Manche Jäger könnten einen florierenden Handel mit Hirschrufen aus Heracleumrohr aufmachen; ihre Reviere sind voll von diesen riesigen Pflanzen. Aber Achtung, das ist beileibe kein Grund zur Freude.
Fahndungsfoto: So sieht er aus, der „Kaukasische Riese“, der im Revier wichtige Äsungspflanzen verdrängt |
von Hans-Ulrich Herding
Sie sind die „Wolkenkratzer“ aus dem Kaukasus: bis 3,5 Meter hoch, mit riesigen, oft 150strahligen Dolden, und meist tauchen sie in Kompaniestärke auf: Die Pflanzen des Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum), wegen seiner Größe auch nicht zu Unrecht Herkulesstaude genannt.
Konkurrenz müssen die Riesen nicht fürchten, sie überragen alle anderen Gräser und Stauden um Längen. Und auch für Nachschub sorgen sie reichlich: Bis zu
10 000 Samen schütten die bis zu 60 Zentimeter großen Blütenstände aus.
Und so breitet sich die Herkulesstaude an feuchten Waldrändern, an Gräben, in Auengebieten sowie an feuchten Weg- und Feldrainen mit einer ungeheuren Geschwindigkeit aus.
Gefahr für reichhaltige Äsung und Artenvielfalt
Innerhalb weniger Jahre kann aus einer einzelnen Pflanze ein ausgedehnter und kaum noch zu bekämpfender Bestand werden, der alle natürlich vorkommenden Arten unterdrückt.
Genau hier liegt das Problem: Saumzonen, Waldränder, Uferbereiche, Wegraine, die im Winter, wenn die Ackerflächen schwarz daliegen, von großer Bedeutung für das Niederwild und andere Arten sind, werden von der Herkulesstaude in Beschlag genommen.
Dann ist es aus mit der reichhaltigen Äsung und der Artenvielfalt.
Also heißt es „Auf in den Kampf“ und zwar am besten im Herbst oder im zeitigen Frühjahr. Die beste Methode ist, die Blattrosette und den oberen Abschnittes der rübenförmigen Wurzel auszustechen.
Dieser Wurzel-Bereich enthält nämlich den sogenannten Vegetationskegel, in dem die Anlagen für die austreibende Jungpflanze liegen. Werden sie zerstört oder entfernt, stirbt der Rest der Pflanze in kurzer Zeit ab. Im Gegensatz dazu macht Abmähen der oberirdischen Pflanzenteile oder Abschlagen der Blätter und der Blüten nur dann Sinn, wenn es mehrfach wiederholt wird.
Wer nicht von Anfang an dagegenhält, hat später das Nachsehen. In den Ursprungsländern des Riesen-Bärenklaus hat man den Kampf zum Teil schon aufgegeben: Ganze Flussniederungen bzw. Auengebiete hat er dort in Beschlag genommen, da seine Samen schwimmfähig sind und mit dem Hochwasser weit verbreitet werden. Selbst großräumiges Umpflügen der Gebiete zeigte keine Wirkung.
Auch bei uns rüsten Naturschutzverbände und Landschaftsbehörden zum Kampf gegen den ungebetenen Gast: Regionale Gruppen rufen dazu auf, Vorkommen der Pflanzen zu melden, damit diese gezielt bekämpft werden können. Auch kommunale Gärtnerkolonnen, das Technische Hilfswerk und sogar Bundeswehreinheiten mischen sich ein.
Nicht nur ökologische Schäden
Grund für das ungewöhnliche Engagement sind nicht allein die ökologischen Schäden, die zu erwarten sind. Die Herkulesstaude produziert einen Pflanzensaft, der Furano-Cumarin enthält.
Das ist ein starkes Gift, das bei Hautkontakt in Verbindung mit Sonnenlicht zu blasigen Hautablösungen führt, die wie Verbrennungen aussehen, ebenso schlecht heilen und hässliche Narben hinterlassen. Vor allem spielende Kinder haben schon schwerste Verletzungen davongetragen.
Also raus ins Revier und den Wolkenkratzern aus dem Kaukasus sofort das Fundament „abgraben“.