ANZEIGE

VERSUCH macht KLUG

2467

AUS DEM TESTREVIER
Ein spezieller Kitzfiep aus der Locker-Werktstatt von Klaus Demmel soll die Chancen auf Rehwild-Dubletten im Herbst erhöhen. Heiko Hornung hatte die Möglichkeit, das neue Pfeifchen einzusetzen und dessen Wirkung zu überprüfen.

Versuch macht klug
Fotos: Frank Eckler, Peter Schmitt

Das Rehwild-Jagdjahr war verzwickt. Im Mai kamen wir nicht richtig an die Jährlinge. Im Sommer funktionierte immerhin die Blattjagd einigermaßen. Aber schon bei unserem Jagdintervall im September kratzten wir die auf dem Plan stehenden Stücke eher mühsam zusammen. Anfang Oktober, es war noch immer warm und trocken, hielt ich Ausschau nach einem aussichtsreichen Ansitzplatz. Die meisten Wiesen waren verdorrt, die frisch eingelegte Wintersaat auf den staubtrockenen Äckern spross nur spärlich. Alleine zwei kleine Felder, auf denen etwas Zwischensaat stand, versprachen für das Rehwild spannende Äsung. Am Abend des Einheitsfeiertages schlich ich mit meiner Brandl Richtung Fernblick. Der Wind stand wie so oft in diesem Jahr aus Süden. Nicht optimal für die Kanzel, die am Waldrand an einer etwas vorspringenden Ecke steht. Noch rechtzeitig bei Licht baumte ich auf und steckte mir bald eine Pfeife an. Der feine Rauchfaden des
brennenden Tabaks glitt parallel zur Waldkante. Ich hatte Zweifel, ob dieser Wind reichen würde, um das Wild am Austreten zu hindern. Als die Sonne am Horizont versunken war
und die blaue Stunde nahte, stand die Geiß plötzlich am Bestandsrand, nahm einige Äser voll frische Äsung und sicherte unvermittelt spitz stehend zur Kanzel. Sie war gänzlich durchgefärbt, aber nicht stark im Wildbret, sodass ich anfänglich an ein Schmalreh dachte. Doch der etwas kantige Kopf verriet die Ricke. Noch während sie sicherte, trippelte ein schwaches, noch rotes Kitz auf die Zwischenfrucht und begann, eifrig zu äsen. Der Spiegel des Bockkitzes war etwas verschmutzt, also ein Abschusskandidat. Ich bin ein Anhänger der These, beim „Kahlwild“-Abschuss möglichst keine Zeugen zu hinterlassen. Wer einem Alttier oder einer Geiß mehr als einmal ein Kitz weggeschossen hat, weiß, dass es schwer wird, diese Tanten zu erwischen. Oft treten sie aus und zwar so, dass der Sitz, aus dem schon einmal Funken flogen, eindringlich begutachtet wird. Die Geiß sicherte immer noch, während ihr Nachwuchs eifrig äste. Ich hatte die beiden schon vor zwei Wochen abends hier austreten sehen, sodass ich mir ziemlich sicher war, dass es sich hier um einen Zweierverband handelte. Plötzlich zog die Geiß, die ihren Windfang wippend in den Wind hing, in den Bestand. Das Kitz blieb zunächst auf der Fläche, wendete und wollte der Mutter nachziehen, als es mein Schuss zwischen einige Rapsblätter warf. Drinnen begann die Ricke zu schrecken. Sie hatte den Braten im wahrsten Sinne des Wortes gerochen.
Viel Zeit und viel Licht hatte ich nicht mehr, also kramte ich mit zugegeben etwas zittrigen Fingern in der Jackentasche nach dem neuen, noch eingepackten Rottumtaler Kitzfiep. „Ob der mir jetzt helfen wird?“, dachte ich. Drinnen zog die Geiß immer noch schmälend am Bestandsrand auf und ab, ohne dass ich sie ausmachen konnte. Rund fünf Minuten nach dem Schuss, ließ ich aus dem Kitzfiep, sonst setzte ich auch gerne Blatter ein, einige zarte hohe Kontaktlaute des Kitzes aus dem Kanzelfenster hinunterfliegen. Es waren keine drei, da trat die Geiß mit aufgestelltem Spiegel aus. Sie zog unruhig auf der Fläche hin und her, windete und sicherte jeweils kurz. Ein weiterer hoher Fiepton ließ sie breit verhoffen.
Den Schuss quittierte sie mit einer Flucht ins Feld, dort verhoffte sie erneut, wendete in Richtung Wald und tauchte dort am Bestandsrand ein, ohne noch einmal anzuhalten.
Eigentlich war ich mir meiner Kugel sicher, doch dieses Verhalten nach dem Schuss war seltsam. Es war schon dunkel, als ich mit meinem Hund Richtung Anschuss zog. Eifrig bewindete die Hündin einige Halme und Blätter. Ein Lungstückchen ließ keinen Zweifel am Sitz der Kugel. Ich fand die Ricke direkt an der Waldkante. Mit beiden Stücken im Rucksack, die zusammen aufgebrochen nur 20 Kilogramm brachten, schritt ich zufrieden meinem Auto zu. Im Westen war die Sonne noch nicht ganz verglüht, und um den Hals baumelte das neue Pfeiferl, das mir heute so gute Dienste geleistet hatte.


ANZEIGE
Aboangebot