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Einjagen des Vorstehhundes Teil 2

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Im zweiten Teil unserer Reihe erklärt Revierjagdmeister Sascha Schmitt, wie Sie Ihren Vierläufer beim Buschieren richtig einjagen.

Die Suchjagd ist die klassische Jagdart mit dem Vorstehhund, und die dazu benötigten Anlagen werden bei allen Jugendprüfungen bewertet. Dennoch bestimmt das Buschieren in den meisten Revieren den jagdlichen Alltag mit dem Vorsteher. Ob bei der Streife anlässlich einer Gesellschaftsjagd oder beim Absuchen höher bewachsener Deckungsflächen bei der Einzeljagd: Der kurz jagende Vierläufer, der sich maximal auf Schrotschussweite von seinem Führer entfernt und sich dabei sicher lenken und leiten lässt, ist gerade im unübersichtlichen, kupierten Gelände ein Garant für Jagderfolg.

Buschieren bedeutet im Grunde nichts anderes, als dass der Hund unter der Flinte jagt, also im Nahbereich seines Herrn, dabei selbst dichteste Vegetation absucht und gefundenes Wild sicher vorsteht. Der buschierende Vierläufer soll im unübersichtlichen Gelände engen Kontakt halten, damit sein Vorstehen überhaupt mit dem Auge erfasst werden kann. Im Idealfall passt der Hund seine Geschwindigkeit aus eigenem Antrieb an die Höhe und Dichte des Bewuchses an.

Die Grundlagen für seinen Einsatz hat der junge Hund bereits bei der Vorbereitung für die VGP erlernt – aufmerksam erwartet er nun seinen jagdlichen Einsatz. (Fotos: Michael Stadtfeld)

Je dichter die Vegetation, desto kürzer und langsamer muss er arbeiten, damit es seinem Herrn überhaupt möglich ist, zu folgen. Um den dazu benötigten Jagdverstand zu entwickeln, muss umsichtig abgerichtet und ausgiebig gejagt werden. Erst dann wird sich auch zeigen, ob der junge Zögling über die benötigten Anlagen verfügt, die speziell für das erfolgreiche Buschieren vonnöten sind: Sicheres Vorstehen und Führigkeit gehören genauso dazu wie Härte und Dornenfestigkeit. Gerade bei der Jagd auf Kanin muss der Vierläufer oft dichteste Dornenverhaue absuchen, stellenweise auf dem Bauch rutschend unter den Dornenranken arbeiten, um Wild finden zu können. Weiche, empfindliche Hunde sind in diesen Situationen oft überfordert und neigen dazu, die Arbeit entweder gänzlich einzustellen oder die dichten, aber oftmals Beute verheißenden Deckungsbereiche zu meiden.

Gerade dornenfeste Vierläufer sind generell von großem jagdpraktischen Wert und sollten vermehrt züchterisch berücksichtigt und gefördert werden. Die Grundlagen für erfolgreiches Buschieren wurden dem jungen Hund bereits in der Vorbereitungsphase der VGP vermittelt. Beim Einjagen gilt es nun, das Erlernte zu vertiefen und in der Praxis anzuwenden. Unser junger Zögling muss so hoch im Gehorsam stehen, dass er sich durch Pfiff, Zuruf und Handzeichen nicht nur zuverlässig lenken, sondern auch sicher am abgehenden Haarwild halten lässt. Zu leicht endet sonst das gemeinsame Jagen in einer wüsten Hetzerei, die weder Hund noch Herrn nachhaltig nützt. Es ist selbstverständlich, dass die ersten Buschiereinsätze im Rahmen der Einzeljagd erfolgen und nicht anlässlich einer großen Treibjagd. Jeder hat schon die unschönen Bilder von Vierläufern auf Gesellschaftsjagden gesehen, die außer Rand und Band den gemeinsamen Jagderfolg vereiteln.

Auch der eigene Jagderfolg ist nicht oberstes Ziel, sondern das Einjagen des Vierläufers bei dieser reizvollen Jagdart. Wie bereits bei der Suchjagd, darf nur Wild vor dem Hund erlegt werden, wenn dieser im Vorfeld alles richtig gemacht hat. Wer aus Beutegier nach einem Fehlverhalten des Hundes Wild erlegt, nimmt ihm die Möglichkeit, aus den gemachten Erfahrungen zu lernen und sich auf die Anforderungen einzustellen.

Dichte Vegetation abzusuchen, erfordert gute Kommunikation zwischen Vierläufer und Führer.

Um den Vierläufer anfänglich nicht zu überfordern, wird mit leichten Aufgaben begonnen. Die Anforderungen werden erst mit der Zeit gesteigert. Als Buschiergelände für die ersten gemeinsamen Jagden eignen sich nicht zu dicht bewachsene Kulturflächen, Altgrasbrachen und andere Einstände, in denen sich das klassische Buschierwild, wie Kaninchen, Fasan und Schnepfe, aufhält. Vielen Hundeführern fehlt das Gespür, das richtige Gelände für die ersten Buschierjagden ausfindig zu machen. Sie tendieren zu anspruchsvollem Suchengelände.

Entscheiden Sie sich im Zweifelsfall immer für die leichteste Alternative, also für Revierteile, in denen Sie den Hund ohne Schwierigkeiten bei den ersten Arbeiten überwachen und vor allem unterstützen können. Wie bei der Suchjagd sollte gerade bei den ersten Jagden immer gegen den Wind gearbeitet werden, um es dem Vierläufer zu erleichtern, das Wild zu finden. Ist das Gelände erreicht und die Windrichtung festgestellt, kann es losgehen: Mit ruhigem Befehl wird der Vierläufer voran geschickt, und die Buschierjagd beginnt. Vermeiden Sie von Beginn an, den Vierläufer zu stark anzurüden und zu motivieren. Zielführender ist ein ruhiges und konzentriertes Vorgehen des Führers. Das überträgt sich automatisch auf den Hund. Sobald er geschnallt ist, wird versucht, ihn mit ruhigen, aber deutlichen Kommandos zu steuern und zu ruhiger Arbeitsweise zu animieren. Viele Hundeführer tun sich schwer damit, ihren Hund zu unterstützen und ihm mit Worten eine direkte Rückmeldung für seine Leistungen zu geben.

Gerade beim Buschieren ist aber die Kommunikation mit dem Vierläufer das A und O des Einjagens: Arbeitet er zu schnell oder zu weit, wird er zu ruhiger Arbeit ermahnt. Ignoriert der Hund diese Anweisung, wird er sofort ins „Down“ getrillert. So wird auch verfahren, wenn sich der Vierläufer zu weit von seinem Herrn entfernt. So erkennt der Hund, dass er sich an seinem Herrn orientieren und den steten Kontakt halten muss. Sobald der Vierläufer Kontakt aufnimmt, wird sofort ausgiebig gelobt, um dieses Verhalten unmittelbar zu honorieren und zu festigen. Ziel ist, dass Hund und Führer im Laufe der ersten Jagden zu einem Gespann werden und sich die Anzahl an Befehlen und Anweisungen auf ein Minimum reduziert, auch wenn klar ist, dass Kommunikation der Schlüssel zum Erfolg ist.

Hier zeigt sich eine große Differenz zwischen Prüfungssituation und Jagdpraxis: Während es von vielen Richtern gewünscht ist, dass der Vierläufer ohne Unterstützung des Führers arbeitet und sich regelmäßige Kommunikation negativ auf das Prädikat auswirken kann, gehören Wort und Handzeichen zur jagdlichen Praxis auch beim erfahrenen Hund einfach dazu. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Hundeführer seine Stimme geschickt einsetzen kann: Genauso wie der ermahnende, rügende Tonfall den Vierläufer einbremst und bestimmte Verhaltensformen einfordert, sind es die lobenden, aufmunternden Worte, die ihn in seinem Tun bestätigen und motivieren.

Bei Kontaktaufnahme seitens des Vierläufers wird eifrig gelobt
und …

Hat der Hund Wild gefunden und steht dieses vor, wird in der Folge wie bei der Suchjagd verfahren: Der Hundeführer nähert sich seitlich seinem Vierläufer, ermahnt ihn zum sauberen Durchstehen und tritt das Wild selbst heraus. Mit etwas gemeinsamer Erfahrung ist es durchaus möglich, an der Art des Vorstehens zu erkennen, welche Wildart sich vor dem Hund befindet: Während Fasan und Schnepfe meist reglos mit nahezu waagerechter Kopfhaltung markiert werden, halten viele Vierläufer am Kanin den Kopf fast aufrecht und wedeln in freudiger Erwartung mit der Rute. Sollte sich ein Fuchs vor dem Hund drücken, zeigt sich dies bei manchen an den aufgestellten Nackenhaaren.

Sehr raubwildscharfe, bejagte Vorsteher tun sich mit dem Durchstehen am Fuchs sehr schwer und neigen bei Rotröcken zum Einspringen. Besonderes Augenmerk wird darauf gerichtet, dass der Vierläufer dem abgehenden Wildtier nicht nachprellt oder zur Hetze übergeht. Im unübersichtlichen Gelände wäre eine sichere Schussabgabe sonst nicht möglich. Übereilt hingeworfene Schüsse können die Gesundheit und das Leben unseres Vierläufers gefährden, und gerade weghuschende Kaninchen können sehr schnell Situationen heraufbeschwören, in denen der Finger gerade bleiben muss. Auch hier sind die Selbstdisziplin des Schützen und der absolute Gehorsam die wichtigsten Garanten für das Wohl des treuen Jagdbegleiters.

Jeglicher Versuch nachzuprellen oder einzuspringen wird mit dem Trillerpfiff sanktioniert. Das Stück wird nicht erlegt. Steht der Vierläufer durch und hält auch beim abgehenden Wild, wird geschossen. Erst auf Befehl darf dann unser braver Jagdgesell apportieren, wofür er überschwänglich gelobt wird. Auch in der Praxis sollte auf sauberes Bringen geachtet und Mängel sofort abgestellt werden. Selbst die sorgfältigste Abrichtung verwässert in der jagdlichen Praxis in zunehmendem Maße, wenn der Hundeführer immer oberflächlicher mit seinem Vierläufer arbeitet.

… tatsächlich erst dann Beute gemacht, wenn sicher ist, dass der Hund durchsteht.

Sollte eine Schnepfe beschossen worden sein, gilt es, eine Besonderheit zu berücksichtigen: Einige Vorsteher tun sich sichtlich schwer, den Vogel mit dem langen Gesicht zu finden und zu bringen. Ob es an der Eigenwittrung dieses Federwildes liegt oder daran, dass es geflügelt in Windeseile große Strecken am Boden zurücklegen kann, wage ich nicht zu beurteilen. Fakt ist jedoch, dass Eile und Hektik bei der Nachsuche besonders auf Schnepfen völlig fehl am Platz sind. Sollte der Vierläufer den zu Boden gegangenen Vogel nicht zeitnah finden, macht es oftmals Sinn, in der Nähe des Anschusses eine Pause von 5 bis 10 min abzuhalten. Dabei wird der Vierläufer abgelegt, damit er sich nach den letzten Eindrücken wieder sammeln kann. Erst dann wird er erneut zur Freiverlorensuche aufgefordert. In der Zwischenzeit hat sich um den am Boden liegenden Vogel eine Duftwolke gebildet, die dem Vierläufer das Auffinden der Beute wesentlich erleichtert. Auch bei anderen Federwildarten hat sich dieser kleine Trick bestens bewährt. Sollte der Novize trotzdem nicht zum Stück kommen, wird ein erfahrener Vierläufer hinzugezogen, um die Nachsuche zu einem erfolgreichen Ende zu bringen.

Mit steigender Jagderfahrung kann der Vierläufer auch in anspruchsvollerem Gelände eingesetzt werden. Besonders ausgedehnte Dornenhecken, Schilfpartien, aber auch Zwischenfruchtschläge stellen deutlich höhere Anforderungen an den Hund, an denen er kontinuierlich wachsen muss. Erst wenn der Zögling bei der Einzeljagd alle Aufgaben ohne Fehl und Tadel meistert, kann er auch im Rahmen von Treibjagden zum Buschieren eingesetzt werden. Es liegt in der Natur der Sache, dass der Führer konsequent führen und unterstützen muss, damit der Jüngling nicht durch die Vielzahl der Umweltreize aus dem Häuschen und damit aus der Hand seines Herrn gerät. Wer es beeinflussen kann, sollte darauf achten, dass er in seinem Bereich der Treiberwehr der einzige Hundeführer ist, oder zumindest dafür sorgen, dass nur verlässliche Jäger mit gut durchgearbeiteten Hunden in der unmittelbaren Nachbarschaft eingesetzt werden.

Erst auf Befehl hin apportiert der vierläufige Zögling nach dem Schuss. Dann sollte er ausgiebig gelobt werden.

Nichts ist für die Entwicklung eines jungen Vierläufers schlechter als ungezügelte, schlecht geführte Vierläufer im direkten Umfeld und undisziplinierte Schützen. Die Gefahr, dass er alle guten Vorsätze vergisst und dem Negativbeispiel der anderen Hunde folgt, ist in solchen Situationen sehr groß. Hier liegt es in der Verantwortung des Hundeführers, dass er dafür sorgt, dass auch an Gesellschaftsjagden möglichst optimale Bedingungen für das Einjagen des jungen Buschierers herrschen, auch wenn es dazu deutlicher Worte an die Mitjäger bedarf. Eigentlich sollte es für jeden Teilnehmer der Jagd selbstverständlich sein, alles daranzusetzen, ideale Lernbedingungen für junge Jagdgebrauchshunde zu schaffen. Denn sie sind die Leistungsträger einer tierschutzkonformen und waidgerechten Jagdausübung.


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