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Marder gesucht

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Familienbetrieb Kieferle:
Sie haben ein paar Marder gefangen und wissen jetzt nicht, was Sie mit Ihrer Beute machen sollen? In Zeitungspapier wickeln und ab die Post nach Randegg, denn mit den Räubern können Sie Ihre Kasse aufstocken. Wenn Sie Weiß- und Gelbkehlchen vorher selbst abbalgen, gibt’s noch etwas mehr. Worauf man dann allerdings achten sollte, verrät Hubertus Kieferle.

 

Von Julia Numßen

Die blauen Autobahnschilder sausen an mir vorbei. „Schaffhausen: 12 km“ steht drauf. „Gleich bin ich in der Schweiz“, denke ich. Aber Kieferle ist doch eine deutsche Firma, oder hab’ ich da irgendwas verpasst? Ich schaue auf meine Uhr. Schon fünf Minuten zu spät. Dann endlich kommt das lang ersehnte Schild: „Letzte Ausfahrt vor der Grenze: Randegg.“ Zwei Minuten später fahre ich auf den Hof der Firma Kieferle.

„Der Standort ist günstig“, sagt Hubertus Kieferle, Chef des gleichnamigen Familienunternehmens. „Rund 75 Prozent der Kunden, die bei uns in den Jagd-Shop kommen, sind Schweizer.“ Doch hauptsächlich lebt Kieferle nicht vom Direktverkauf, sondern vom Versand. Kettner und Frankonia im Kleinen sozusagen. Der Großvater, gelernter Schreiner, hat 1925 angefangen, Kastenfallen zu bauen und schickte sie auf Bestellung in alle Himmelsrichtungen. Inzwischen ist das Sortiment vielseitiger geworden: Wildschwein-Lockmittel, Anti-Bell-Halsbänder, Luftgewehre, Elektroschockgeräte, Aalreusen, Bundeswehrklamotten und natürlich Fallen – für Wühlmaus, Marder, Fuchs & Co. Der 41-jährige Hubertus Kieferle hat 1989 den Betrieb von seinem Vater übernommen. Und er tritt in seine Fußstapfen. „Wir kaufen wieder Marder und Fuchs an. Entweder im Kern oder abgebalgt.“

Der Balg ist perfekt ab Anfang November bis Ende Dezember

Das Pelzgeschäft geht inzwischen recht gut. Im Jahr 1989 aber war der Pelzmarkt in den Vereinigten Staaten wegen der Anti-Pelz-Kampagnen total zusammengebrochen. Damals blieb das Familienunternehmen auf 14 000 Marderbälgen sitzen, denn die Amerikaner waren die Hauptabnehmer. Dann lief lange Zeit nichts mehr. Erst seit zwei Jahren kauft Hubertus Kieferle, selbst passionierter Jäger und Fallensteller, wieder Marder- und Fuchsbälge an. „Bei Jacken oder Mänteln sieht man inzwischen wieder häufiger, dass Ärmel, Kragen oder Kapuze mit Fell angefüttert werden – ein gutes Zeichen.“ Das spiegelt sich auch an der Fellbörse wider. Der Nerzpreis steigt, und das wirkt sich auf Marder- und Fuchsbälge aus.

Hubertus Kieferle holt drei Weißkehlchen aus der Garage und geht damit über den Hof in ein kleines Gebäude. Steinfußboden, gelb gekachelte Wände, kleine Fenster und an der Seite ein langer Holztisch mit Kunststoffplatte, auf den er die drei Marder legt. „Viele Jäger denken immer noch, dass der Balg dann am besten ist, wenn’s draußen ordentlich geschneit hat und kalt ist. Das wäre aber leider oft erst im Januar oder Februar der Fall – leider zu spät, denn der Balg ist perfekt ab Anfang November bis Ende Dezember.“ Kieferle zeigt auf einen der drei Marder. „Ein starker, zwei- bis dreijähriger Rüde. Er hat einen sehr schönen, reifen Balg und die optimale Größe. Das Haar könnte einen Tick dunkler sein.“ Er legt ihn wieder auf den Tisch. „Die anderen beiden Marder hier, eine Fähe und ein junger Rüde, sind zwar etwas kleiner, aber dafür auch durchgereift – die Bälge sind schön dicht.“ Alle drei wurden mit dem Eiabzugseisen gefangen. Marder, die mit der Kugel geschossen wurden, brauchen gar nicht erst eingeschickt zu werden, außer sie wurden mit einem Kleinkaliber erlegt, direkt hinter die Gehöre. Schrotmarder nimmt Kieferle selbstverständlich, allerdings bekommt der Einsender dafür nicht den vollen Preis. Pro Balg vom Stein- oder Baummarder gibt es 18,50 Euro. Auch wenn der Baummarder das feinere Leder und den besseren Balg liefert, wird kein Preisunterschied gemacht. „Das Gros sind sowieso Steinmarder. Iltis und Hermelin werden zu selten gefangen, an denen haben wir kein Interesse.“

Bloß nicht alle in einen Sack

Werden Weiß- oder Gelbkehlchen im Kern verschickt, zieht Kieferle vier Euro „Abbalggebühr“ ab, bleiben also noch 14,50 Euro. „Die gibt’s allerdings nur, wenn Qualität und Größe stimmen. Sonst werden zwei bis fünf Euro abgezogen.“ Aber lohnt sich für den Jäger der Aufwand überhaupt? Kieferle: „Sicher. Am besten man sammelt die Marder über einen gewissen Zeitraum in der Tiefkühltruhe, und dann schickt man sie spätestens zum Ende der Fangsaison ein.“ Dabei ist es wichtig, die gefangenen oder geschossenen Weiß- und Gelbkehlchen einzeln in Plastikbeuteln einzufrieren. „Bloß nicht alle in einen Sack. Dann frieren die Haare zusammen.“ Will man die Beute eines Jahres verschicken, müssen die gefrorenen Räuber aus den Plastiktüten herausgeholt und einzeln in Zeitungspapier gewickelt werden. In einen Karton damit und ab zu Kieferle.

Wer sich „volle“ 18,50 Euro verdienen will, zieht dem Marder einfach selbst „das Fell über die Ohren“ und zwar so, dass er in einem Stück bleibt, also aussieht wie ein Schlauch. Keinesfalls die Bauchseite aufschärfen, nur die Läufe müssen mittig aufgetrennt werden. Doch mit dem Abbalgen allein ist es natürlich noch nicht getan. Der Balg braucht rund fünf Tage, um von außen und innen zu trocknen. Und das geht nur auf dem Spannbrett. Dabei zeigt die Haut, das Leder, beim „ersten Spanngang“ nach außen. „An dem Balg nicht zu stark ziehen, sonst kann er reißen. Den Marder also nicht größer machen, als er eigentlich ist. Den Balg etwas straffen und dann am unteren Bereich, also an Lunte und Branten festnageln.“ Kieferle braucht dafür 23 Nägel. „Wichtig ist, dass die hinteren Läufe an den Seiten genagelt werden, damit die Haut dazwischen auch wirklich trocknet. Sie kann sich sonst wellen und bleibt feucht, wenn man hier mit Nägeln spart.“ Anschließend wird an den vorderen herunterhängenden Branten jeweils ein dünner, schmaler Papierstreifen auf die Haut gelegt. „Der hält von allein.“ Ab damit in einen Raum, der Zimmertemperatur hat, und den gespannten Marder auf dem Brett stehen lassen. „Nicht mit Salz einreiben, das trocknet alles von selbst. Dafür braucht er ungefähr ein bis zwei Tage.“ Dann erst wird der Balg umgekrempelt, so, dass die Haare nach außen zeigen. „Das Umdrehen ist manchmal gar nicht so einfach, weil der Kopf stecken bleiben kann. Da gibt’s einen Trick.“ Hubertus Kieferle zeigt auf die gekürzte Hundeleine, die an einem Haken an der Wand hängt. Er geht mit dem Vorderteil der Leine durch den schlauchartigen Balg, lässt den Schnapper am Nasenschwamm einrasten und zieht langsam. Ein Haar nach dem anderen kommt zum Vorschein. „Wenn der Kopf klemmt, kann ich jetzt an der Leine mit meinem vollen Gewicht ziehen. Den umgedrehten Marder einfach aufs Brett schieben und noch einmal zwei bis drei Tage stehen lassen.“ Falls das Leder fürs Wenden zu trocken ist, mit Wasser anfeuchten und eine Stunde einziehen lassen. Dann dürfte es keine Probleme mehr geben, und der Balg ist fertig zum Verschicken.
Kieferle: „Rund 90 Prozent der an uns geschickten Marder werden gefangen. Aber im Verhältnis zu früher, wird dem Marder viel weniger nachgestellt.“ In den achtziger Jahren waren 15 000 Bälge im Jahr normal. Heute kommt Kieferle gerade mal auf 1 000. „Das hat sicher damit zu tun, dass sich früher Bauern und Förster ein Zubrot verdient haben. Heute ist das anders. Hinzu kommt, dass jedes Bundesland seine eigene Fallenverordnung hat und man einen Fallenlehrgang besuchen muss. In einigen Bundesländern ist das Eiabzugeisen, der Klassiker für den Marder, sogar verboten.“

Mit Fleischbröckchen wird geködert

Wir gehen eine Treppe hinauf in sein Büro. Drei Rothirschgeweihe, eine Oryxtrophäe und drei Warzenschweinkeiler-Waffen hängen an den Wänden. „Die Hirsche hab ich in Spanien erlegt, und Oryx und Keiler stammen von unserer Farm in Namibia.“ Da fliegen Hubertus und seine Frau mit ihren Kindern rund dreimal im Jahr hin. Sie liegt 250 Kilometer nördlich von Windhuk. Sein Partner, ein Deutsch-Südwester, lebt dort und kümmert sich um die Viehzucht auf der 5 700 Hektar-Farm, „sonst würde es nicht funktionieren“. Kieferle geht natürlich auch in Deutschland zur Jagd. Rund 550 Hektar ist die Gemeindejagd groß, die direkt vor seiner Haustür liegt. Zwölf Stück Rehwild, die Hälfte davon Böcke, schießt er pro Jahr, fünf bis zehn Sauen, eine Handvoll Fasane und ein paar Enten. Und natürlich stellt er auch Fallen. „Da kommen schon mal 25 bis 40 Füchse zusammen.“ Und Marder? „Im letzten Jahr sieben Weiß- und vier Gelbkehlchen.“ Sogar in Afrika kommt er nicht von der Fallenjagd los. „Auf der Farm lungern viele Schakale herum, vor allem wenn gekalbt wurde.“ Also ködert Kieferle mit Fleischbröckchen an und stellt Schwanenhälse auf. „Über einen gefangenen Schakal freue ich mich genauso wie über ein auf der Pirsch erlegtes Perlhuhn.“ Und was macht er mit den Schakalbälgen? Er lacht: „Zu Kieferle nach Randegg schicken.“

Schneiden: Die Branten mittig aufschärfen, bis hin zur „Achselhöhle“. Anschließend die Hinterläufe auftrennen und den Marder daran aufhängen

 

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