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Von Maschendraht bis „Mauspfeifchen“

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WILDWARNER:
Um Wildunfälle zu verhindern, gibt es viele Methoden. Der Wirkungsgrad einiger Produkte ist manchmal umstritten, doch nichts tun ist die schlechteste Lösung.

 

Neben Zäunen gibt es viele andere Mittel, um Wildunfällen vorzubeugen. Hier eine Auswahl:1, 2, 3, 4) Diverse Warnfolien mit unterschiedlichen Abmessungen, zum Teil selbstklebend oder mit Duftkissen zur Aufnahme von Verstänkerungsmitteln5) Zweifarbige Wildwarnfolie aus der Schweiz, die durch ihre Struktur die Lichtstreuung erhöht 6) Menschenhaare: Sie haben schon so manchen Wildwechsel blockiert7) Billigvariante: Taschenspiegel aus dem Supermarkt8) „Wildwarner“-Pfeifchen: Am Fahrzeug angebracht, erzeugen sie durch den Fahrtwind einen Hochfrequenzton, der das Wild warnt 9) Swarovskis Wildwarnreflektoren „Swareflex“ in weiß und rot, auch als Hangstrahler erhältlich10) Die Grundausstattung des aus drei Komponenten bestehenden Duftzaunes von Hagopur11) WEGU-Wildwarnreflektoren in rot oder weiß , hier in Kombination mit akustischem Wildwarner (AWIWA) und Anbauvarianten für Hanglagen

Von Alexander Krah

Neidisch schaut man auf das perfekte Netzwerk, mit dem in unserem Land die Kröten erst abgebremst und dann über die Straßen getragen werden. Hunderte Kilometer von Krötenzäunen werden alljährlich installiert und wieder abgebaut, das Programm ist finanziell einschließlich der erforderlichen Arbeitskräfte gesichert.

Die annähernd 200 000 Wildtiere die alljährlich im Straßenverkehr ihr Leben lassen, erfahren eine solche Fürsorge durch den Staat und die Gesellschaft nicht. Dabei ist die Summe des damit verbundenen menschlichen Leides und der volkswirtschaftliche und persönliche Schaden für die Betroffenen enorm.

So wurden im Jahr 2002 bei 2 653 Wildunfällen mit Personenschaden 28 Menschen getötet und 3 222 (davon 720 schwer) verletzt, teilte das Statistische Bundesamtes in Wiesbaden mit. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungsträger (GDV) weist für den gleichen Zeitraum eine Schadensregulierungssumme – ohne Selbstbeteiligung der Versicherten – in Höhe von 425,2 Millionen Euro aus. Dahinter verbergen sich 95 181 Unfälle, die mit 174,2 Millionen Euro durch die Teilkasko reguliert wurden sowie 128 135 Unfälle, bei der die Schadensumme von 251 Millionen Euro durch die Vollkasko beglichen wurde. Unterschiedliche Methoden in der statistischen Erfassung und die nicht gemeldeten Unfälle weisen noch auf eine hohe Dunkelziffer hin.

Unverzichtbar ist der Einbezug der Medien

Diese besorgniserregende Entwicklung zu stoppen, erfordert in erster Linie den politischen Willen aller dafür in der Verantwortung stehenden Dienststellen der Polizei, des Straßenwesens, der Land- und Forstwirtschaft und der Jägerschaft. Unverzichtbar ist die Einbeziehung der Medien, um die potentiellen Gefahren immer wieder in das Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer zu bringen und gegen die zunehmende Gleichgültigkeit beim Betrachten von Hinweis- und Warnschildern an Wildwechseln anzugehen. Erst dann sollten die konkreten Maßnahmen an besonders gefährdeten Straßenabschnitten eingerichtet beziehungsweise aufgebaut werden.

Es gibt in Deutschland eine Reihe guter Beispiele mit Modellcharakter, wie auf Kreisebene alle Verantwortlichen gut zusammenarbeiten. Trotzdem steht die Mehrzahl der Revierinhaber der Situation im Wildunfallgeschehen hilflos gegenüber.

Schwierige Beurteilung der bekannten Methoden

Die Ursachen liegen wahrscheinlich in der ungeheuren Komplexität der beteiligten Faktoren. Da spielen Wildart nach Geschlecht und Alter, Jahres- und Tageszeit, Witterung und menschliche Störungen in den Einständen (einschließlich der Jagd), Trassenführung der Straße, Lage von Äsungsflächen, Wald-Feld-Randgestaltung einschließlich des Pflegezustandes, die Wilddichte sowie der große Komplex des Fahrverhaltens der einzelnen Verkehrsteilnehmer eine Rolle.

Genauso komplex sind jene Faktoren, die die Wirksamkeit der Maßnahmen beeinflussen. Dies macht auch die Beurteilung der bekannten Methoden und Verfahren so schwierig, und gesicherte mathematisch-statistische Aussagen fast unmöglich. Insofern ist der (meist Hersteller veranlasste) Streit, welches das beste Verfahren oder der bessere Reflektor ist, ein rein akademischer. So sind Beispiele bekannt, wie durch das Aufhängen von kleinen Drahtgeflechten und Kunststoffnetzen mit menschlichem Haar Wildwechsel blockiert oder auf ungefährlichere Streckenabschnitte verlagert werden konnten. Die Unfälle wurden weniger, aber der Beweis dafür ist anfechtbar.

Was steht nun an Materialien und Methoden zur Verfügung

Der schlechteste Weg ist aber, nichts zu unternehmen und die Abschussplanerfüllung dem Straßenverkehr zu überlassen. Bevor man sich aber für den Einsatz von Wildschutzmaßnahmen an der Straße entschließt, sollte man vorher unbedingt sicherstellen, dass die straßennahen Revierabschnitte besonders scharf bejagt werden. Dies schließt auch den Abschuss des hoffnungsvollen zweijährigen Bockes mit ein, denn der Straßenverkehr kennt keine Hegegrundsätze. Auch sollten Bankette, Straßengräben und Waldränder sauber gehalten werden, denn eine hohe Kraut- oder Grasschicht reduziert die Wirksamkeit fast aller Maßnahmen.

Was steht nun an Materialien und Methoden zur Verfügung: Der Wildzaun ist sicher das wirksamste Mittel, aber auch mit der äußerst unangenehmen Begleiterscheinung einer noch weiteren Zerschneidung von Lebensräumen. Sicher bleiben die auf Infrarotbasis beruhenden Bewegungsmelder mit unmittelbarer Gefährdungswarnung der Verkehrsteilnehmer wegen des damit verbundenen hohen Investitionsaufwandes auf Einzelmaßnahmen an extremen Gefahrenpunkten beschränkt.

Viel experimentiert wird mit flüssigen Verwittrungsmitteln

Vom ADAC präferiert und mit guten Testergebnissen versehen, ist der so genannte Duftzaun von Hagopur. Das aus drei Komponenten bestehende „Verfahren“ (Duftzaun-Schaum als Trägerstoff, Duftzaun-Konzentrat und Reiniger) wird in der Grundausstattung in einem handlichen Koffer geliefert (um 225 Euro). Es reicht für 1 000 Meter einseitige oder 500 Meter zweiseitige Behandlung gefährdeter Straßenabschnitte aus. Das Warnsystem wird auch von den meisten Jagdausstattern, beispielsweise Kettner, oder Forstausrüstern wie der Forstgeräte GmbH Grube in Eberswalde (Hauptsitz Hützel, www.grube.de) gehandelt. Die Komponenten sind einzeln nachlieferbar. Zusätzlich sind noch Folienstreifen zum Aufhängen mit vorbereiteten Duftkissen erhältlich.

Viel experimentiert wurde und wird mit flüssigen Verwittrungsmitteln, die ursächlich zur Wildschadensabwehr gedacht oder auch entwickelt wurden. Von Hukinol bis zur Buttersäure gibt es da schon gute Erfahrungen, und zunehmend werden weitere kommerziell hergestellte Mittel auf dem Markt angeboten. Beim Einsatz flüssiger Mittel sollten aber immer vorher Trägerkissen aus Schaumstoff oder lockerem Filz an der Baumrinde angetackert werden, um die Wirkungszeit zu verlängern.

Am bekanntesten sind wohl die Wildwarnreflektoren

Gebräuchlich ist auch der Einsatz reflektierender Folien, die als (raschelnde) Streifen aufgehängt, oder um die Randbäume gewickelt zum Einsatz kommen. Sie sollen das Scheinwerferlicht variabel vom entgegenkommendem Fahrzeug in den Wald abstrahlen und so Wildbewegungen verhindern. Die Folien sind in unterschiedlichen Breiten, Längen und Materialstärken, zum Teil auch selbstklebend, auf dem Markt. Eine spezielle Aluminiumfolie aus der Schweiz ist auf einer Seite rot beschichtet und hat eine pyramidenähnliche Prägestruktur, die die Lichtstreuung erhöhen soll (Bezug: Knobloch Jagd, Tel. 0 89/7 14 12 52, www.knobloch-jagd.de, 130 Meter: 102 Euro, 50 Meter: 42 Euro).

Am bekanntesten sind wohl die an den Verkehrsleiteinrichtungen angebrachten Wildwarnreflektoren, die unter dem Namen „Swareflex“ vom österreichischen Unternehmen Swarovski hergestellt und in Deutschland von der Sicherheitsleiteinrichtungen und Montage GmbH Rheda-Wiedenbrück (Tel. 0 52 42/92 03-0) oder von Grube vertrieben werden. Es gibt sie in weiß und rot sowie als Hangvarianten, was bei der Bestellung berücksichtigt werden muss (Preis pro Stück etwa 6,90 Euro).

Bekannt sind auch die Wildwarnreflektoren der Gummiformteile GmbH Niedersachswerfen, die vielen Jägern mit ihrem WEGU-Jagdprogramm bekannt sind (Tel. 0 36 33/14 21 23, www.gft-gmbh.de). Der Aufbau der Reflektoren ist gegenüber dem „Swareflex“-System etwas anders gelöst, aber das Wirkungsprinzip ist das Gleiche. Führt die Straße am Hang entlang, sollten unbedingt die ebenfalls angebotenen Unterlegkeile mit eingesetzt werden, die eine Abstrahlung der Lichtreflexe bergauf beziehungsweise bergab gestatten (etwa 5,80 Euro pro Stück).

Ein Pfeifton der das Wild abschreckt

Ebenfalls von WEGU gibt es ein akustisches Wildwarngerät (siehe auch WuH 3/2000, S. 14), das als geschlossene Baueinheit seinen Energiebedarf von einer Solarzelle erhält. Wenn die Scheinwerfer eines Fahrzeuges auf einen Sensor auftreffen, wird ein durchdringendes akustisches Signal ausgelöst. Die Maße des Gerätes sind auf den WEGU-Wildwarnreflektor ausgerichtet, so dass es damit zusammen an der Verkehrsleiteinrichtung angebracht werden kann. Dadurch tritt eine Kombination zwischen akustischen und optischen Warn-Effekten ein (etwa 90 Euro pro Stück).

Bleibt das „Mauspfeifchen“: Dieses im Fahrzeug-Zubehörhandel erhältliche kleine Gerät (etwa vier Euro) wird mit einer selbstklebenden Haftfolie auf der Stoßstange oder am Kühlergrill angebracht. Durch den Fahrtwind wird ein durchdringender, von den Fahrzeuginsassen nicht vernehmbarer Pfeifton erzeugt, der das Wild abschreckt. Es ist schwierig, die Wirkung zu quantifizieren, aber allein die Bereitschaft zur Anbringung des kleinen Gerätes am Fahrzeug lässt beim Fahrer ein Problembewusstsein erkennen und ein vorsichtigeres Verhalten erwarten.


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