Ich beabsichtige mir im kommenden Frühjahr einen Jagdhund (Vorstehhund) zuzulegen.
Die Meinungen über Jagdhunde und deren Ausbildung sind jedoch sehr unterschiedlich. Wie soll ich mich entscheiden? Welche Literatur können Sie empfehlen?
Von Uwe Heiss
In der Jägerprüfung gibt es auf die Frage, welchen Hund man sich zulegen sollte, immer nur eine richtige Antwort: Die Rasse, die zu meinen jagdlichen Vorlieben und vor allem zu meinen Jagdgelegenheiten passt.
Nichtsdestotrotz sollte die Rasse, die Sie wählen, Ihnen auch wirklich gefallen. Jeder JGHV-gezüchtete Jagdhund sollte sich aufgrund der betriebenen Zuchtauslese dahingehend ausbilden lassen, dass er Ihren Ansprüchen gerecht wird, wenn Sie ihn adäquat ausbilden und führen. Ich persönlich tue mich in öffentlichen Rasseempfehlungen sehr schwer.
Wichtiger als die Rasse ist der Hundetyp, den Sie auswählen. Dazu muss ein Hundeführer sich zunächst einmal bewusst machen, was für ein Typ er selbst ist und sich dann darüber klar werden, welchen Hundetyp er will.
Es wird grob in „Resonanzhund“ und „Komplementärhund“ unterschieden. Ein Resonanzhund ist ein Hund, der dasselbe Temperament wie sein Hundeführer besitzt. Ein Komplementärhund ist ein Hund, der ein dem Hundeführer gegensätzliches Temperament besitzt.
Sind Sie beispielsweise ein cholerischer Typ, der einen sehr lebhaften Hund bevorzugt? Oder sind Sie vielleicht ein cholerischer Typ, der dringend einen Gegenpol, einen phlegmatischen Typ bevorzugt? Die Beantwortung dieser Frage wird sicherlich mehr zur Mensch-Hund-Zufriedenheit führen als die Wahl der Rasse oder des Geschlechts. Besuchen Sie zunächst ohne eigenen Hund einige Abrichtelehrgänge (dort sind helfende Hände, die mal eine Schleppe ziehen, sicher gerne gesehen) und vielleicht die ein oder andere Jagdhundeprüfung. Sollten Sie dafür keine Zeit haben, werden Sie auch keine für einen eigenen Hund haben. Bei dem Besuch der Lehrgänge und Prüfungen werden Sie viele verschiedene Rassen begutachten können. Wenn Sie wirklich viele Jagdgelegenheiten haben, werden Sie auch verschiedene Hunde in der Jagdpraxis erleben, was Ihr persönliches Bild sicher komplettieren wird. Daraus wird bestimmt eine für Sie richtige Entscheidung wachsen.
Was Literaturtipps angeht, läuft der Hundebuchmarkt Gefahr, den „Bohlens“ nichts nachzustehen. Ob da immer „Nichts als die Wahrheit“ steht, wage ich zu bezweifeln. Wenn Sie Lehrer für Ihren Hund werden wollen, dann beschäftigen Sie sich vor allem mit Literatur über das Lehren. Kaufen Sie sich eine Abiturhilfe zum Thema Verhaltensbiologie und eine zum Thema Pädagogik, lesen Sie ein Buch über Lernpsychologie und erst dann lesen Sie Hundeausbildungsbücher. Nach der arg theoretischen Literatur erkennen Sie selbst, wer Unsinn schreibt und wer ehrliche, schlüssige und jagdpraxisgerechte Ausbildungssysteme anzubieten hat.
Nehmen Sie aus der deutschsprachigen Jagdhundliteratur ruhig zunächst die Klassiker wie Oberländer, Hegendorf und Tabel zur Hand. Wenn sie der englischen Sprache mächtig sind, dann kaufen Sie bei englischsprachigen Autoren das Original und keine deutsche Übersetzung, aus der alles was den Verkauf schmälern könnte, einfach nicht übersetzt beziehungsweise abgedruckt wurde.
Besuchen Sie einen Abrichtelehrgang bei den Moralaposteln unter den Autoren, die in ihren Büchern mit erhobenem Zeigefinger jegliche Form von Zwang pauschal verteufeln, und angeblich alles nur mit Motivation in den Griff bekommen. Seien Sie aber nicht enttäuscht, wenn Sie erleben, dass jemand Wasser predigt und Sekt säuft.
Uwe Heiß