Tipps zur Revierübernahme:
Der Wunschtraum vom „eigenen“ Revier ist sicher nicht für alle Jäger gleichermaßen zu realisieren. Doch wenn sich die Gelegenheit ergibt, sollte man nicht blindlings in das Abenteuer „Revierpacht“ rennen. Ansonsten kann es schnell ein finanzieller Albtraum werden.
Von Jörg Rahn
Nach der bestandenen Jägerprüfung teilen sich die Jagdscheininhaber in zwei Gruppen. Die einen haben bereits eine Jagdgelegenheit für sich ausfindig gemacht, die anderen suchen noch nach etwas Geeignetem. Sind die jagdlichen Beziehungen und die persönliche Zeit spärlich, wird nur darauf gewartet, dass man endlich jagdpachtfähig wird, um sein eigener Herr zu werden. Aber gerade Jungjäger, die sich diesen Traum erfüllen wollen, sind sich häufig über die Konsequenzen nicht im Klaren.
Daher sollte sich jeder Revierpächter, ob Jungjäger oder „Alter Hase“, erst einmal über die Modalitäten der Verpachtung und natürlich auch über das zu pachtende Revier gründlich informieren, bevor er seine Unterschrift unter den Vertrag setzt, denn in der Regel lässt sich nach dem Unterschreiben nichts mehr ändern.
Wichtige Punkte
Im Pachtvertrag sind alle wesentlichen Punkte, die das Pachtverhältnis betreffen, enthalten. Zuerst gilt es, einmal zu klären, ob es sich um ein Hochwild- oder um ein Niederwildrevier handelt. Denn dies kann einen bedeutenden Unterschied im Pachtpreis ausmachen und natürlich die Länge der Pachtperiode beeinflussen, deren Beginn und Ende im Pachtvertrag fixiert werden. Daneben werden die Lage, die Größe, die Besonderheiten und der Pachtpreis des Revieres sowie die bejagbare und die befriedete Fläche in Hektar aufgeführt. Die Namen des Pächters beziehungsweise der Pächter und des Verpächters dürfen natürlich auch nicht fehlen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Ausgleich der Wildschäden, die sehr ins Geld gehen können. Es ist daher unerlässlich, Erkundigungen über die Höhe der in den Vorjahren angefallenen Entschädigungen für Wildschäden einzuholen. Das muss nicht unbedingt beim Verpächter geschehen. Oft ist es besser, die Reviernachbarn, örtliche Jäger oder sogar an Wald und Wild interessierte Spaziergänger zu befragen. Äußerst wichtig ist auch die Mithilfe der örtlichen Landwirte bei der Wildschadensabwehr, wie das Nichtbepflanzen von Ackerrandstreifen für Elektrozäune oder das Häckseln von Jagdschneisen in großen Maisschlägen. Natürlich sollte man sich auch erkundigen, ob es Biobauern im Revier gibt, deren Produkte im Entschädigungsfalle sehr teuer werden können. Wildschäden im Wald fallen in der Regel nur bei den standortgerechten Holzarten an und bei normalen Wildständen nicht sehr ins Gewicht. Ob der neue Pächter sich zur kompletten Übernahme der Schäden verpflichtet oder eine jährliche Pauschale zahlt, bleibt jedem selbst überlassen.
Ist es gelungen den Abschuss zu erfüllen?
Einhergehend mit den Wildschäden stellt sich die Frage nach den vorkommenden Wildarten und der Höhe der Wildbestände. Daraus ergibt sich nicht zuletzt der festgesetzte Abschuss. Einen genauen Blick sollte man darauf werfen, ob es in den letzten Jahren überhaupt gelungen war, den Abschuss zu erfüllen. Ist dies nicht der Fall, kann es sowohl positiv als auch negativ gewertet werden. Entweder hat der Vorpächter zurückhaltend gejagt oder er war gar nicht in der Lage, den Plan zu erfüllen, weil kein Wild vorhanden oder das Revier einfach schlecht zu bejagen ist. Die Frage nach den vorkommenden Wildarten, ob Standwild oder nur Wechselwild, lässt sich sicher am leichtesten im Gespräch mit anderen ortskundigen Jägern klären. Die Höhe der Wildbestände schätzt man aber lieber selbst ein, am besten durch mehrfache Reviergänge bei unterschiedlichem Wetter und Tageszeiten. Bei den Pirschgängen ist neben dem in Anblick kommenden Wild natürlich auch auf Fährten, Spuren, Losung, Wildschäden wie Verbiss, Schlagschäden und auf ähnliches zu achten, was Aufschluss über die Wilddichte gibt. Denn nichts ist schlimmer als mit einem illusorisch hohen Wildbestand zu rechnen. Werden die vermeintlich guten Wildbreterlöse zur Bezahlung des Pachtpreises eingeplant, kann es hier schon erste finanzielle Rückschläge geben.
Neben den Wildschäden haftet der Pächter in der Regel für die Schäden, die bei berechtigter Jagdausübung entstehen und einem Nutzungsberechtigen oder Jagdgenossen zugefügt werden. Pächter, Mitpächter und Verpächter binden sich, bedingt durch die gesetzliche Mindestpachtzeit, für einen doch recht langen Zeitraum aneinander. Da das gute Miteinander durchaus auch ins Gegenteil umschlagen kann, ist es wichtig, möglichst viele (bestimmt aber die wichtigsten Modalitäten) Regelungen im Pachtvertrag zu fixieren.
Dazu gehören zum Beispiel:
– Was geschieht beim Tod des Pächters oder Mitpächters bezeihungsweise, wenn einer der beiden aus dem Pachtverhältnis ausscheidet?
– Wie viele Jagderlaubnisscheine dürfen ausgegeben werden (gesetzliche Bestimmungen beachten)?
– Wie sehen die Bedingungen dazu aus, müssen beispielsweise ortsansässige Jäger berücksichtigt werden?
– Welche Zusatzvereinbarungen gibt es?
– Muss ein Jagdessen oder ein -ball ausgerichtet werden? – Wenn ja, in welchem Umfang?
Sind alle Punkte geklärt, der Vertrag unterschrieben, wird er bei der Unteren Jagdbehörde zur Prüfung und Bestätigung eingereicht. Ist das Revier erst einmal übernommen, sind die Beiträge zur landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft fällig. Gleichzeitig sollte man überprüfen, ob die bestehende Jagdhaftpflichtversicherung ausreichenden Schutz gewährt oder ob sie gar aufgestockt werden muss. In den meisten Bundesländern wird sich auch noch der Fiskus melden, um die Jagdsteuer zu kassieren, und die kann durchaus ins Geld gehen. Daher ist eine vorherige schriftliche Anfrage beim zuständigen Finanzamt geboten.
Nach dem Papierkrieg kommt die Organisation
Nachdem der Papierkrieg abgehakt ist, gilt es, das Revier zu organisieren. Das allerdings bedarf der gleichen Sorgfalt wie die Ausarbeitung des Pachtvertrages. Denn sind irgendwelche Dinge, wie die tägliche Revierarbeit, erst einmal eingeschliffen, lassen sie sich nur schwer wieder abstellen. Bei der nächstbesten Gelegenheit sollte sich der neue Pächter mit allen Jagdgenossen bekannt machen. Bei einem kleinen Umtrunk an der Jagdhütte oder im örtlichen Wirtshaus. Dabei bekommt man schon manch interessantes Angebot, wie zum Beispiel:
– Wildfutter anbauen
– Wildäcker und Wildwiesen bewirtschaften
– Jagdaufseher
– Unterkunft
– Gerätezaun
– Lagerplatz für Futter
Hier gilt die Devise: Nicht gleich zuschlagen, erst einmal umhören unter anderem beim Vorpächter, mit dem auch gleich besprochen werden kann, welche Maschinen und Geräte, welche Hochsitze, Leitern und Schirme, welche Fütterungen übernommen werden und welcher Preis dafür gezahlt werden soll. Um einschätzen zu können, welche Ablöse für die Reviereinrichtungen gezahlt werden könnte, ist ein Besichtigung Voraussetzung.
Das Vorstellen beim Jagdnachbarn sollte ebenso für Erkundigungen genutzt werden. Hier erfährt man sicher etwas über den Absatz des Wildes, welche Preise dafür erzielt werden, wo sich die nächste Polizeidienststelle befindet (Ansprechpartner bei Wildunfällen, Wilderei), welcher Bauer, welches Wildfutter besonders günstig verkauft, wo der nächste Tierarzt wohnt und vieles mehr.
Ein Grenzgang mit einem der Jagdgenossen ist in vielen Fällen sehr hilfreich, insbesondere dann, wenn es sich um einen komplizierten Grenzverlauf handelt. Dabei sollte die Revierkarte mitgenommen werden, das erleichtert die Orientierung für den neuen Pächter ungemein. Noch nicht eingezeichnete markante Punkte können dann gleich in der Karte vermerkt werden.
Ein Wildbraten zu Weihnachten
Ist kein geeigneter Jagdhund vorhanden, gilt es gemäß dem jeweiligen Landesjagdgesetz, einen Jagdaufseher oder Mitjäger zu finden, der einen solchen besitzt. Verfügt dieser noch über handwerkliches Geschick, ist er vertrauensvoll und vor allem rührig, hat der „Jung-Beständer“ anscheinend die richtige Wahl getroffen. Wenn der Mitjäger noch eine kleine Kühlkammer, einen Trecker und sonstige benötigte Maschinen und Geräte besitzt, ist das Glück vollkommen.
Hatte der Vorgänger schon einen derartigen Jäger ausfindig gemacht, so sollte er ruhig übernommen werden, denn dann ist der Mann oder auch die Frau zu alledem auch noch reviererfahren. Gemeinsam kann man einen Plan aufstellen, wo noch etwas gebaut, gepflanzt oder verbessert werden soll. Für die Umsetzung ist ein gutes Verhältnis zu den Jagdgenossen und den örtlichen Bauern äußerst hilfreich. Es gibt im Laufe des Jagdjahres immer wieder Gelegenheiten, bei denen es auf schnelle und vor allem finanziell günstige Hilfe ankommt. Ein Wildbraten zu Weihnachten kann dabei schon Wunder wirken.
Ein gutes Verhältnis zu den Landwirten ist wichtig, nicht nur wenn es um Maschinen und Geräte geht. Ihre Stimmen in der Jagdgenossenschaft sind oft entscheidend |