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257 JVG – Motocrossfahrer mit Waffe bedroht

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Verlust von Jagdschein und WbK
Motocrossfahrer mit Waffe bedroht

Mark G. v. Pückler
I. Die Rechtsgrundlage
„Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich verwenden werden.“
§ 5 Abs. 1 Nr. 2 a WaffG (neu) „Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zu widerrufen,
wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen.“ § 45
Abs. 2 WaffG (neu)  „Die zuständige Behörde kann jemandem den Besitz von Waffen oder Munition untersagen, soweit es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder zur Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten ist.“ § 41 WaffG (neu)

II. Der Sachverhalt

Im Sommer 1999 befuhren fünf Motocrossfahrer unerlaubt einen Waldweg. Als sie
dem Jagdpächter P. begegneten, wollte dieser sie anhalten und zur Rede stellen. Hierzu
hob er seinen Repetierer und legte auf drei der Fahrer an. Als diese sich nicht beeindrucken
ließen und weiterfuhren, gab er einen Schuss ab. Das Geschoss durchschlug den Mantel und Schlauch des Hinterrades einer Maschine. Als er daraufhin von den Crossfahrern
zur Rede gestellt wurde, legte er erneut auf sie an und bedrohte sie. Das Amtsgericht
verurteilte ihn deswegen wegen versuchter Nötigung zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 80 DM, die Tatwaffe wurde eingezogen. Nach Rechtskraft des Urteils
widerrief das Landratsamt die Waffenbesitzkarten und Munitionserlaubnisse des P. und gab
ihm auf, seine Schusswaffen innerhalb einer Frist von einem Monat entweder einem
Berechtigten zu überlassen oder sie unbrauchbar zu machen. Zusätzlich wurde ein
Waffenbesitzverbot verhängt. Der Jagdschein wurde für ungültig erklärt und eingezogen,
die Sperrfrist für die Wiedererteilung auf fünf Jahre festgesetzt. P. ging vor Gericht.

III. Die Entscheidung

Vor Gericht hatte P. keinen Erfolg, da der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse (a.)
und das Waffenbesitzverbot (b.) offensichtlich rechtmäßig sind. a. Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse Der Widerruf der Waffenbesitzkarten sei rechtmäßig erfolgt.
Durch die Tat des P. seien nachträglich Tatsachen eingetreten, die zur Versagung der
waffenrechtlichen Erlaubnisse hätten führen müssen. Denn P. habe seine Waffe   missbräuchlich verwendet, indem er schuldhaft in einer Weise von ihr Gebrauch gemacht habe, die vom Gesetz nicht gedeckt gewesen sei. Aus Verärgerung über das unerlaubte Befahren von Waldwegen habe er zweimal auf die Fahrer angelegt und einmal sogar
geschossen. Dieses unbesonnene und gemeingefährliche Verhalten lasse befürchten,
dass er auch in Zukunft eine Gefahr für Leib und Leben anderer darstellen werde.
Das Gesetz verlange von jedem Waffenbesitzer, dass er mit seiner Waffe  verantwortungsbewusst umgehe und sie nur dann einsetze, wenn die Rechtsordnung
das erlaube. Auf Grund dieser missbräuchlichen Verwendung sei P. als unzuverlässig
anzusehen, so dass ihm keine Waffenbesitzkarte hätte erteilt werden dürfen.
b. Zusätzliches Waffenbesitzverbot Der Erlass des Waffenbesitzverbots sei ebenfalls rechtmäßig. P. habe ein solches Maß an Unbeherrschtheit und Unvorsichtigkeit
gezeigt, dass auch in künftigen Ausnahmesituationen mit gefährlichen Reaktionen
zu rechnen sei. Grundsätzlich reiche zwar beim Vorliegen der Unzuverlässigkeit
ein Widerruf der Waffenbesitzkarten und die Abgabe der darin erfassten Schusswaffen
aus. Lägen jedoch im konkreten Fall Anhaltspunkte vor, die die Gefahr der Verwendung
anderer, nicht in der Waffenbesitzkarte eingetragener Waffen als möglich erscheinen
ließen (zum Beispiel erlaubnisfreie oder fremde Waffen), dann könne nach Ermessen zusätzlich ein Waffenbesitzverbot verhängt werden. Solche Anhaltspunkte seien
hier gegeben, da die Ehefrau des P. als Revierförsterin zahlreiche Waffen besitze. Es sei zu
befürchten, dass P. diese Waffen benutzen werde. Die im Strafurteil enthaltene günstige
Prognose über P. binde die Waffenbehörde nicht, weil es hier nicht um die Verhängung einer tat- und schuldangemessenen Strafe gehe, sondern um eine Präventivmaßnahme zur Abwehr von Gefahren für die Allgemeinheit. Verwaltungsgericht Gera, Beschluss vom 12.
9. 2002 – 1 E 355/02 –

257 JVG
Sicher ein Ärgernis für jeden Jagdpächter: Motocrossfahrer im Revier! Trotzdem ist eine Bedrohung mit der Jagdwaffe die falsche Reaktion. Ruck-zuck ist man Waffenbesitzkarte und Jagdschein los FOTO: HEINZ HESS

IV. Anmerkungen
Die Entscheidung des Gerichts ist noch nach dem alten Waffengesetz ergangen; sie wäre
aber auch nach dem neuen Recht nicht anders ausgefallen. Denn der Pächter hat seine
jagdschutzrechtlichen Befugnisse klar überschritten.
● Nach den jeweiligen Landesjagdgesetzen steht Jagdpächtern in ihrer Eigenschaft als Jagdschutzberechtigte ein Anhalte-, Abnahme- und Personenfeststellungsrecht
zu – aber nur bei einer „Zuwiderhandlung gegen jagdrechtliche Vorschriften“ (vergleiche
zum Beispiel § 25 Abs.4 LJG NW, § 42 Abs. 1 Nr.1 LJG Niedersachsen). Werden hingegen
jagdfremde Bestimmungen verletzt, zum Beispiel naturschutzrechtliche, verkehrsrechtliche,
abfallrechtliche u.s.w., so kann der Jagdschutzberechtigte, sofern Landesrecht nicht anderes vorsieht, grundsätzlich nur belehren und Anzeige erstatten – wie jedermann
und ganz ohne den Einsatz von Zwangsmitteln.
● Weitergehende Rechte stehen jedem Jäger zu, wenn er jemanden auf frischer Tat bei Begehung einer Straftat (nicht: Ordnungswidrigkeit) erwischt und der Täter ihm unbekannt
ist oder sich nicht ausweisen kann oder will. Hier darf der Täter erforderlichenfalls mittels
körperlicher Gewalt festgenommen/ festgehalten und der Polizei übergeben werden. Ein
Einsatz der Waffe scheidet auch hier grundsätzlich aus (siehe hierzu ausführlich WuH
Nr. 23/2001, Seite 98). In Betracht kommt jede Straftat, von Körperverletzung
über Diebstahl und Wilderei bis hin zur Tötung von streng geschützten (vom Aussterben
bedrohten) Tieren wie Kranich, Uhu oder Schwarzspecht und andere.
● Das unbefugte Befahren von Feld- und Waldflächen ist im Normalfall nur ein Verstoß gegen naturschutzrechtliche und waldrechtliche Vorschriften (Überschreiten des allgemeinen Betretungsrechts), je nach Situation auch ein verkehrsrechtlicher Verstoß (unerlaubtes Befahren gesperrter Feld- und Waldwege), so dass hier ein Einschreiten
des Jagdschutzberechtigten mit Zwangsmitteln von vornherein ausscheidet. Freiwilliges
Anhalten mittels Handzeichen und Belehren sind erlaubt, ebenso das Notieren von Kennzeichen und so weiter zwecks Erstattung einer Anzeige.
● Wenn jedoch durch das unbefugte Befahren das Wild in seinen Zuflucht-, Nist-, Brutoder
Wohnstätten (Einständen) gestört wird, liegt ein Verstoß gegen § 19a BJG vor, so dass jetzt ein Einschreiten mit jagdschutzrechtlichen Zwangsmitteln erlaubt ist. Aufgescheuchtes, hochflüchtiges Wild ist ein sicheres Anzeichen für solch eine Störung.
In einem solchen Falle wären ein Anhalten und Feststellen der Person zulässig, notfalls
mittels körperlicher Gewalt (festhalten, Weg versperren). Aber auch hier gilt: Die
Waffe bleibt auf der Schulter und der Hund angeleint, solange man nicht selbst tätlich
angegriffen wird. Das verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit! Nur bei Notwehr
und Notstand kommt ein Einsatz der Waffe als letztes Mittel in Betracht (siehe hierzu ausführlich WuH Nr. 21/2001, Seite 94).

V. Ergebnis

1. Wer aus Jähzorn oder Unbeherrschtheit einen anderen widerrechtlich mit der Waffe bedroht, verwendet seine Waffe missbräuchlich und ist unzuverlässig. Seine Waffenbesitzkarte wird widerrufen, sein Jagdschein für ungültig erklärt und eingezogen.
2. Besteht auf Grund von Tatsachen die Gefahr, dass der Betroffene während der Dauer
der Unzuverlässigkeit mit genehmigungsfreien oder fremden Waffen missbräuchlich
umgehen wird, kann zusätzlich ein Waffenbesitzverbot verhängt werden.

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