Als die große Herbstjagd im Oktober zu Ende war, trafen sich die Jagdleiter zu einer Nachbesprechung. Selbst bei vorsichtigen Schätzungen der vorgekommenen Sauen, stand der Entschluss: Wir müssen noch einmal ran.
Heiko Hornung
Zwei Damkälber sowie 16 Sauen lagen nach der Jagd auf der Strecke. Die 17. kam wenig später dazu.
Foto: Peter Schmitt
Freimütig gebe ich zu: Ich bin kein großer Fan von Januarjagden. Irgendwann muss auch mal Schluss sein, und der Jäger sollte dem Wild die Winterruhe lassen. Oft genug haben wir über negative Auswirkungen von späten Jagden vor allem auf das wiederkäuende Schalenwild geschrieben. Doch der Winter war bislang keiner, und auch im Januar sah es zumindest nicht so aus, als sollten wir Schnee und Eis bekommen. Seit der Jagd im Oktober hatten wir, bis auf die Raubwildjagd im Feld, Ruhe im Waldteil. An einem Tag sollte er noch einmal für drei Stunden beunruhigt werden, um in den zu hohen Sauenbestand einzugreifen.
Die Organisation hielten wir im Wesentlichen wie im Oktober bei. Sechs von 27 Ständen wurden aufgrund der ausgewerteten Standprotokolle neu angelegt oder verschoben. Zusammen mit zwei Nachbarn wollten wir in unserem Revierteil mit zwei Treibergruppen verhalten drücken.
Normalerweise waren kleine, lokale Drücken im Testrevier ein Vabanquespiel, meistens nicht von großer Strecke gesegnet, manchmal sogar ein Leerfang. Die Einstände sind von Laubholz dominiert, und da zieht es im Januar oft. Das Winterwetter war bislang mild und in den vergangenen Tagen trocken, trotzdem schien die Ausgangslage für uns nicht günstig. Im Dezember wurde in den besten Einstandsecken massiv Käferholz geschlagen. Zwar hielt unser Förster 14 Tage vor der Jagd Ruhe, doch auf eine Streckenerwartung angesprochen, waren viele in der Redaktion der Meinung: Mit mehr als fünf Sauen könnten wir kaum rechnen. Es sollte anders kommen:
Kaum hatten die Schützen ihre Stände eingenommen, fielen die ersten Schüsse. Allein in der ersten Stunde hielten die 27 Schützen 71 Wildbeobachtungen in den Standprotokollen fest. Und da waren die Treiber noch gar nicht im Zentrum des Bebens angekommen. Die Sauen saßen locker und merkten schnell, dass etwas nicht stimmte. In der zweiten Stunde waren es immerhin noch 22 und in der letzten Stunde 14 Wildbegegnungen. Um 13 Uhr war Hahn in Ruh, und es ging ans Einsammeln des Wildes und das Verbrechen der Anschüsse.
Auch ein mittelalter Keiler mit beeindruckendem Gewaff wurde auf einem Fernwechsel erlegt.
Foto: Peter Schmitt
Ich dirigierte eine von zwei Treibergruppen im unteren Revierbereich. Peter und Sascha Schmitt führten eine Hundemeute über die Weiseler Höhe. Dort war viel los. Die Vierläufer hatten unter anderem eine krank geschossene Bache, die aus der Nachbarjagd eingewechselt war, gestellt. Das rund 50 kg schwere Stück verlangte den Hunden einiges ab. Als sie abgefangen war, hatten drei Hunde trotz Schutzwesten Schmisse. Gott sei Dank konnte Schmitt seine Hunde selbst verarzten.
In unserer Treibergruppe überraschte uns einmal mehr „Heidi“, die Kleine-Münsterländer-Hündin von DJZ-Kollege Peter Diekmann. Wir waren gerade dabei, ein Fichtenstück zu verlassen, als die Hündin Standlaut gab. Schnell hinzugeeilt fand Diekmann einen Frischling, der sich unter einem Fichtenzopf drückte. Er fing ihn ab. Beim Aufbrechen stellten wir fest, dass er stark abgekommen war, Einblutungen in mehreren Organen sowie Lungenwürmer hatte. Offensichtlich hatte er vor geraumer Zeit Bekanntschaft mit einem Auto gemacht. Wir verwarfen ihn.
Rund eine halbe Stunde bevor das Treiben enden sollte, waren wir auf unserem Rundkurs mit unserer Treibergruppe fertig. Ich schielte noch auf einen kleinen Einstand, in dem wir bei der ersten Jagd fündig geworden waren, ihn diesmal aus Zeitgründen aber ausgelassen hatten. In aller Kürze wollten wir diesen noch beitreiben, weil er außerhalb des eigentlichen Treibens lag. Hurtig setzten wir um und stiegen bald durch die Brombeeren.
In der Mitte des Hanges fiel einer jungen Treiberin auf einmal frischer Schweiß auf. Hier musste eine kranke Sau gezogen sein. Da wir schräg von unten in den Hang eingestiegen, dort aber die Hunde auf nichts gestoßen waren, was sie von uns fortgezogen hätte, musste der Schwarzkittel von schräg oben vom Nachbarn eingewechselt sein.
Wir riefen unsere Vierläufer herbei, weil ich vermutete, dass die Sau in der nächsten Dickung sitzen würde. Die Hunde wurden schnell fündig, und ein vorgestellter Schütze brachte die Sau, die einen Keulenschuss hatte, sauber zur Strecke. Alle in der Wehr freuten sich, dass dieses Husarenstück gelungen war.
Die Treiber entdeckten Schweiß eines kranken Schwarzkittels, der vom Nachbarn einwechselte. DJZ-Volontär Moritz Englert (l.) erlöste ihn schließlich.
Foto: Dr. Karl-Heinz Betz
Natürlich fragt man bei den Schützen, die man während des Treibens passiert, nach Anblick oder Waidmannsheil. So gewinnt man einen ersten Eindruck, bis sich alle am Streckenplatz treffen. Mir war klar: Das Ergebnis wird zweistellig. Als die Hörner im Schein der Fackeln Halali bliesen, lagen 17 Sauen und zwei Damkälber zur Strecke.
Was uns besonders freute: Ein Jungjäger hatte sein erstes Stück Schalenwild, eine Sau, erlegt. Er grinste wie ein Honigkuchenpferd. Und eine junge Jägerin, die quasi als Ersatzschützin zu uns gestoßen und auf einem Fernwechsel platziert war, schoss einen fürwahr respektablen mehrjährigen Keiler.
Ach ja, die Nachsuchen waren diesmal auch kein Problem. Mit fünf Gespannen konnten wir alle Kugelschüsse sauber kontrollieren und abarbeiten. Die Schützen hatten uns mit einem Schussverhältnis von 1 : 1,6 bei dieser Jagd all zu viel Arbeit erspart.