Interview über die Hegegemeinschaft der Zukunft.
1. Sie sehen es als notwendig an, die Grundeigentümer stärker in die Hegegemeinschaften einzubeziehen. Birgt das nicht erhebliche Risiken für die Jagdausübungsberechtigten hinsichtlich der Stimmverteilung?
Nein. Die derzeit wichtigste Aufgabe der meisten Hegegemeinschaften ist es, einen Abschussplan aufzustellen. Den konnten die Grundeigentümer aber immer schon beeinflussen, sie mussten und müssen den Abschussplan nämlich gegenzeichnen. Uns geht es vor allem darum, die Grundeigentümer für geeignete Wildlebensräume in die Pflicht zu nehmen. Etwas Positives im Sinne der Wildtiere wird sich aber immer nur durch eine Allianz aus Jägern und Grundeigentümern erreichen lassen.
2. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts könnten Hegegemeinschaften auch vermehrt behördliche Maßnahmen übernehmen, wie Abschusspläne festsetzen oder deren Durchführung zu kontrollieren. Wie realistisch ist dieser Schritt derzeit?
Er ist bereits real wie das Beispiel Rheinland-Pfalz ja zeigt. Und auch in anderen Bundesländern wie z.B. Nordrhein-Westfalen laufen entsprechende Diskussionen. Wir sind davon überzeugt, dass Hegegemeinschaften erst dann als kompetente Ansprechpartner für Behörden und Verbände zu Fragen rund um den Wildtier-Lebensraum anerkannt werden, wenn sie eine Rechtsform haben. Dann können Hegegemeinschaften auch mit behördlichen Kompetenzen ausgestattet werden.
3. Sie fordern ein Ende des Denkens in Abschussplänen zugunsten eines Denkens in Managementplänen. Welche Elemente sollten solche Managementpläne umfassen?
Wir wollen den Fokus des Handelns neben der Bejagung einer Wildart auch auf die Lösung von Konflikten zwischen Mensch und Wildtier lenken. Dazu gehört der Abschussplan. Doch über das Instrument der Büchse hinaus müssen wir auch Aussagen über den Ist-Zustand des Lebensraumes und nicht zuletzt der Waldvegetation und geeignete Verbesserungsvorschläge erarbeiten. Auch Wildruhezonen sollten geplant werden. Ein Vorbild könnten die Lebensraumgutachten sein, wie sie derzeit für die Hegegemeinschaften in Hessen erarbeitet werden bzw. bereits bestehen. Daneben muss es wie bisher eine Art Hegerichtlinie geben, die nicht nur die Abschusskriterien individuell festlegt, sondern vor allem die Art und Weise der Jagd, wie zum Beispiel die Kirrpraxis, das Ende der Jagdzeit oder die Nachtjagd.
3.1. Welche Rolle kann dabei der Gruppenabschuss innerhalb einer Hegegemeinschaft spielen?
Wir halten den Gruppenabschuss als ein wesentliches Element, um den notwendigen Abschuss bis zum 31.12. eines Jahres erfüllt zu haben. Dadurch kann dem Wild bereits im Januar die nötige Jagdruhe gegönnt werden. Für Reviere mit Wechselwild könnte ein Abschusskontingent freigehalten werden.
3.2. Inwieweit sollten andere Tierarten, wie Wolf oder Luchs dabei berücksichtigt werden?
Der Lebensraumplan einer Hegegemeinschaft wird unter Berücksichtigung aller vorkommenden Wildarten aufgestellt. Er sollte sich an einer jagdlichen Leitart orientieren. Mittelfristig werden in vielen Hegegemeinschaften dann auch Wolf und/ oder Luchs eine Rolle spielen, für die jedoch meistens eigene Managementpläne der Länder existieren. Idealerweise finden diese Vorgaben langfristig Eingang in den bestehenden Lebensraumplan.
4. Einige Landesjagdverbände sahen die Aufwertung der Hegegemeinschaften sehr skeptisch. Was erwarten Sie sich von den Landesjagdverbänden hinsichtlich dessen?
Bei vielen Positionen wissen wir den DJV und auch die Landesjagdverbände an unserer Seite. Tatsächlich sind und werden Hegegemeinschaften aber immer unabhängig von den jagdlichen Verbänden agieren. Schließlich vertreten sie die Jagdausübungsberechtigten bzw. einen Lebensraum und nicht die Jäger ganz allgemein. Wir halten es aber für vernünftig, wenn die Jägerschaften die Fortbildung der Hegegemeinschafts-Vorstände übernehmen. Eine große Chance würde es bedeuten, wenn die Hegegemeinschaft zukünftig gemeinsam mit der Jägerschaft Öffentlichkeitsarbeit für die Belange des Lebensraumes und des darin lebenden Wildes betreibt.