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338 JVG – Die Rache der Ehefrau

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338 JVG – Die Rache der Ehefrau, ALLGEMEINES WAFFENVERBOT

338 JVG

Mark G. v. Pückler

1 Die Rechtsgrundlage
1. „Ein Jäger darf Jagdwaffen zur befugten Jagdausübung … führen.“ § 13 Abs. 6 WaffG 2. „Schusswaffen dürfen nur getrennt von der Munition aufbewahrt werden, sofern nicht die Aufbewahrung in einem Sicherheitsbehältnis mit Widerstandsgrad 0 … oder gleichem Schutzniveau erfolgt.“ § 36 Abs. 1 S. 2 WaffG 3. Die zuständige Behörde kann den Erwerb und Besitz von erlaubnisfreien und erlaubnispflichtigen Waffen untersagen, soweit es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder zur Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten ist. § 41 Abs. 1 und Abs. 2 WaffG

II. Der Sachverhalt
Jäger J. war Landwirt. Er besaß sechs Waffen, die in seiner Waffenbesitzkarte eingetragen waren. Im Jahre 2004 wurde seine Ehe geschieden. Der noch minderjährige Sohn lebte bei ihm. Sein Jagdschein wurde zuletzt bis März 2007 verlängert. Im November 2007 gab J. eine Kurzwaffe Kaliber 9 mm Para bei der Behörde ab, weil er für sie keinen Tresor der Sicherheitsstufe B besaß. Im Oktober 2009 überreichte die Rechtsanwältin der Ehefrau der Behörde vier Fotos, die den minderjährigen Sohn mit einem Gewehr auf einem Maisfeld zeigten. Diese Fotos seien ihr vorgelegt worden, um zu dokumentieren, dass sich der Sohn im väterlichen Haushalt überaus wohlfühle. J. erklärte hierzu, dass die Fotos gestellt seien und allein dazu dienten, dem Sohn ein Andenken zu verschaffen, wie er es vor über fünfzig Jahren erhalten habe. Da sie ohne Fernseher lebten, interessiere sich sein Sohn sehr für Feld, Wald und die Jagd. Er werde von ihm christlich und gewaltfrei erzogen und besuche gemeinsam mit ihm regelmäßig die Kirche. Bei der polizeilichen Anhörung im Strafverfahren wegen unerlaubten Führens und Überlassens einer Schusswaffe habe J. cholerisch reagiert und sich geweigert, die Tatwaffe freiwillig herauszugeben. Er werde sie erst auf gerichtlichen Beschluss abgeben. Daraufhin fand eine Durchsuchung seiner Wohnung statt, bei der die gesuchte Tatwaffe im Waffenschrank gefunden und beschlagnahmt wurde. Die Munition lag teilweise ungetrennt bei den Waffen im Tresor, teilweise unverschlossen im und auf dem daneben stehenden Kleiderschrank. Ende 2009 verfügte die Behörde die sofortige Sicherstellung der übrigen Waffen und untersagte J. unter Anordnung des sofortigen Vollzugs den weiteren Besitz seiner Waffen und Munition sowie den Erwerb und Besitz erlaubnisfreier Waffen und Munition, da er aufgrund der Reaktion bei der Polizei „möglicherweise charakterlich ein bedenkliches Verhältnis zu Waffen habe.“ Dieses Waffenbesitzverbot sei vorläufig, die weitere .berprüfung seiner Zuverlässigkeit und persönlichen Eignung werde später erfolgen.

III. Das Urteil
Vor Gericht hatte J. keinen Erfolg. Die Untersagung des Besitzes und Erwerbs von Waffen und Munition sei rechtmäßig, weil dies zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit geboten sei. Hiervon sei auszugehen, wenn durch den fortdauernden Besitz der Waffen eine nicht hinnehmbare Gefahrensituation entstehen würde, etwa wenn der Waffenbesitzer besonders leichtfertig mit Waffen umgegangen sei, Waffen einem Nichtberechtigten überlassen habe oder Eigenschaften aufweise, die ihn für die übrige Bevölkerung als gefährlich erscheinen ließen. Vorliegend sei wegen der zahlreichen Verstöße des J. gegen das Waffengesetz von einer nicht hinnehmbaren Gefahrenlage bei einem weiteren Waffenbesitz auszugehen. J. habe entgegen § 2 WaffG seinem minderjährigen Sohn eine Langwaffe überlassen, selbst wenn die Waffe ungeladen und nur für die Anfertigung der Fotos übergeben worden sei. Ferner habe er die Waffe unbefugt geführt, weil er keinen Jagdschein mehr besessen habe. Wegen dieser Verstöße sei er vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt worden. Darüber hinaus habe sich J. bei der polizeilichen Vernehmung uneinsichtig und cholerisch verhalten und die Tatwaffe nicht herausgegeben. Die Munition habe er nicht getrennt von den Waffen und teilweise unzureichend verwahrt, der Schlüssel zum Tresor habe sich im Kleiderschrank und damit im Zugriffsbereich Unbefugter, insbesondere seines Sohnes, befunden. Die sofortige Sicherstellung der Waffen und Munition sei daher zu Recht erfolgt. Verwaltungsgericht Braunschweig, Urteil vom 17.11.2010 – 5 A 15/10 –

IV. Anmerkungen
Dieser Fall hat zwei Seiten: Auf der einen das perfide Verhalten der geschiedenen Ehefrau, auf der anderen das gut gemeinte, aber unüberlegte Handeln des J., der sich offensichtlich im Dickicht der Vorschriften verfangen hat. Klar ist, dass J. die Waffe auf dem Maisfeld unbefugt führte, selbst wenn die Waffe ungeladen war und das Feld ihm gehörte. Denn nur zur befugten Jagdausübung und im Zusammenhang damit darf eine Waffe zugriffsbereit mitgeführt werden. Ebenso sicher ist, dass er die Munition nicht ordnungsgemäß aufbewahrt hat. Höchst zweifelhaft ist jedoch, ob J. die Waffe seinem Sohn überlassen hat. Denn das Überlassen einer Waffe setzt voraus, dass der Empfänger die tatsächliche Gewalt über sie erlangt (Anlage 1 zum WaffG, Abschnitt 2 Nr. 3). Die tatsächliche Gewalt besitzt aber nur, wer die Möglichkeit hat, mit ihr nach eigenem Willen umzugehen, wer also die tatsächliche Herrschaft über die Waffe erhält. Dass der noch minderjährige Sohn wirklich diese Möglichkeit hatte, ist aber nach Sachlage äußerst unwahrscheinlich, denn er hielt sie nur wenige Meter vor seinem Vater in dessen Blickfeld einen kurzen Augenblick in den Händen, allein um die Fotos zu machen. Er besaß daher weder einen Herrschaftswillen noch eine eigene, realisierbare Herrschaftsmöglichkeit, weil sein Vater aufgrund seiner Nähe und Autorität jederzeit eingreifen und ein eigenmächtiges Handeln unterbinden konnte. Eine kurze Hilfstätigkeit ohne eigene Herrschaftsmöglichkeit oder eigenen Herrschaftswillen genügt nicht. Überzogen erscheint auch das Waffenund Munitionsverbot. Denn dieses setzt eine besondere Gefährlichkeit des Betroffenen voraus, sei es aus Gründen seiner Persönlichkeit (cholerisch) oder aufgrund seiner zahlreichen waffenrechtlichen Verstöße. Weder das kurzzeitige Führen allein zwecks Anfertigung der Fotos (nicht etwa zur Begehung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit) noch die unzureichende Aufbewahrung der Munition dürften hierfür ausreichen. Desgleichen nicht die verweigerte Abgabe der Tatwaffe und das dabei gezeigte Verhalten. Denn diese Reaktion muss man im richtigen Licht sehen. Aus Sicht des Vaters wollte er doch nichts Illegales tun, sondern ausschließlich dem Sohn ein Andenken verschaffen. Dass sich daraus solche Konsequenzen ergeben würden, überstieg seine Vorstellung. Gegen eine Gefährlichkeit des J. spricht auch, dass er seine Kurzwaffe aus Sicherheitsgründen freiwillig abgegeben hatte und die Tatwaffe nicht, wie die Polizei befürchtete, nach seiner Vernehmung versteckte, sondern ordnungsgemäß aufbewahrte. Dieses korrekte Verhalten wurde weder von der Behörde noch vom Gericht ausreichend berücksichtigt. Wegen besonderer Schwere ragt dieser Fall also gewiss nicht hervor, eher schon wegen seiner Tragik. Fehlt nur noch, dass der Vater wegen Neigung zu Gewalt und der sich aus § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG ergebenden waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit das Sorgerecht über seinen Sohn verliert und dieses der Frau zugesprochen wird. Na bravo!

V. Ergebnis
1. Auch gut gemeintes, scheinbar harmloses Verhalten mit Waffen kann weitreichende Folgen haben. 2. Zuwiderhandlungen gegen das Waffengesetz, die vorsätzliche Straftaten darstellen, begründen fast immer die Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG, auch wenn die Strafe unter 60 Tagessätzen bleibt.

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