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259 JVG – Neuverpachtung aus taktischen Gründen

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Schutz laufender Pachtverträge (3): Vorzeitiger Vertrag ist nicht geschützt
Neuverpachtung aus taktischen Gründen

Mark G. v. Pückler
1. Die Rechtsgrundlage
„Wird ein zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehörendes Grundstück veräußert,
so hat dies auf den Pachtvertrag keinen Einfluss, – der Erwerber wird vom Zeitpunkt
des Erwerbs an auch dann für die Dauer des Pachtvertrages Mitglied der  Jagdgenossenschaft, wenn das veräußerte Grundstück an sich mit anderen Grundstücken des Erwerbers zusammen einen Eigenjagdbezirk bilden könnte.“ § 14 Abs. 2 BJG
Der Sachverhalt E. ist Inhaber eines Eigenjagdbezirks. Um Äsungsflächen für seine reine Waldjagd zu erlangen und weitere, ihm gehörende Grundstücke mit seinem Eigenjagdbezirk zu verbinden, kaufte er mehrere Grundstücke des angrenzenden gemeinschaftlichen Jagdbezirks. Zwischen Dezember 2000 und September 2001 wurde er als Eigentümer dieser Flächen im Grundbuch eingetragen. Als der Pächter P. des benachbarten gemeinschaftlichen Jagdbezirks von den Kaufabsichten erfuhr, vereinbarte er am 28. Februar 2000 mit der Jagdgenossenschaft die vorzeitige Auflösung seines noch bis 2004 laufenden Pachtvertrages sowie den Abschluss eines neuen Pachtvertrages ab dem 1.März 2000. Mit diesem „Schachzug“ wollte er erreichen, dass er die von E. erworbenen Flächen auch nach dem 31. März 2004 noch bejagen konnte. Damit war E. keinesfalls einverstanden. Er beantragte vor Gericht die Feststellung, dass P. ab dem 1. 4. 2004 nicht mehr berechtigt sei, die Jagd auf den von ihm zuvor erworbenen Flächen auszuüben. Zur Begründung machte er geltend, dass nur der laufende Pachtvertrag geschützt sei, nicht aber ein vorzeitig abgeschlossener neuer Pachtvertrag oder Anschlussvertrag, da dies eine Umgehung des Gesetzes sei.

3. Das Urteil
Das Gericht gab E. Recht. Es stellte fest, dass dem Pächter des gemeinschaftlichen Jagdbezirks ab dem 1. April 2004 kein Jagdausübungsrecht mehr auf den von E. erworbenen Flächen zusteht. Aus dem alten Pachtvertrag, so das Gericht in seiner Begründung, ergebe sich kein Jagdausübungsrecht mehr zugunsten des P., da dieser Vertrag entweder vorzeitig durch Aufhebung am 28. Februar 2000 erloschen oder regulär am 31. März 2004 abgelaufen sei. Aus dem neuen Pachtvertrag vom 28. Februar 2000 lasse sich ebenfalls kein Jagdausübungsrecht bezüglich der von E. erworbenen Grundstücke für P. herleiten, weil E. diesen Pachtvertrag jedenfalls nicht gegen sich gelten lassen müsse. Geschützt sei nur der laufende Pachtvertrag, also derjenige, der im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs gelte. Das sei hier, rein formal betrachtet, zwar der am 28. Februar 2000 abgeschlossene und am 1. April 2000 beginnende neue Pachtvertrag. Auf diesen könne sich P. aber nicht berufen, weil er den alten, noch bis zum 31. März 2004 laufenden
Pachtvertrag willkürlich aufgehoben und einen neuen Pachtvertrag abgeschlossen habe.
Da nur der laufende Pachtvertrag geschützt sei, wäre es P. nicht möglich gewesen, durch
vorzeitigen Abschluss eines selbstständigen Anschlussvertrages ab dem 1. März 2004
oder eines Verlängerungsvertrages ab demselben Zeitpunkt den Schutz des § 14 BJG zu erlangen. Nichts anderes könne aber gelten, wenn die Parteien des Pachtvertrages stattdessen den bisherigen Vertrag aufheben und vorzeitig einen neuen abschließen.
Denn es könne nicht entscheidend sein, welche rechtliche Gestaltungsmöglichkeit die
Jagdgenossenschaft und der Pächter wählten, weil sonst die Bindung des Eigentümers von
Zufälligkeiten abhinge, die seinen schutzwürdigen Interessen nicht mehr gerecht würden. Der Abschluss eines Anschluss- oder Fortsetzungsvertrages sei deshalb mit der Aufhebung des bisherigen und dem Abschluss eines neuen Pachtvertrages gleich zu behandeln.
Andernfalls wären Manipulationen zu Lasten des Eigentümers zu befürchten. Denn an Stelle eines nicht zum Erfolg führenden Anschluss- oder Verlängerungsvertrages könnten
Pächter und Jagdgenossenschaft das von ihnen gewünschte Ergebnis durch eine (vorzeitige) Vertragsauflösung und einen neuen Pachtvertrag erzielen. Das aber würde dem vom Gesetzgeber gewollten Interessenausgleich zwischen Grundstückseigentümer
und Jagdpächter zuwiderlaufen und eine Umgehung bedeuten. Kammergericht, Urteil
v. 19. 8. 2003 – 8 0 423/00 – (noch nicht rechtskräftig)

259 JVG
Solche schönen Revierteile gibt man nicht gerne her. Der Versuch des Pächters, sich die Jagd durch einen neuen Vertrag inmitten der Pachtperiode längerfristig zu sichern, schlug aber fehl FOTO: GISELA BENNECKE

IV. Anmerkungen
Das Urteil schließt eine Lücke in der bisherigen Rechtsprechung und verdient volle Zustimmung. Ebenso wie der Pächter eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks darauf vertrauen kann, dass er eine Fläche, die er gepachtet hat, für die Dauer des
Pachtvertrages bejagen darf, muss der Eigentümer und Inhaber eines Eigeniagdbezirks sich
darauf verlassen können, dass nach Ablauf dieses Pachtvertrages die hinzuerworbenen Flächen seinem Jagdausübungsrecht unterliegen. Das ist der Interessenausgleich
zwischen Pächter und Eigenjagdinhaber, wie er in § 14 Abs. 2 BJG vorgesehen
ist. Oft geht es um die Entstehung eines Eigenjagdbezirks oder um jagdlich wertvolle
Flächen. Entsprechend „ideenreich“ wurde versucht, den laufenden Pachtvertrag zu verlängern, um die Flächen möglichst lange bejagen zu können: Durch Abschluss eines Anschluss- oder  Verlängerungsvertrages, welche noch vor dem Eigentumserwerb
des Eigenjagdinhabers abgeschlossen wurde, aber erst danach zu laufen begann, oder
durch vorzeitige Aufhebung des bisherigen und Abschluss eines neuen Pachtvertrages, der noch vor dem Eigentumserwerb wirksam wurde. In beiden Fällen verlängert sich nicht der Schutz des ursprünglichen Pachtvertrages. Dabei kommt es nach dem obigen
Urteil nicht darauf an, ob der Pächter in „böser Absicht“ handelte, was häufig schwer zu
beweisen ist, sondern allein darauf, dass durch solche „Manipulationen“ der von § 14 Abs. 2 BJG beabsichtigte Interessenausgleich einseitig zu Lasten des Eigentümers verschoben wird. Zu beachten ist, dass der Eigentumserwerb an Grundstücken nicht schon mit Abschluss des notariellen Kaufvertrages eintritt, sondern erst mit der Eintragung des Käufers im Grundbuch. Zwischen Kauf und Eintragung können daher Monate
vergehen, je nach Arbeitsbelastung des Grundbuchamts. Im Erbfalle allerdings wird der Erbe sofort mit dem Tode des Verstorbenen Eigentümer, nicht erst mit der späteren Umschreibung im Grundbuch. Will der Pächter den Verlust eines Grundstücks für die kommende Pachtperiode vermeiden, muss er selbst oder ein anderer als der Eigenjagdinhaber das Grundstück erwerben. Dieser wird dann auch Mitglied der
Jagdgenossenschaft.

V. Ergebnis
1. Der Schutz laufender Pachtverträge wird nicht dadurch verlängert, dass der bisherige
Pachtvertrag vorzeitig aufgehoben und ein neuer Pachtvertrag abgeschlossen wird,
noch bevor der Erwerber eines Grundstücks im Grundbuch als Eigentümer eingetragen
ist.
2. Ebenso ist es, wenn der laufende Pachtvertrag noch vor dem Eigentumserwerb verlängert oder ein neuer Anschlusspachtvertrag abgeschlossen wird, dieser aber im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs noch nicht zu laufen begonnen haben (siehe auch WuH 7/2001, S. 90 und WuH 9/2000, S. 60).

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