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Platzwahl im Waldrevier

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7 gute Ecken

Hochsitze müssen dorthin, wo sich Wild aufhält. Aber nicht nur Wildäcker und wiesen erfüllen diese Vorgabe. Burkhard Stöcker zeigt, welche unbekannteren Stellen sich besonders für Ansitze eignen.

Wandert man als Jäger durch die Lande, werden zwangsläufig hier und dort die Revierqualitäten begutachtet. Allerorten mache ich mir vor allem Gedanken zu den Plätzen der Hochsitze:

Würde es hier passen, oder wäre es dort vielleicht besser? Vor allem aber: Warum steht hier denn keiner? Spaziergänge durch heimische Reviere mit dem „selektiven Hochsitzblick“ bringen vor allem ein Ergebnis:

Nachdem Käferbäume entnommen wurden, wachsen krautige Pflanzen, die das Wild magisch anziehen. (Foto: Wolfgang Radenbach)

Ansitzeinrichtungen stehen hauptsächlich an Wiesen, Kahlschlägen, großen Lichtungen und Wildäckern. Wenn einem jedoch nicht gerade diese vier typischen Plätze begegnen, läuft man manchmal stundenlang durch „unmöblierte“ Waldreviere.

Nicht das ich etwas dagegen hätte, jungfräuliche Wälder zu durchwandern – im Gegenteil. Ich stelle mir als Jäger fast immer die Frage nach der jagdlichen Ergiebigkeit und Nutzungsfähigkeit eines Revieres. Kennen Sie Ihre Hochsitzdichte? Wissen Sie, wie viel Ihrer Revierfläche Sie eigentlich mit Ihren jagdlichen Einrichtungen erreichen? Gibt es Bereiche, die ungewollt völlig unbejagt bleiben?

„Das Wild muss auch noch Rückzugsgebiete haben“, bekommt man häufig als Antwort ob schwach ausgestatteter Revierinfrastruktur. Es ist natürlich nichts dagegen einzuwenden im Revier Wildruhezonen zu belassen, in denen das ganze Jahr über kein Schuss fällt und das Wild Ruhe haben soll und darf.

Prinzipiell will ich aber als Jäger den Wildbestand in meinem Revier nachhaltig und optimal nutzen. Grund genug also, um sich intensiv Gedanken zu machen, ob mein Revier in Bezug auf die Infrastruktur der jagdlichen Einrichtungen verbessert werden kann.

Gehen wir einmal davon aus, man hat ein Sicht- und Schussfeld im Umkreis von 100 Metern um eine jagdliche Einrichtung (was wohl für Waldreviere schon hochgegriffen sein dürfte).

Damit bestreicht man im Optimalfall also einen Kreis von maximal 200 Metern Durchmesser. Das sind nicht einmal vier Hektar. Gehen wir nun von einer theoretischen „Optimal-dichte“ von einer Ansitzeinrichtung pro zehn Hektar aus, so bestreichen wir nicht einmal 40 Prozent der Revierfläche – 60 Prozent der Fläche bleiben also unbejagt!

Der Lichteinfall in durchforsteten Beständen steigt, wodurch bald üppige Äsung folgen wird. (Foto: Burkhard Stöcker)

Übertragen Sie dieses – zugegeben – theoretische Beispiel einmal auf Ihr Revier und berechnen den Wert Ihrer „Flächenbestreichung mit Hochsitzen“. Liegen Sie schon bei einem Wert von einem Hochsitz auf zehn Hektar? Sollte Ihre Hochsitzdichte etwa bei 1/20 liegen, bejagen Sie von Ihren jagdlichen Einrichtungen aus lediglich 20 Prozent Ihres Revieres! Natürlich lässt sich pauschal kaum so etwas wie eine „prinzipielle Optimaldichte“ bei jagdlichen Einrichtungen angeben. Auch hier gilt selbstverständlich das, auch in der Forstwirtschaft so sehr geschätzte, „Gesetz des Örtlichen“.

Dies besagt, dass jeder Standort ein spezifisch auf ihn abgestimmtes Vorgehen braucht. So ist es auch in unseren Revieren in Bezug auf die Infrastruktur unserer Ansitze.

Was in dem einen Revier als ausreichend gelten mag, kann schon im nächsten deutlich zu wenig oder auch zu viel sein. Natürlich ist es immer der Jäger vor Ort, der am besten entscheiden kann, wo und wie ein Hochsitz gebaut wird

Der Nährstoffeintrag an Holzlagerplätzen führt zu attraktiven Äsungspflanzen (Foto: Burkhard Stöcker)

Doch in vielen Revieren scheint es doch etwas zu einfach zu sein, wenn an einer kleinen Wiese drei Kanzeln stehen, in den 200 Hektar Wald ringsherum jedoch nicht eine einzige jagdliche Einrichtung zu entdecken ist. Hochsitzplätze zu finden, erfordert vor allem jagdliches Gespür und Instinkt.

Geeignete Stellen lassen sich in einem Kernsatz zusammenfassen: Ansitzeinrichtungen gehören überall dorthin, wo man möglichst störungslos an Wild herankommt und regelmäßig oder zu bestimmten Zeiten mit dessen Erscheinen rechnen kann. Klingt simpel – ist es aber nicht, wenn man nicht nur an Wiesen, Wildäckern und Kahlschlägen jagen möchte. Durch die folgenden Anregungen möchte ich den Blick auf etwas unbekanntere, aber für das Wild oft hochinteressante Plätze im Revier lenken:

1. Käfer- und Windwurf-Löcher Gerade in heißen Sommern kommt es immer wieder zum Auftreten von Schadinsekten oder Sturmereignissen. Bei den meisten ist eine zügige Entnahme der Schadbäume oberstes Gebot – so entstehen manchmal spontan kleine Kahlflächen. Werden die nicht gleich wieder aufgeforstet oder gezäunt, entwickeln sich hier innerhalb kürzester Zeit attraktive Äsungsflächen: Weichhölzer, Weidenröschen, Him- und Brombeeren und weitere Kräuter. Zuerst bietet das gute Äsung, in späteren Jahren vielleicht sogar mal Einstand. Jagdliche Einrichtungen sollten hier wind- und pirsch günstig am Rand der Fläche gestellt werden.

2. Holzlagerplätze Wird hier über mehrere Jahre immer wieder Holz gelagert, kommt es zu einem starken Nährstoffeintrag durch Holz- und Rindenreste. Diese äsungsreichen Stellen sind im Wald oft Wildmagneten. Findet über eine oder mehrere Vegetationsperioden keine Holzlagerung statt, kann der Platz sich vegetativ noch attraktiver entwickeln. Da sie immer entlang von Hauptwegen liegen, sind sie stets gut zu erreichen. Eventuell ist aber auch mit mehr Besucherverkehr zu rechnen. Daher unter Umständen schwerpunktmäßig morgens besetzen.

3. Durchforstete Bestände Dort, wo Waldarbeiter oder auch Harvester „Hand angelegt haben“, kommt Holz aus dem Wald und damit Licht auf den Boden. Somit entsteht Äsung. Oft sehen wir solche Eingriffe erstmal mit einem weinenden Auge, da meistens schöne Tageseinstände verloren gegangen sind. Aber häufig entsteht dort innerhalb kurzer Zeit durch Anflug von Gräsern, Kräutern, Him- und Brombeeren ein neues Paradies fürs Wild. Also: Durchforstungsbestände gleich in der ersten Vegetationsperiode nach dem Eingriff im Auge behalten.

4. Verjüngungsflächen In unseren Wäldern gibt es seit gut zwei Jahrzehnten die Tendenz, immer mehr mit der natürlichen Verjüngung der Wälder zu arbeiten. Dort, wo Altbestände ausgedünnt werden, um die Naturverjüngung einzuleiten, kommt Licht auf den Boden, das nicht nur die als Äsung ohnehin schon attraktive Naturverjüngung fördert, sondern auch die interessante Begleitflora. Schon kurze Zeit nach dem Auflichten gehören diese Bereiche zu den anziehendsten Partien im Revier – wenn sie nicht gleich gezäunt werden. Ein Zaun kann aber gegebenenfalls mit jagdlichen Mitteln überflüssig gemacht werden. Wenn wir dort bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Naturverjüngung aus dem Äser heraus ist, einen Jagd-Schwerpunkt legen und den Waldbesitzer durch engagiertes Handeln nachhaltig unterstützen, kann die Zäunung unterbleiben, und ein jagdliches Dorado entsteht.

5. Zwischenäsungsplätze In oder in der direkten Nähe der Einstände wird jeder halbwegs ruhige Platz, an dem ein bisschen Licht Äsung auf den Boden bringt, für kurze „Naschpausen“ genutzt. „Zwischenäsung“ heißt dies im schnöden Wildbiologendeutsch. Das Wild muss den Einstand dafür im Grunde kaum verlassen, und der Fluchtweg ist kurz. Dafür reichen oft kleine Fehlstellen in der Dickung, wo keine Bäume aufgeschlagen sind oder gepflanzt wurden. Alte Rücke- oder Harvestergassen, auf denen mehr Licht für mehr Äsung sorgt, sind auch häufig völlig ausreichend. Aber Holzauge sei wachsam: Nur bei bestem Wind und nicht täglich dort ansitzen – sonst führt der Sitz im oder am Rande des Einstandes auch schon mal auf mittlere Sicht zum Ende desselben.

6. Wege, Wegränder, -kreuze und -gabelungen Wege sind nichts anderes als lange Lichtschneisen im Wald. Je breiter und je weniger befestigt sie sind und befahren werden, desto attraktiver sind sie fürs Wild. Besonders zugewachsene, kaum mehr benutzte Wege, die mitten durch ruhige Einstände führen, sind oft ein Paradies für kleine Naschpausen zwischendurch.

7. Laubalthölzer Alte, dichte Buchen- und Eichenbestände, die oftmals zwar kaum Licht auf den Boden lassen und daher kaum Krautnahrung hergeben, werden alle paar Jahre zum Wildmagneten – wenn es ein Mastjahr gibt und Eicheln und Bucheckern fallen. Jahrelang tut sich dort nichts – im Jahr der Mast werden alle vorkommenden Schalenwildarten des Revieres sich dort einfinden. Postieren Sie am Rande des Altholzes eine schlichte jagdliche Einrichtung, und beobachten Sie den Mastansatz bei den alten Laubbäumen. Ist er gut, schauen Sie Anfang September schon mal nach dem Rechten.

Diese Liste, die sich überwiegend auf Waldreviere bezieht, soll auch als Anregung dienen, aufmerksam durchs Revier zu laufen und immer mal wieder zu schauen, ob sich nicht irgendwo neue, lauschige Plätze aufgetan haben.

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