiges Wildtiermanagement anzustreben, um die Nuztungsansprüche von Tieren und Menschen in Einklang zu bringen. Alle Akteure in der Kulturlandschaft, darunter Jagd, Forst, Landwirtschaft und Tourismus, müssen beteiligt werden. Das Ziel: Eine Waldstrategie 2050, die tatsächlich Artenvielfalt schafft – in Bezug auf Tiere und Pflanzen.
Wildtiermanagement wird auf Jagd reduziert
„Wildtiermanagement“ wird in den Eckpunkten zur Waldstrategie 2050 fälschlicherweise gleichgesetzt mit Jagd. Diese ist jedoch nur ein Teil davon. Notwendig sind steuernde Instrumente wie die wildökologische Raumplanung. Die Expertise von Wildbiologen ist dringend erforderlich für eine gelungene Waldstrategie und die fachliche Bewertung des Einflusses von Wildtieren. Im wissenschaftlichen Beirat Waldpolitik ist der Forschungsbereich „Wildtiermanagement“ allerdings überhaupt nicht vertreten.
Stürme, Dürre und Schädlinge vernichten Wald – nicht das Reh
Als Hemmschuh für eine „Mischwaldvermehrung“ und Gefährdung von „Ökosystemleistungen in ganzer Breite“ werden im Eckpunktepapier Reh- und Rotwild hoch stilisiert. Doch Dürre, Sturm und Schädlinge haben allein 2018 und 2019 Wald von der Fläche des Saarlandes bundesweit vernichtet. Besonders betroffen: die Fichte. Anfällige Nadelholzreinbestände machen 27 Prozent des Waldes aus. Noch immer gibt es etwa 2,8 Millionen Hektar nicht standortgerechte Monokulturen. Die waldbauliche Ausgangssituation für eine natürliche Mischwaldvermehrung ist also vielerorts überhaupt nicht gegeben. Der Mensch muss durch Kunstverjüngung eingreifen, also pflanzen. Hierfür braucht es etwa sechs Milliarden junge Bäume aus Forstbaumschulen. Entstehende Aufforstungsflächen müssen verstärkt bejagt werden – hier sind Jäger wichtige Partner der Waldbauern. Allerdings sind zusätzliche mechanische Schutzmaßnahmen unbedingt notwendig.
Großflächig erhöhter Jagddruck provoziert Wildschäden
Der Wissenschaftliche Beirat fordert, dass „Schalenwildbestände effektiv abgesenkt werden“ müssen, ebenso eine „Anpassung der Jagdzeiten an die Biologie der jagdbaren Arten.“ Im Ergebnis wird schlicht eine Verlängerung der Jagdzeiten gefordert. Großflächig erhöhter Jagddruck führt jedoch zum Gegenteil: Die Physiologie von Wiederkäuern wie Reh- und Rotwild widerspricht beispielsweise Bewegungsjagden im Spätwinter. Stress führt in dieser Phase zu mehr Schäden an Bäumen. Waldbauliche Ziele müssen mit einem Jagdkonzept einher gehen: Wird beispielsweise in Aufforstungsflächen der Jagddruck erhöht, sollten gleichzeitig Wildruhezonen an anderen Stellen entstehen, betonen Experten. Wissenschaftliche Erkenntnisse aus Wildbiologie und Wildtiermanagement sollten in der Waldstrategie 2050 unbedingt berücksichtigt werden.
Weitere Infos:
Eckpunkte der Waldstrategie 2050 – Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats Waldpolitik beim BMEL: www.bmel.de
Videoserie auf Youtube: #waldbaumitwaidblick
PM DJV