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Reaktive Gehörschützer auf der Jagd

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Wieviel ist Ihnen Ihr Gehör wert? Sicher viel, denn gesunde Ohren sind immer noch unbezahlbar. Elektroakustische Gehörschützer kosten hingegen nur zwischen 230 und 600 Mark.

 

Zwei gegen einen: Die beiden grünen Gehörschützer stammen vom englischen Hersteller Peltor, unten der Sound-Trap und oben der Testsieger ComTac. Rechts daneben die schwarze Konkurrenz aus den USA – der Dillon HP mit ebenfalls sehr guter Dämmung

Von Sascha Numßen

Wer kennt die Bilder von früher nicht, wo auf Tontauben-Meisterschaften ein Durchgang nach dem anderen geschossen wurde – und keiner der Teilnehmer hatte einen Gehörschutz auf. Unterhält man sich heute mit einigen Akteuren von damals, muss man entweder sehr laut sprechen oder alles zehnmal wiederholen. Gott sei Dank hat sich das geändert, und Gehörschützer gehören zur Standardausrüstung – nein, sie sind sogar Pflicht. Und das ist gut so.

Schaumstoffpfropfen verschließen nur den Gehörgang – aber auch der Schädelknochen rund ums Ohr überträgt die Schallwellen auf das Innenohr. Kapselgehörschützer, auch scherzhaft „Micky Mäuse“ genannt, sind daher die bessere Wahl. Die normale Ausführung mit Dämm-Materialien ist heute jedoch technisch überholt, denn die Elektronik hat Einzug gehalten. Die neue Generation riegelt den Impulslärm ab rund 85 dB(A) – etwa der Lärm einer Baumaschine – ab, verstärkt die Umgebungsgeräusche und erlaubt dabei sogar Richtungshören. Was liegt näher, als solche reaktiven Gehörschützer auch auf der Jagd einzusetzen.

Aber die Jagd ist nicht der Schießstand, und deshalb sahen unsere Kriterien vor, dass der geeignete Gehörschützer leicht, zusammenklappbar und an den Seiten flach sein soll. So lässt er sich bequem in der Jackentasche verstauen, und auch der schnelle Anschlag beim Schrotschuss oder auf flüchtendes Wild bei der Drückjagd mit der Kugel wird nicht behindert. Eine Ausnahme stellt hier der Bilsom Targo Electronic dar. Die Firma hat keine zusammenlegbare Version im Programm.

Schon beim Betrachten fallen einige Details auf: Wie es sich für einen zünftigen Jagd-Gehörschutz gehört, sind vier der fünf Modelle grün, den Dillon HP 1 gibt es aber nur in schwarz und in blau. Warum nicht gleich signal-orange oder gelb? Für die Drückjagd wäre das ein weiteres Stück Sicherheit. Bilsom und Telcom sind mit gepolsterten Kunststoffbügeln ausgestattet, alle anderen Modelle haben mit Kunststoff oder Leder überzogene Metallbügel. Achtung Brillenträger: Beim Dillon drückte letzterer so fest auf die Ohren, dass die Brillenbügel schmerzende Druckstellen hinterließen und man nach zwei Minuten den Gehörschutz absetzen musste. Nach dem Aufbiegen des Metallbügels ließ die Druckkraft aber nach.

Trotz seines Gewichts von 360 Gramm bot der Peltor ComTac für mich als Brillenträger den besten Tragekomfort, aber auch die beiden leichtesten Modelle im Test, der Peltor Sound-Trap (255 Gramm) und der Telcom Target (261 Gramm), ließen sich ohne Probleme längere Zeit tragen. Im Sommer allerdings rinnt der Schweiß unter den Kunststoff-Dichtungsringen aller Kandidaten. So ist es nicht verwunderlich, dass man an ganz heißen Tagen gerne auf die altbewährten Stöpsel zurückgreift.

Die Mikrofone müssen zum Richtungshören nach vorn zeigen. Ein/Aus-Schalter beziehungsweise Lautstärkeregler sitzen beim Dillon, beim Peltor Sound-Trap und beim Telcom jeweils auf den Kapseln, beim Bilsom gibt es einen Drehregler links und beim Peltor ComTac zwei Druckknöpfe rechts an der Kapsel. Die separate Einstellung bei den drei erstgenannten Modellen bietet für Jäger, die auf den Ohren unterschiedlich gut hören, die Möglichkeit, jede Kapsel individuell einzustellen. Bedienungsfreundlicher ist jedoch die Version mit nur einem Drehregler des Bilsom oder die Doppelknopf-Variante des Peltor Com-Tac – beide Knöpfe drücken und der Schützer ist aktiv, noch mal Drücken und er ist wieder aus.

Technische Ausstattung

Der Batteriewechsel funktioniert bei allen fünf Modellen unterschiedlich: Peltors ComTac hat als einziger nur ein Batteriefach in der linken Kapsel. Alle anderen haben in jeder Kapsel entsprechende Batteriefächer. Beim Dillon und beim Bilsom werden sie von außen nach Abnahme des Deckels bestückt, beim Telcom werden zwei zum Ohr hin zeigende Schaumstoff-Laschen weggeklappt und je eine Batterie eingesetzt. Im Vergleich zur Konkurrenz funktioniert das beim Peltor Sound-Trap zu umständlich; denn hier müssen erst beide Dichtungsringe abgezogen werden, bevor die vier Batterien direkt rechts und links von den Platinen eingesetzt werden können.

Die Betriebszeit mit einem Satz Batterien beläuft sich laut Hersteller-Angaben auf 200 bis 700 Stunden. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als wären einige Geräte Stromfresser und andere nicht. Doch der Verbrauch ist von der Belastung abhängig. Wenn ein Gehörschützer auf dem Schießstand ständig den Schussknall abriegeln muss, verbraucht er mehr als einer, der nach vier Stunden Ansitz nur in der letzten Sekunde den Schuss dämmt.

Die fünf Modelle benötigen drei unterschiedliche Sorten von 1,5 Volt-Batterien: Mignonzellen AA, Mikrozellen AAA und Zellen der Größe N. Die Preise für gute Mikro- und Mignonzellen liegen bei etwa zwei Mark je Stück, die für Zellen Größe N (beim Telcom) bei 5,95 Mark. Damit kostet eine „Ladung“ beim Bilsom und beim Peltor ComTac vier Mark, beim Dillon und beim Peltor Sound-Trap acht Mark und beim Telcom 11,80 Mark.
Wenn wir schon bei den Batteriekosten sind, sollte auch die fehlende technische Einrichtung angesprochen werden, die anzeigt, ob das Gerät eingeschaltet ist oder nicht. Denn ein weggehängter, aber eingeschalteter Gehörschützer nutzt nicht viel, wenn die Batterien im entscheidenden Moment leer sind. Einziger Trost: Man kann ihn natürlich auch so aufsetzen.

Nur der Bilsom und der Peltor ComTac haben für den Fall der Fälle eine Abschaltautomatik. Sie hat für die Jagd den Nachteil, dass sie im entscheidenden Moment ausgehen kann. Deshalb verzichten einige Hersteller darauf. Der Bilsom geht nach vier Stunden automatisch aus, der Peltor ComTac hingegen warnt seinen Träger nach zwei Stunden durch ein akustisches Signal und schaltet dann erst nach einer Minute ab, wenn keine Funktion aktiviert wird.

Nun zur Dämmleistung, die bei reaktiven Gehörschützern etwa zwischen 23 und 30 dB(A) liegt. Sie ist bei allen Modellen gegeben – beim Bilsom (dank der massiven Kapseln) und beim Peltor ComTac vielleicht noch – für mein Empfinden – eine Ecke besser. Alle Modelle reagierten sofort und sperrten ihre Mikrofone.

Das Testergebnis

Dennoch ist es sehr schwer, eine Empfehlung zu geben, denn jeder Mensch hat anders geformte Ohren und Gehörgänge – und empfindet dadurch jeden Gehörschutz anders. Daher sollte man vor dem Kauf unbedingt den Sitz und die Funktion prüfen.

Für die Ansitzjagd halte ich elektroakustische Gehörschützer nur für bedingt geeignet, die Eigengeräusche des Jägers und der Wind machen sich zu stark bemerkbar. Und das nervt mit der Zeit. Aber trotzdem sollte man einen dabei haben und ihn vor dem Schuss – die Zeit hat man meistens – aufsetzen. Zwar macht die Dosis das Gift, aber viele ungeschützte Einzelschüsse über Jahre hinweg hinterlassen auch Spuren am Gehör. Auf der Drückjagd in Kombination mit einer Signalfarbe sind die „Micky Mäuse“ eine feine Sache, ihre Domäne aber ist für mich die Flintenjagd, zum Beispiel auf Tauben, bei der an einem Tag schon einmal 50 Schuss fallen – und bei der die Augen beim Entdecken der Beute mehr gefordert sind als die Ohren.

Der mit 228 Mark billigste Gehörschützer im Test, der Telcom, ist auch einer der leichtesten und lässt sich sehr angenehm tragen. Er riegelt schnell, aber nur befriedigend ab, dafür ist seine Mikrofonleistung sehr gut. Vergleichsweise teuer sind seine Batterien.

Ein absolutes Fliegengewicht und auch empfehlenswert ist Peltors Sound-Trap. Er leidet allerdings an einer nicht so klaren Mikrofonleistung, und seine Batterien sind nur relativ umständlich zu erreichen.

Bis auf den für meinen Kopf und meine Brillenbügel zu strammen Drahtbügel bietet der Dillon – ebenfalls mit einer separaten und damit für Hörgeschädigte individuell auf die Ohren anzupassenden Lautstärkeregelung – eine Alternative im mittleren Preissegment (322 Mark). Für ihn spricht auch seine gute Dämmleistung.

Bilsoms Targo Electronic ist leider nicht zusammenklappbar, und seine dickeren Kapseln behindern den schnellen Anschlag. Dafür bieten sie einen sehr guten Dämmschutz. Ein weiterer Pluspunkt beim Handling: nur ein Lautstärkeregler.

Unser Testsieger, der Peltor ComTac, trägt sich trotz seiner 360 Gramm so angenehm wie die beiden Leichtgewichte. Dämm- und Mikrofonleistung sind toll und die Ein/Aus-Schaltung sowie Lautstärkeregelung über die zwei Knöpfe an der rechten Kapsel besonders gut zu bedienen. Er ist mit 598 Mark auch der teuerste Gehörschützer im Test. Was aber sind schon 600 Mark für ein intaktes Gehör, vor allem auf einen Zeitraum von zehn oder 20 Jahren gerechnet. Dennoch mein Tipp: Erst anprobieren, dann kaufen.

Infos:

Telcom bei Telcom Avionics Systems,
Telefon 0 45 21/79 00 60, Fax 0 45 21/79 00 61;
Dillon bei IFS Shooting Supplies,
Telefon 0 26 51/7 15 53, Fax 0 26 51/7 15 54;
Peltor und Bilsom bei Alljagd, Frankonia,
Kettner und im Fachhandel.

 

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