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404 JVG: Unzuverlässigkeit – Leichtfertiger Waffenumgang

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von Mark G. v. Pückler

I. Drei Fälle aus neuerer Zeit

1. In Bayern hatte ein Jäger seine Waffe geladen im Fahrzeug, sein Hund begleitete ihn. Unterwegs hielt er kurz an, stieg aus und sprach mit einer Passantin. Der Hund blieb allein mit der Waffe im Auto zurück. Plötzlich löste sich ein Schuss aus dieser Waffe und verletzte den Waidmann am Arm.

2. In Baden-Württemberg wollte ein ­Jäger zur Drückjagd fahren. Schon zu Hause lud er seine Bockbüchsflinte. Im weiteren Verlauf löste sich noch in der Wohnung ein Schuss, der seine Tochter tödlich traf.

3. In Sachsen-Anhalt wurde ein Jäger von der Polizei angehalten, weil er durch unsicheres Fahren aufgefallen war. Eine Alkoholkontrolle ergab, dass er rund 1,3 Promille Alkohol im Blut hatte. Außerdem stellte die Polizei fest, dass er einen geladenen Revolver im Bund mit sich führte.

Zu Hause und unterwegs darf die Waffe nicht geladen sein.
Foto: Sebastian Grell

2. Wichtige Grundregeln

Regel Nr. 1: Zu Hause immer vollständig entladen. Zwar ist es erlaubt, in seiner Wohnung und seinem befriedeten Bezirk die Waffe bei sich zu haben, sie zu putzen, zu pflegen, zu zerlegen und wieder zusammenzufügen. Aber die Waffe muss stets ungeladen sein, weil sie nach § 3 Abs. 1 der Unfallverhütungsvorschriften (wörtlich) „nur während der tatsächlichen Jagdausübung“ geladen sein darf (Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 19.5.2008 – 8 ME 50/2006-, WuH 16/2008, S. 98). Außerdem muss sie außerhalb des Waffenschranks ständig beaufsichtigt werden, damit sichergestellt ist, dass kein Unbefugter sie in Besitz nehmen kann – auch kein
Familienangehöriger!

Die Waffe darf also auch in der Wohnung nicht irgendwo außer Sicht abgelegt werden, sondern muss ständig ­im unmittelbaren Aufsichtsbereich des ­Jägers sein oder im Tresor aufbewahrt werden. Das Umhergehen mit der Waffe in der Wohnung und im befriedeten Bezirk ist kein Führen, weil es nicht außerhalb von zu Hause geschieht. Nach der gesetzlichen Definition führt eine Waffe, „wer die tatsächliche Gewalt über sie außerhalb seiner Wohnung und seines befriedeten Besitztums ausübt“. Hierbei ist es unerheblich, ob sie geladen oder entladen, gesichert, entspannt, funktionsfähig oder im Futteral ist.

Regel Nr. 2: Unterwegs immer vollständig entladen. Das gilt vor allem im Fahrzeug, für Lang- und Kurzwaffen, als Fahrer und Beifahrer, auf Straßen, Feld- und Waldwegen sowie im Gelände, innerhalb und außerhalb des Jagdbezirks. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, der oft aus Bequemlichkeit nicht beachtet wird. Insbesondere Mitfahrer haben aus alter Gewohnheit häufig auf Feld- und Waldwegen eine unterladene Waffe im Fahrzeug bei sich, um schnell schussbereit zu sein.

Eine geladene oder unterladene Waffe im Fahrzeug mitzuführen, stellt sowohl ein illegales Führen dar als auch einen erheblichen Verstoß gegen die Unfallverhütungsvorschriften. Denn nach § 13 Abs. 4 WaffG darf ein Jäger seine Waffen nur „zur“ befugten Jagdausübung führen und mit ihr schießen. Das Mitführen der Waffe im Fahrzeug ist aber noch keine unmittelbare (tatsächliche) Jagdausübung. Denn die Jagdausübung beginnt erst mit dem Aufsuchen von Wild, um es zu erlegen oder zu erlösen.

Hierzu hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgeführt: „Das Führen einer Jagdwaffe im Fahrzeug stellt ersichtlich keine unmittelbare Jagdausübung dar. Es gehört zu den elementaren und selbstverständlichen Obliegenheiten eines Jägers, die Jagdwaffe erst zu ­laden, wenn mit ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch im Rahmen der Jagdausübung oder des Jagdschutzes
unmittelbar zu rechnen ist. Dies ist nicht der Fall, wenn sich die Jagdwaffe noch im Fahrzeug befindet.“ (Beschluss vom 17. 4. 2015 – 21 ZB 15.83 –; ähnlich Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 24.7.2007 – 4 Ss 185/07 –, WuH 12/2009, S. 96).

Hieraus folgt: Wer fährt oder mitfährt, jagt noch nicht unmittelbar, also muss die Waffe entladen sein. Das gilt dann aber auch beim Bau eines Hochsitzes, beim Bestellen eines Wildackers und beim Grillen vor der Jagdhütte. Denn wer baut, pflügt oder grillt, jagt ebenfalls noch nicht unmittelbar.

Eine Ausnahme bilden nach meiner Auffassung nur die langsamen Pirschfahrten auf Wald- und Feldwegen sowie im Gelände. Sie dienen eindeutig dem Aufsuchen von Wild, um es zu erlegen oder im Rahmen des Jagdschutzes zu erlösen, sodass nach § 1 Abs. 4 BJagdG ein Beginn der Jagdausübung gegeben ist. Damit würde ein verbotenes Führen der Waffe entfallen, nicht aber der Verstoß gegen die Unfallverhütungsvorschriften. Denn nach diesen sind die Waffen beim Besteigen von Fahrzeugen und während der Fahrt vollständig zu entladen. Dieses Fehlverhalten genügt aber schon für sich allein, um die Unzuverlässigkeit mit ihren harten Folgen zu begründen.

Auch wenn einer der Frischlinge frei stünde, muss der Finger hier gerade bleiben. Der Maisacker ist kein sicherer Kugelfang.
Foto: Burkhard Winsmann-Steins

Regel Nr. 3: Laden erst ab unmittelbarem Beginn der Jagdausübung, nicht schon vorher und auch nicht mehr nachher. Fährt man also zur Pirsch oder zum Ansitz in den Wald, so beginnt die Jagdausübung nach dem Aussteigen im Wald und dem Beginn der Pirsch – sie endet bei Rückkehr ans Fahrzeug, vor dem Einsteigen muss entladen werden.

Regel Nr. 4: Schießen nur bei sicherem Kugelfang. Nach den Unfallverhütungsvorschriften darf ein Schuss nur abgegeben werden, wenn ein ausreichender Kugelfang gegeben ist. Das hat zur Folge, dass ein Schuss parallel zur Erdoberfläche – in der Ebene und am Hang – grundsätzlich ausscheidet, weil ungewiss ist, wo das Geschoss am Ende einschlagen wird. Ein Gebüsch, Schilf, Dickung oder Maisfeld im Hintergrund sind in der Regel kein sicherer Kugelfang, weil sich darin oder dahinter spielende Kinder oder andere Personen aufhalten können.

Regel Nr. 5: Schießen nur auf Wild und nach Naturschutzrecht freigegebene Spezies, z. B. Kormorane. Alle übrigen Tierarten sind grundsätzlich nach Naturschutzrecht geschützt, zum Beispiel Eichhörnchen, Biber, Vögel. Ferner ist das Schießen im Rahmen des Jagd- und Forstschutzes erlaubt, zum An- und Einschießen der Waffe sowie zur Hundeausbildung. Nicht erlaubt ist das Erlösen von leidenden Haustieren (z. B. kranker Hund), auch nicht auf Bitten des Eigentümers, das Tier muss grundsätzlich eingeschläfert werden. Zum Erlegen von Gatterwild und Übungsschießen im Revier ist eine Schießerlaubnis erforderlich.

III. Ergebnis
1. Zu Hause und unterwegs ist die Waffe entladen, außer bei Notwehr und Notstand.

2. Geladen wird die Waffe erst im Revier, nach dem Aussteigen aus dem Fahrzeug bei unmittelbarem Beginn der Jagdausübung. Entladen wird sie spätestens nach Rückkehr von der Pirsch/vom Ansitz vor dem Einsteigen in das Fahrzeug. Bei anderen Tätigkeiten im Revier, die noch keine unmittelbare Jagd­ausübung sind, ist die Waffe zu entladen.

3. Schießen nur bei sicherem Kugelfang und nur auf Wild und nach Naturschutzrecht freigegebene Arten. Ferner im Rahmen des Jagd- und Forstschutzes sowie zum An- und Einschießen der Waffe und zur Hundeausbildung. Man darf Haustiere nicht erlösen, auch nicht wenn der Eigentümer darum bittet. Für das Übungsschießen und um Gatterwild zu erlegen, ist eine Schießerlaubnis erforderlich.

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