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Durchblick im Dunkeln – Nachtjagd

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Nachtjagd
Nur wenige Jagdarten stellen einen so hohen Anspruch an das Können und die Ausrüstung wie das Waidwerk bei Nacht. Andreas Bach weiß, wie sich der Erfolg nach Schwinden des
Büchsenlichts einstellt.

Ansprechen bei Dunkelheit ist wesentlich schwieriger als am Tag. Die wildartspezifischen Unterscheidungsmerkmale sind nicht klar erkennbar. Stücke im Dunkeln sicher anzusprechen, ist meist nur unter 50 Meter (m) möglich. Gewaff, Striche, Klötze oder Schwartenfärbung geben am Tag Aufschluss. Nachts erkennt man, außer in sehr hellen Mondnächten, nur die Silhouetten. Wildbretgewichte können eigentlich nur bei Rotten in etwa geschätzt werden, indem man die unterschiedlich starken Stücke miteinander vergleicht. Doch Vorsicht: Es gibt beim Schwarzwild auch Sommerrausche. Stehen mehrere Keiler bei einer Rotte, ist die Leitbache nicht mehr das stärkste Stück und könnte im Dunkeln als Überläufer angesprochen werden. Einzelne Stücke können nur sehr grob eingeschätzt werden. Entscheidend dafür ist zunächst das richtige Ermitteln der Entfernung zum Stück. Schätzfehler von mehr als 10 m können Unterschiede von bis zu 20 Kilogramm (kg) Körpergewicht bedeuten. Liegt anstelle des 35 kg schweren Überläufers ein 75-Kilo-Keiler, wäre die Gewichtseinschätzung auf die vermutete Distanz wohl richtig gewesen. Das Stück war aber eben einfach weiter entfernt! Hilfen für die korrekte Entfernungsermittlung kann man sich bei der Kirrjagd selbst schaffen. Genormte Kirrkisten mit zum Beispiel 50 Zentimeter (cm) Länge und 30 cm Höhe lassen einen Vergleich zum Wildkörper zu. Schlägt man alle 10 m einen Pfahl in der Nähe der Kirrung ein und malt ihn mit weißer Farbe an, ist selbst in lichtschwachen Nächten die Entfernungsschätzung zweifelsfrei möglich.

Die Rottenstruktur gibt einem nicht unbedingt Rückschlüsse auf die jeweiligen Stücke. Eine einzelne Sau ist nicht zwangsläufig ein Keiler. Bleiben Frischlinge etwas hinter der Bache zurück oder sind sie in der Vegetation verborgen, kann dies fatal enden. So ein Fehlabschuss ist ein Straftatbestand. Der Einsatz von Nachtsehtechnik kann hier Abhilfe schaffen. Die Technologie darf nicht dazu benutzt werden, Grenzbereiche zu verschieben, sondern soll in den üblichen jagdlichen Entfernungen mehr Sicherheit schaffen. Ein Fernglas oder Zielfernrohr ist für den Einsatz bei Tag vorgesehen. Wo diese Geräte in ihrer Leistung aufhören, fangen Nachtsehgeräte erst an. Mit ihrer Hilfe können eben nicht nur die Silhouetten des Wildes wahrgenommen werden, sondern auch Pinsel, Klötze, Gesäuge oder Frischlinge im Gras. Bestehen geringste Zweifel über Entfernung, Alter, Geschlecht und Rottenhierarchie, bleibt die Kugel im Lauf. Häufig versuchen Nachtjagdanfänger, sich auf Details zu konzentrieren, indem sie das Wild angestrengt anstarren. Das Bild wird dabei immer undeutlicher und diffuser. Lässt man den Blick um das Ziel kreisen, wird die Wahrnehmung wieder besser.

Bedienelemente der Waffen und Zielfernrohre sind nachts nicht sichtbar. Das birgt Gefahren. Der Sitz der Sicherung, des Abzuges, der Ladestandsanzeige und der Zielfernrohreinstellungen müssen im Dunkeln „blind“ bedient werden können. Trockentraining mit geschlossenen Augen hilft. Stecherabzüge haben in der heutigen Zeit keinerlei Berechtigung mehr. Ich lehne sie im jagdlichen Alltag kategorisch ab. Nachts sind sie jedoch regelrecht gefährlich.

In hellen Nächten, in denen der Mond eine hohe Bahn zieht, werden Schlagschatten unter den Wildkörper projiziert. Stücke wirken dann stärker, als sie es tatsächlich sind. Die Unterscheidung zwischen Schatten und Wildkörper wird durch ein Nachtsehgerät (NSG) besser wahrgenommen als mit einer nachts verwendeten Tagoptik. Beim Zielen wird der Schatten durch das monokulare Zielfernrohr meist nicht als solcher erkannt. Die geometrische Mitte des Wildkörpers verschiebt sich nach unten. Folge: Tiefschuss. Tipp: Bereits beim Ansprechen durch das Fernglas/NSG einen Haltepunkt wählen. (Zum Beispiel: Der Querbalken des Absehens läuft zwischen Wurf und Teller, der senkrechte Balken liegt an der Rückseite des Vorderlaufes.) Es ist erstaunlich, wie viel mit einem richtig eingestellten Zielfernrohr nachts zu erkennen ist. Sind die Einstellungen für die Nacht bekannt, sollten diese bereits im Hellen bei schwindendem Büchsenlicht vorgenommen werden. Die Vergrößerung und die Absehenbeleuchtung werden später ständig der aktuellen Lichtsituation angepasst.

Nachts sollte immer die Standardwaffe, die in allen Lagen blind beherrscht wird, geführt werden. Eine lautlose Sicherung oder Handspannung ist Grundvoraussetzung. Die Umweltgeräusche lassen nachts nach, und nicht nur der Jäger hört dann besser. Bei der Kaliberwahl gilt: Weniger ist mehr! Von der 6,5 x 57 bis zur 8 x 57 IS ist alles geeignet, da keine extremen Schussentfernungen zu erwarten sind. Kaliber über 8 mm, Magnums mit
schweren Geschossen und leichte Büchsen erzeugen mehr Rückstoß. Einige Jäger regulieren ihren Augenabstand über den Schatten im Zielfernrohr. Diesen sieht man nachts schlecht. Eine geschwollene Augenbraue kann das Ergebnis sein. Schussempfindlichkeit,
Mucken oder Verreißen sind die Spätfolgen. Kurze Läufe machen Waffen zwar führiger, allerdings nimmt das Mündungsfeuer zu. Feuerbälle in dunkler Nacht führen zu einer Blendung des Schützen. Erst nach etwa 20 Minuten ist die volle Nachtsichtigkeit wieder hergestellt. An einen schnellen Fangschuss ist in einem solchen Fall nicht zu denken. Bei Standardläufen und abgestimmter Munition ist das Mündungsfeuer so gering, dass eine Einschränkung nicht zu erwarten ist.

Bei den Zieloptiken kommen nur die Top-Produkte der bekannten Premiumhersteller infrage. Hochwertigste Optiken mit entsprechenden Lichttransmissionswerten sind Voraussetzung für einen Schuss bei Nacht. Neben den messbaren Werten sollte sich jeder vor dem Neukauf eine eigene Meinung bilden. Meist ist der subjektive Eindruck entscheidend, ob man mit seinem Zielfernrohr in Zukunft glücklich wird. Ein vergleichender Test muss unter verschiedenen Lichtbedingungen im Revier erfolgen. Einige Händler schicken auf Wunsch Optiken zur Ansicht. Was gefällt, bleibt, der Rest geht zurück. Der Aufwand lohnt sich. Das Augenmerk liegt hierbei auf den feinen, noch erkennbaren Details in der Umgebung sowie der Dimmbarkeit und der Bedienungsergonomie der Absehenbeleuchtung. Für die Nachtzieloptik gilt: Nur das Beste ist gut genug! Grundsätzlich sind beleuchtete Absehen von Vorteil, da die Mitte des Absehens auf einer dunklen Wildsilhouette klar erkennbar ist. Das Visieren ist wesentlich einfacher als bei unbeleuchteten Strichplatten. Das schwarze Absehen hebt sich auf der dunklen Silhouette des Wildes nicht ab. Es lassen sich nur die dicken Balken des Absehens Nr. 1 oder Nr. 4 klar neben dem Wildkörper sehen. Der Querbalken mittig in die Sau laufend und der senkrechte Balken auf den Vorderlauf gelegt, lässt einen sicheren Schuss zu. Feine Absehen, wie Duplex oder MIL DOT, scheiden als unbeleuchtete Versionen aus. Gegenlicht durch den flach stehenden Mond beeinträchtigt die Zielerfassung und verrät den Jäger unter Umständen durch Reflexionen. Eine einfache Pappröhre über das ZF geschoben
beschattet die Linse und beseitigt diese Effekte. Feinste Staubkörner auf der Objektivlinse sorgen für Streulicht, sodass das Zielbild milchig erscheint.

Den meisten Jägern fällt beim Thema Nachtsehgerät das Schießen bei Nacht mit einem Restlichtverstärker ein. Das Schießen mit Nachtsehgeräten ist grundsätzlich legal, solange die Geräte nicht an die Waffe montiert sind und über kein eigenes Absehen verfügen.
Der Nutzen der Nachtsehtechnik liegt aber nicht in der Schussabgabe, sondern im Ansprechen. Es wird wesentlich erleichtert und damit Fehlabschüsse minimiert. In vielen Fällen kann man sogar ein Gesäuge vom Pinsel unterscheiden. Die Beurteilung von Hintergrundgefährdungen lassen sich bei Nachtpirsch oder unbekanntem Gelände nur mit einem NSG durchführen. Ich habe mir seit einiger Zeit angewöhnt, vor der Schussabgabe noch einmal einen prüfenden Blick über die Szenerie zu werfen, um alle Eventualitäten auszuschließen.

Die Nachtjagd ist sehr komplex. Dass einige Jäger diese Jagdart aus den verschiedensten Gründen ablehnen, ist aus meiner Sicht verständlich. Trotz bester Vorbereitung und modernster Technik bleiben Restrisiken bestehen. Schon vor einhundert Jahren ließen sich Generationen von Jägern vom spannenden Waidwerk in den Mondnächten verzaubern. Auf
den von WILD UND HUND angebotenen Nachtjagdseminaren versuche ich aufzufangen, was in unserer Jagdausbildung fehlt: denen, die ohnehin nachts jagen, eine fundierte Übungsplattform zu geben.

Der Schuss bei Nacht
• Vergrößerung anpassen. Der Objektivdurchmesser geteilt durch 7 (Größe der Austrittspupille in mm) ergibt die Vergrößerung mit der besten Lichtausbeute.
Beispiel an ZF 3 – 12 x 56: 56 mm : 7 = 8; beste Lichtausbeute bei achtfacher Vergrößerung.
• Ist es hell genug (Schnee, Vollmond), kann die Vergrößerung etwas größer gewählt werden. Es ist dann besseres Detailsehen möglich.
• Bei Schussdistanzen unter 40 m sollte eine wesentlich kleinere Vergrößerung gewählt werden. Hierbei öffnet sich das Sehfeld. Ergebnis: besserer Situationsüberblick
und Zielerfassung möglich
• Absehenbeleuchtung so gering wie möglich einstellen. Idealerweise ist sie auf dem Wildkörper gerade noch erkennbar. So überblendet sie nicht und fokussiert genauer.
• Wird bei der Nachtpirsch ein Schießstativ verwendet, müssen alle Einstellungen einhändig mit Blickdurch das ZF ausgeführt werden können.
• Bei geringen Schussentfernungen ergibt sich je nach Montage auf kürzeste Distanz eine deutliche Überhöhung der Visierlinie über die Kugel-Flugbahn. Jeder Jäger muss die Überhöhung kennen und durch Haltepunktverlagerung ausgleichen. Vor allem bei
kombinierten Waffen mit oben liegenden Schrotläufen sind die Abweichungen extrem.
• Viele Jäger verwenden hohe Kanzeln, um aus dem Wind zu kommen. Das Stück wird also steil von oben beschossen. Eine Haltepunktverlagerung wird dadurch notwendig. Haltepunkt: Hochblatt!


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