Die Bewegungsjagd läuft gut, überall fallen Schüsse. Doch was ist zu tun, damit das Wildbret richtig behandelt wird? Was muss der Jäger bei schlechten Schüssen beachten, und wie sollte eine Drück- oder Treibjagd unter wildbrethygienischen Gesichtspunkten organisiert werden? Dr. Volker Döring hat einige Antworten dazu.
Während auf der Einzeljagd der Jäger oft Zeit zum Ansprechen und zum sauberen Schießen hat, und danach auch relativ schnell zum erlegten Stück treten kann, um es zu versorgen, haben Gesellschaftsjagden andere Regeln. Oft wechselt den Schützen bei Bewegungsjagden Wild bereits in der ersten Stunde nach der Standeinnahme an. Das hat bei Treiben von drei Stunden Länge auch wildbrethygienische Konsequenzen. Selbst bei
sauberen Kammerschüssen bricht 45 Minuten nach dem Eintritt des Todes bei Wild die Magen-Darm-Barriere, das heißt, Bakterien und Keime dringen aus dem Gescheide
ins Wildbret ein. Vor diesem Hintergrund sind künftig auch Abläufe von Drück- und Bewegungsjagden zu überdenken. Spätestens nach eineinhalb Stunden empfiehlt es sich, eine Aufbrechpause von 15 Minuten einzulegen, damit in Sichtweite verendetes Wild gelüftet werden kann. Hier empfiehlt sich das bereits geschilderte Vorgehen wie bei der Ansitzjagd. Das erlegte Stück wird mittels eines Schnittes vom Brustbein bis zum Beckenknochen gelüftet, das große Gescheide (Magen-, Darmtrakt) wird zügig entfernt.
Schlund, Kammer und Schloss bleiben zu. Bei erlegten Stücken, die nicht während der Aufbrechpause gefunden werden, sondern erst am Ende der Jagd, ist dieser Umstand der kundigen Person oder einem amtlichen Tierarzt mitzuteilen. Die kundige Person hat dies zu dokumentieren, damit der amtliche Tierarzt im Wildverarbeitungsbetrieb informiert ist. Bei erlegtem Wild, das mehrere Stunden nicht ausgeweidet irgendwo lag, ist erfahrungsgemäß der Keimgehalt im Wildbret bereits so hoch, dass sich eine bakteriologische Untersuchung durch den amtlichen Tierarzt meist nicht mehr lohnt. Diese ist aber zwingend vorgeschrieben, soll das erlegte Wild in den Lebensmittelverkehr gebracht werden.
Alternativ zu den Kosten für die bakteriologische Untersuchung durch den zuständigen
amtlichen Tierarzt (bis zu 100 €) bleibt die Entsorgung des Stückes oder die Eigenverwertung.
Bei Bewegungsjagden kommt es häufiger als bei der normalen Ansitzjagd, bei der meist auf vertraut ziehendes oder äsendes Wild geschossen wird, zu schlechten Schüssen. Insbesondere wenn das Stück Wild doch nicht ganz breit gestanden hat, verletzt die Kugel nicht nur häufig die Leber, sondern auch das große Gescheide, und es kommt zu Austritt von Magen-Darm-Inhalt in die Bauch- oder sogar bis in die Brusthöhle. Trotzdem liegen
diese Stücke glücklicherweise meist im Feuer und können rasch versorgt werden. Hier ist zügiges Handeln angesagt, da Fäulnisprozesse sehr schnell ablaufen. Grundsätzlich ist die gleiche Methode des Aufbrechens wie beschrieben zu empfehlen, mit dem Unterschied allerdings, dass man großes und kleines Gescheide (also Magen-Darm-Trakt und Lunge, Herz und Leber) in einem Zug entnimmt. Wenn vorsichtig mit dem Bauchfell umgegangen wird, verschmutzen trotz geplatzten Waidsacks oder Gescheides nicht die wertvollen Filets, die sich später auch mit Wasser nur schwer reinigen lassen. Bitte danach nicht die Brust- und Bauchhöhle mit Tüchern, Gras oder ähnlichem auswischen. Die Zeiten sind endgültig
vorbei. Notwendig ist jetzt, die Brust- und Bauchhöhle mit viel fließendem Trinkwasser auszuspülen und gründlich zu reinigen. Auf manchen Drückjagden verpflichten die Jagdleiter Schützen dazu, zwei Liter Trinkwasser für die erste Grundreinigung mitzuführen.
Stücke mit Waidwundschüssen oder Schüssen durchs Gescheide sollten in der Wildkammer direkt aus der Decke geschlagen werden. Häufig findet man unter der Decke und in der Muskulatur noch Magen-Darm-Inhalt. Das „Schussfleisch“ und der mit Magen-Darm-Inhalt
verschmutzte Bereich sind großräumig zu entfernen. Bei Schüssen in das Haupt und in die
Wirbelsäule werden häufig keine großen Blutgefäße verletzt und es kommt nicht
zum Ausbluten. Da die Tiere mit solchen Schüssen nur betäubt oder gelähmt sind, schlegeln sie oft noch minutenlang. Nicht nur aus Gründen der guten Wildbretgewinnung,
sondern vielmehr aus Tierschutzgründen ist es nötig, das Stück durch Blutentzug (Kehlschnitt oder Blattfang mit Schnitt ins Herz) so rasch wie möglich zu töten! Rehwild mit Leberschüssen liegt meist nach kurzer Todesflucht im Feuer, im Gegensatz zu Schwarz- und Rotwild. Je nach Kaliber, Geschoss und Treffersitz können Stücke mit Leberschüssen noch sehr weit gehen. Gleiches gilt meist entsprechend für Waidwundschüsse. Jetzt wird die Sache für die angestrebte und geforderte Wildbrethygiene problematisch. Meist sind
Nachsuchen mit dem Hund erforderlich. Im Fall einer Nachsuche konkurriert die Wildbrethygiene mit dem Tierschutz, denn es gibt Situationen, in denen es sich nicht empfiehlt, beispielsweise bei Waidwundschüssen, dem Stück sofort zu folgen. Man lässt es krank werden, damit die Chance größer wird, es auch zu erlösen. Denn erst einmal aufgemüdet, laufen waidwunde Stücke bis sie buchstäblich tot umfallen. Wildbrethygienisch gesehen ist aber ein derart krank geschossenes Stück Wild problematisch, egal ob es verendet schon einige Zeit im Wundbett liegt, oder vom Hund gestellt und erlegt wird. Keime aus dem Gescheide und Stresshormone werden über den gesamten Organismus ausgebreitet. Die Qualität des Wildbrets leidet erheblich. In vielen Fällen wird man auf das Wildbret verzichten müssen, da die vorgegebenen Fristen (maximal 1 Stunde) nicht eingehalten werden können. Damit bekommen Nachsuchen zwar häufig eine andere Bedeutung, da Nachsuchenwild mit langen Liegezeiten eben nicht mehr als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden darf. Es geht hauptsächlich um den Tierschutz. Wild, das noch lebend angetroffen und mit einem Fangschuss erlegt wird, gilt als „krank“ und muss einer Fleischbeschau unterzogen werden. In diesem Fall ist der Aufbruch (ohne Gescheide) für
den Tierarzt mitzuliefern. Bisher landete dieses Wild zwar häufig beim Wildgroßhandel, doch dies sollte im Sinne des geforderten Verbraucherschutzes in Zukunft unterbleiben. Derartiges Wildbret muss in Zukunft entsorgt werden! Erlaubte Alternative: Der Verzehr
im eigenen Haushalt oder Hundefutter. Aus wildbrethygienischer Sicht sollten alle Nachsuchen, die eine Todsuche versprechen, noch am Jagdtag stattfinden. Es genügt
nicht, Nachsuchen auch bei niedrigen Temperaturen erst am nächsten Tag durchzuführen. Auch bei Kälte können starke Stücke, wie sehr feistes Schwarzwild, verhitzen. Entsprechend viele Hunde für Nachsuchen sollte ein Jagdleiter nach der Jagd vorhalten, wenn ihm am Wildbret der beschossenen Stücke etwas liegt.
Der Einsatz brauchbarer Hunde ist nicht nur nach, sondern auch während der Bewegungsjagd aus wildbrethygienischen Gründen äußerst wichtig. Hochläufige und stumme Hunde, die Wild hetzen, haben dort nichts verloren. Wildbret von gehetztem Wild,
vor allem von Schwarzwild, hat nach Hetze und Erlegung Probleme bei der Fleischreifung. Viele Metzger werden bestätigen, dass Schinken von gehetzten Drückjagdsauen nicht trocken und fest werden. Wenn es nach zweieinhalb bis drei Stunden „Hahn in Ruh“ heißt, wird nach der Aufbrechpause erlegtes Wild noch versorgt oder gleich zum Streckenplatz gebracht, wo es fertig aufgebrochen wird. Da auch dieses Wild zum größten Teil an zugelassene Wildverarbeitungsbetriebe geliefert wird, hat der Gesetzgeber die so genannte
„kundige Person“ (Anforderungen dazu siehe Kasten) eingeführt, welche ein „Vorzertifikat“ für den im Wildbearbeitungsbetrieb tätigen amtlichen Tierarzt ausstellen soll bzw. kann. Liegt dieses Dokument einer kundigen Person nicht vor, müssen alle Eingeweide bis auf den Magen-Darm-Trakt mit in den Wildverarbeitungsbetrieb geliefert werden.
In der Bescheinung unterschreibt die kundige Person, dass das Wild vor und nach dem Erlegen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben behandelt worden ist und das Fleisch unbedenklich für den Verzehr durch Menschen geeignet ist. Zusätzlich muss die kundige Person eine hygienische Behandlung des Wildes bei der Verarbeitung zur Abgabe sowie bei seiner Lagerung und Beförderung sicherstellen! Es reicht, wenn der Wildhändler eine Sammelliste der abgegebenen Stücke (sowohl Groß- als auch Kleinwild) erhält, auf der die Unbedenklichkeit bescheinigt ist. Bei Stücken, die bedenkliche Merkmale aufweisen, ist der Aufbruch (ohne Gescheide) mitzuliefern. Bedenkliche Merkmale können sein: Geschwülste oder Abszesse, Schwellungen der Gelenke, der Hoden, Veränderungen oder Verfärbungen der Organe und vieles mehr. Die Jagdverbände, die vom Gesetzgeber mit der Schulung der Jäger zur „Kundigen Person“ beauftragt wurden, sind gut beraten, wenn sie diese Schulungen nicht im Hauruck-Verfahren, quasi zum Abhaken durchführen, sondern die zuständigen Behörden (z. B. Veterinärämter) in die Planung und Durchführung der Schulungen mit einbeziehen würden. Es geht nicht darum, irgendeine Bescheinigung der Form halber zu erwerben, sondern den Anforderungen des Gesetzgebers in Bezug auf Wildbrethygiene und Verbraucherschutz zu genügen. Der Gesetzgeber übergibt damit eine hohe Verantwortung in die Hände der Jäger. Ein Gammelfleisch-Skandal in einem großen Wildverarbeitungsbetrieb sollte eigentlich genügen. Wenn die Stücke soweit versorgt sind,
spricht nichts dagegen, sie sauber zur Strecke zu legen und dem jagdlichen Brauchtum gemäß zu verblasen. Unmittelbar danach muss das Wild zur Wildkammer gebracht und fertig versorgt werden. Der Transport hat so zu erfolgen, dass das Wild in der Decke das Fleisch des anderen Wildes nicht berühren darf. Also keine wilde Stapelung auf Hängern
oder ähnlichen Transportern. Am besten wäre es, das Wild hängend zu transportieren.
Die kundige Person haftet übrigens auch dafür, dass das erlegte Wild bei der Lagerung und der Beförderung hygienisch behandelt worden ist. Ein Wort an dieser Stelle zur Lagerung
oder Kühlung. Wild, das nach der Jagd in frostklarer Nacht einfriert, darf nicht mehr in den Handel. Alles Wild darf nicht im Haar- oder Federkleid eingefroren werden. Die Kühlung von 7 Grad für Schalenwild und 4 Grad für Kleinwild (Federwild, Hase und Kanin) erfolgt ausschließlich geregelt in der umluftgekühlten Wildkammer.
Kleine Mengen von erlegtem Wild (= Strecke eines Jagdtages. Das kann ein Stück oder auch 100 Stück Wild sein. Der Gesetzgeber hat sich hier gewollt vage ausgedrückt) oder zerwirktes Wildbret dürfen nur von kundigen Personen abgegeben werden. Vor diesem Hintergrund sollten sich wirklich alle Jäger fortbilden lassen. In der Wildkammer erfolgt die vollständige Versorgung des Wildes. Das heißt, Kammer und Träger werden geöffnet und die roten Organe (Leber, Milz, Nieren, Herz und Lunge) werden, soweit noch nicht geschehen, entnommen, das Schloss wird geöffnet und der Waiddarm, soweit er im Stück verblieben ist, herausgeschärft. Wie oben bereits erwähnt, werden Stücke mit schlechten Schüssen gleich aus der Decke geschlagen oder abgeschwartet und die verunreinigten Ausschüsse großzügig herausgeschnitten. Im Übrigen gibt es für Schwarten, Decken,
Wildbretabschnitte und Knochen keinen Weg mehr ins Revier. Sie dürfen draußen nicht mehr entsorgt, sondern müssen in die Tierkörperbeseitigung gebracht werden. Dazu lohnt vielleicht das Gespräch mit einem örtlichen Metzger, der dafür extra Container oder Konfiskat-Tonnen hat.
Für die Treibjagd auf Niederwild gelten ähnliche Regeln wie für die Bewegungsjagd.
Der Jäger, der einmal einen Hasen mit Kopfschuss erlegt hat, sofort danach abgebalgt und ausgeweidet hat und ihn dann, nach einigen Tagen Kühlung verzehrt hat, wird bestätigen, dass es kaum etwas köstlicheres auf dem Tisch gibt. Wie grauenvoll und schon fast ekelerregend schmeckt dagegen ein Feldhase, der mit Schrot geschossen und im Gescheide
getroffen, am nächsten Morgen vielleicht ausgeweidet wurde und nochmals ein bis zwei Tage irgendwo bei 10 Grad hing. Gleiches gilt entsprechend für die anderen Niederwildarten. Leider sind die Vorgaben der neuen Verordnung bezüglich Niederwild meines Erachtens so unzulänglich, dass damit kein hygienisches Wildbret bester Qualität
garantiert werden kann. Warum der Gesetzgeber verlangt, dass Kleinwild (Niederwild) erst spätestens bei der Abgabe auszuweiden ist, kann nicht nachvollzogen werden. Die Abgabe
kann ja auch erst nach einigen Tagen erfolgen. Gerade bei Niederwild wird meist
durch das Eindringen der Schrote der Magen-Darm-Trakt erheblich verletzt und die Magen-Darm-Bakterien gelangen sehr schnell ins Wildbret. Trotz der geforderten Kühlung von 4 Grad kann die Bakterienvermehrung nicht vollständig unterbunden werden, und es
kommt zum Verderb. Kleinwild sollte meines Erachtens daher spätestens am Ende der Jagd aufgebrochen und ausgeweidet werden. Noch besser ist natürlich, insbesondere bei warmem Herbstwetter, die Hasen unmittelbar nach dem Treiben mit einem Hautschnitt
von Becken bis Brustbein und einem Griff vor dem Magen das große Gescheide in einem Zug herauszulösen. Eine Sache von zwei Minuten! Das weitere Versorgen kann dann später
in der Wildkammer erfolgen. Wichtig ist, dass der Mann, der das Messer führt, eine kundige Person ist, dem auch Veränderungen am Kleinwild auffallen sollten. Das früher gebräuchliche Aushakeln von Flugwild ist mehr als unhygienisch und sollte nicht mehr praktiziert werden. Auch bei Flugwild öffnet man mit einem Bauchschnitt von der
Brustbeinspitze bis zum Bürzel die Bauchhöhle (Ausnahme: größere Mengen werden am Ende eines Jagdtages maschinell gerupft! Nach dem Rupfen aber bitte sofort ausweiden!). Mit einem Griff in die Bauch- und Brusthöhle werden sämtliche Brust- und Bauchhöhlenorgane entfernt. Danach erfolgt das Herausnehmen des Kropfinhalts!
Es versteht sich von selbst, dass auch ausgeweidetes Niederwild vor dem Verbringen in den Kühlraum mit Trinkwasser ausgespült und gereinigt wird. Niederwild im Balg sollte nicht länger als zwei bis drei Tage im Kühlraum hängen, da es schnell austrocknet.