Mein 5-jähriger Rüde hat sonst problemlos mit anderen Hunden gejagt. Jetzt wurde mir berichtet, dass es zwischen ihm und einem anderen Wachtelrüden an einem erlegten Fuchs zur Beißerei kam. Was kann ich tun?
Von Uwe Heiss
Da Sie mit Ihrem Hund bisher offensichtlich problemlos – auch mit anderen Hunden – jagen konnten, werden Sie in seiner Erziehung und Ausbildung, was das beschriebene Problem angeht, nicht viel falsch gemacht haben.
Bei Rüden können im Alter von zwei bis vier Jahren plötzlich Aggressionen auftreten. In diesen Zeitraum fällt das, was man auch „zweite oder soziale Pubertät“ nennen könnte. Sie folgt der rein biologischen Fähigkeit, sich zu vermehren. Junge Rüden befinden sich aber meist noch nicht an der entsprechenden Position im Rudel, denn Fortpflanzen darf sich in der Regel nur ein sehr starker, in der Rudelstruktur weit vorn stehender Rüde. Dieses Verlangen nach höherer sozialer Position wird meist im Alter von zwei bis vier Jahren sehr stark. Wir können bei unseren Hunden oft beobachten, dass sie zu diesem Zeitpunkt auffällig häufig Besitzansprüche und territoriale Ansprüche geltend machen. Anders als vorher nehmen sie einen bestimmten Platz, ein Spielzeug, Beute oder ähnliches für sich in Anspruch und sind auch mehr als vorher bereit, das Objekt gegen andere zu verteidigen. Das gilt besonders für ihre Beute. Meistens waren schon beim jüngeren Hund das eine oder andere Anzeichen von Dominanz erkennbar. Sie werden aber oft von vielen Hundeführern entweder nicht wahr- oder ernstgenommen. Einige Hundeführer glauben immer noch, es sei völlig normal, wenn ein Hund seine Sachen gegen andere Hunde verteidigt.
Wenn Ihr Hund im Beisein anderer beim gemeinschaftlichen Jagen und Stellen von Wild bisher keine Aggression gezeigt hat, dann hat für ihn vielleicht einfach noch keine Notwendigkeit bestanden. In der von Ihnen beschriebenen Situation hat Ihr Hund einen erlegten Fuchs entdeckt, und als er bei ihm stand, kam ein zweiter Hund dazu. Ihr Hund hat den Fuchs als „seine“ Beute betrachtet und sie verteidigt. Der zweite Hund war mental sicherlich sehr stark, weil er sich in unmittelbarer Nähe seines „Chefs“ befand. So ist die Situation wahrscheinlich deutlicher eskaliert, als sie es auf für beide Hunde „neutralem Boden“ wäre.
Ich befürchte, dass ich Ihnen keinen befriedigenden Rat geben kann, der das Verhalten Ihres Hundes kurzfristig so abstellt, dass Sie wieder mit ihm an Gesellschaftsjagden teilnehmen können. Die innerartliche Aggression lässt sich gerade im fortgeschrittenen Alter nicht einfach abstellen. Bei jungen Hunden (ein bis zwei Jahre) hilft oft eine Kastration, da Sexual- und Rangordnungsverhalten viel miteinander zu tun haben. Erzieherisch lässt sie sich lediglich in ihrer Gegenwart über sehr starken Gehorsam in den Griff bekommen. Für die Zukunft wird es wohl besser sein, mit dem Hund in der Treiberwehr zu jagen und den Hund dabei wirklich kurz in Ihrem Sicht- und Einwirkungsbereich zu halten. Voraussetzung muss allerdings sein, dass Sie Ihren Hund über den Gehorsam davon abhalten können, Aggressionsverhalten gegenüber anderen Hunden zu zeigen.
Ansonsten wäre es vielleicht eine lohnenswerte Alternative zu überprüfen, ob Ihr Hund und Sie für die reine Schweißarbeit talentiert sind. Uwe Heiß