Deckung, Äsung, Brutund Lebensraum – die Bedeutung von Hecken und Feldgehölzen erscheint riesig. Nicht zuletzt deshalb ist es eine Thematik, über die mittlerweile viele und teilweise umfangreiche Bücher verfasst wurden. Andreas David schildert, auf was es ankommt.
Es ist wie so oft im Leben, wenn es um Veränderungen und Neuerungen geht: Auch der Neuanlage von Feldgehölzen, Hecken oder anderen Lebensraumelementen steht vor allem eins im Wege – der eigene, innere Schweinehund! Ihn gilt es zu überwinden. Denn im Finden oder Erfinden von Gründen, irgendetwas nicht zu tun, sind wir bekanntlich alle groß. So ist die Auswahl der Ausreden, warum entgegen jahrelanger Absichtserklärungen die eine oder andere Anpflanzung auch in diesem Frühling noch immer nicht in frischem Grün erstrahlt, entsprechend vielfältig. „Keine Flächen“ und „keine Zeit“ sind die bequemsten
Argumente, sich selbst etwas in die (Jagd-)Tasche zu lügen. Papperlapapp – denn Platz ist bekanntlich in der kleinsten Hütte, und ein oder zwei Tage im Herbst oder im zeitigen
Frühjahr hat jeder von uns mindestens (!) über. Und mitunter erzielt schon ein Einzelbaum als „Verbindungsoder Vorposten“ große Wirkung. Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist. Also Arbeitskleidung, festes Schuhwerk und Handschuhe angezogen, den Spaten geschultert und raus geht’s. Von nichts kommt nichts!
Den besten Überblick gewinnt man durch einen Blick auf die Revierkarte sowie die entsprechende Abstimmung mit den Erfahrungen und Beobachtungen vor Ort. Dabei
müssen selbstverständlich auch die jeweiligen Eigentumsverhältnisse sowie die aktuellen und zukünftigen Nutzungsformen berücksichtigt werden. Denken Sie dabei neben
den bekannten Jagdgenossen stets auch an die Kommunen als Grundeigentümer, die solchen Vorhaben oft sehr offen und wohlwollend gegenüberstehen. Ist soweit alles in
trockenen Tüchern, reichen die nächsten Überlegungen und Planungen schon weiter in den Praxisbereich hinein. Es geht um die letztlich entscheidende Frage, was man mit der Pflanzung erreichen möchte. Denn daran hat sich alles Weitere auszurichten: Um was geht es? Um eine Hecke? Um eine Feldholzinsel oder Remise? Um Deckung? Um Äsung (Früchte, Blätter, Zweige)? Für welche Wildarten? Geht es „nur“ um eine Abgrenzung zum Schutz bereits vorhandener Lebensraumelemente – zum Beispiel um einen simplen Windschutzstreifen? Gilt es, das Ufer eines Still- oder Fließgewässers zu begrünen? Oder geht es um Waldrandgestaltung? Im Mittelpunkt jägerischer Pflanzaktionen stehen im
Normalfall Hecken und Feldgehölze, Obstbäume und Uferbegrünungen. Dabei ist bei der Neuanlage von Hecken und Feldgehölzen einiges zu beachten, was auch bei anderen
Aktionen – zum Beispiel bei der Waldrandgestaltung – Gültigkeit hat. Vor diesem Hintergrund stehen Remisen und Hecken im Focus der weiteren Abhandlung. Doch egal, was erreicht werden soll – erstellen Sie zunächst einen Fahrplan, der später durch einen ergänzenden Pflanzplan komplettiert wird. Dabei sind zunächst die folgenden Punkte
zu berücksichtigen, beziehungsweise zu klären und je nach Vorhaben unterschiedlich zu gewichten:
● Standort, Bodenanalyse, Wasserversorgung
● Bodenvorbereitung, falls notwendig (Pflügen, Fräsen)
● Hauptwindrichtung, Windexposition
● Temperaturverhältnisse (Frost, Spätfrost)
● Beratung: Was wird gepflanzt? Wann wird gepflanzt? Wie wird gepflanzt?
● Gewinnung des Pflanzgutes (Wildlinge, Baumschule bzw.
Kamp)
● Saatgut, Lohden, Heister, Stecklinge?
● Erstellen eines Pflanzplanes
● Maßnahmen zum direkten Pflanzenschutz (mechanischer oder chemischer Einzelschutz, Zaun etc.)
● Spätere Pflegemaßnahmen
Vor der Pflanzung ist auf eine gute Flächenvorbereitung zu achten – falls notwendig. Auf Dauerbrachen. Der Wurzelfilz der Grasdecke im Oberboden kann besonders hinsichtlich der Wasserversorgung eine starke Konkurrenz darstellen. Hinzu kommen die Verdämmungsgefahr und ein erhöhtes Risiko durch Mäusefraß an der Rinde der jungen Pflanzen.
Im Zweifel sollte die Fläche mit einem Totalherbizid behandelt und anschließend umgepflügt werden. In Ackerstoppel kann direkt gepflanzt werden. So kann bei gut vorbereiteten Flächen und guten Anwuchsbedingungen auf eine Kulturpflege in den ersten zwei bis drei Jahren manchmal ganz verzichtet werden, weil sich eine unproblematische Begleitvegetation aus Ausfallgetreide und Ackerwildkräutern einstellt, die keine Konkurrenz
für die jungen Bäume und Sträucher darstellt. Feldgehölze oder Remisen können im weiteren Sinne als Übergangsstufe zwischen Hecke und Wald ohne bestimmte äußere Form oder Größe definiert werden. Wobei die Grenzbereiche nicht exakt festgelegt werden können und fließende Übergänge bilden. Es sind im weitesten Sinne unterschiedlich große
Baumgruppen in der offenen Landschaft. Darin können je nach Größe und Standort die verschiedensten Elemente – vom kleinen Teich oder Tümpel über Totholz- und Lesesteinhaufen bishin zum krautigen Äungsstreifen – integriert sein. Optimalerweise gliedern sich Feldgehölze in eine Saum-, Mantel- und eine oder mehrere Kernzonen, die durch andere Strukturen im Innenbereich getrennt oder gegliedert werden. An die zwei
oder besser drei Meter breite Saumzone aus Gräsern und Stauden schließt sich die aus Sträuchern und niedrigeren Bäumen bestehende und möglichst etwa doppelt so breite Mantelzone an. Dafür bieten sich die so genannten Nebenbaumarten und Konkurrenzschwächere Arten an, die sich in der besonnten Mantelzone besser entwickeln und dort auch Frucht ansetzen können. Hierzu zählen zum Beispiel die Eberesche, Wildobst, und der Feldahorn. Die Kernzone sollte von Lichtbaumarten bestimmt werden. Bei einer halbwegs regelmäßigen Auslichtung bilden sie keinen dichten Schirm und ermöglichen die Ausbildung einer Strauch- und Krautschicht im Unterstand. Typische Arten sind Eiche, Birke und auf schwachen Standorten auch die Kiefer. Die Krautschicht im Innenbereich siedelt sich wie in der Saumzone von selbst an und braucht nicht gepflanzt beziehungsweise gesät zu werden. Soviel zum Optimalfall. Doch machen wir uns nichts vor – oft muss es aus unterschiedlichen Gründen eben auch ohne Saumzone gehen, und
manches Mal wird eine etwas breitere Mantelzone gleichsam auch zum Kernbereich. Doch ist ein Feldgehölz ohne entsprechenden Saum oder eine anderweitig vom theoretischen Optimum abweichende Struktur immer noch besser als gar keines. Und wie bei den Hecken ist es ein nicht hoch genug zu bewertender Vorteil, dass es hinsichtlich der Form und Bodengüte ungeeignete Standorte – von wenigen Ausnahmen abgesehen – eigentlich
nicht gibt. Denn vom fetten Ackerboden bis zum kargen Sand lässt sich stets eine geeignete Pflanzenauswahl zusammenstellen. Wobei in erster Linie Grenzertragsböden
oder aus anderen Gründen landwirtschaftlich nicht nutzbare Parzellen in Frage kommen. Bei der Verwendung von Pappeln, die durch ihre Schnellwüchsigkeit sicher auch Vorteile haben, sollte zumindest partiell ein stufiger Unterbau und eine entsprechende
Umrahmung eingeplant werden.
Hecken sind lineare Strukturen in unterschiedlicher Länge und Breite. Dabei sollte der Begriff linear nicht überbewertet werden, denn kurze Unterbrechungen erhöhen nachweislich den ökologischen Wert einer Hecke. Optimal erscheinen in einem bestimmten, nicht zu weitem Abstand parallel zueinander verlaufende Doppelhecken und verzweigte Hecken. Auch bei Hecken ist zunächst auf eine Gliederung in Saum-, Mantel- und Kernzone zu achten. Wobei die Mantel- und Kernzone von Hecken – je nach Struktur – auch als
Einheit betrachtet werden kann. Prinzipiell wird zwischen Baum- und Strauchhecken
unterschieden. Wobei eine gut strukturierte Baumhecke in der Mantelzone oder als Unterbau stets auch Sträucher beherbergt, eine Strauchhecke aus verschiedenen
Gründen jedoch keine Bäume. Eine weitergehende Typisierung von Hecken würde an dieser Stelle zu weit führen. Als grobe Leitlinie sei die Pflanzung von zwei Reihen Bäumen und an jeder Seite davon zwei Reihen Sträucher empfohlen. Die Oberkante einer Hecke sollte aus Windschutzgründen und um Verwirbelungen an der Lee-Seite zu vermeiden, nicht geradlinig sein. Als Heckenstandorte bieten sich vor allem Ackerraine sowie Graben- und Wegränder an. Besonders mehr oder minder tiefe Gräben schützen den Saumbereich
der Hecke zumindest einseitig vor dem Zugriff von Pflug, Grubbern und Pestiziden.
Bei Wegrändern ist zu bedenken, dass der Wert einer Hecke umso geringer bleibt, je intensiver der angrenzende Weg vom Menschen belaufen oder befahren wird. Auf Hecken oder Feldgehölze an regelmäßig oder viel befahrenen Straßen sollte grundsätzlich verzichtet werden. Es sei denn, die Straße ist wildsicher gezäunt. Doch selbst dann sind die Verluste zum Beispiel der Brutvögel um ein Vielfaches höher, als in der freien Landschaft. Vergleichbares gilt für die so genannten Hunde-Toiletten in unmittelbarer Siedlungsnähe.
Die Umzäunungen von Umspannwerken, Güllebecken und ähnlichen Einrichtungen
sind für die Neupflanzung einer Hecke geradezu prädestiniert, da sich kaum ein Spaziergänger samt seiner vierläufigen Begleitung freiwillig in die unmittelbare Nähe dieser Bauwerke begibt. Hecken bieten sich darüber hinaus überall dort an, wo der zur Verfügung stehende Raum für ein Feldgehölz nicht ausreicht. Dass die Integration von Steinhaufen und niedrigen Holzpoltern oder anderen Totholzelementen den Wert einer Hecke steigern, ist allgemein bekannt. Eine Übersicht über häufig genutzte und bewährte Strauch- und Baumarten gibt die vorstehende Tabelle. Die Einzelauswahl muss den standörtlichen Gegebenheiten und dem Zweck entsprechend vorgenommen werden. Über die Anforderungen der genannten und weiterer Arten informieren die Baumschulen oder die Naturschutzobleute der Hegeringe und Jägerschaften. In den Jahren nach der Pflanzung wird schnell deutlich, welche Arten sich gegenüber anderen durchsetzen und dominieren und welche wir uns vielleicht besser verkniffen hätten. Generell sollten wir aber auch in diesem Fall vorher – allein schon aus finanziellen Gründen – wieder auf den „Ratgeber Natur“ hören. Achten Sie deshalb auf die Baum- und Strauchvegetation im Umfeld – falls vorhanden. Sie zeigt unmissverständlich an, welche Arten in unserem Pflanzplan enthalten sein müssen. Dabei ist in vielen Fällen auch das Umpflanzen von Wildlingen im Revier selbst problemlos durchführbar. Eine Vorgehensweise, die ich auch beim vordergründigen Zupflanzen von Rückeschneisen im Wald nutze, um übermäßige Unruhe durch Spaziergänger und „andere Passanten“ zu vermeiden, die sonst immer wieder mal versuchen. Grundsätzlich sollten nicht heimische und nicht standortgemäße Bäume und Sträucher keine Berücksichtigung finden.
Je nach Gefährdungsgrad muss dann entschieden werden, ob eine Zäunung der Fläche oder lediglich der individuelle Schutz bestimmter Einzelpflanzen erfolgen soll. Um zu
gewährleisten, dass die Bäume und Sträucher möglichst rasch aus der verdämmenden Bodenvegetation wachsen, ohne vorher verbissen zu werden, ist im Zweifel immer ein Zaun notwendig. Dabei kann es im schlimmsten Fall um Stunden gehen. In einem Fall hat ein einzelner Rehbock in meinem Revier eine kleinere Anpflanzung innerhalb einer Nacht komplett kaputtgefegt beziehungsweise zusammengeschlagen. Die Pflanzarbeiten wurden abends beendet, die Pfähle waren gesetzt und die vor Ort liegende Zaunrolle sollte in aller Frühe am folgenden Morgen zum Einsatz kommen – was sich dann erübrigt hatte.
Als absolute Minimallösung sollten alternativ zum Zaun zumindest die besonders gefährdeten Arten entweder durch selbst gefertigte Drahthosen gegen Verbiss oder bei entsprechender Größe des Pflanzgutes durch Kunststoffspiralen oder so genannte Pfisterpfähle vor Fege- und Schlagschäden geschützt werden. Doch apropos Präsenz: Bitte verzweifeln Sie nicht, wenn Ihre Neuanpflanzung nicht binnen kürzester Zeit von den vorkommenden Niederwildarten, Hundertschaften potenzieller Brutvögel oder anderen Faunenelementen bevölkert wird. Einerseits dauert es naturgemäß einige Zeit, bis gepflanzte Hecken und Feldgehölze ihre höchstmögliche Wirkung erreichen. Andererseits können benachbarte Nutzungsformen als unnachgiebige Zuwanderungsbarrieren
eine erstaunliche Wirkung erreichen. Welche Vielfalt aber eine ältere Hecke oder ein gewachsenes Feldgehölz tatsächlich beheimatet, bleibt uns ohnehin weitestgehend
verborgen. Denn mit Ausnahme der Wirbeltiere und Großinsekten werden die tierischen Bewohner im Regelfall kaum wahrgenommen. Dabei lohnt es durchaus, einmal etwas genauer hinzuschauen – und es erhöht die Freude an der eigenen Revierarbeit.
Doch ist es mit der Pflanzung und dem anschließenden Schutz nicht getan. Denn immer
dann, wenn man sie frei und ungehindert wachsen lässt – was teilweise zu ökologisch
unerwünschten Auswirkungen und Ärger führt – werden Hecken sukzessiv zu Feldholzinseln
und Feldholzinseln zu Wald. Letzteres kann schwerwiegende Probleme mit sich bringen (s. Kasten). Es werden also fast zwangsläufig unterschiedliche Pflegemaßnahmen notwendig.
Um eine Überalterung und Auslichtung von Hecken im unteren Bereich (unten dicht, oben licht!) zu verhindern, werden die ausschlagfähigen Baum- und Straucharten regelmäßig „auf den Stock gesetzt“. Gleiches gilt für einzelne Elemente der Kern- und Mantelzone von Feldholzinseln. Dabei wird abschnittsweise und jährlich wechselnd vorgegangen, um gleichförmige Kahlschläge zu vermeiden. Diese Pflegemaßnahmen sollten in der Zeit von Oktober bis Februar vorgenommen werden. Durch solche Schnitte und Fällungen lassen sich auch scheinbar unwiederruflich verholzte, lichte Hecken und Feldgehölze revitalisieren. Oft entsteht dabei durch den Stockausschlag im Zusammenspiel mit den nun mehr oder minder hoch liegenden Stämmen und Ästen schon im ersten Frühjahr ein undurchdringliches Dickicht. Das angefallene Schnittgut sollte deshalb als Schutz für nachwüchsige Sträucher sowie eine Vielzahl von Brutvögeln und andere Tierarten stets in der Fläche bleiben. Abschließend noch zwei ganz wichtige Aspekte: Der Wert von Feldgehölzen und Hecken für die Lebensgemeinschaften der offenen Landschaft wird entscheidend durch ihre relative Grenzlinienlänge bestimmt. Der Grenzlinienindex erhöht sich automatisch durch einen puzzleartigen Verbund mit der umgebenden Landschaft durch Einbuchtungen und zungenförmige Ausläufer der Remisen und Hecken.