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Bodenjagd auf Enok

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Sprengen unmöglich
Bei der Erdjagd auf den Marderhund lassen sich Erfahrungen mit dem Fuchs kaum nutzen.
Denn der Enok springt so gut wie nie. Wie man den Obstfuchs unter der Erde jagt und was Sie dabei
beachten müssen, hat THORE WOLF von einem Bodenjagd-Spezialisten erfahren.

Gezielt die Baue auf Marderhund zu bejagen, ist eigentlich nicht möglich, sagt Bodenjäger Frank Joisten. Auch nach mehr als 20 Jahren Erfahrung mit Raubwild unter der Erde fällt es dem Berufssoldaten schwer, im Voraus festzustellen, ob der Marderhund im Bau steckt. Doch der Naturbau im benachbarten Altholz scheint vielversprechend zu sein. „Schließlich bevorzugt der Enok größere Naturbaue, die er gut gedeckt anwechseln kann“, sagt
Joisten. Und Deckung ist im besagten Hochwald reichlich vorhanden. Nachdem die Schützen eingewiesen und abgestellt sind, wird Jagdterrier „Ratz“ mit einem  Erdhundsender ausgerüstet und geschnallt.

Im Naturbau „nie ohne“, lautet die Devise von Joisten. Gemeint ist damit der Peilsender an der Hundehalsung. Ohne großes Suchen bewindet der Vierläufer eine Röhre und nimmt sie auch zügig an. Zunächst herrscht minutenlang Stille, dann dringt plötzlich dumpf
der Laut des Terriers an die Oberfläche. Per Ortungsgerät erkennen die Jäger, dass keine Bewegung mehr stattfindet. „Ratz“ liegt konstant an einer Stelle vor. „Dachs oder – wenn wir großes Glück haben – sogar ein Enok!“, sagt Joisten. Glück deshalb, weil Terrier „Ratz“ heute den Baujagdnachweis am Marderhund erbringen soll. Zwergteckelzüchter Frank
Joisten fungiert als Richter des Jagdgebrauchshundverbandes und wird die Leistung des kleinen Rackers beurteilen. Nachdem der Rüde bereits mehr als eine Viertelstunde fest vorgelegen hat, beginnen die Bodenjäger mit dem Einschlag. Nach Joistens Erfahrung springen Marderhunde nämlich nur in Ausnahmefällen. Er muss es wissen. Schließlich
hat der gebürtige Düsseldorfer über 150 Enoks am Bau bejagt. Von denen sprangen nur sieben. Deshalb wird trotzdem ein „Wachposten“ mit der Flinte abgestellt, während sich die anderen Jäger mit Spaten und Schaufel gezielt den Signalen des Erdhundsenders nähern. Im lockeren Sandboden dauert es nicht lange, bis der Einschlag zwischen Hund und Raubwild reicht.

Während ein Jäger mit dem Spaten den Erdhund abschiebert, schaufelt ein anderer die Erde aus dem etwa einen Meter tiefen Loch. Die Bodenjäger können nicht erkennen, was sich in der Röhre verbirgt. Also wird der Spaten wieder weggenommen, der Rüde „befreit“. Sofort nimmt dieser die gegenüberliegende Röhre an, gibt wieder Laut und fasst. Als der Terrier für einen kurzen Moment in den Einschlag zurückweicht, wird er abgenommen.
Am Fang des Hundes entdecken die Bodenjäger ein kleines Büschel ausgerissenes Deckhaar, und auf dem Nasenrücken ein paar winzige Stichverletzungen, die mit Sicherheit auf einen Marderhund deuten. Jetzt geht alles recht schnell. Wieder in den Bau gesetzt, packt „Ratz“ mit festem Backengriff einen Marderhund. Der Enok zieht kraftvoll in die entgegengesetzte Richtung, hat aber keine Chance gegen den kräftigen Jagdhundrüden,
der ihn in den Einschlag befördert. Im Nu nehmen die Bodenjäger dem Hund die Beute ab, um ihr den Fangschuss zu geben. Zusammengerollt und ruhig lässt sich der Marderhund dabei anfassen. „Typisch Enok“, sagt Joisten. „Droht dem Enok Gefahr, stellt er sich tot, wenn er sich wehrt, gibt es in der Regel nur kleine Verletzungen beim Hund. Solange
ein Hund oder ein Mensch ihn berühren, verbleibt er in dieser Starre“, berichtet Joisten. Ähnliches hat er bereits vor einigen Jahren erlebt, als er Biologiestudenten dabei unterstützte, Marderhunde zu besendern. Während dieser Aktion ließen sich die Enoks mit Händen aus dem Einschlag heben und ohne Betäubung oder großes Festhalten markieren
und besendern. Laut Joisten gibt es wohl kein europäisches Wildtier, dass sich ähnlich verhält. Zur Kontrolle wird Terrier „Ratz“ erneut an der Röhre angesetzt. Der schwarze Hund verschwindet darin, bis nur noch seine Rute zu sehen ist. Plötzlich ist wieder ein Knurren zu hören. „Da steckt noch ein Enok in der Endröhre!“, ruft Hundeführer Jan Rebe. Frank Joisten nickt gelassen. Für ihn ist das nichts Ungewöhnliches.
In seiner langjährigen Praxis hat der Bodenjäger fast immer erlebt, dass die Marderhunde zu zweit im Bau stecken. Sogar einen Dachs hat er schon zusammen mit Enoks ausgegraben. Damals trieb seine Zwergteckelhündin diesen zusammen mit zwei Marderhunden in die Endröhre eines Naturbaues. Dass der Fuchs sich mit dem Marderhund
eine Behausung teilt, hat Joisten in zwei Jahrzehnten Bodenjagdpraxis allerdings noch nicht erlebt.

Marderhunde springen so gut wie nie. Tiefe Einschläge sind deshalb bei der Baujagd auf den osteuropäischen Räuber fast an der Tagesordnung. FOTOS: FRANK JOISTEN
Hundeführer Jan Rebe mit Deutschem Jagdterrier „Ratz“ nach bestandener Naturbauprüfung

Ob die Marderhunde in einer Endröhre sitzen, ist nicht sicher“, sagt Joisten, „denn häufig setzen sich die Enoks auch mitten im Bau fest und rollen sich vor dem Hund zusammen. Dies kann dazu führen, dass sie immer wieder ein Stück weiter rücken, sobald Licht durch den Einschlag in den Bau fällt. Wegen der typisch „marderhundigen Verhaltensweisen“ stellt nach Joisten die Bejagung des Enoks im Kunstbau besondere Anforderungen: „Findet der Hund die Räuber dort im Kessel, wird er einen von ihnen fassen oder verbellen, während der zweite ein Stück in die Röhre flüchtet und diese verstopft. In dieser Pattsituation muss sofort der Kessel geöffnet werden.“ Deshalb sollten Kunstbaue
in Marderhundgebieten möglichst flach angelegt werden, um rasch und problemlos an den Kessel zu kommen. Derweil zieht „Ratz“ knurrend den zweiten Enok in den Einschlag. Schnell wird auch dieser abgefangen. Den Leistungsnachweis am Naturbau hat der Vierläufer mit dieser Arbeit erbracht. „Man muss froh sein, wenn ein Hund am Marderhund arbeitet“, betont Joisten. „Denn viele Hunde zeigen beim ersten Kontakt mit dem  Neubürger zunächst nur wenig oder gar kein Interesse.“ Woran das liegt, weiß auch der erfahrene Bodenjäger nicht. Die „vielgerühmte“ Wehrhaftigkeit des Enoks kann es zumindest nicht sein. Denn die existiert laut Joisten nur bedingt. Wenn sich der Marderhund zur Wehr setzt, hat er anatomisch bedingt eher schlechte Karten, den Hund ernsthaft zu verletzen: Seine Fangzähne sind viel kürzer und schwächer als die eines Fuchses. Kleinere Kratzer oder Bisse kann der Enok allerdings austeilen. Dass ein Erdhund einen Enok im Bau abtun könnte, hält Joisten aufgrund des dichten Fellkragens und
des kurzen Halses für unmöglich. Weitaus gefährlicher für die Hunde scheint aktuell die Räude zu sein, die sich in jüngster Vergangenheit in Mecklenburg-Vorpommern zusammen
mit der Staupe stark ausgebreitet hat. Experten führen auch den Streckenrückgang beim Marderhund von 26 599 Stück im Jagdjahr 2007/08 auf 17 851 im Jagdjahr 2008/09 darauf zurück.

Dachs-, Waschbär-, Marderhund- und Fuchsschädel (v. l.) : Das Gebiss des Enoks ist wesentlich schwächer als bei Grimbart oder Reineke. FOTOS: FRANK JOISTEN

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