100 Jahre Tiroler Bracke
Mit steigenden Schalenwildbeständen nimmt auch der Bedarf an brauchbaren Hunden für das Stöbern und die Nachsuche zu.
GERT DOBROVOLNY stellt die Tiroler Bracke vor, die in beiden Arbeitsfeldern zu Hause ist.
Seit Jahrhunderten werden in den entlegensten Bergtälern der Alpen verschiedene Brackenformen zur Jagd verwendet, die sich im Erscheinungsbild sehr ähnlich sind.
Erste Aufzeichnungen über die Jagd mit Bracken in Tirol finden sich in den Schriften von Kaiser Maximilian I., der zu Beginn des 16. Jahrhunderts große Summen für die Veredelung dieser Hunde aufbrachte. So erstreckte sich über dem gesamten Alpenraum ein eigener
Brackenschlag, der als Wildbodenhund besonders in Tirol weit verbreitet war. Für diese Wildbodenhunde wurden 1860 in Tirol Rassekennzeichen erstellt und mit einer Reinzucht begonnen.
Was hat die Jägerschaft Tirols damals bewogen diese Hunde gezielt zu züchten? Welche Rassemerkmale sollten den Typ bestimmen? Ausschlaggebend war sehr wahrscheinlich ein bestimmter Leistungstyp, welcher sich über einen langen Zeitraum bestens angepasst und bewährt hatte.
In dem 1894 erschienenen Buch „Rassen des Hundes“, beschreibt Baron v.Lazzarini aus Innsbruck die „Tyroler Bracken, welche bis jetzt als selbständige Rassen nicht anerkannt sind“ als leichte, mittelgroße, glatthaarige Hunde. Im Pustertal sind schwarzgelbe und im Oberinntal weiße, gelbgefleckte Bracken bekannt. Er erwähnt, dass die Südtiroler die
Jagd mit mehreren Hunden und dem Horn betreiben, wobei die Hunde leicht finden und mindestens eine halbe Stunde mit vollem Hals den Hasen jagen müssen. 1896 findet in Innsbruck die erste Hundeausstellung Tirols statt, und unter den zehn ausgestellten österreichischen Bracken befinden sich auch drei Tiroler Bracken, welche bereits nach den provisorischen Rassekennzeichen beurteilt werden. Wenn Richard Strebel 1904 in seinem
Buch „Die Deutschen Hunde“ schreibt, die „Tiroler Bracke ist nichts anderes als dieser Wildbodenhund“, so waren die Würfel für die Namensgebung Tiroler Bracke bereits 1894 gefallen, da von Tirol aus die Bestrebung zur Reinzucht dieser Hunde ausgegangen ist.
Die Gebirgsregion ist nach wie vor das Haupteinsatzgebiet der Tiroler Bracken.
In den Rassekennzeichen von 1908 werden in elf Punkten die allgemeine Erscheinung, Wesen, Kopf, Hals, Rumpf, Rute, Gliedmaßen, Farbe, Behaarung, Größe und Gang festgehalten. Zusammengefasst ist die Tiroler Bracke als mittelgroß, leicht, kräftig bemuskelt, lebhaft, schneidig, feinnasig, ausdauernd, spurlaut und unter Verwendung
als Bracke und Schweißhund beschrieben.
Die Grundfarbe ist schwarz oder rot oder rotgelb mit weißen Abzeichen an Fang, Blässe, Halsring, Vorder- und Unterbrustfleck, Rutenspitze. Dreifarbige: Schwarzer Sattel oder Mantel, gelbbraune oder rote Abzeichen, auch schwach angedeuteter Halsring. Fehlerhaft
sind ausgesprochene Schecken, zu breiter weißer Halsring, zu ausgedehntes Weiß über die Gliedmaßen. Die Behaarung ist dicht, eher grob als fein mit Unterwolle, Glatthaar oder Rauhaar. Die Größe ist für Rüden mit 44 bis 50 Zentimetern, für Hündinnen mit 42
bis 48 Zentimetern angegeben. Das Gangwerk ist raumgreifend, sehr schnell und
ausdauernd. Haben andere Rassen wesentlich rascher das Ziel zum Rassehund erlangt, so
hat die Tiroler Bracke viele Generationen überwinden müssen. Die offizielle Anerkennung
der Tiroler Bracke als Rassehund erfolgte am 9. und 10. Mai 1908 bei der Hundeausstellung in Innsbruck.
Historisch: Tiroler Brackenprüfung im Jahre 1954 in Kals
Mit einem bemerkenswerten Hinweis in der österreichischen Jagdzeitschrift „Waidmannsheil“, wird die Geburtsstunde der Tiroler Bracke folgend eingeleitet:
„Erwähnenswert ist es, dass auf dieser Ausstellung ein famoser Hund des Berufsjägers,
die bisher nur wenig gekannte Tiroler Bracke eine Rolle spielen wird, da für sie diesmal eigene Klassen existieren“.
Über diese, vom Verein zur Förderung der Rassehundezucht in Tirol veranstaltete Hundeausstellung wird in der Jagdpresse berichtet: „Den Hauptanziehungspunkt für das Jägerpublikum bildeten natürlich die Tiroler Bracken, die auf dieser Ausstellung zum erstenmale als anerkannte Rasse gerichtet wurden. Es waren deren 42 vorhanden und sie machten als sehr muskulöse Hunde mit
gutem Brustkasten einem dem Jägerauge sympathischen Eindruck …“ Die ersten Eintragungen von drei Tiroler Bracken Rüden und vier Hündinnen finden sich im Österreichischen Hundestammbuch 1909 unter den Österreichischen kurzhaarigen Bracken.
Neben dem Aussehen der Hunde sind auch deren Ausstellungspreise festgehalten. Die Farbenvariationen dieser Hunde erstreckten sich von schwarz mit braunweiß über rot-weiß, gelb und weiß gefleckt, weiß mit gelb, braun-gelb-weiß, schwarz-gelb-weiß bis rotbraun mit weißen Zeichen.
Rote Tiroler Bracke mit weißem Abzeichen. Wie fast alle Bracken sind sie sehr familienfreundlich.
Als spurlaute, ausdauernde Jagdhunde tragen Tiroler Bracken auch zum Jagderfolg
auf Drückjagden bei
Schwerpunkte im Ausstellungswesen stellen die Hundeausstellung Innsbruck 1910 mit 11 kurzhaarigen und drei rauhaarigen „Nonsberger Bracken“ (mittlerweile ausgestorben) sowie die Schau 1936 mit elf hochläufigen Bracken und 13 Niederbracken (unter 40 cm
Stockmaß) dar. Mit der Parole „von der Leistung zum Typ“ betreibt der im Jahre 1931 vom Tiroler Jagdschutzverein bestellte Richard Saurwein eine strenge Leistungszucht, die bis zum heutigen Tage Gültigkeit hat.
Die Rassekennzeichen von 1908 werden ab 1937 mehrmals bestätigt und bleiben bis 1995 im Wesentlichen unverändert. Im Jahre 1995 wird aufgrund einer Angleichung an dem von der FCI vorgegebenen Muster, der Standard geringfügig geändert. Die Schulterhöhe wird von 48 Zentimetern auf 50 angehoben und die weißen Abzeichen auf den Kopf, Fang, den Hals und die Rutenspitze eingeschränkt. Obwohl die weißen Abzeichen zurückgedrängt
werden und grundsätzlich die Leistungszucht im Vordergrund steht, ist dennoch eine entsprechende Farbenvielfalt erhalten geblieben, die auch auf genetische Vielfalt hinweist.
Innerhalb der FCI ist die Tiroler Bracke mit der Standard-Nr. 68 als Österreichische Brackenrasse in der Gruppe 6 (Laufhunde und Schweißhunde) gereiht. Im Standard wird sie heute als feinnasiger Jagdhund, der selbstständig sucht und ausdauernd jagt, mit ausgeprägtem Spurlaut, Spurwillen und Orientierungssinn, mit einer Schulterhöhe von 42 bis 50 Zentimetern, dichtem Stockhaar, in den Farben Rot und Schwarzrot (auch
dreifarbig), beschrieben. Im Gegensatz zu früher stellt sich die Tiroler Bracke im heutigen Erscheinungsbild einheitlicher dar. Vorrangig ist nach wie vor die Erhaltung ihrer besonderen jagdlichen Erbanlagen und Leistungen als Jagdhund geblieben.