Sauen ohne Ende, Schweinepest, Wildschäden wie noch nie und immer noch kein Land in Sicht. Viele Jäger würden am liebsten die Büchse ins Korn werfen. Doch dazu ist es jetzt nicht an der Zeit. Revierjagdmeister Peter Markett sieht in der revierübergreifend
geplanten Bejagung der Schwarzkittel den Weg aus der Misere und gibt Tipps, wie Sie in Feld und Wald Strecke machen und gleichzeitig die Wildschäden verringern können.
von Peter Markett
Die Schwarzwildbestände sind in den zurückliegenden Jahren in Deutschland fast überall angestiegen – regional unterschiedlich in zuvor kaum vorstellbaren Größenordnungen. Gewachsen sind gleichzeitig die Probleme, die mit den Sauen verbunden sein können. Massive Wildschäden, eine latente Seuchengefahr, sowie Probleme im Bodenbrüterschutz und bei der Niederwildhege sind offensichtliche Folgen der überhöhten Schwarzwildbestände.
So erweckt es hier und da den Anschein, als ob die örtliche Jägerschaft mit der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Schwarzwildes Probleme hat. Für eine sachgemäße Bejagung der Sauen ist zunächst die intensive Auseinandersetzung mit der Biologie dieser Wildart absolute Grundlage.
Immer das Schwächste erlegen
Bei einer sozial hochorganisierten Wildart wie dem Schwarzwild reicht es aber eben nicht aus, in der Praxis nur „die Wildart“ ansprechen zu können (Freigabe: „Sauen!“). Man sollte wissen oder beurteilen können, welches Stück zu welcher Jahreszeit und unter welchen Gesichtspunkten das Richtige ist.
Sollen die überhöhten Bestände dauerhaft auf ein tragbares Maß zurückgeführt werden, müssen selbstverständlich Bachen erlegt werden. So, wie dies Professor Hans-Dieter Pfannenstiel in WuH 11/2002 mit Nachdruck forderte. Hierzu sind jedoch größte Sorgfalt beim Ansprechen sowie eingehende Kenntnisse über die Erscheinungsform und Verhalten der Sauen erforderlich. Ein verantwortungsvoller Bachenabschuss kann demzufolge nur auf der Einzeljagd und bei ausreichendem Licht erfolgen. Denn die Erlegung der Leitbache hat für das Rottengefüge schwerwiegende Folgen. Vor diesem Hintergrund sollte der Bachenabschuss bei Mondlicht oder auf Drückjagden unbedingt unterbleiben. Das Thema Bachenbejagung an sich wird in einer der folgenden Ausgaben vertieft.
Wer als Jäger mit wenig Schwarzwilderfahrung Gelegenheit bekommt, auf Sauen zu jagen, sollte nach folgendem Grundsatz verfahren: Keine einzeln ziehenden Stücke und aus einer Rotte – abgesehen von Frischlingen, bei denen jeder richtig ist – immer das Schwächste erlegen. Wer Schwarzwild hegen will, muss es scharf, aber wildbiologisch richtig bejagen. In der gegebenen Situation heißt das unter anderem, dass jeder Frischling, den man sieht (und der verwertbar ist), erlegt werden muss. Die Bejagung von reifen Keilern sollte im Sommer oder Frühherbst erfolgen, da in dieser Zeit das Wildbret in der Regel zu verwerten ist. Einen rauschigen Keiler im Winter nur der Trophäe wegen zu erlegen und dabei in Kauf zu nehmen, einen großen ungenießbaren Fleischberg entsorgen zu müssen, ist durch nichts zu rechtfertigen.
Fütterung bedarf behördlichen Genehmigung
Und nun zur „grünen Grenze“oder zur Diskrepanz der Sauenjagd in Wald und Feld. Jagdliche Freuden und unvergessliche Erlebnisse bescheren uns die Schwarzkittel auf beiden Seiten des grünen Vorhangs. Doch während im Wald ohne jeden Zweifel die positiven Eigenschaften der Sauen überwiegen, ist ihre Anwesenheit im Feld – vom Grünland bis zum Maisschlag – regelmäßig mit Verdruss und oft erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden.
Teilweise sind diese Ärgernisse aber hausgemacht. Denn durch übertriebenen Einsatz von Futtermitteln, insbesondere Mais, wird das Schwarzwild systematisch und dauerhaft in Feld- oder Mischreviere herangefüttert, in denen es zwangsläufig zu Schäden kommen muss. Losgelöst von der Feld-Wald-Problematik wird mancherorts leider nicht mehr sauber zwischen Kirrung und Fütterung unterschieden, so dass die „Ablenkungskirrung“ oftmals vorherrschend ist.
Hier gilt es, Folgendes zu beachten: Die Fütterung des Schwarzwildes darf (außer in Notzeiten) ausschließlich der Verminderung von Wildschäden dienen. Weiterhin bedarf sie einer behördlichen Genehmigung. Folglich darf an Ablenkungsfütterungen nicht gejagt werden. Auch dies ist durch die Landesjagdgesetze unmissverständlich geregelt. Kirrungen dagegen sind Bejagungshilfen, an denen die ausgebrachten Futtermengen unter Wahrung des Lockeffektes auf ein Minimum beschränkt werden müssen. Unsachgemäße Fütterungs- beziehungsweise Kirrungspraktiken bescheren den Sauen fast ganzjährig „Fettlebe“ und ermöglichen es auch zunächst geringen Frischlingen, die unter natürlichen (Energie-)Verhältnissen gar nicht reproduzieren könnten, an der Fortpflanzung teilzunehmen.
Aufgrund der relativ großen Streifgebiete des Schwarzwildes und seiner mittlerweile fast flächendeckenden Verbreitung kann man diese Wildart bei den heute vorherrschenden Reviergrößen längst nicht mehr revierweise bewirtschaften. Eine zielführende Bejagung der Schwarzkittel kann nur auf revierübergreifender und/oder regionaler Bestandsebene erfolgen.
Ehrlich miteinender umgehen
Die einzig sinnvolle Lösung besteht demzufolge in der Bildung von Hegegemeinschaften. Doch mit der Gründung und einer gemeinsamen Satzung allein ist es nicht getan, wenn unter diesem Deckmantel jeder Revierinhaber trotzdem weiterhin sein eigenes Sauen-Süppchen kocht. Grundvoraussetzung ist, dass man die jagdgesetzlichen Aufgaben und örtlichen oder regionalen Ziele als gemeinsame Anliegen und Herausforderung ansieht und man ehrlich miteinander umgeht. Es gibt mittlerweile praktische Beispiele dafür, wie gute Hegegemeinschaften arbeiten. Sie lassen weder die Wildschäden noch den Sauenbestand selbst ausufern.
Sauen mit allen Mitteln fernhalten
Grundlegende Arbeiten und Aufgaben sind zum Beispiel die gemeinsame Einschätzung des Bestandes, eine genaue Streckenanalyse (Geschlecht und Alter), die Ermittlung der Wildschadenshöhe und -brennpunkte und vor allem der regelmäßige Austausch der Revierinhaber untereinander inklusive einer koordinierten Jagdausübung. Dabei ist es von ausschlaggebender Bedeutung, dass die Reviere flächendeckend mitziehen, auch die staatlichen Forstämter. Erfahrungsgemäß treten einige Reviere diesen Hegegemeinschaften leider nicht bei und vergiften damit die Stimmung. Die Umsetzung von gemeinsamen Beschlüssen muss in den einzelnen Revieren erfolgen. Aus eigener Erfahrung als Mitarbeiter einer Hegegemeinschaft in der Dam- und Schwarzwild im Mittelpunkt stehen, empfehle ich folgende Vorgehensweise. Aus den Feldteilen eines jeden Revieres oder einer jeden Hegegemeinschaft gilt es, die Sauen mit allen gesetzlich zur Verfügung stehenden Mitteln fernzuhalten oder zu verbannen. Dies beinhaltet:
– Massive Einzeljagd unter Ausnutzung der Mondperioden. Die Lichtverhältnisse im Feld sind im Zweifel deutlich besser als im Wald.
– Ganzjährige scharfe Bejagung mit unbegrenztem Frischlingsabschuss bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Die Leitbache reagiert auf negative Erlebnisse meistens mit der vorübergehenden Meidung dieser Flächen.
– Bei massiven Wildschäden und überhöhten Beständen sollte darüber hinaus ein ganzjähriger und zahlenmäßig unbegrenzter Überläuferabschuss behördlich durchgesetzt werden (Aufhebung der Schonzeit) – mit Ausnahme führender Überläuferbachen.
– Dennoch muss unser Hauptaugenmerk im Feld und im Wald den Frischlingen gelten. Bei den Überläufern sollten deutlich mehr Bachen als bisher erlegt werden. In der aktuellen Situation muss es unser Ziel sein, möglichst viele weibliche Sauen zu erlegen, bevor sie an der Fortpflanzung teilnehmen. Anderenfalls wächst das Ungleichgewicht im Geschlechterverhältnis in den oberen Altersklassen zugunsten der Bachen weiter an.
– Speziell im Frühjahr sollte der Ansitz im Feld durch Pirschgänge ergänzt werden. Neubestellte Kartoffel- und Maisfelder sowie das frische Grün der Getreide- und Grünlandschläge ziehen die Sauen aus dem Wald.
– Selbst erfolgloses Pirschen bringt in dieser Zeit einen Vergrämungseffekt – man beunruhigt und verstänkert durch die eigene Wittrung das Revier.
– Ist es durch die Entfernung unmöglich, einen gezielten Schuss anzutragen, sollte man sich nicht scheuen auch mal einen „Schreckschuss“ abzugeben. Jedes Mittel der Vergrämung ist willkommen. Mit zunehmender Höhe des Feldbewuchses müssen die Pirschgänge dann durch die abnehmende Sichtbarkeit der Sauen reduziert werden.
– Bei der Einzeljagd (Ansitz oder Pirsch) sollten revierlose Jäger verstärkt eingebunden werden. Jede Stunde, die ein bestimmter Revierteil „verteidigt“ wird, kann wichtig sein.
– Besonders gefährdete Bereiche müssen zusätzlich gezäunt und/oder verstänkert werden.
– Wenn die Sauen auch tagsüber fest in großen Getreideschlägen stecken, kann – wenn überhaupt – nur der Einsatz geeigneter Hunde die Sauen zum Verlassen des Feldes bewegen. Der Abschuss im Rahmen dieser Jagden sollte sich auf Frischlinge beschränken. Die Gefahr, eine Leitbache zu erlegen, ist zu groß. Wichtig ist, auch die Fluchtwechsel im Wald abzustellen.
– Mit der Getreidemahd steigen die Chancen durch die bessere Sichtbarkeit der Sauen erheblich. Die Ansitze konzentrieren sich jetzt je nach Schadensgefährdung auf Kartoffel-, Hülsenfrucht- oder Maisschläge.
– Grundsätzlich dürfen weder Fütterungen noch Kirrungen im Feld angelegt werden. Anderenfalls werden Wildschäden geradezu provoziert.
– Mit den Landwirten sollten am besten schon bei der Einsaat Bejagungshilfen vereinbart werden. Hierzu gehören vor allem Schneisen sowie ein ausreichend weiter Abstand der landwirtschaftlichen Kultur zum Waldrand.
Eine Pirsch nach dem Morgenansitz
Vor dem Hintergrund der sehr unterschiedlichen und speziellen Revierhältnisse erheben die dargestellten Ansätze keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Im Wald haben sich folgende Ansätze allgemein bewährt.
– Hinsichtlich der Einzeljagd sollten die an die Feldmark angrenzenden Bestände beziehungsweise Waldabteilungen im Zentrum der Bejagung stehen – allerdings ohne Kirrung!
So entsteht zusätzlich eine Art „Minenfeld“ um die gefährdeten Feldbereiche herum, ohne den Schwarzkitteln durch Kirrungen einen besonderen Anreiz zu bieten, diese Waldbereiche gezielt zu frequentieren. Sauen lernen sehr schnell, wo sie massiv „Dampf bekommen“ und wo sie ihre Ruhe haben.
– In diesen Außenbereichen des Waldes sollte wie im Feld ein ganzjähriger Abschuss von Frischlingen (alles, was geht!) und gegebenfalls Überläufern erfolgen. Hierbei sollten bekannte Wechsel ins Feld sowie jene Waldaußenbereiche die an besonders gefährdete Feldkulturen angrenzen im Vordergrund stehen.
– Bei massiven Problemen sollten in prädestinierten Bereichen oder festzulegenden Ruhezonen der Waldreviere Ablenkungsfütterungen betrieben werden, sowie – wenn möglich – ein Netz von Schwarzwildäckern (Wühläcker), Salzlecken, Suhlen und Grünäsungsflächen erstellt und aufrechterhalten werden. Wir müssen versuchen, die Sauen mit allen Mitteln im Wald zu halten.
– Die Lage der Ablenkungsfütterungen muss in einem gemeinsamen Konzept mit den Reviernachbarn abgestimmt werden.
– Außerhalb dieser Fütterungs- beziehungsweise Ruhezonen sowie der Waldrandbereiche erfolgt die Bejagung im Wald an einigen wenigen Kirrungen, durch Ansitze an bevorzugten Wechseln zwischen den Einständen, an Waldwiesen und Lichtungen sowie gelegentlich der Ansitze oder Pirschgänge auf anderes Wild.
– Bei gutem Licht kann hier auch ein gezielter Bachenabschuss erfolgen. Ansonsten gilt wie gehabt: Frischlinge und Überläufer (sofern nicht führend und in der Jagdzeit) müssen bei jeder sich bietenden Gelegenheit erlegt werden.
– Eichel- oder Buchenmasten binden das Schwarzwild intensiv an den Wald. Besonders solitär stehende Mastbäume in Nadelholzkomplexen oder an Lichtungen und Waldwiesen erleichtern die Bejagung, die allerdings nicht in Ruhezonen oder im Bereich von Ablebkungsfütterungen erfolgen sollte.
– Zur Rauschzeit sind die Rotten mitunter noch bei Tageslicht anzutreffen. Eine Pirsch durch diese Revierteile nach dem Morgenansitz ist daher erfolgversprechend.
– Grundsätzlich sollte im Wald in denselben Abteilungen oder Abteilungskomplexen aber nicht zu oft hintereinander gepirscht werden. Die fortwährende Beunruhigung lässt neben dem Schwarzwild auch andere vorkommende Schalenwildarten heimlicher und misstrauischer werden.
– Der gesamte Waldbereich sollte im Rahmen revierübergreifender, herbst- und winterlicher Gesellschaftsjagden massiv bejagt werden. Als vertrauensbildende Maßnahme hat sich ein gemeinsames Streckelegen als sehr wichtig erwiesen.
Verständnis für den Nachbarn
Die Inhaber reiner Waldreviere sollten ihre „Kollegen“ aus den Feldrevieren zu diesen Jagden einladen. Im Gegenzug sollten die Inhaber von Feldrevieren die Kollegen aus dem Wald zur Einzeljagd im Feld mit einbinden. So hat das Schwarzwild im Wald überwiegend Ruhe, während man im wildschadensgefährdeten Feld einen massiven Jagddruck erzeugt. Diese Kombination kann die Wildschadensproblematik deutlich entschärfen und fördert gemeinsames Jagen und das gegenseitige Verständnis für die Interessen und Probleme des Nachbarn. Keinesfalls reicht es aus, die Bejagung der Sauen im Wald auf einige wenige Bewegungsjagden pro Jahr zu beschränken und auf die Einzeljagd ganz zu verzichten. Einerseits bleibt die so erreichte Gesamtstrecke weit hinter den Möglichkeiten oder Notwendigkeiten zurück, andererseits entsteht für die Jäger im Wald eine völlig unbefriedigende Situation.
Die Kosten, die durch die Beschickung der Ablenkfütterungen im Wald sowie die Anlage von Wildäckern und Grünäsungsflächen entstehen, dürfen selbstverständlich nicht den Inhabern der Waldreviere allein überlassen werden, da es sonst zu Recht zu Unstimmigkeiten kommt.
Bei hohen Beständen reicht es nicht, in den Waldrevieren eine Gesellschaftsjagd im Jahr abzuhalten. Hier muss auch auf der Einzeljagd Streckegemacht werden, um den Bestand auf ein tragbares Maß zu senken |