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Bachenbejagung mit Konzept

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Viele Jäger lassen den Finger gerade, wenn es um die gezielte Erlegung von Bachen geht. Aber will man die untragbare Situation, die in manchen Revieren herrscht, endlich in Griff bekommen, muss man die Anzahl der Zuwachsträger reduzieren – ohne das sensible Gefüge des Rottenverbandes durcheinander zu bringen. Wie – das verrät Ihnen Norbert Happ.

 

Wenn das schwächere Stück keine Frischlinge führt, sollte man diese Gelegenheit nutzen

von Norbert Happ

Es ist zweifellos völlig falsch, wahllos oder leichtsinnig Bachen zu schießen, aber ebenso schädlich ist es für den Schwarzwildbestand, keine Bachen zu erlegen. Es sind nicht die schlechtesten Jäger, die nie oder ungern eine Bache schießen. Sie haben nur nicht begriffen, dass man bei allem Schalenwild ohne natürliche Fressfeinde dauernd in die reproduzierende Klasse des weiblichen Wildes eingreifen muss.

Bei den übrigen Schalenwildarten – außer Schwarzwild – ist die Notwendigkeit des Abschusses erwachsener weiblicher Stücke unbestritten und im Abschussplan verankert. Gerade das Schwarzwild mit seiner unvergleichbaren Populationsdynamik kann aber nur über den Eingriff in die Klasse der Bachen reguliert werden.

Noch keine bessere Methode gefunden

Was die Höhe der Entnahme betrifft, bedarf es auch beim Schwarzwild trotz fehlendem Abschussplan einer gewissen Planung und Berechnung unter Zuhilfenahme der Statistik. Schwarzwild ist noch viel weniger zählbar als alles andere Wild.

Es bleibt nur die Rückrechnung aus dem Abschuss des abgelaufenen Jagdjahres, das man wie erwähnt für das Schwarzwild vom ersten Februar bis zum 31. Januar ansetzen sollte. Die Rückrechnung vom Abschuss auf den vorhandenen Bestand ist zwar eine recht unsichere Angelegenheit, da sie sich nur auf den bejagten Teil eines Wildbestandes bezieht (C. STUBBE, 2000) und im Regelfalle zu geringe Bestandeshöhen ergibt, aber noch haben wir keine gescheitere Methode.

Bessere und doch praktikable Möglichkeiten zu finden, muss dringendes Ziel weiterer Forschungen sein. Der jährlich im Gegensatz zu dem anderer Schalenwildarten erheblich schwankende Zuwachs ist dabei eine schwarzwildspezifische Schwierigkeit.

Gefahr einer Sauenexplosion

Die Rückrechnung aus der Vorjahresstrecke auf die Bestandeshöhe und die Ermittlung des notwendigen Mindestabschusses daraus ist nur mit einer sorgfältigen Streckenstatistik möglich. Diese ist in aller Regel nur über eine Hegegemeinschaft zu haben. Die profane und nicht

sonderlich beliebte Angelegenheit der Streckenstatistik ist deshalb eine der wichtigsten Aufgaben einer solchen Gemeinschaft. Über die mögliche Höhe des Grundbestands vor dem Frischen muss Klarheit bestehen. Wie schon dargelegt, sind hier nach Region, Klima, Waldanteil und Schadenssituation Zahlen zwischen einer und drei Sauen denkbar. Die Erfordernisse, die sich aus den Belangen der Landeskultur und aus der Schweinepestgefahr ergeben, sind dabei immer jägerischen Wunschvorstellungen überzuordnen.

Wie viele Bachen soll man nun erlegen? Gehen wir einmal von einem Beispielfall in einer schwarzwildfreundlichen Region aus und halten drei Stück Schwarzwild je 100 Hektar Wald im Grundbestand für tragbar. Berechnen wir nun das Ganze auf 5000 Hektar Wald als Schwarzwildeinstandsfläche, können hier also 150 Sauen vor dem Frischen leben.

Der Zuwachs ist nun der größte Unsicherheitsfaktor. Bei einem biologischen Zuwachs bis zu 250 Prozent des Grundbestandes kann der jagdlich nutzbare Zuwachs in unserer klima- und fraßgünstigen Beispielsregion 180 Prozent betragen. Es würden also 270 Sauen nachwachsen und zu erlegen sein, um wieder auf den gewünschten Grundbestand zu kommen. In diesem Falle müssten fünf Prozent des Abschusses auf die Bachen entfallen, 14 Bachen wären also zu erlegen.

Steigt mehrfach der jährliche Abschuss in der angesprochenen Beispielregion über diese 270 Stück, heißt das nicht, dass in die Substanz des Grundbestandes eingegriffen wurde, wenn der Eingriff in die Jugendklasse in etwa den Vorgaben des Lüneburger Modells entspricht. Es müssen mehr als die oben errechneten 14 Bachen gestreckt werden.

In jedem Falle sollte man bei einem normal bejagbaren Schwarzwildbestand mit gewünschtem Grundbestand fünf Prozent des Vorjahresabschusses an Bachen für die aktuelle Strecke vorsehen. Unbeabsichtigt gestreckte und überfahrene Bachen des Vorjahres kann man entweder als vorgegriffenen oder als zu erwartenden Abgang berücksichtigen – der Verzicht auf einen gezielten Bachenabschuss birgt jedoch immer die Gefahr einer fast unvorstellbaren Bestandesexplosion in sich. Dabei schafft die absolute Ablehnung des Abschusses von Bachen bei vielen anständigen Jägern eine solche Hemmschwelle, dass sie selbst dann noch ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie pflichtgemäß mit größter Akribie eine unbedingt richtige Bache der Wildbahn entnommen haben.

Abschuss durch ein Meldesystem steuern

Bei zu hohen Sauenbeständen, funktioniert die Regulierung nur über den Bachenabschuss. Alle Anstrengungen, einen vielleicht ohnehin schon hohen oder gar idealen Eingriff in die Jugendklasse noch zu steigern, scheitern und sind auch nicht zielführend. Zunächst muss man sich darüber einigen, wie weit der Bestand abzusenken ist. Es gilt festzulegen, auf wie viele Prozentpunkte der vorjährigen Strecke der aktuelle Bachenabschuss festgelegt werden soll – bei einem überhöhten Grundbestand müssen es auf jeden Fall mehr als die idealen fünf Prozent sein. Daraus folgert man die absolute Zahl der zu streckenden Bachen. Der Abschuss muss über ein Meldesystem gesteuert werden.

Ein geringerer Gesamtabschuss muss nun nicht bedeuten, dass weniger Sauen im Bestand vorhanden sind, da neben dem jährlich schwankenden Zuwachs auch die Bejagungsmöglichkeiten von Jahr zu Jahr wechseln.

Tabu sind die Leitbachen

Die Einzeljagd auf Sauen erfolgt heute überwiegend an Kirrungen, diese Möglichkeit kann sich in Mastjahren ab September aber gegen Null hin bewegen. Das notwendige Gesamtstreckenergebnis kann dann nur durch gut geführte Bewegungsjagden erzielt werden. Sinkt die Gesamtstrecke der Sauen allerdings über mehrere Jahre unter die Zahl, die bei angestrebtem Grundbestand und durchschnittlich zu erwartendem Zuwachs normal wäre, kann man durch Reduzierung oder vorübergehende Stornierung des Bachenabschusses gegensteuern. In der Mehrzahl der Fälle ist aber heute das Gegenteil der Fall.

Welche Bachen kann man erlegen, welche sind unbedingt zu schonen? Tabu sind auf jeden Fall die Leitbachen, deren Abschuss für den Bestandesaufbau und für das Wildschadensgeschehen eine Katastrophe ist. Das fortwährend beklagte Durcheinander im Rauschen und Frischen des Schwarzwildes geht einzig und allein auf das Fehlen der Leitbachenautoritäten und Familienverbände zurück. Mast und Futter kann man da zunächst einmal aus dem Spiel lassen. Diese können Zweitfrischen, frühe Geschlechtsreife und hohe Fötenzahlen auslösen, sind aber nicht der Grund für „ungeordnete Familienverhältnisse“. Den sollte man ausschließlich beim Gewehr und Zeigefinger des Jägers suchen.

Schwarzwildfanilie adoptiert alle Kinder ihres Verbandes

Milchbachen sind tabu, dieses gesetzliche und ethische Gebot erwähne ich nur der Vollständigkeit halber. Frischlings- und Überläuferbachen, die Frischlinge führen, sind unabhängig von ihrer Altersklassenzugehörigkeit führende Bachen im Sinne der jagdlichen Gesetzgebung. Bachen, die mit ihren Frischlingen alleine ziehen, müssen unabhängig vom Alter ihres Nachwuchses ebenfalls geschont werden, da man sonst „marodierende Jugendbanden“ mit schlimmen Wildschadensfolgen erzeugt.

Erlegen kann man also nur Bachen unter dem Rang der Leitbache aus Familienverbänden mit drei und mehr führenden Bachen, wenn die Frischlinge der Rotte mit einem Gewicht von 15 bis 20 Kilo etwa sechs bis acht Monate alt sind. Im Gegensatz zu allen anderen sozial organisierten Schalenwildarten adoptiert die Schwarzwildfamilie die Kinder aller Mütter ihres Verbandes.

Die Möglichkeiten der richtigen und gerechten Bachenbejagung sind nicht allzu üppig. Ein planmäßiger und verantwortungsbewusster Bachenabschuss ist das schwierigste Schalenwildwaidwerk, das ich kenne. Bachen schießen ist kein Drückjagdvergnügen und darf ebenso wenig nur ein Zufallsprodukt der Schwarzwildbejagung sein – selbst bei bestem Bemühen passieren ohnehin noch eine Menge Fehler. Die Erlegung von Bachen muss daher der Einzeljagd vorbehalten bleiben.

Pflicht und Kür sind unterschiedliche Dinge

Wie betreiben wir nun den Bachenabschuss? Zunächst steht fest, dass sich nicht alle Reviere mit Schwarzwildvorkommen dazu eignen. Feldreviere, in denen in aller Regel nur das Sommerhalbjahr für die Schwarzwildbejagung zur Verfügung steht, scheiden aus, da in dieser Zeit dort die vorher aufgelisteten Kriterien nicht zu erfüllen sind. Am besten werden innerhalb einer Hegegemeinschaft Reviere mit ausreichendem Waldanteil oder auch einzelne Jäger mit den entsprechenden Kenntnissen und Möglichkeiten ausgewählt, sich dieser schwierigen Aufgabe zu widmen. Diese Waidgenossen braucht man darum keineswegs zu beneiden. Einige Kilo mehr erbeuteten Wildbrets stehen in keinem Verhältnis zum Zeitaufwand, den die gerechte Bachenbejagung erfordert.

Hat man nun herausgefunden, wo eine stärkere Rotte sich bewegt, kann man sie beim planmäßigen Ansitz, aber auch bei der winterlichen Nachtpirsch im Walde und am leichtesten an Kirrungen antreffen. Über die Kirrung kann jeder denken, wie er will; die Jäger, die ihr kritisch gegenüber stehen oder sie völlig ablehnen, sind sicher nicht die schlechtesten in unseren Reihen.

Die Erlegung einer an der Kirrung erhockten Sau zählt auch nicht zu den Sternstunden meines Jägerlebens – die suche und finde ich woanders –, aber Pflicht und Kür sind eben unterschiedliche Dinge, auch bei der Jagd. Ein Teil unseres jagdlichen Handelns ist unleugbar Pflicht, dazu zählt die Regulierung des Schwarzwildbestandes über den richtigen Bachenabschuss.

Die Leitbache

Die Kirrung ist ein wichtiges Hilfsmittel. Man muss die zu schonende Leitbache unbedingt identifizieren, bevor man eine rangtiefere, möglichst geringe Bache erlegen kann. Die Leitbache ist immer die älteste und in aller Regel auch körperstärkste Bache des Verbandes. Die Kirrung muss einen ausreichenden Überblick zulassen, eine Kirrung auf enger Schneise in einer uneinsehbaren Dickung ist für den Bachenabschuss völlig ungeeignet. Pirscht man im Winter nachts in einem Laubholzbestand und kommt an eine entsprechende Rotte heran, die plötzlich Verdacht schöpft, ist es immer die Leitbache, die als verantwortliche Führerin sofort versucht, den Jäger zu umkreisen, um sich Wind zu holen.

Mitunter ist es mir gelungen, mich noch flugs und unbemerkt zurückzuziehen und zu Schuss zu kommen, da ich mir über die Identifizierung der Leitbache keine Gedanken mehr zu machen brauchte. Gelangt die Leitbache aber auf die ganz frische Fährte des Jägers, ist es ohnehin zu spät. Es ist überdies immer wieder erstaunlich, wie gut Sauen plötzlich jede Bewegung eräugen, sind sie erst einmal misstrauisch geworden.

Die „Drei-Tauben Theorie“

Ganz besonders schwierig wird der richtige Bachenabschuss, wenn die Rottenverbände ein „zweistöckiges“ Frischlingsaufkommen haben, also Frischlinge aus der normalen Rausche und aus einer Nach- oder Zweitrausche darin laufen. Die Zuordnung des unterschiedlichen Nachwuchses zu den Bachen ist dann überaus schwierig – gelingt sie nicht, hat der Finger unbedingt gerade zu bleiben!

Die hin und wieder zu lesende Empfehlung – auch als ein Punkt der Forderungen des Lüneburger Modells –, dass man beim Vorkommen einer geringen Bache mit Frischlingen zur Unzeit erst diese und dann die Bache selbst schießen soll, bezeichne ich gerne als die „Drei-Tauben-Theorie.“ Man schieße von drei auf einem Baum sitzenden Tauben erst die mittlere, dann die rechte und danach die linke: reine Theorie.

Geltbachen sterben meist eines natürlichen Todes

Der Abschuss von Geltbachen, die aus den Rotten ausscheiden, wenn sie infolge Alters nicht mehr frischen, ist sicher sinnvoll, kommt aber sehr selten vor; meist sterben sie eines natürlichen Todes. Zur Bestandesregulation trägt ein solcher Abschuss so viel bei wie die Erlegung eines Keilers, nämlich so gut wie gar nichts. Mir ist er nur einige wenige Male geglückt, immer war es Zufall und nicht jagdliche Planung.

Die aus der Rotte ausgeschiedenen Bachen treten immer als Einzelstücke auf, wenngleich sie sich besuchsweise gelegentlich noch einmal bei ihnen aufhalten. Eine Art des vorgezogenen Bachenabschusses kann in Waldrevieren mitunter mit der gezielten Auswahl weiblicher Stücke im Rahmen des Jugendklassenabschusses, wie dort bereits erwähnt, möglich sein.

Hat man die rare Möglichkeit, eine richtige Bache zu erlegen, muss man sie unbedingt nutzen. In einem solchen Fall ist der ansonsten immer richtige Schuss auf den Frischling völlig falsch. Die Regulierung unserer Schwarzwildbestände ist unsere waidmännische und gesetzliche Pflicht und Schuldigkeit und geht nur über einen gekonnten Bachenabschuss. Hier kann und muss sich die Kunst des verantwortungsbewussten Schwarzwildjägers beweisen.

Hier steht ausser Frage, dass nur einer der Frischlinge erlegt werden kann. Aber natürlich nur, wenn er breit und frei steht

 

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