SCHMIDT & BENDER 2,5–10×56 „Zenith“ in der Praxis
Nach 20 Jahren Marktpräsenz rechnete und konstruierte Schmidt & Bender sein Erfolgsmodell 2,5–10×56 neu, taufte es Zenith und stellte sich selbstbewusst dem Wettbewerb. Wolfram Osgyan hat es über ein Jahr im In- und Ausland geführt.
Silvester 2001: Trotz großer Kälte schneit es mich in meiner bulgarischen Kanzel schier ein. Seit geraumer Zeit „siefern“ nämlich feine Flocken vom Himmel. Vor eineinhalb Stunden ist die Nacht hereingebrochen, die ohnehin miserablen Sichtverhältnisse haben sich noch verschlechtert, und die Chancen, dass der volle Mond durchkommt, schwinden. Eine Viertelstunde wollen wir noch warten und nicht länger. Schließlich gibt es im Jagdhaus ja noch etwas zu feiern. Plötzlich registriert das zum hundertsten Mal hochgenommene Fernglas am linken Waldrand eine schwarze Bewegung: Zwei Sauen sind es. Vorweg die große, dahinter eine halbe Portion. „Frischlinge“, flüstert Nedred.
Frischling mit Kammertreffer
Kaum haben die beiden die 80 Meter entfernte Kirrung erreicht, tausche ich Glas mit Büchse. Im hohen Schnee wirkt die kleinere der Wutze verdammt schmal. Als das Absehen in den Wildkörper taucht, löst es sich schier im Dunkel auf. So bringe ich keine sichere Kugel an. Im Anschlag tastet die Führhand zum linken Verstellturm des Zeniths und dreht den Rändelring eine Rast nach vorne. Blass-rosa erscheint nun der Zielpunkt und nicht rot, gut zu erkennen und nicht überstrahlend. Ich rufe mir noch einmal das wichtigste Gebot beim Dämmerungsschießen – nicht reißen – ins Gedächtnis, nehme sorgfältig Maß und ziehe sauber durch. Mündungsfeuer, Knall und Kugelschlag reihen sich aneinander. Das hochgerissene Fernglas zeigt eine wegflüchtende Sau, die große. Wir baumen ab und waten zum Anschuss. Dort liegt der Frischling von 25 Kilogramm mit Kammertreffer. Den Knall der .300 Winchester Short Magnum (WSM) dürfte er wohl nicht mehr gehört haben. Mein Führer drückt mir begeistert die Hand, schüttelt fortwährend den Kopf, fordert die Waffe, visiert ein- ums andere Mal und kann sich gar nicht beruhigen. Ganz offensichtlich beeindruckt ihn das Zielfernrohr. Dieses hat soeben den ersten Nachteinsatz erfolgreich hinter sich gebracht.
Überdenken muss ich nunmehr mein gespaltenes Verhältnis zu Leuchtabsehen. Alle, die ich nämlich bis dato beim Nachtansitz erproben durfte, stellten mich nicht zufrieden. In der Regel waren die beleuchteten Elemente zu groß, ihre Leuchtkraft trotz Dimmbarkeit zu intensiv, und der Versuch, die jeweils schwächste Stufe herauszufinden gestaltete sich zum Herumfummeln zwischen Rot und Schwarz respektive An und Aus. Bei der Schmidt & Benderschen Variante dagegen treten die angesprochenen Probleme erst gar nicht auf. Beim Einschalten gilt es nämlich zunächst einen Widerstand zu überwinden, dann arretiert der Verstellring in der schwächsten von insgesamt elf gerasteten Helligkeitsstufen. Das erlaubt problemloses Finden der gewünschten Leuchtkraft und eine maximale Wiederkehrgenauigkeit.
Ferner unterbindet diese Konzeption versehentliches Einschalten und unnützen Batterieverbrauch mit hoher Wahrscheinlichkeit. Es gibt aber noch eine Möglichkeit während des Ansitzes Strom zu sparen: Einschalten, gewünschte Helligkeit ermitteln und dann den Rändelring zwischen die benachbarten Rasten positionieren. Um den roten Punkt erneut zu aktivieren, genügt dann ein kleiner Dreh in die Raste. Wer diesen Stand-by-modus bevorzugt, darf jedoch nicht vergessen, zum Ende der Jagd den Rändelring wieder in seine Null-Stellung zu bringen. Nur das stellt nämlich sicher, dass sich die Lichtquelle beim Transport nicht versehentlich einschaltet und so erschöpft. Doch für den Fall, dass das Malheur eintritt, ruht noch eine Ersatzbatterie im Deckel der Seitenverstellung.
Absehen in der ersten Bildebene wachsen und schwinden bekanntlich beim Vergrößerungswechsel und mit ihnen selbstverständlich ihre beleuchteten Elemente. Hier aber liegt genau der Knackpunkt, denn selbst das bei höchster Vergrößerung üppigst dimensionierte Leuchtkreuz verliert so beträchtlich an Intensität, dass nicht mehr viel bleibt, wenn sich die Verstellung dem unteren Ende der Skala nähert. Der Rest wiederum reicht nicht, um bei Tageslicht Leuchtpunkt oder -kreuz für Schüsse auf bewegtes Wild nützen zu können. So gesehen darf es grundsätzlich ruhig weniger an hoch vergrößertem Rotlicht sein. Was das betrifft, möchte der Hersteller möglichst alle Geschmäcker bedienen und bietet gleich sechs Varianten vom einfachen Punkt über die beleuchtete Stachelspitze bis hin zum eingekreisten Kreuz an. Unbeleuchtet wiederum realisiert Schmidt & Bender so ziemlich alles.
Optische Komponenten in höchster Qualität
Der Biebertaler Betrieb darf für sich in Anspruch nehmen, vor gut zwanzig Jahren das 2,5–10×56 kreiert und hoffähig gemacht zu haben. Zu dessen Produktvorteilen zählten damals neben dem größeren Objektivdurchmesser eine Positionsanzeige des Verstellbereiches für das zentrierte Absehen unter den jeweiligen Abdeckungen der Elevationstürme sowie eine Minimierung des so genannten „Tunneleffekts“ (scheinbar kleines Bild am Ende einer schwarzen Röhre) bei niedrigster Vergrößerung. Mit einem eigens entworfenen Absehen leistet mir ein solches Modell seit nunmehr zwei Jahrzehnten treue Dienste, war mehr als jedes andere Eiseskälte, Hitze und Schmuddelwetter ausgesetzt und hat mich niemals enttäuscht oder gar im Stich gelassen.
Angesichts der harten Bandagen, mit denen seit Jahren der Wettbewerb ausgefochten wird, kann heute kein Zielfernrohrhersteller mehr mit einem zwanzigjährigen Umtrieb seiner an sich langlebigen Produkte kalkulieren. Daher nimmt es nicht wunder, dass die Konkurrenz aus Wetzlar und Absam Schmidt & Bender mit attraktiven Innovationen sukzessive in Zugzwang brachte.
Jahrzehntelang ließ sich der Zielfernrohrspezialist die optischen Elemente zuliefern und baute sie im hessischen Biebertal zusammen. Mittlerweile besitzt das Unternehmen in Budapest eine eigene hochmoderne Optikfertigung.
Dort werden nicht etwa „Milch“- oder „Paprikagläser“ gepresst, geschliffen und poliert, sondern optische Komponenten in höchster Qualität. Bezeichnenderweise befinden sich unter ihren Abnehmern auch klangvolle Namen des deutschen und internationalen „Optik-Adels“.
Der Grenzbereich des Machbaren
Direkter Zugriff auf Top-Linsen aus blei- und arsenfreiem Glas einerseits und ein eingespieltes Team qualifizierter Mechaniker im Mutterwerk andererseits bieten eigentlich beste Voraussetzungen für ein neues Produkt. Das aber muss besser oder bei vergleichbarer Güte zumindest preiswerter sein, wenn es den Mitbewerbern Marktanteile abnehmen will. Entsprechend fielen die Vorgaben von Hans und Udo Bender für Techniker und Kaufleute aus. Herausgekommen ist ein im Vergleich zum Vorgänger um viereinhalb Zentimeter und damit deutlich geschrumpftes Zielfernrohr, das mit seiner Kürze von nur 330 Millimetern alle anderen mit 56er-Objektivdurchmesser unterbietet, dessen Augenabstand auf 90 Millimeter erweitert und dessen Positionsanzeige „Posicon System“ größer, farbig und deshalb noch übersichtlicher gestaltet wurde. Befindet sich der Zeiger im grünen Bereich der „Uhr“, ist der quadratische Verstellbereich noch nicht ausgeschöpft. „Rot“ wiederum signalisiert, dass die zusätzlichen Reserven angeknabbert wurden. Somit lässt sich auf einen Blick feststellen, wieviel Spielraum für Korrekturen noch zur Verfügung steht. Insgesamt beläuft sich der Verstellweg auf 70 Zentimeter nach Höhe und Seite. Dabei wird in Zentimeterschritten gerastet. Ein verstellbarer Ring mit Merk-Indexen erlaubt zudem, die Absehenspositionen für verschiedene eingeschossene Laborierungen festzuhalten. Das spart bei Geschoss-Wechseln Zeit sowie Munition.
Kantige Objektivkonturen beherrschen seit Großvaters Zeiten im Zielfernrohr-Bau das Aussehen. Diesen Zopf schnitt der Designer ab und verpasste dem Objektivkopf des Zenith eine abgerundete Form, die an einen Eierbecher oder ein Weinglas erinnert und sich schon deswegen von der Konkurrenz abhebt. Um von der größten zur kleinsten Vergrößerung zu gelangen, bedarf es beim Zenith nur mehr einer halben Umdrehung des Stellrings (180 Grad). Das ist mittlerweile bei Top- Zielfernrohren Standard. Beim Vorgänger musste man den Ring noch um 320 Grad bewegen. Gemäß der Einstellung variiert das Gesichtsfeld wie gehabt von vier Meter auf 100 Meter bis hin zu 13,2 Meter auf 100 Meter.
Im Bestreben, das weltweit kürzeste 2,5–10×56 zu bauen und gleichzeitig den Augenabstand auf 90 Millimeter zu erweitern, hat sich Schmidt & Bender in den Grenzbereich des Machbaren begeben. Dabei erteilte der Hersteller der Leichtbauweise mit dünnen Rohrwandungen und nichtmetallischen mechanischen Funktionselementen eine klare Absage. Folglich blieb gewichtsmäßig alles beim alten: 640 Gramm.
Konstruktiv notwendig wurde aber auch die Rechnung der gesamten Optik, mit darauf abgestimmten, neuen Glassorten sowie einer speziellen Vergütung. Gemessen am Vorläufermodell sind ein helleres, randschärferes Bild, ein höherer Lichtdurchlassgrad und ein geringerer Falschlichtanteil herausgekommen. Ab siebenfacher Vergrößerung freilich geht die Farbkorrektur eigene Wege, so dass bei Tageslicht auf Schnee oder vor sehr hellem Untergrund kontraststarke Objekte blau gesäumt erscheinen, wenn man sie nicht exakt mittig anvisiert.
„Harter“ Auslandseinsatz verlangt verlässliche Zieloptik
Bekanntlich ermöglicht eine Sattelmontage, ein Zielfernrohr für mehrere Waffen aus dem Hause Blaser zu verwenden. So thronte das Zenith in der Wintersaison auf einem R 93-Wechsellauf im Kaliber .300 WSM. Hier wurden beim Einschießen lediglich sechs Rasten der Höhenverstellung beansprucht, und damit war das Thema abgehakt. Als dann die Bockjagdsaison anstand, wanderte das Zielfernrohr auf den starkwandigen Jagd-Match-Lauf im Hochrasanz-Kaliber .22-250 und erforderte selbstredend erneutes Einschießen. Dabei ließen die notwendigen 30 Rasten nach rechts den Posicon-Zeiger der Seitenverstellung schon merklich in Richtung „roter“ Bereich abdriften.
„Harter“ Auslandseinsatz verlangt auch verlässliche Zieloptik, wenn der Erfolg nicht ausbleiben soll. Dabei wurde mein Vetrauen in die Leistungsfähigkeit des Zenith voll bestätigt und das bei Witterungsbedingungen, wie sie auf dem Kontinent nicht extremer sein können.
Es steht außer Frage, dass das „neue“ 2,5–10×56 aus dem Hause Schmidt & Bender seinen Vorgänger toppt und dass einige Funktionselemente als Maß der Dinge angesehen werden dürfen. Dass auch die Preisgestaltung (ab 1495 Euro, mit Leuchtabsehen) den Zenit Schmidt & Benderscher Kalkulation erreicht hat, ist der Tribut für „Made in Biebertal, Germany“, also deutsche Wertarbeit mit ihren hohen Löhnen. In Sachen Farbkorrektur allerdings wartet noch ein Stück Weg bis hin zum qualitativen Kulminationspunkt. Schmidt & Bender hat ihn dem Vernehmen nach bereits eingeschlagen.
Mit einer halben Umdrehung des Stellrings lässt sich die Vergrößerung von 2,5 bis zu 10-fach regeln |