So vielfältig wie die Aufgaben der Hundeführer sind auch das Gelände und die Vegetation, in denen die Rüdemänner sich bewegen. Zur professionellen Arbeit von Hund und Mensch gehört eine zeitgemäße Schutzausrüstung. Im Rahmen dieser Serie stellen WuH-Experten Ausrüstungsgegenstände auf die Probe und berichten, welches Equipment Sie beim Einsatz draußen tatsächlich brauchen. – Daniela Mürmann und Stefan Mayer
Eine der empfindlichsten Körperstellen des Menschen ist der Kopf. Dort befinden sich fast alle Sinnesorgane und mit dem Gehirn die Schaltzentrale des Menschen. Wie wichtig es ist, diese Sinnesorgane, speziell die Augen, und das Gehirn vor Verletzungen zu schützen, bedarf eigentlich keiner weiteren Erklärung. Dass Hundeführer heute nur noch selten Hüte oder Baschlikmützen tragen, liegt nicht nur an einem geänderten Gefahrenbewusstsein, sondern an veränderten landwirtschaftlichen und waldbaulichen Verhältnissen.
Foto: Stefan Meyer
Die Umstellung des Waldbaus auf Naturverjüngungsbetriebe haben lichtere Wälder erzeugt, die im Unterstand aber sehr reich an Verjüngung sind. In Verbindung mit der Klimaerwärmung haben auch Brombeere und weitere dornige Gehölzarten zugenommen. Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, sich die Augen an dünnen Ästen oder Stacheln und Dornen zu verletzen. Schon eine einzige Fichtennadel kann ohne Schutzausrüstung zu einer ernsthaften Verletzung führen.
Anstosskappe
Preiswerter Grundschutz von Kopf und Augen: die Kombination aus Kappe und Schutzbrille Fotos: Stefan Mayer
In vielen Bereichen setzen die Waldbewirtschafter auf die sogenannte biologische Automation. Das bedeutet vereinfacht dargestellt, dass in jungen Waldbeständen die Bäume sich über internen Konkurrenzdruck selbst selektieren sollen. Das ist weitaus kostengünstiger als aktives Umsägen und bereichert die Wälder mit ökologisch wertvollem Totholz. Berührt aber ein Hundeführer einen abgestorbenen Baum, kann es sein, dass der obere Baumkronenteil abbricht und auf den Hundeführer herabfällt. Kopf und Schultern sind dann am ehesten in Mitleidenschaft gezogen. Vorrangig in steilem Gelände sind Stürze keine Seltenheit.
Dabei kommt es auch immer mal wieder vor, dass der Kopf an Steinen aufschlägt. Auch der deutlich wahrnehmbare Wandel in landwirtschaftlich genutzten Flächen, der in den letzten Jahrzehnten stattfand, betrifft die Arbeit der Hundeführer. Speziell die mittlerweile riesigen Maisschläge rücken zunehmend in ihr Aufgabenspektrum. Bekannt sind die Bilder von Hunden mit von Maisblättern zerschnittenen Gesichtern. Genau dies passiert auch im Gesicht der Rüdemänner, wenn sie sich nicht schützen. Sogenannte Anstoßkappen sind sehr preiswert, bieten gute Signalwirkung, die auch zur Eigensicherung unerlässlich ist, und einen Grundschutz des Kopfes.
Die spezielle Einlage in der Mütze schützt vor herabfallenden Ästen oder Stößen an harte Kanten.
Im Aussehen unterscheiden sich diese Mützen kaum von normalen Caps. Die Firma Peltor bietet neuerdings Anstoßkappen in unterschiedlichen Signalfarben, Ausführungen und Bestickungen an. Allerdings sind mit dieser Variante noch nicht die Augen oder gar das Gesicht geschützt. Eine einfache Lösung stellen hier Schieß- oder Arbeitsbrillen dar, die in verschiedensten Formen angeboten werden. Hochwertige Modelle haben auch eine recht zuverlässig wirkende Antibeschlagbeschichtung. Das gewährleistet Durchblick bei der schweißtreibenden Tätigkeit.
Helm
Als optimale Schutzausrüstung für den Bereich Kopf, Auge und Gesicht gilt unumstritten der Helm mit Visier und Kinnriemen. Damit ist der gesamte Kopf optimal geschützt. Die Visiere sind austauschbar und in unterschiedlichen Ausführungen erhältlich. Bewährt haben sich dünne Drahtgittervisiere, die nicht beschlagen, aber über 90 Prozent (%) des Lichts durchlassen und so klare Sicht ermöglichen. Die neuen „SecureFit“-Helme von 3M sind extrem leicht und mit einer Microverstellung exakt an den Kopf des Trägers anzupassen.
Pfanner „Protos“: ohne Ecken und Kanten, daher kein Hängenbleiben an Ästen und Zweigen
Verschiedene Visiertypen lassen sich in Sekundenschnelle austauschen. Wegen seiner integralen Bauweise wird der „Protos“-Helm von Pfanner sehr gern verwendet, da ein Hängenbleiben an Ästen durch die verdeckte Visiermechanik unmöglich ist. Allerdings geht das Ganze zu Lasten von Abmessung und Gewicht. Alle Helme haben den Vorteil, dass für den Fall eines Fangschusses ein Gehörschutz direkt am Helm angebracht werden kann.
„SecureFit“ von 3M: sehr leicht, gut an den Kopf anzupassen, verschiedene Visiere schnell austauschbar
Nackenlatz
Beim Durchdringen von Dickungen und Maisschlägen wird der Hals häufig durch trockene Fichtenäste, dünne Brombeerranken oder auch scharfe Maisblätter zerkratzt. Zudem fallen die trockenen Nadeln bevorzugt in den Nacken und sammeln sich im Laufe der Zeit als kratzende Schicht unter der gesamten Kleidung auf der Haut an. Genauso unangenehm verhält es sich mit von Zweigen herunterfallendem Schnee. Ein eng abschließender Kragen der Hundeführerjacke ist als Hals- und Nackenschutz das probateste Mittel. Erfüllt die Jacke diese Anforderung nicht oder wird lieber nicht hochgeschlossen getragen,
Ein an den Helm knöpfbarer Nackenlatz verhindert, dass sich beim Durchgehen Fichtennadeln im Kragen sammeln.
stellen Halstücher, beispielsweise die Multifunktionstücher aus dem Hause BUFF, ein einfaches, aber wirkungsvolles Ausrüstungsteil dar. Allerdings sorgen diese meist auch für eine erhöhte Wärmespeicherung. Eine weitere Option sind Halskrausen, die für den Rad-, Ski- oder Tauchsport erhältlich sind. Diese Manschetten haben aufgrund der verwendeten elastischen Gewebe eine gute Schutzwirkung und hohen Tragekomfort. Bei tieferen Temperaturen sind auch Sturmhauben, die Ski- oder Radfahrer gern verwenden, ein perfektes Hilfsmittel, um Hals und Nacken zu schützen und gleichzeitig den eisigen Wind von Ohren und Kopf abzuhalten. Nackenlatze, die problemlos an Helmen angebracht werden können, verhindern das Nadelsammeln im Nacken.
Schutzhandschuhe
Während ihrer Einsätze sind auch die Hände der Hundeführer stark gefordert. Sie sind ständig in Kontakt mit der dichten Vegetation und müssen auch gelegentlich Stürze abfangen. Falls der Hundeführer nur auf allen vieren vorankommt, bewegt er sich mithilfe der Hände fort. Neben dieser eher groben Arbeit sind auch Tätigkeiten nötig, die mehr Feingefühl fordern: Der Schweißriemen wird gehalten, die Langwaffe geführt, die blanke Waffe, das Ortungsgerät oder Smartphone benutzt. All das müssen die stark mit Nerven durchsetzten, aber eher schwach durchbluteten Finger bei den unterschiedlichsten Wetterbedingungen und in verschiedensten Umgebungen zuverlässig ausführen.
Hoher Schutzfaktor: „Rig Lizard“ von HexArmor
Unangenehme Verletzungen bis hin zur völligen Taubheit aufgrund von Nässe in Verbindung mit eisigen Temperaturen sind keine Seltenheit, wenn die Hände nicht ausreichend geschützt werden. Arbeitshandschuhe aus dem Forstbereich sind geradezu prädestiniert für die Anforderungen der Hundeführer. Die mit abriebfestem Gewebe in der Handinnenfläche versehenen Modelle haben meist eine höhere Schutzwirkung und eine deutlich gesteigerte Lebensdauer, etwa der „Pro MS“ von Timbermen.
Schutz und Feingefühl: „Pro MS“ von Timbermann
Weniger Feingefühl, dafür aber mehr Schutzwirkung bietet das Modell „Rig Lizard“ von HexArmor. Ist mit weniger Dornen zu rechnen, ist der „Hatz Watz“-Handschuh von Frankonia eine leichtere Variante, mit der sogar das Smartphone bedient werden kann, weil die Daumen und Zeigefinger mit einer Touchfunktion ausgestattet sind.
Leichte Variante: „Hartz Watz“ von Frankonia
Bei winterlichen Temperaturen und Nassschnee oder Regen haben sich Handschuhe aus Neopren als wahre Geheimwaffe erwiesen. Die Hände bleiben dauerhaft warm und sind nicht, wie sonst bei diesen Wetterbedingungen üblich, nach kurzer Zeit klamm und gefühllos oder sogar schmerzend. Diese Taucherausrüstung ist durch eine robuste Handinnenflächenbeschichtung sehr griffig und langlebig. Die 3 bis 6 Millimeter dicke Neoprenschicht der Handschuhe bietet auch gegenüber Dornen und bei Stürzen einen ganz ordentlichen Schutz.
Immer warm: Neopren-Tauchhandschuhe
Stiefel
Hundeführer legen während eines Einsatztages häufig weit über zehn Kilometer Strecke in unwegsamem Gelände zurück. Dabei sind die Füße sehr beansprucht. Beim Gehen durch unebenes, schmieriges oder felsiges Gelände sind gerade die Sprunggelenke permanent gefordert, um das Gleichgewicht zu halten und ein Umknicken zu verhindern. Neben Vegetation in den unterschiedlichsten Höhen behindern manchmal Nässe, Schnee und Schlamm das Vorankommen. Einerseits erschweren sie die Traktion, andererseits können sich durch Feuchtigkeit an den Füßen Blasen bilden.
Vorhandene Schuhe lassen sich mit Spikes von Immler Grip nachrüsten.
Außerdem hat, gerade in den Wintermonaten, Wasser in den Schuhen eine energieraubende Unterkühlung zur Folge. Das am häufigsten verwendete Schuhwerk der Hundeführer sind Bergschuhe und Wanderstiefel. Diese haben in aller Regel sehr griffige, rutschhemmende Sohlen und stabili- sieren auch das Sprunggelenk. Werden hochwertige Lederkomponenten mit Membranen zwiegenäht verarbeitet, sind die meisten Bergschuhe auch annähernd wasserdicht.
Trittsicher mit integrierten Spikes: „Forest Safety S2 GTX“ von Dachstein
Als weitere Option empfiehlt sich ein moderner Waldarbeiterstiefel. Gewicht und Tragekomfort entsprechen etwa einem normalen Bergstiefel. Allerdings bringt der eingearbeitete Schnittschutz und die Alukappe ein erhöhtes Sicherheitsplus, gerade wenn es beim Abfangen zu Körperkontakt mit Schwarzwild kommt. Als Paradebeispiel wäre hier der „Forest Safety S2 GTX“ von Dachstein zu nennen. Dieser neu entwickelte Stiefel hat im Stegbereich der Sohle zusätzliche Spikes integriert, die ein Abrutschen vor allem auf nassen Ästen verhindern sollen. Wer seine vorhandenen Schuhe rutschfester machen möchte, findet bei Immler Grip die Spikes zum Nachrüsten. Damit bewegt man sich gerade in steilem Gelände beinahe wie eine Gams.
Wenig Halt für den Fuß, aber mancherorts unumgänglich: Der Gummistiefel hält trocken.
Im Flachland mit viel Ackerbau und Wassergräben werden von Hundeführern gerne Gummistiefel getragen. Diese haben den Vorteil der höheren Wattiefe und des geringeren Gewichts. Allerdings ist der Halt für das Sprunggelenk nicht vorhanden, und die Stiefel bieten in Dickungen kaum Schutz vor spitzen und scharfkantigen Baumstümpfen.