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Nur schmückendes Beiwerk?

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Jagenden Frauen schlagen heute noch unausrottbare Vorurteile, beständiger Argwohn und schroffe Ablehnung entgegen. Und doch werden es immer mehr, die jagen wollen und es auch tun.

 

Von Rüdiger Klotz

Erster Ausbildungsabend in einer niedersächsischen Kreisgruppe. Erwartungsfroh, aber auch mit gemischten Gefühlen wegen der bevorstehenden langwierigen Ausbildung und der abschließenden schweren Prüfung sitzen über 40 Jungjägeranwärter im (Lehr-)Saal einer Kneipe. Jungjägeranwärter? Falsch! Mehr als ein Drittel ist weiblich. Ungewöhnlich? Erstaunlich? Wohl kaum. Seit geraumer Zeit nimmt der Anteil der Jagdscheinanwärterinnen kontinuierlich zu. Damit vergrößert sich auch ständig der Anteil der Jägerinnen. Der DJV schätzt die Gesamtzahl schon auf über 25 000. Tendenz steigend.

Motivations-Fragen

Doch was treibt eine Frau angesichts der vielfältigen Anforderungen durch Familie und Beruf dazu, sich der grünen Zunft anzuschließen? Wollen sie zu Flintenweibern mutieren? Ist es Abenteuerlust? Etwa Jüngerinnen Dianas auf (Waid-)Männerfang? Über einen Kamm scheren lassen sich die zukünftigen Waidfrauen sicher nicht. Wie auch? Die jüngste in diesem Kursus ist im zarten Teeniealter von gerade mal 16 Jahren, die Seniorin steht im Beginn ihres siebten Lebensjahrzehnts. Zwar eint sie alle das Interesse an der Natur, doch warum wollen sie jagen?

Die 70jährige war ihr ganzes Leben als Selbständige beruflich stark eingespannt und möchte nun endlich die Natur in vollen Zügen genießen. Sie sieht im Jagdschein den Schlüssel dazu und die Jägerprüfung als eine Art Herausforderung, mit der sie es sich noch einmal selbst beweisen möchte.

Kein Ausbilder gab einen Pfifferling darauf, dass die alte Dame besteht. Und doch hat sie mit einem ungeheuren Elan während der Ausbildung weder Kosten noch Mühen gescheut, ihr Ziel zu erreichen. Ihr Wille wurde zum Vorbild für viele andere Kursteilnehmer, die schon „die Flinte ins Korn werfen“ wollten. Unglaubliche Mengen an Schrotpatronen hat sie verschossen, bis sie tatsächlich wider Erwarten die Prüfung bestand.

Die 16jährige geht seit Kindesbeinen mit ihren Eltern auf Jagd. Sie jibbert förmlich danach, endlich die Reviergänge ebenfalls bewaffnet durchführen zu können. Sie scheint die Passion mit der Muttermilch eingesogen zu haben. Diesem Mädchen war, was die praktische Ausbildung anbelangte, kaum etwas vorzumachen, und auf den theoretischen Stoff stürzte es sich geradezu. Es bestand glänzend und wusste sicher in vielerlei Hinsicht mehr als manch in Ehren ergrauter Prüfer.

Eine andere war vor kürzlich Witwe geworden und bewirtschaftete den landwirtschaftlichen Betrieb nun allein. Die Eigenjagd war immer von ihrem Mann bejagt worden, und sie wollte keine Verpachtung. Der Jagdschein musste her. Zwar fiel ihr das Lernen leicht, nicht aber das Schießen. Erst im dritten Anlauf reichte die Zahl der zersplitterten Wurfscheiben. Heute ist sie endlich Jagdherr, Pardon: Jagdherrin, auf eigener Scholle.

Ihre Liebe zu Greifen und der Beizjagd führt eine junge Frau in den Kursus. Ihr Ziel ist der Falkner-Jagdschein. Sie erklärt, weder an der theoretischen noch an der praktischen Waffenausbildung teilnehmen zu wollen. Einen Monat hielt sie sich konsequent abstinent, irgendwann schaute sie der Schießausbildung zu, um sich dann überreden zu lassen, den vollwertigen Jagdschein zu erlangen.

Eine ganz ehrliche Antwort gibt eine 20jährige: „Mein Freund ist dermaßen jagdverrückt, dass ich endlich wissen möchte, was dahinter steckt.“ Nach eigenem Bekunden weiß sie es heute – trotz bestandener Prüfung – immer noch nicht. Sie genießt es, mit auf die Pirsch oder den Hochsitz zu gehen. Doch Schießen – nein danke.

Eine letzte Variante rundet das Bild ab. Mehrere Frauen machen deutlich, dass ihre Motivation aus einem Interesse an der Natur entsteht, das sie durch die intensive Ausbildung zur Jägerprüfung vertiefen möchten. Jagd ist für diese Frauen ein selbstverständliche Nutzung natürlicher Ressourcen und sie wollen gern mehr darüber erfahren.

So manche hat dabei ein gerüttelt Maß an Schwellenangst zu überwinden. Dies kommt nicht von ungefähr, denn immer noch werden Frauen auf der Jagd beargwöhnt. Manch alter Hase kann sich vielleicht nicht daran gewöhnen, die vertraute Männerrunde gegen eine „verunsichernde Damengesellschaft“ einzutauschen und/oder in Anwesenheit von Damen auf liebgewordene Gewohnheiten wie derbe Späße und deftige Witze zu verzichten.

Ein schwerer Einstieg

Doch ist das alles, was den Frauen den Einstieg in die grüne Zunft so erschwert? Sicherlich wird das Leben auch hier durch Vorurteile bestimmt, die immer wieder – nicht nur von Jägern – gemacht werden. Beispielsweise wird dem schwachen Geschlecht unterstellt, nicht zupacken zu können, immer Hilfe zu brauchen.

Doch die Realität entlarvt diese Vorurteile. Einmal aktiviert, engagieren sich Jägerinnen für alle jagdlichen Bereiche. Klassische Betätigungsfelder wie Hundeausbildung oder Jagdhornblasen gehören heute ebenso zu den Selbstverständlichkeiten wie das ehrenamtliche Engagement im Hegering oder in der Kreisgruppe.

Als jüngst in Schwaben das erste Forum für Jägerinnen stattfand, sagte der Vizepräsident des Landesjagdverbandes Bayern, Lothar Reiner: „Jagd hat eine gesellschaftspolitische Zielsetzung, die nur von Frauen und Männern gemeinsam erreicht werden kann.“

Es liegt an den Verbänden, die Frauen stärker zu aktivieren und zu integrieren. Frauen können bestimmt mindestens ebenso gut wie Männer (wenn nicht besser!) überzeugende Botschafterinnen für die Jagd sein – gemeinsam für die Zukunft der Jagd.

 

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