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340 JVG – Wohnungszutritt wiederholt verweigert

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340 JVG – Wohnungszutritt wiederholt verweigert – Unzuverlässigkeit

340 JVG

Mark G. v. Pückler

I. Die Rechtsgrundlage
1. Die Wohnung ist unverletzlich. Eingriffe und Beschränkungen dürfen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr, einer Lebensgefahr, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung … vorgenommen werden. Art. 13 Abs. 1, Abs. 7 Grundgesetz 2. Besitzer von erlaubnispflichtigen Schusswaffen und Munition haben der Behörde zur .berprüfung der Pflichten aus § 36 Abs. 1 und Abs. 2 WaffG Zutritt zu den Räumen zu gestatten, in denen die Waffen und die Munition aufbewahrt werden. Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit betreten werden; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) wird insoweit eingeschränkt. § 36 Abs. 3 S. 2 und S.3 WaffG 3. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht, die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften des Waffengesetzes unter anderem verstoßen haben. § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG

II. Der Sachverhalt
Waffenbesitzer W. verweigerte wiederholt die Kontrolle der Aufbewahrung seiner Waffen in seiner Wohnung. Die ihm von der Behörde vorgeschlagenen drei Termine sagte er mit unterschiedlicher Begründung ab. Auch einen weiteren von ihm vorgeschlagenen Termin stornierte er nachträglich. Zuvor hatte er bereits mitgeteilt, dass er sich „entschieden und konsequent“ gegen eine Kontrolle wehren werde. Daraufhin widerrief die Behörde seine Waffenbesitzkarte wegen Unzuverlässigkeit.

III. Die Gerichtsentscheidung
Das Gericht lehnte seinen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ab. Eine .berprüfung der Sach- und Rechtslage habe ergeben, dass W. aller Voraussicht nach unzuverlässig sei, sodass die Behörde den Widerruf zu Recht verfügt habe. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG sei unzuverlässig, wer wiederholt oder gröblich gegen Vorschriften des Waffengesetzes verstoßen habe. Das sei hier gegeben, weil W. die Kontrolle mehrfach verweigert habe. Nach § 36 Abs. 3 S. 2 WaffG hätten Besitzer erlaubnispflichtiger Waffen den Bediensteten der Behörde Zutritt zu den Räumen (außer Wohnräumen) zu gestatten, in denen die Waffen und Munition aufbewahrt würden. Diese Verpflichtung sei wegen der besonderen Gefahren des Waffenbesitzes mit Artikel 13 des Grundgesetzes vereinbar. Der Amoklauf von Winnenden habe gezeigt, dass es nicht ausreiche, allein den Besitz eines vorgeschriebenen Sicherheitsbehältnisses nachzuweisen. Notwendig sei vielmehr, die tatsächliche Aufbewahrung aller Waffen darin zu überprüfen. Diese Sicherheitslücke zu schließen, sei Sinn und Zweck der neu erlassenen Vorschriften. Die damit verbundenen Einschränkungen habe der Waffenbesitzer angesichts des überwiegenden öffentlichen Sicherheitsinteresses hinzunehmen. Anders sei es bei Wohnräumen. Sie unterlägen dem Schutz des Art. 13 Grundgesetz, was auch der Gesetzgeber so gesehen habe. Das Betreten dieser Räume gegen den Willen des Wohnungsinhabers sei nur bei Vorliegen einer dringenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit zulässig. Das gelte auch für Waffenbesitzer, sodass sie bei fehlender Gefahr niemanden in ihre Wohnräume lassen müssten. Andererseits bestehe aber ein hohes Allgemeininteresse daran, dass die sichere Aufbewahrung der Waffen gewährleistet ist. Ein Waffenbesitzer „müsse sich daher entscheiden, ob ihm das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung so wichtig ist, dass er den Bediensteten der Waffenbehörde generell den Zutritt verweigern will“. Dann aber „kann von ihm erwartet werden, dass er entweder auf den Besitz von Waffen verzichtet oder seine Waffen an Stellen verwahrt, an denen seine Privatsphäre nicht berührt wird“. Dies könne zum Beispiel dadurch geschehen, dass er seine Waffen bei einem berechtigten Dritten aufbewahrt oder seinen Waffenschrank in Räumen aufstellt, die „zwar formal noch zu den von Art. 13 GG geschützten Räumlichkeiten gehören, deren Zugänglichkeit er selbst aber so gestaltet, dass seine Privatsphäre nicht betroffen wird, wenn Dritte sie in Augenschein nehmen.“ Ein Waffenbesitzer habe es also „selbst in der Hand“, die Aufbewahrung seiner Waffen so zu gestalten, dass die Kontrolle den geringstmöglichen Eingriff in seine Privatsphäre darstelle. Wer von diesen ihm zumutbaren Möglichkeiten keinen Gebrauch mache und seine Waffen gerade in einem Wohnraum aufbewahre, zu dem der Bedienstete keinen Zutritt habe, verletze seine waffenrechtlichen Pflichten, wenn er sich auf diese Weise unter Berufung auf Art. 13 GG jeglicher Kontrolle der sicheren Aufbewahrung entziehe. Verwaltungsgericht Freiburg, Beschluss vom 14. 6.2012 – 4 K 914/12 – (rechtskräftig)

IV. Anmerkungen
1. Zum Grundrecht Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung schützt den Bürger vor Eingriffen des Staates in seine Privatsphäre. Es entspringt der Würde des Menschen und garantiert dem Einzelnen sein Recht, zuhause „in Ruhe gelassen zu werden“ (so wörtlich das Bundesverfassungsgericht). Zur „Wohnung“ gehören alle Räume des privaten Zuhauses, also außer dem Wohn- und Schlafzimmer auch die übrigen Räume einschließlich Keller und Boden. Lediglich reine Geschäfts- und Betriebsräume, die nicht dem Privatleben dienen und der Allgemeinheit zugänglich sind, haben einen geringeren Schutz. Die Grenzen des Grundrechts ergeben sich aus Art. 13 Abs. 7 GG. Danach dürfen Eingriffe und Beschränkungen des Grundrechts unter anderem nur auf Grund eines Gesetzes zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit vorgenommen werden. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist heftig umstritten. 2. Zur Begründung Die vom Gericht vertretene These, der Waffenbesitzer müsse, wenn er sich (berechtigt) weigere, seine Wohnräume zu öffnen, entweder auf den Besitz seiner Waffen verzichten oder sie in weniger sensiblen Räumen oder gar bei einem berechtigten Dritten (Inhaber einer Waffenbesitzkarte) ordnungsgemäß aufbewahren, ist meiner Ansicht nach nicht haltbar. Zum einen unterliegen alle Räume der Wohnung dem Schutz des Grundrechts, wobei die sicherste Aufbewahrung zweifellos in den zentralen Wohnräumen liegt und nicht zum Beispiel im Keller, zum anderen wird im Falle der Verwahrung bei einem Dritten das Problem nur in dessen Wohnung verschoben, ganz abgesehen davon, dass eine solche Aufbewahrung nur „vorübergehend“ erlaubt ist (§ 12 Abs. 1 Nr. 1b WaffG). Ein Verzicht auf den Waffenbesitz wegen legaler Wahrnehmung eines Grundrechts kann nicht das Ergebnis sein. Hinzu kommt, dass der Waffenbesitzer in der Regel gar nicht allein über das Betreten der Wohnung entscheiden kann. Denn bei mehreren Bewohnern müssen grundsätzlich alle Inhaber des Grundrechts zustimmen. Verweigert also zum Beispiel die Ehefrau ihr Einverständnis, wird man dies dem Ehemann nicht anlasten können, da er selbst zugestimmt und die Ehefrau lediglich ihr eigenes Grundrecht wahrgenommen hat. Der Waffenbesitzer hat es also keineswegs immer „selbst in der Hand“, ob er als unzuverlässig eingestuft wird. Schließlich muss die Einwilligung freiwillig erfolgen, sie darf weder durch Täuschung noch durch Drohung erlangt werden. Das Verhalten der Behörde, entweder Einlass oder Entzug der Waffenbesitzkarte, zwingt den Waffenbesitzer zur Aufgabe seines Grundrechts, will er nicht gravierende Rechtsnachteile erleiden. Von Freiwilligkeit kann hier keine Rede mehr sein. Jeder vernünftige Waffenbesitzer wird nach den Ereignissen in der Vergangenheit Verständnis für die Kontrollen haben. Die rechtliche Durchsetzung aber ist in Einzelfällen äußerst problematisch. Bei der in diesem Verfahren getroffenen, eher pragmatischen Lösung wird es wohl kaum bleiben. Man wird sich also weiter streiten und auch noch nach anderen Lösungen suchen, bis die Obergerichte eine endgültige Entscheidung getroffen haben werden. Das vorliegende Verfahren befindet sich derzeit in zweiter Instanz.

V. Ergebnis Aus obiger Gerichtsentscheidung ergibt sich zweierlei: 1. Verweigert ein Waffenbesitzer den Zutritt zu seinen Wohnräumen, ist es ihm wegen der besonderen Gefahren des Waffenbesitzes zumutbar, seine Waffen außerhalb der Wohnräume in weniger sensiblen Räumen seiner Wohnung oder bei einem Dritten aufzubewahren, damit die Kontrolle erfolgen kann. 2. Kommt der Waffenbesitzer dem nicht nach, ist er in der Regel unzuverlässig, wenn er sich wiederholt ohne überzeugenden Grund der Kontrolle über die Aufbewahrung seiner Waffen entzieht, indem er sich auf das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung beruft.

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