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Neu im Revier

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neu im Revier

Heiko Krämer verstärkt seit dem Sommer das WILD UND HUND Team. Im Testrevier legte er eine glänzende, wenn auch nicht ganz stressfreie Premiere hin.

Ein unbekanntes Revier zu erkunden, ist immer faszinierend. Doch auf Obertiefenbach, das viel beschriebene WILD UND HUND-Testrevier, war ich besonders gespannt, als ich im Juli meinen Redakteursposten beim größten deutschsprachigen Jagdmagazin antrat. Die Revierkarte, die im langen Flur der Redaktion hängt, studierte ich sogleich ausgiebig. Als Markus Deutsch zum Arbeitseinsatz blies, lernte ich bereits den südwestlichen Teil des Reviers kennen. Gemeinsam zäunten die Kollegen und ich dort einen Maisschlag ein.
Bei der anschließenden Vesper waren die südliche Reviergrenze und Sitze am gegenüberliegenden Hang zu sehen. Im rötlich-violetten Schein der untergehenden
Sonne und bei einer Flasche kühlem Bier gaben die Kollegen einige ihrer Jagdgeschichten aus dem Testrevier zum Besten, und Peter Schmitt bot mir für den nächsten Tag eine Tour durch OTB an, wie das Revier in der Redaktion häufig abgekürzt wird. Nach der Runde mit Peter und einer weiteren mit Heiko Hornung war ich grundlegend informiert und durfte
loslegen.

Zuerst sollte es auf den Dachs gehen. Unterhalb des Sitzes an der Langen Linie liegt im dichten Bestand ein von Bauen durchzogener Hang. Als ich jedoch beim Aufbaumen die Kanzeltür öffnete, vernahm ich ein bedrohliches Brummen. Hornissen hatten im Inneren
ihr Nest errichtet. Umgehend trat ich die Flucht an und schaffte es, ohne Schaden zu nehmen, die Leiter hinunterzuhechten. Da ich den Dachs noch nicht aufgeben wollte, pirschte ich in den Bestand und kauerte mich gegenüber der Hauptröhre an einen Schwarzdorn. Der Wind stand günstig, aber mein Auftritt war mit reichlich Lärm einhergegangen. Als ich mich einigermaßen arrangiert hatte und zur Ruhe gekommen
war, krachte es hinter mir im Gehölz. Eine Ricke war hochflüchtig in den Bestand gesprungen und preschte nun den Hang herunter. Die Blattzeit war auf dem Höhepunkt, hinter ihr trieb der Bock. Dieser verhoffte in meinem Rücken, auf der anderen Seite des Schwarzdorns. Weniger als ein Meter lag zwischen uns. Ein kurzer Moment der Nähe, dann sprang er ab und stellte der Ricke weiter nach. Am Bau aber blieb es ruhig. Schnell war es stockfinster geworden, und ich erklärte den Jagdtag für beendet.

Auch am Fernblick habe man Chancen auf einen Dachs, äußerte Kollege Tobias Thimm am nächsten Morgen. Also versuchte ich es dort. Kaum aufgebaumt, hatte ich Rehwild in Anblick. Die Lauscher einer Ricke lugten aus dem Weizen. Es war der 8. August und weibliches Rehwild bis auf Schmalrehe noch nicht auf. Den Jährlingsabschuss hatten die Kollegen bereits erfüllt, und auch die mehrjährigen Böcke waren annähernd abgehakt –
nur einer war noch frei. Als ein ungerader Sechser von rechts über die Stoppel gezogen kam, ordnete ich ihn zuerst nicht den Abschussböcken zu. Schwaches Gehörn, nicht
besonders stark im Wildbret, ich glaubte, ein junges Stück vor zu haben. Doch der Bock war vorsichtig, wirkte erfahren, und nach längerem Betrachten erschien mir auch der Körperbau als zu grob für einen Jüngling.

Während ich grübelte, war der Beobachtete etwa 300 Meter weit gezogen. Mir fiel der Rottumtaler ein, der im Rucksack steckte. Also kramte ich den Blatter hervor und stieß dreimal einen Rickenfiep aus. Obwohl es in meinen Ohren kläglich geklungen hatte,
sprang der Bock sofort. Als er auf etwa 80 Meter heran war und breit verhoffte, ließ ich fliegen. Ohne zu zeichnen ging der Beschossene hochflüchtig Richtung Wald ab. Vorn raus hatte ich geschossen, jetzt passierte der Bock das rechte Fenster der Kanzel. Im Schwenken repetierte ich, legte an und zog mit. Noch 40 Meter bis zum Waldrand,
30 Meter – ich wagte den zweiten Schuss. Wieder nahm ich kein Zeichnen wahr. Entsetzt sah ich zu, wie der Wald den Bock verschluckte. Verdattert saß ich da. Hatte ich das erste Stück Wild in OTB gefehlt oder gar krankgeschossen? Ich wartete ab und zweifelte an
mir selbst. Als ich eine Viertelstunde später am Anschuss auf Lungenschweiß stieß, war die Erleichterung groß. Jetzt galt es, den Bock zu finden.

Aber am Waldrand war nichts zu sehen. Zwar zog ich noch einen Bogen von etwa 25 Metern durch den Wald, erkannte dann aber, wie sinnlos das war. Allerdings war Volontärin Agnes Langkau mit Wälderdackel „Fritze“ im Revier. Kurz nach meinem Anruf war das Gespann vor Ort – und wir zwei Minuten später am Stück. Der Bock war erst 40 Meter in die eine, nach einem Haken dann noch mal 30 in die andere Richtung geflüchtet. Ein Blick
in den Äser offenbarte fehlende Schneidezähne. Mein erstes Stück Wild in OTB war ein reifer Bock. Die Freude war groß.

Seitdem streckte ich noch ein Schmalreh, einen Fuchs und auch ein Hirschkalb. Da Damwild in Obertiefenbach nur Wechselwild und die Jahresstrecke allgemein sehr niedrig ist, freute ich mich über das Kalb ganz besonders. Sehr profitiert habe ich von Peter
Schmitts Kenntnissen. Ihm hatte ich geholfen, einige Fallen wieder betriebsbereit zu machen, und auch für die Vorbereitungen der WILD UND HUND Drückjagd ackerten wir etliche Stunden gemeinsam in OTB. Besser kann man ein neues Revier nicht erschließen, als dort an der Seite eines erfahrenen Waidmanns Zeit zu verbringen, der jeden Wechsel kennt und einen an seinem Wissen teilhaben lässt.

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