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„Die Menge macht’s“

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Erfolgreicher Fangjäger Dieter Jennrich:
Die niedersächsische Ortschaft Maschen dürfte vielen WILD UND HUND-Lesern bis heute nur durch das staugeplagte Autobahnkreuz an der A7 zwischen Hannover und Hamburg bekannt sein. Ein ganz anderer Stau aber gehört rund um Maschen der Vergangenheit an: der Fuchs-Stau. Während der Straßenverkehr am Kreuz in der Nordheide noch gelegentlich zum Erliegen kommt, wurde der Kollaps des Niederwildes und vieler Bodenbrüter verhindert.

 

Füchse faszinieren mich, ich mag sie“, versichert Dieter Jennrich glaubhaft: „Es sind aber einfach viel zu viele. Die klassischen Niederwildarten haben angesichts dieser erdrückenden Übermacht, zu der sich noch der Steinmarder, der Dachs und andere Beutegreifer gesellen, kaum noch Chancen. Und wir Menschen haben diese Situation – wenn auch ungewollt – herbeigeführt. Jetzt liegt es an uns, das Problem zu lösen.“ Diese Worte fielen ziemlich am Anfang unserer Exkursion und verstärkten den sympathischen Eindruck, den der Fangjagdexperte spontan auf mich machte. Denn Missachtung oder Abscheu sind keine guten Mitjäger.

Die Menge macht es

Dieter Jennrich (Jahrgang 1954) ist gelernter Bankkaufmann und betreibt heute eine eigene große Tankstelle direkt am Maschener Kreuz. Der Familienvater begann 1996 sämtliche am Markt befindlichen fuchs-, dachs- und marder-tauglichen Fallen zu testen. Zeitgleich machte er Köderexperimente, um aus elf möglichen Ködern und Ludern die am besten und bevorzugt angenommenen herauszufiltern.

Als Ergebnisse dieser Praxistests setzen Dieter Jennrich und seine Mitstreiter heute fast ausschließlich auf die Betonrohrfalle nach Dr. Spittler und auf die Ahrenshorster Kesselfalle alter Bauart aus Holz. Geludert beziehungsweise beködert und gekirrt wird mit Pansen, Fett und Eiern. Die Ahrenshorster Kesselfallen werden dabei in der Röhre, im Kessel und im Umfeld ausschließlich mit Eiern bekirrt.

Um den weitgehend am Boden liegenden Niederwildbesätzen und anderen Bodenbrütern zu helfen, begann Jennrich 1997 im Revier Maschen, Reineke & Co mit der Falle nachzustellen – mit überwältigendem Erfolg. Denn schon im ersten Jahr kamen inklusive einiger am Kunstbau, auf der Treibjagd oder am Luderplatz erlegter Exemplare nicht weniger als 88 Füchse und 46 Steinmarder zur Strecke. Durch Mund-zu-Mund-Propaganda und in unzähligen Gesprächen geleistete Überzeugungsarbeit erhöhte sich die Zahl der beteiligten Reviere zunächst auf vier, später auf neun. Sämtliche Jagdbezirke sind direkt oder über ebenfalls beteiligte Reviere mittelbar miteinander verbunden. Maschen selbst liegt im Zentrum des Revierkomplexes. Die Zahl der Fallen und weiterer Einrichtungen wuchs im Laufe der Jahre mit der Zahl der Reviere. In den neun Revieren sind aktuell 19 Kunstbaue, 14 Betonrohrfallen und zwölf Ahrenshorster Kesselfallen im Einsatz.

In den zurückliegenden fünf Jahren kamen mit Stand vom 2. Dezember 2002 – man lese und staune – nicht weniger als 743 Füchse und 458 Steinmarder zur Strecke. Dazu Dieter Jennrich: „Es kommt darauf an, rationell, in dem zur Verfügung stehenden Zeitrahmen, Masse zu fangen. Die Menge macht es, nur die Menge! Hier und dort ab und zu einmal einen Fuchs zu fangen, einen Marder zu schießen oder sonstwas, bringt außer gelegentlichen jagdlichen Freuden gar nichts.“

Fuchs und Marder lieben Sicherheit

Die Spittlerfallen (Betonrohr) werden oberirdisch unter Pferdemist und standorttypischem Pflanzenmaterial eingebaut. Die Röhren der Kesselfallen sind bis auf den Eingang mit Reisig, anderen Pflanzenteilen oder Sand abgedeckt. Der Kessel selbst liegt frei, oder wird durch locker aufgeschüttete Zweige getarnt.

Bei der Wahl des Fangplatzes setzt Jennrich auf die Erfahrungen und Beobachtungen der Revierinhaber und ergänzt diese mit eigenem Know-how. „Das Raubwild muss möglichst aus der Deckung heraus in die Röhren der Fallen einfahren können. Fuchs und Marder lieben Sicherheit,“ merkt Dieter Jennrich an, und empfiehlt auf oder an Pässen durch das Auslegen von Eiern den besten Platz herauszufinden. Vor den Röhren selbst setzen auch die Trapper der Nordheide auf den bekannten „glatten Gang“, der mit Hacke und Harke überall in kurzer Zeit geschaffen werden kann.

Während der Fahrt von einem Fallenstandort zum anderen plaudert Dieter Jennrich aus dem Nähkästchen: „Der Grundstein unseres Erfolges wird im Sommer gelegt. Man muss im Sommer anfangen. Pünktlich mit dem Aufgang der Fuchsjagdzeit werden die Fallen mit Luder oder Eiern bekirrt und alle drei bis vier Tage neu bestückt. Ist das Lockmaterial angenommen, wird täglich nachgelegt. Die Füchse und Marder fangen sich in aller Regel nicht beim ersten Besuch. Sie tasten sich von den im Umfeld ausliegenden Nahrungsbrocken bis in die Fallen vor.“ Dadurch, dass ausschließlich lebend und unversehrt fangende Fallen zum Einsatz kommen, können eventuell außerhalb ihrer Jagdzeiten gefangene Marder und Dachse oder andere Fehlfänge unversehrt in die Freiheit entlassen werden. Die Fallen sind nicht weiter als maximal etwa 120 Meter vom nächsten befahrbaren Weg entfernt und können über die Signalstifte im Normalfall mit dem Fernglas aus dem Auto heraus kontrolliert werden. Jennrich betont, dass die Beköderung und die Kontrollen der Fallen vor Ort möglichst immer durch ein und dieselbe Person vorgenommen und das Luder – sofern gut angenommen – nicht gewechselt werden sollte: „Es ist wichtig, dass neben den lockenden Gerüchen stets etwas Schmackhaftes an und in den Fallen zu finden ist.“

Stresshormone können Erfolg verzögern

Die Fallen werden durch Ratten-Futterkisten ergänzt. Eventuell vorkommende „Einträge“ der Ratten in den Fallen werden sofort entfernt. In der Betonrohrfalle gefangene Füchse oder andere Fänge werden mit einem eigens konstruierten Schieber – Basis ist das vier Meter lange Gestänge einer handelsüblichen Astsäge – behutsam, langsam und vorsichtig in Richtung der Abfangkiste „gelotst“. Dazu Jennrich: „Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass die Fallen nach etwa zwei Tagen wieder einsatzbereit sind. Werden die Füchse durch mitunter langes Klötern an der anderen Klappe zum Springen gebracht und dann mit der Flinte erlegt, dauert es – vermutlich durch die ausgestossenen Stresshormone – in der Regel mindestens zehn bis zwölf Tage, bis sich der nächste Erfolg einstellt.“

Fasane reagieren mit Zuwächsen

Im Revier Maschen und den anderen beteiligten Jagdbezirken ist man offenbar nun soweit, dass die reproduzierenden „Standfüchse“ weitestgehend unter Kontrolle sind. Fuchsbeobachtungen vom Ansitz aus oder auf der Pirsch sind bereits Ausnahmen und die gefangenen Füchse rekrutieren sich zu etwa 90 Prozent aus jungen, zuwandernden Rüden und einigen jungen Fähen. Gehecke werden kaum noch registriert und im Fall der Fälle mit Reusenfallen nach dem Prinzip der Eberswalder Jungfuchsfalle entnommen.

Der als Folge und Konsequenz erhoffte Anstieg der anderen Niederwildbesätze ließ nicht lange auf sich warten. Dieter Jennrich: „Besonders der Fasan reagierte schon im ersten Jahr mit deutlich erhöhten Zuwächsen. Dort, wo vor fünf Jahren gelegentlich ein Hahn für die eigene Küche – wenn überhaupt – erlegt wurde, werden heute regelmäßig Strecken von 30 bis 35 Fasane erreicht. Auch die örtlichen Rebhuhnvorkommen haben sich erholt. Der Hasenbesatz steigt zwar langsam aber stetig an.“ Jennrich übt sich, seinem Naturell entsprechend, gern in Understatement. Denn zu den Rebhühnern sei an dieser Stelle angemerkt, dass sich allein im Revier Ramelsloh die Zahl der Ketten von zwei auf acht erhöht hat. Ebenfalls angemerkt sei, dass Sauen, wenn überhaupt, nur als Wechselwild vorkommen.

“Denn

Um kritischen Stimmen von vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen: Die gefangenen und anderweitig erlegten Füchse und Marder sowie Dachse werden fast ausnahmslos verwertet. Besonders die im Sommer erlegten Füchse gehen als Untersuchungsmaterial in das Monitoring-Programm (Fuchsbandwurm, Tollwut) des Landkreises Harburg-Land ein, bei den späteren Erlegungen wird der reife Balg genutzt und bei besonders starkem Wild, lässt sich der eine oder andere Jäger auch schon einmal ein Vollpräparat anfertigen.

Dieter Jennrich gibt sein in der Praxis erworbenes Wissen heute im Rahmen der Jungjägerausbildung, in Vorträgen und in den Lehrgängen zum so genannten „Fallenjagdschein“ weiter. Das A und O sind und bleiben für ihn aber die Reviergänge und praktische Übungen. „Denn“, so Dieter Jennrich, „grau ist alle Theorie. Letztlich geht es uns allen doch so, dass wir besonders das verinnerlichen, was wir im praktischen Betrieb, vor Ort selbst gesehen haben.“

Recht hat er. Die Mannen um den „Herrn der Füchse“ liefern ein besonders eindrucksvolles Beispiel dafür, dass eine gezielte Niederwildhege auch heute noch funktioniert und lohnt – wenn sie denn professionell und langfristig betrieben wird. Im Revierkomplex um Maschen wird es sicher nicht mehr lange dauern, bis die „magische Zahl der 1000 Füchse“ erreicht ist. Waidmannsheil!

Auch im unmittelbaren Umfeld der Betonrohrfallen wird geludert. Der Fuchs muss bei jedem Besuch etwas finden – bis er gefangen ist

 


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