Oberstes Gebot nach dem Schuss ist:
Nachladen und Ruhe halten. Nutzen Sie diese Phase, um sich alles, was geschehen ist, genau einzuprägen. Denn mehrere Gründe sprechen gegen das vorschnelle Aufsuchen des Anschusses:
1. Beschossene Stücke, die nicht tödlich getroffen wurden, verhoffen oft nach kurzer Flucht und orientieren sich neu, um einen sicheren Ort anzusteuern. Dabei kann das Stück unter Umständen nochmals beobachtet und bestenfalls erlegt werden.
2. Rast der Schütze sofort zum Anschuss, verknüpfen andere Rudel- oder Rottenmitglieder
den Schuss mit ihrem größten „Feind“, dem Menschen.
3. Der wichtigste Punkt: Das beschossene Stück soll nicht durch den Menschen aus dem häufig sehr nahen Wundbett aufgemüdet werden. Derart angerührtes Wild flüchtet häufig noch weite Strecken – auch mit schwerer Verwundung.
Merke: Nach dem Schuss mindestens 15 Minuten warten.
Lange Zeit wurde gelehrt, dass der Jäger den Anschuss möglichst ruhig auf- und untersuchen sollte. Aber dieser alte Zopf muss abgeschnitten werden. Der lautlos
pirschende Jäger verschreckt das Wild weit mehr, als die quasselnden „Walkerinnen“
oder die wandernde Familie, die heutzutage zunehmend unsere Natur bevölkern.
Das Wild hat sich daran vielerorts bereits gewöhnt. Deshalb empfiehlt es sich, den Anschuss wie ein Spaziergänger pfeifend oder gar sprechend aufzusuchen. Das im Wundbett liegende Wild nimmt so den annähernden Jäger frühzeitig war und kann sich drücken oder kurz flüchten, um sich bald wieder niederzutun. Selten wird das kranke
Stück in panischer Flucht das Weite suchen.
Merke: Den Anschuss laut angehen.
Zwei Ausnahmen gilt es aber zu beachten:
1. Vermutet der Schütze durch seine Beobachtungen einen Laufschuss, sollte er den
Anschuss gar nicht erst angehen. Häufig sitzt das Wild (vor allem Wiederkäuer) schon in der Nähe im Wundbett. Dort sollte es in den folgenden drei bis sechs Stunden in Ruhe gelassen werden, damit die Nachsuche möglichst schnell zum Erfolg führt. Der durch die Verletzung verursachte Adrenalinschub klingt ab und das Stück bekommt sogenanntes Wundfieber. Die Schussverletzung verursacht neben der mechanischen Verletzung noch Muskelverspannungen, Zerrungen und Blutergüsse. Dadurch ist das Wild nach der
entsprechenden Wartezeit recht ungelenk und kann somit vom Hund sehr schnell
gehalten oder gestellt werden.
2. Deuten die Anzeichen auf einen Waidwundschuss hin, sollte die Wartezeit bis
zum Suchen des Anschusses erhöht werden. Häufig liegt das Stück im Umkreis
von 50 Metern. Lässt man es in Ruhe, ist es oft nach einer halben Stunde verendet.
Tritt der Jäger zu früh in seine Nähe, kann es – auch mit schweren Verletzungen
– noch mehrere hundert Meter flüchten.
Merke: Bei Waidwundschüssen frühestens nach einer Stunde zum Anschuss gehen, bei Laufschüssen gar nicht.