ANZEIGE

Dressurangel – Anreiz im Flug

13233


Egal ob Förderung der Vorstehanlage oder die Schulung im Gehorsam – die Reizangel ist ein wichtiges Hilfsmittel bei der Jagdhundeabrichtung. Revierjagdmeister Sascha Schmitt erklärt, wie sie richtig eingesetzt wird.

Titelbild
Foto: Sascha Schmitt
Der klassische Verwendungszweck der Reiz- oder Dressurangel ist die Abrichtung des jungen Vorstehhundes. Bereits der verantwortungsvolle Züchter kann mit diesem Hilfsmittel die Vorstehanlage seiner Zöglinge fördern und damit wichtige Grundsteine für ihr zukünftiges Wirken als Jagdhelfer legen. Spätestens jedoch, wenn der junge Vorsteher bei seinem Führer angekommen ist, kann langsam mit der Anlagenförderung begonnen werden.
Gerade bei den ersten Übungen muss darauf geachtet werden, dass der noch junge Schüler weder körperlich, noch mental überfordert wird. Auch darf die eigene Erwartungshaltung nicht zu groß sein. Nicht jeder Junghund zeigt bei den ersten Übungen direkt die klassischen Vorstehbilder.
Gerade Vierläufer mit großem Greif- und Verfolgungstrieb balgen sich bei den anfänglichen Einheiten viel lieber mit dem Hängsel, als dass sie es in Pointermanier vorstehen. Hier hilft nur Geduld und richtige Handhabung beim Einsatz der Dressurangel. Während der zögerliche, sensible Junghund das Hängsel regelmäßig greifen und beuteln darf, um ihn für die Beute und das Spiel mit der Reizangel zu interessieren, wird es dem Greifertyp immer wieder durch kurzes Anrucken aus dem Einwirkungsbereich entzogen. Der Greifer wird so vorsichtiger im Umgang mit seiner Beute und beginnt sich langsam anzuschleichen. Dieses Anschleichen ist der erste Schritt zum Vorstehen und ein wichtiger Teilerfolg in der Ausbildung. Nach und nach wird der Hund das Verharren vor dem Beutesprung ausdehnen und das Hängsel sauber vorstehen. Sobald er die ersten Vorstehanlagen zeigt, wird er für sein Verhalten gelobt.
Springt er jedoch wild ein, wird ihm die Beute flugs entzogen und er zur Ruhe ermahnt. Während der beherzte Junghund stundenlang an der Reizangel toben würde, muss der eher passive Welpe regelmäßig für seine Mühen mit Erfolg belohnt werden. Er darf das Hängsel greifen und wird dafür ausgiebig gelobt. Hat der junge Schüler den Beutegegenstand gefasst, muss der Abrichter mit der Reizangel äußerst vorsichtig hantieren, damit der Vierläufer nicht verletzt wird. Jegliches festes Rucken an der Angel, übermäßige Ziehen oder gar Ausheben des Hundes kann seine Zähne beschädigen und zu Verstauchungen und Zerrungen in dem sich noch im Wachstum befindlichen Bewegungsapparat des Hundes führen.


Spiel 1
Um den Hund im Spiel zu motivieren, wird zunächst die Reizangel wild bewegt.Foto: Sascha Schmitt
Richtig ist es, wenn „Petz“ seine Beute kurz schütteln darf und er dann zum Führer gerufen wird. Nur die wenigsten Junghunde werden sich ohne weiteres mit dem Hängsel im Fang zu ihrem Herrn begeben wollen. Um das zu beschleunigen, wird die Schnur der Reizangel nun mit der Hand erfasst und der Hund behutsam zum Führer herangezogen. Dort wird er gelobt und abgeliebelt.
Das Hängsel wird ihm abgenommen. Auf das Kommando „Aus“ öffnet der Führer mit leichtem Lefzendruck den Fang des Hundes, nimmt ihm die Beute ab und lobt ihn überschwänglich für seine Leistung. Im Laufe der weiteren Abrichtung muss sich der Hund auch noch beim Ausgeben setzen, was wiederum eine Vorübung zum sauberen Apportieren ist.
Gerade bei noch sehr jungen Vierläufern sollte darauf geachtet werden, dass sie sich nicht zu sehr verausgaben und nur kurze Einheiten durchgeführt werden.

 


Spiel 2
Der junge Drahthaar folgt den Ausweichmanövern seiner Beute.Foto: Sascha Schmitt
Auch bei der Förderung der Wasserfreude ist die Reizangel ein geeignetes Arbeitsgerät. Für die ersten Übungen sucht man sich eine ausgedehnte Wasserpfütze und lockt nun den Junghund spielerisch über den Beutetrieb ins nasse Element. Auch bei den ersten Schritten der Wasserarbeit zeigt sich sehr schnell wes‘ Geistes Kind der junge Hund ist.
Während sich der selbstbewusste Vierläufer sofort ins Wasser begibt und sein Beutestück greifen will, läuft der zögerliche am Gewässerrand auf und ab, winselt oder gibt nach einer gewissen Zeit sogar Laut. Diese Unsicherheit kann nur mit Geduld und aufmunternden Worten beseitigt werden. Keinesfalls darf hier Zwang angewendet werden, indem man den jungen Hund ins Wasser schiebt oder gar schubst. Gerade am Wasser braucht es viel Fingerspitzengefühl und Geduld des Führers, wenn er keine Fehlverknüpfungen anlegen möchte. Erst wenn der Junghund das seichte Wasser der Pfütze freudig annimmt, wird ein Teich oder Tümpel mit leicht abfallendem Uferbereich gesucht, um den Vierläufer zum Schwimmen zu bringen. Auch hier tun sich junge Hunde oftmals schwer. Doch letztlich wird der Beutetrieb über ihre Zögerlichkeit siegen. Bei der Ausbildung im Gehorsam ist die Reizangel ebenso ein hervorragendes Hilfsmittel.
Gerade bei der Schulung im sicheren, blitzschnellen „Down“ macht sie sich, richtig angewandt, bezahlt. Viele Vierläufer führen den Downbefehl bei den herkömmlichen Übungen an der Führer- und Feldleine absolut korrekt durch. Sobald sie sich aber in einer Triebsituation befinden, sie also etwas fangen und greifen möchten, verweigern sie den Gehorsam.

 


Spiel 3
Am Ende muss der Erfolg stehen: Der Vierläufer hat die Fuchslunte gefasst.Foto: Sascha Schmitt
Hier bietet die Dressurangel die Möglichkeit, ihn unter kontrollierten Bedingungen aus der Greifbewegung ins „Down“ zu bringen. Dazu wird der Hund zum Verfolgen der Beute animiert. Dabei trägt er eine normale Halsung, an der sich ein drei Meter langes Stück Feldleine befindet, das er beim Toben an der Dressurangel hinter sich herschleift. Sehr schnell wird er sich nur noch auf das Fangen der Beute konzentrieren und seine Umwelt vergessen. Wird nun der Downbefehl durch Triller oder Zuruf erteilt, geschieht in den meisten Fällen rein gar nichts. Statt dass der Vierläufer in die Downlage geht, verfolgt er weiterhin das Hängsel. Sofort nimmt der Abrichter nun das Stück Feldleine in die Hand und hat sofort wieder Kontrolle über den Hund, kann also nun den Downbefehl konsequent durchsetzen.
Geschickte Abrichter halten die Feldleine während der ganzen Zeit in der Hand und können so ihren Zögling aus der vollen Bewegung heraus abbremsen und ins „Down“ bringen. Nach nur wenigen Übungseinheiten erlernt nun der Vierläufer aus Triebsituationen heraus, die erteilten Befehle umzusetzen und befindet sich zusehends mehr in der Hand des Abrichters. Wichtig bei diesen Arbeitsschritten ist jedoch, dass der Vierläufe am Ende immer Erfolg hat, er das Hängsel greifen darf und dafür ausgiebig gelobt wird.

 


Beute abnehmen
Behutsam wird dem Hund die Beute abgenommen.Foto: Sascha Schmitt
Eine Reizangel ist mit wenigen Handgriffen angefertigt und das Material dazu in jedem Baumarkt erhältlich. Grundsätzlich besteht die Reizangel aus drei Hauptbestandteilen: Der Rute, der Schnur und dem Hängsel. Rute und Kordel müssen auch stärkerer Belastung durch den Vierläufer standhalten. Gerade bei der Gehorsamsausbildung körperlich ausgereifter Vierläufer wirken beim Zerren am Hängsel Kräfte, die nicht zu unterschätzen sind.
Als eigentliche Rute eignet sich ein zwei bis zweienhalb Meter langer Bambusstab mittleren Durchmessers, wie er als Pflanzstab und Rankhilfe in der Gartenabteilung von Baumärkten angeboten wird. Bambus bietet ein Maximum an Haltbarkeit und Tragkraft bei verhältnismäßig geringem Gewicht. Stangen aus Haselnuss oder anderen Gehölzen wiegen bei geringer Haltbarkeit zu viel, um mit ihnen über längere Zeit zu hantieren. Grün gummierte Stäbe, die ebenfalls als Rankhilfe angeboten werden, sind nicht geeignet, da ihr Innenleben aus dünnem Blechrohr besteht, leicht rostet und bei Belastung schnell einknickt und unbrauchbar wird. Alternativ zum Bambus verwenden einige Hundeführer auch die stabilen Teile einer Teleskop-Kohlefaserstipprute aus der Sportfischerei. Der Vorteiler dieses Materials liegt darin, dass die Rute sich auf einen Bruchteil der eigentlichen Länge zusammenschieben und sich so problemlos im Auto transportieren lässt.

 


danach
Nach der Arbeit wird der Vierläufer für seine Leistung ausgiebig belohnt und abgeliebelt. Foto: Sascha Schmitt
An der Rute wird nun eine stabile Schnur befestigt, die etwas kürzer als der starre Teil der Angel sein muss, damit sich das Hängsel gut kontrollieren lässt. Bei der Schnur sollte darauf geachtet werden, dass sie tragfähig ist und auch dann nicht reißt, wenn der Vierläufer mit aller Kraft am Hängsel zerrt. Dünne Schnüre, wie Maurerschnur oder Angelsehne, sind ungeeignet. Viel zu leicht können sie Lefzen und Zahnfleisch des Vierläufers zerschneiden. Geflochtene Angelleine kann darüber hinaus sogar den Zahnschmelz angreifen und durch Abrieb beschädigen. Eine zu dicke Schnur oder gar ein Seil kann dazu führen, dass gerade noch junge Vierläufer nicht das Hängsel, sondern die Schnur beachten und fassen. Ich favorisiere Wäscheleine mit Stahlseele für den Bau der Reizangel, da sie kostengünstig ist und die vorher genannten Anforderungen vollkommen erfüllt.
Bei der Herstellung des Hängsels sind der Krea tivität des Hundeführers keine Grenzen gesetzt. Grundsätzlich würde ein alter Waschlappen als Beute für den Vierläufer vollkommen genügen. Wird der gewebten Baumwolle durch Bewegung Leben eingehaucht, wird ihr der junge Terrier mit Begeisterung nachjagen und sie fassen wollen und der Vorstehhund nach einiger Übung sauber daran vorstehen.
Das primäre Lernziel ließe sich damit also voll und ganz erfüllen. Allerdings würde der Hundeführer damit einen weiteren Vorteil der Reizangel verschenken. Durch sie lassen sich junge Vierläufer spielerisch an die verschiedenen Wildwittrungen, an Federn und Haare im Fang gewöhnen. Insbesondere erleichtert dies wesentlich die weiterführende Ausbildung im Apport. Gerade die unangenehme Wittrung von Raubwild verliert so über den Weg des gemeinsamen Spiels mit dem Führer ihren Schrecken für den Hund. Um diesen positiven Effekt bewusst zu verstärken, nutze ich gerade bei den ersten Einsätzen der Reizangel ausschließlich Raubwildlunten, Krähenschwingen oder Teller von Schwarzwild.
Durch das gemeinsame Spiel wird der junge Adlatus schnell auf die anfänglich unangenehm duftenden Wildarten konditioniert. Erst danach werden Balgstücke von Kanin, Hase und Schwingen von Nutzfederwild wie Fasan und Ente als Hängsel genutzt. Ihnen wird der Vierläufer liebend gern folgen und sich ohne Probleme auf die angenehme Witterung konzentrieren.
Das Präparieren von Lunten und Bälgen für die Reizangel ist sehr leicht und bedarf nur wenig handwerklichen Geschickes. Fuchs- oder Marderlunten werden an der Wurzel vom Wildkörper mit einer Rosenschere abgeschärft und mittig an die Schnur der Reizangel geknotet. Der Knoten sollte so geknüpft werden, dass der Vierläufer sich nicht mit einem Fangzahn darin verhaken kann. Deshalb muss er möglichst eng um das Hängsel geschlungen werden und es dürfen sich keine Schlaufen daran befinden. Der Knoten soll so fest geknüpft werden, dass der Vierläufer das Hängsel nicht von der Schnur abreißen und mit der Beute das Weite suchen kann. Es wäre für den jungen Vierläufer mit Sicherheit ein äußerst positives Erlebnis, das Hängsel zu verspeisen, der Ausbildung wäre diese Zwischenmahlzeit aber nur bedingt zuträglich.
Um ein Übertragen von Parasiten, wie Flöhen oder Läusen, auf den Hund zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Lunten vor der Verwendung erst einmal einzufrieren,bevor sie verwendet werden. Dies hilft, die „unliebsamen Bewohner“ zuverlässig abzutöten. Von den Bälgen eignet sich in erster Linie der Rückenteil, der zunächst aufgespannt getrocknet wird, da er ansonsten viel zu schnell reißt. Bei der Verarbeitung von Flugwildschwingen sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass sich keine gesplitterten Röhrenknochen daran befinden, die den Hund beim Zufassen verletzen könnten.
Knochensplitter lassen sich sehr einfach mit einer Rosenschere abkneifen und sauber entfernen. Auch die Schwinge muss so befestigt werden, dass keine Gefahr vom verwendeten Knoten ausgeht und sie nicht ungewollt aus der Schlinge schlüpfen oder abreißen kann.

 


Schnur
Foto: Saascha Schmitt

 

 

ANZEIGE

ANZEIGE
Aboangebot