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Traumrevier oder Wirtschaftswüste

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Ob in einem Jagdbezirk viel oder wenig Wild vorkommt, hängt hauptsächlich vom Lebensraum ab. Fabian Neubert und Jörg Rahn zeigen, wie Sie die Biotopgüte von verschiedenen Revieren erkennen.

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Foto: Reiner Bernhard

 

Wer ein Revier pachtet, zahlt im Bundesdurchschnitt etwa elf bis zwölf Euro je Hektar. Eine Menge Geld. Mit der Unterschrift bindet sich der angehende Jagdherr etwa ein Jahrzehnt an den Jagdbezirk. Eine lange Zeit. Wenn dann nach einigen Reviererkundungen ohne Anblick und Ansitzen ohne Beute erste Zweifel über die vorhandenen Wildbestände aufkommen, hat der Jäger die Katze im Sack gekauft.
Daher sollte man sich, wenn möglich, bereits im Vorfeld mit dem Wildlebensraum als wichtigen Indikator für die Biotopgüte und somit für die Höhe der dortigen Wildbestände auseinandersetzen. Eine Revierbesichtigung vorab kann Klarheit schaffen, ob das auserkorene Revier sein Geld auch wert ist. Wie aber erkennt man ein gutes, wildreiches Revier?

 


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Ein Prozent der Fläche eines Waldreviers sollte als Dauergrünland und Äsungsfläche hergerichtet werden. Foto: Jörg Rahn

 

Wer ein Wald-Feld-Revier mit einem guten Rehbestand, einigen Sauen als Wechselwild, mit Raubwild, Hasen und etwas Flugwild, wie Tauben und Enten sucht, der wird meistens schnell fündig. Diese Wildarten sind als Kulturfolger genügsam und stellen nur geringe Anforderungen an den jeweiligen Lebensraum. Viele Feldgehölze und große Hecken verbessern jedoch die Habitatqualität für das Rehwild.
Wenn es aber ein typisches Niederwildrevier mit Hasen und Fasanen in bejagbaren Besätzen und vielleicht sogar mit Rebhühnern sein soll, spielt die Biotopqualität eine wesentlich wichtigere Rolle. Hat sich der angehende Pächter für einen solchen Jagdbezirk entschieden, muss er genauer hinschauen und einige Kriterien beachten.

 


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Niederschläge und Temperaturen sind mitentscheidend für hohe Niederwildbesätze. Zum Vergößern auf die Tabelle klicken.
Zunächst geben Wetterdaten eine erste Auskunft über ein Niederwildrevier (siehe Tabelle Seite 25). Nicht umsonst liegen die meisten dieser Jagdbezirke in klimatisch milden Regionen, beispielsweise am Rhein oder in der niedersächsischen Tiefebene. Petrak (2000) beschreibt, dass geringe Niederschläge im April und Mai eine hohe Überlebensrate beim Fasan sichern. Gleiches gilt beim Rebhuhn für die Monate Mai und Juni.
Allerdings spielt die Verteilung der Regenfälle eine wichtige Rolle. Demnach sei ein kräftiges Gewitter während einer Schönwetterphase günstiger als regelmäßige Tagesniederschläge von zehn Millimetern bei gleichzeitig kühlen Temperaturen. Auskunft über Klimadaten bekommt man im Internet beim Deutschen Wetterdienst unter www.dwd.de auch für das eigene oder zukünftige Revier.
Ein weiterer entscheidender Faktor bei der Biotopgüte sind die vorherrschenden Bodenarten. Schwere Tonböden sind nach Regenfällen lange nass oder gar staunass und heizen sich bei Sonnenschein nur langsam auf. Niederwild meidet diese Standorte. Dazu führt Spittler (1996) aus, dass besonders die Trockenlegung von staunassen Böden im Rahmen der Flurbereinigung dem Feldhasenbesatz nicht geschadet, sondern eher genutzt hat. Leichte Sand- und Lehmböden speichern hingegen weniger Wasser und sind damit schneller abgetrocknet und erwärmen sich schnell.

 


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Hecken mit vorgelagerten Altgrasstreifen und kleine Felder sind optimal für ein Niederwildrevier. Foto: Burkhard Wissmann-Steins

 

Bereits vor dem ersten Reviertermin kann sich der Neupächter beispielsweise mit Luftbildern aus dem Internet einen Überblick über die Landschaftsstrukturen und damit die Lebensraumgüte verschaffen. Ein optimaler Niederwild-Lebensraum ist strukturreich, kleinparzelliert und hat somit reichlich Grenzlinien. Viele kleine Felder mit verschiedenen Feldfrüchten wechseln sich mit Hecken, Altgrasstreifen und Ödland ab. Dadurch entsteht eine vielfältige Landschaft. Petrak (2000) beschreibt, dass Feldgrößen unter zwei Hektar und mit mindestens 20 Vegetationstypen je 100 Hektar eine sehr gut strukturierte Feldflur für das Rebhuhn ausmachen (siehe Tabelle Seite 26).

 


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Zum Vergrößern auf die Tabelle klicken.
Die Feldhühner bewegen sich nur etwa 15 Meter tief im Randbereich von Feldern oder Wiesen. Somit sinkt der tatsächlich genutzte Lebensraum bei zunehmender Schlaggröße. Ähnliches trifft auch für Fasane und Feldhasen zu. Lampe hat einen durchschnittlichen Aktionsradius von rund 500 Metern. Bei großen Feldern und nur wenigen Feldfrüchten ist die zur Verfügung stehende Äsung meistens monoton. Dadurch werden die Hasen anfälliger gegen Krankheiten.
Hühnervögel benötigen zur Aufzucht der Gesperre Insekten. Dwegner (1991) berichtet von Untersuchungen aus Ungarn. Dabei wurde beobachtet, dass bei Rebhühnern im April und Mai das tierische Eiweiß den Hauptbestandteil der Äsung ausmachte. Im Herbst ernährte sich das Wild fast ausschließlich von Samen, im Winter von Grünpflanzen. Daher sind besonders Altgrasstreifen an Gräben, Wegen und Feldgrenzen bedeutsam, da sie ganzjährig Äsung, bestehend aus Insekten, Samen und Triebspitzen sichern.
Auch in Waldrevieren spielt die jeweilige Exposition eine Rolle für die Lebensraumgüte. Beispielsweise meidet Schalenwild windexponierte Lagen sowie kalte und nasse Nordhänge. Der Schnee hält sich dort besonders lang, und die Pflanzen treiben später aus. Besonders im Frühjahr bevorzugt das Wild daher sonnige Lagen.
Ein Waldrevier-Interessent sollte sich auch über die Bodenqualitäten informieren. Lehmige und kalkhaltige Böden sind fruchtbarer als sandige. Daher entwickelt sich auf besseren Standorten auch eine vielfältigere Bodenvegetation mit mehr Kräutern und Äsungspflanzen.

 


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Verjüngungsflächen bieten dem Schalenwild Äsung und Einstand. Sind diese jedoch gezäunt, entfallen sie als Lebensraum. Foto: Jörg Rahn
Auf armen Böden mit jungen Kiefernbeständen findet das Wild hauptsächlich Moos oder die unattraktiven und faserreichen Reitgräser. Dort ist Grünland ein Magnet für das Wild.
Anders als im Feldrevier, können einige nasse Revierteile den Lebensraum Wald deutlich aufwerten. Auf feuchteren und tonigen Böden wachsen häufig Eichen und viel Schilf: hervorragende Einstände für Rot- und Schwarzwild samt Suhlen und Malbäumen. Außerdem ist die Mast eine wichtige Äsungsquelle, die bis in den Winter angenommen wird. Dies gilt ebenfalls für alte Buchenbestände.
Ob Waldstücke mit großen masttragenden Baumarten vorhanden sind, kann der zukünftige Pächter aus der sogenannten Alterklassenverteilung beim zuständigen Forstamt ablesen. Darin werden die vorkommenden Baumarten nach ihrem Alter (jeweils in Spannen von 20 Jahren) und dem jeweiligen Flächenanteil unterteilt. Alte Bestände masttragender Bäume bedeuten mehr Früchte.

 


Nadelholzaufforstungen bieten dem Wild sehr schnell Deckung. In Hochwildrevieren muss der Pächter dort aber oft Schälschäden hinnehmen. Das Begehen einzelner Dickungen und angehender Stangenhölzer kann daher aufschlussreich sein. Weniger attraktiv für das Schalenwild sind Bestände der Altersklassen II (21 bis 40 Jahre) und III (41 bis 60 Jahre). Diese Waldstücke bieten kaum Deckung. Da sie meist noch sehr dicht stehen und nur wenig Licht an den Boden dringt, entwickelt sich lediglich eine spärliche Bodenflora. Der Wert als Äsungsfläche ist also ebenfalls gering.
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Diese Strecke kann sich sehen lassen: Wenn der Lebensraum passt, sind auch die Wildbestände höher. Foto: Jörg Rahn

 

Wenn in einem Waldrevier etwa ein Prozent der Fläche als Dauergrünland oder -äsungsfläche genutzt wird, dann wertet dies den Lebensraum enorm auf. Mehrere kleine, dafür aber verteilte Flächen sind besser als eine einzige große. Rund 0,3 Hektar je Parzelle reichen aus. Damit veredeln drei bis vier Wildwiesen 100 Hektar Revierfläche.
Obstbäume am Rande des Grünlands bereichern das Äsungsangebot zusätzlich. Besichtigt man eine solche Äsungsfläche, sollte man auf abgeäste Pflanzen und Losung achten. Daraus können Rückschlüsse auf den Wildbestand gezogen werden. Auf Naturverjüngungsflächen lässt der Verbiss auf die ungefähre Höhe des Wildbestandes schließen.

 


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Schwarzwild liebt feuchte Waldgebiete mit Suhlen. Diese Standorte werten den Lebensraum auf. Foto: Jörg Rahn
Aus diesen Tabellen wird außerdem ersichtlich, wie viele Verjüngungsflächen und somit potenzielle Einstände und Äsungspflanzen vorhanden sind. Darüber entscheidet hauptsächlich die Altersklasse I (0 bis 20 Jahre). Besonders Anpflanzungen oder Naturverjüngungen auf Freiflächen ziehen das Wild an. Sie sind sonnig und liefern dadurch hochwertige Äsung, wie beispielsweise Himbeeren, Brombeeren, Weichhölzer und Beerkraut. Speziell die wintergrüne Brombeere ist eine wichtige Äsungsquelle in der kalten Jahreszeit. Außerdem liebt Schwarzwild die Dornenbüsche als Einstand. Im Revier verteilte Brombeerverhaue verbessern also die Biotopqualität.
Eingezäunte Anpflanzungen stehen nicht als Lebensraum zur Verfügung, da sie dem Wild nicht zugänglich sind. Ein langfristig benötigtes Gatter kann daher als Minuspunkt angesehen werden.

 


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Das Wild in orts- und stadtnahen Reviere ist häufig einem hohen Freizeitdruck ausgesetzt. Dadurch wird es scheu oder vergrämt. Foto: Michael Breuer
Ein Augenmerk sollte man auch auf das Wegenetz haben. Gut ausgebaute Waldwege ziehen Besucher an. Deshalb hält das Wild bei der Wahl seines Einstandes einen gewissen Sicherheitsabstand zu ihnen. Dadurch schrumpft der effektiv genutzte Lebensraum. Mithilfe einer Revierkarte sollte der angehende Pächter daher die Wegedichte ermitteln. Nach Petrak (2000) sind zehn Meter Weg je Hektar optimal. Ab 20 bis 40 Metern Weg je Hektar herrscht eine deutliche Lebensraum-Einschränkung. Wenn die Wegedichte darüber hinausgeht, bleiben dem Wild nur noch Restlebensräume, und die Schäl- und Verbissanfälligkeit des Waldes nimmt zu.
Über den Wildlebensraum eines Revieres sollte man sich informieren, bevor der Pachtvertrag unterschrieben wird. Wer zusätzlich beim Besuch des Jagdbezirkes die Augen offen hält und einige kritische Fragen stellt, wird sein Traumrevier finden.

 

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