ANZEIGE

Achtung, Winterdienst!

2514


 

Nach den Treibjagden müssen wir wieder in die Zukunft investieren, den Besatz sichern, das Niederwild ins nächste Frühjahr bringen. Aber nicht irgendwie, sondern mit Plan, Engagement und den passenden Einrichtungen.

 

Das Dach dieser Schütte ist zu hoch, und die Schütte steht zu frei. Hier deckt man den Tisch nicht nur für die Fasanen, sondern auch für die Greife.

Stellen Sie sich vor, Sie stehen an einem riesigen Buffet mit Unmengen von Speisen. Aber keine davon ist genießbar. Also? Sie verhungern am gedeckten Tisch. Für uns Menschen natürlich reine Fiktion, aber in vielen Revieren sieht es fürs Niederwild tatsächlich so aus. Hundert Hektar bestellt, aber kein Halm für Schnabel oder Äser – jetzt ist Notzeit.

Und genau über diesen Begriff herrschen, trotz eindeutiger Aussagen von wildbiologischen Forschungen, immer noch unklare Vorstellungen. Die Verwirrung wurde nicht zuletzt von Schreibtischstrategen gestiftet, die „Notzeit“ grundsätzlich mit dem Begriff hoher Schneelage und extremer Witterungsverhältnisse gleichsetzen. Vergessen werden dabei aber die fundamentalen Nahrungsbedürfnisse des Wildes. Und die sind keineswegs erst bei hoher Schneelage, Dauerschnee, Harschschnee oder Schneeverwehungen eingegrenzt. Vielmehr ist die mangelnde körperliche Konstitution vieler freilebender Tierarten, nicht nur der jagdlich relevanten, eine Folge der vom wirtschaftenden Menschen bis auf den letzten Quadratmeter vermarkteten Natur.

Dazu kommt noch der Stress durch erholungssuchende Naturnutzer, land- und forstwirtschaftliche Intensivmechanisierung und Jagddruck. Also bleibt die Zeit der Äsungsaufnahme oft nur auf wenige Nachtstunden beschränkt. Natürlich? Naturgemäß? Gewiss nicht!

Der Begriff „Notzeit“ ist differenzierter zu beurteilen und nicht etwa nur jahreszeitlich festzulegen. Vielmehr müssen die jeweiligen unterschiedlichen Revierverhältnisse dabei Berücksichtigung finden. In einem sterilen Weizen-, Mais- oder Rübenschlag findet der Hase seine rund 90 verschiedenen Kräuter, die er für seine Ernährung benötigt, genauso wenig wie das Reh als Konzentrationsselektierer oder wie das Rotwild als Zwischenäsungstyp in forstlichen Monokulturen.

Ein kleinflächig strukturiertes Hasenrevier mit eingestreuten Grünlandflächen bietet dem Hasen das ganze Jahr über gute Äsung. In einem reinen Getreideanbaugebiet hungert er spätestens dann, wenn das Getreide verholzt und strohig wird. Also ab Mitte/Ende Juni. Dann steht dem Hasen keine frischgrüne Äsung mehr zur Verfügung. Als Steppenbewohner reagiert er darauf mit verminderter Nachkommensrate, um eine innerartliche Nahrungskonkurrenz zu vermeiden. Das bedeutet, dass in solchen Revieren bereits im Hochsommer Notzeit herrscht.

Hier muss der Jäger mit entsprechenden Äsungsverbesserungsmaßnahmen vorbeugen. Tut er es, baut er eine Notzeitbrücke. Die klassischen Perioden für solche Maßnahmen sind aber Herbst und Winter, wenn die Äsungsengpässe für Hase, Kaninchen, Fasan und Rebhuhn fast überall groß sind.

Kommt der Pflug

Sobald im Spätherbst die Stoppelschläge umgebrochen und für die Neuansaat vorbereitet werden, muss man mit der Winterfütterung beginnen. Jetzt sollten Gehalts- oder besser Zuckerrüben (sie verfrieren bei Frost nämlich nicht so schnell) möglichst flächig über das Revier verteilt werden. Besonders gute Plätze sind die noch vorhandenen Stoppeläcker. Je nachdem, wie gut die Rüben angenommen werden, zeigt sich, wo später ein Futterplatz hinkommen muss.

Wer erst bei Schneelage anfängt zu füttern, muss oft detektivisches Gespür mitbringen. Ein eng ausgetretener Hasenpass zeigt, dass Langohr hier Entfernungen überbrücken wollte, die ihm nicht sicher genug sind. Getreu dem Motto: „Sicherheit vor Nahrung.“ Läuft der Pass aber auseinander und ist zudem der Boden freigekratzt, sucht er nach Äsung. Genau hier muss man den Futterplatz anlegen.

Zusätzlich sollten an den stationären Futterplätzen die Rüben mit gutem Kleegras-, Luzerne- oder Kräuterheu, z. B. vom „Hasen-Bio“, angeboten werden. Für Saftfütterung eignen sich Kohlarten, Äpfel, Möhren und Topinamburknollen. Bei der Fütterung muss man auch berücksichtigen, dass der Hase sehr schnell nachwachsende Schneidezähne hat, die abgenutzt werden wollen. Daher wird zusätzlich mit Obstbaumausschnitt (Äpfel, Birnen, Kirschen) und anderen Weichholzarten wie etwa Weiden, Aspen, Eschen oder Akazien gefüttert. In Weinbergrevieren kann nach den ersten Schneefällen Rebschnitt, auch zur Schälschadenminderung, dem Nagebedürfnis entgegenkommen.

Die Fütterung sollte so lange beibehalten werden, bis sie nicht mehr gut angenommen wird. Natürlich bedient sich auch das Kaninchen an solchen Futterplätzen.

Was dem Hasen recht ist

Für den Fasan gilt noch mehr als für den Hasen: „Sicherheit vor Nahrung!“ Winterdeckung ist also absolut überlebensnotwendig. Denn wenn er sie nicht findet, wird er abwandern oder von Predatoren gefressen.

In Zeiten offensiver „Luftaufklärung“ und ausgeräumter, deckungsloser Fluren muss die Fütterung der Fasanen bereits beginnen, wenn die ersten Mähdrescher zum Kahlschlag ansetzen. Jetzt fällt auch Dreschabfall in den Getreidereinigungen an, den man sofort „bunkern“ und ausbringen muss. Alle Schütten werden beschickt, aber das allein reicht noch nicht. Ziel der Fütterung muss nämlich sein, den Fasan möglichst schnell in die im Revier vorhandene Deckung zu bringen. Jede Dürrgrasfläche, jede Schwarzdorn- oder Hundsrosenhecke, kurzum, jede verfügbare Deckung wird mit einem Kaffhaufen versorgt. Das ist Arbeit, bei der man sehr viel Staub schlucken muss, aber sie lohnt sich.

Später wird die Fütterung nur auf die in größeren Deckungskomplexen vorhandenen Fasanenschütten konzentriert. Und hier findet dann natürlich auch eine intensive Raubwildbejagung statt. Als Futter dienen, wie schon gesagt, Dreschabfall, Bruchgetreide, besonders von Weizen und Mais (Roggen taugt nichts), Hafer, Unkrautsämereien, Sonnenblumenausputz, bei zu erwartenden langen, kalten Winternächten auch Maiskolben und Eicheln. Letztere liefern zwölf bis 14 Stunden Energie. Als Saftfutter eignen sich Gemüseabfälle, zerkleinerte Rüben, Äpfel und Topinamburknollen.

Immer wieder kann man beobachten, dass Fasanenschütten einige Meter von der Deckung entfernt aufgestellt werden. Fragt man die Erbauer nach dem Grund, bekommt man oft folgendes zu hören: „Der Fasan braucht doch freie Rundumsicht.“ Das stimmt schon, aber in der Deckung und nicht davor!

Das Rebhuhn braucht am meisten Hilfe

Hauptsorgenkind eines jeden Niederwildhegers ist das Rebhuhn. Biotopzerstörung, Umwandlung von Kleinparzellen in maschinengerechte Großflächen und massiver Herbizideinsatz, mit dem damit verbundenen Entzug der natürlichen Lebensgrundlagen, drängen es an den Rand des Existenzminimums. Dr. Heinz Brüll hat anlässlich eines Berufsjägerlehrganges vor 35 Jahren einmal geäußert: „Ich frage mich, ob ein Getreideacker, der kein Volk Rebhühner mehr ernähren kann, für die menschliche Ernährung noch geeignet ist?“

Sein Weitblick scheint bestätigt: Immer mehr Menschen leiden unter Nahrungsmittel-Allergien, und die Rebhuhnbesätze sind vielerorts am Ende. Natürlich kann man diese Entwicklung nicht von heute auf morgen reparieren. Auch nicht über Flächenstillegungsprogramme. Aber die sind wenigstens ein Lichtblick. Wenn Dauer- oder Rotationsbrachen wildtiergerecht angelegt und erst nach den Hauptsetz- und Hauptbrutzeiten des Niederwilds und der Bodenbrüter gemäht oder gemulcht werden, ist schon etwas erreicht.

Auf diesen Flächen können sich teilweise – bei entsprechend „dünnen“ Einsaaten – auch wieder halbwegs natürliche Pflanzengesellschaften mit entsprechenden Wirtsinsekten bilden und damit die Überlebenschancen der Küken erhöhen. Haben diese Küken mit ihren Altvögeln den Herbst und Winter in mehr oder minder starken Ketten erreicht, lassen auch sie sich recht gut füttern.

Genauso wie der Steppenbewohner Hase, bevorzugt das Rebhuhn freies Feld mit niedriger Deckung. Diese Eigenart muss man berücksichtigen. Während wir den Fasan in der Deckung füttern, gehört die Rebhuhnschütte in das freie Feld, in den Aufenthaltsbereich einer Kette. Stillegungsäcker bieten sich dabei hervorragend an, sofern keine höheren Bäume oder Gittermasten in der Nähe sind; denn dort lauert die feindliche „Luftwaffe“.

Als Schütte haben sich sogenannte Rebhuhn-Schutzdächer, die von Hass in Österreich entwickelt wurden, bestens bewährt: Zwei Lattenrahmen von einem Meter Höhe und zwei Meter Länge werden mit Maschendraht oder Wildzaunflecht benagelt. Am Boden bleiben etwa 20 Zentimeter frei, die nicht benagelt sind, um den Rebhühnern freie Sicht und Fluchtmöglichkeiten zu garantieren. In dieses Drahtgeflecht wird Fichtenreisig eingeflochten. Die beiden Rahmen stellt man dachförmig zusammen und verrödelt sie mit Bindedraht. Um zu verhindern, daß Greifvögel auf der Schütte aufblocken und die Hühner vom Besuch abhalten, kann man in die Giebelspitzen je einen 120er Nagel halb einschlagen und dazwischen einen dünnen Draht spannen.

Gefüttert wird mit Dreschabfall, Unkrautsämereien und Weizen. Selbst in schneelosen Wintern werden Rebhuhnschütten oft schon innerhalb von 14 Tagen angenommen. Das zeigt den Bedarf. Im Frühjahr lassen sich die Schütten leicht abbauen und bis zum nächsten Winter lagern.

Sämtliche Fütterungsmaßnahmen können nur begleitende Hegemaßnahmen sein. Wo die Lebensräume kaputt sind und kaum noch Wild vorhanden ist, nützt auch eine Winterfütterung nichts mehr, um die Besätze anzuheben. Neben einer intensiven Raubwildbejagung kann nur eine sinnvolle Biotopgestaltung die Grundlage für einen artenreichen und gesunden Niederwildbesatz bieten. Und das kann nun wirklich nicht allein die Aufgabe der Jäger sein.

Ein Haus im Freien: Rebhühner bevorzugen das freie Feld. Um aber nicht zur leichten Beute zu werden, brauchen sie so ein Rebhuhn-Schutzdach.

 


ANZEIGE
Aboangebot