KWF Prüft Ansitzeinrichtungen
Sicherheit und Funktionalität von Ansitzleitern, -böcken und Hochsitzen werden beim Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik seit Frühjahr 2012 geprüft. Über Prüfkriterien und -methoden informierte sich Markus Hölzel.
Zwei Stunden läuft die Bewegungsjagd bei den Landesforsten nun schon. In einer halben Stunde ist Schluss. Der Stand auf einem ungefähr zwei Meter hohen Ansitzbock in einem Kiefernbaumholz ist gar nicht schlecht. Ein Reh konnte der Jäger bereits erlegen, ein Fuchs stahl sich unterhalb vorbei. Allerdings regnet es seit einer Stunde in Strömen. Nass ist der Waidmann, der Ansitzbock ist es auch. Vor allem der aus Rundstämmen gefügte Boden und die Leiter sind glitschig. Beim Abbaumen passiert es:
Er rutscht aus und fällt aus dem Ausstieg. Dabei verklemmt sich das Bein des Fallenden in der Lücke zwischen oberster Leitersprosse und Bodenholm. Es gelingt ihm, sich an einem der Einstiegsholme festzuhalten. Doch das Bein wird zwischen den beiden Rundhölzern nach oben gehebelt. Die Folge:
starke Schmerzen, blaue und später grüne Flecken. Zwei Wochen lang hat der Waidgenosse mit den Folgen seines Sturzes zu kämpfen. Hätte sich der Jäger nicht festhalten können oder hätte ein nicht so beweglicher Schütze auf dem Stand gesessen, wäre die Sache sicher schlimmer ausgegangen. Der Ansitzbock ist vermutlich von Leuten gebaut worden, die das eigentlich können sollten. Vielleicht von den Waldarbeitern des Reviers oder einem Begehungsscheininhaber. Auf jeden Fall barg er eine Gefahrenquelle mit erheblichem Gesundheitsrisiko.
In den Lehrgängen am Jagdschloss Kranichstein in Hessen werden die zu prüfenden Hochsitze zur Probe aufgebaut. Kommt es beim Aufbau zu konstruktionsbedingten Problemen, muss der Hersteller nachbessern. (Fotos: Markus Hölzel)
„Billig und gut passen eben selten zusammen, deshalb die Prüfung“, sagt Ruppert. Grundsätzlich entsprechen alle vom KWF auf Sicherheit geprüften Ansitzeinrichtungen auch den Unfallverhütungsvorschriften (UVV) der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften. Die Prüfphilosophie des KWF umfasst aber neben der Sicherheit auch die Gebrauchstauglichkeit.
Das heißt für Ansitzeinrichtungen: „Alle Eigenschaften, die es dem Jäger ermöglichen, über einen längeren Zeitraum ruhig und bequem zu sitzen oder zu stehen und die Waffe sicher abstellen und in Anschlag bringen zu können. Montage und Aufbau müssen übersichtlich in einer Benutzeranweisung beschrieben werden, damit auch handwerklich weniger geübte Personen den Zusammenbau richtig bewerkstelligen können.“Der klassische Ablauf der Prüfung startet mit einem Beratungsgespräch.
Ebenfalls ein Prüfkriterium: Wie gut werden Wasseransammlungen vermieden?
Nach Anmeldung ist ein Prüfmuster beim KWF vorzustellen. Häufig sind das Bausätze. Die Montage erfolgt streng nach Bauanleitung, nur die mitgelieferten Materialien werden verwendet. Die fertig montierten Prüfmuster werden umfangreichen Festigkeitsmessungen und Praxisprüfungen unterzogen. Neben den konstruktiven Vorgaben aus der UVV und Normen, zum Beispiel Sprossenabstände, sind Dimensionierung, Verarbeitung und Befestigung der Bauteile wichtige Kriterien. Abschließend werden am Prüfmuster praxisorientierte Belastungsmessungen durchgeführt (siehe Tabelle).
Im Rahmen der Prüfung werden die Ansitzeinrichtungen verschiedenen Belastungstests unterzogen. An verschiedenen Zug- und Druckpunkten werden die in der Tabelle aufgeführten Kräfte angelegt.
Diese muss das Prüfmuster ohne Risse, Brüche oder Verformungen überstehen. Nach Dietmar Rupperts bisherigen Erfahrungen werden die Festigkeitsanforderungen überwiegend erfüllt. Allerdings machen einige Hersteller aus Sicht des Prüfers schlechte Kompromisse beim Sitz- und Standkomfort, um Material zu sparen. „Dass eine ergonomische Gestaltung der Sitzfläche ein Treiben über drei Stunden erheblich angenehmer gestaltet als ein unbequemes Brett, ist manchmal nur schwer zu vermitteln“, berichtet er aus seinen Erfahrungen. Die Langzeitstabilität hängt von der verwendeten Holzart, der Holzqualität und der Imprägnierung ab. Die Verwendung von hochwertigen Schrauben, vorgebohrten Bauteilen und Unterlegscheiben sowie das Vermeiden von Wasseransammlungen sind ebenfalls Prüfkriterien. Bei Entwicklung und Anpassung der Prüfkriterien in punkto Sicherheit arbeitet
das KWF mit dem Verband der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung zusammen. Am unweit des KWF-Sitzes gelegenen Jagdschloss Kranichstein werden die zu testenden Ansitzeinrichtungen zur Probe aufgebaut. Im Rahmen der LJV-Lehrgänge zum geprüften Jagdaufseher und unter Aufsicht eines Berufsjägers wird dadurch die Plausibilität der Bauanleitung und die Tauglichkeit des Endproduktes geprüft. „Und wenn die es nicht schaffen“, sagt Dietmar Ruppert, „muss der Hersteller nachbessern.“