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Der Adler meldet sich zurück

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Neue Zeiss-Produkte:
Anlässlich des Jubiläums „Hundert Jahre Zeiss-Zielfernrohre“ hat das Unternehmen ein gewichtiges Paket an Innovationen geschnürt: drei geliftete „Conquest“-Zielfernrohre, sechs neu gerechnete und verbesserte Modelle der Serie ZM/Z und als Sahnehaube drei Ferngläser, die ihresgleichen suchen. Wolfram Osgyan packt alles aus.

 

Die neuen Victorys von Zeiss mit unterschiedlich hoch eingerasteten Drehaugenmuscheln.So kann jeder Jäger individuell die passende Einstellung finden

Von Wolfram Osgyan

Für den Urgroßvater war „Zeiss – Made in Germany“ bereits der Inbegriff der optischen Qualität. Auch für die Nachfolgegenerationen in aller Welt avancierten die Produkte mit dem berühmten Aufdruck zu Objekten der Begierde, repräsentierten sie doch das jeweils optisch sowie mechanisch Machbare im höchsten Preissegment, verbunden mit Status und Prestige.

Was jedoch hundert Jahre währte, schien zur Jahrtausendwende zu bröckeln: Die Nobelmarke machte in Bereichen ihres Sortiments einen Diener hin zu einer weniger kaufkräftigen Klientel und tat das mit Abstrichen bei der Leistung. „Zeiss für Einsteiger“ wurde zum Schlagwort und zum Weckruf für Mitbewerber, die ihrerseits die Chance ergriffen, sich neu zu positionieren.

Ja, mancher sah sich gar ermutigt, Schwanengesänge auf den Marktführer zu komponieren. Zu früh, wie sich jetzt herausstellt. Und wer gar die ersten Töne angestimmt hat, dem dürften wohl die nächsten in der Kehle steckenbleiben. Zeiss, der Adler der Optik, hat sich nämlich zurückgemeldet. Und zwar so, wie es die Jünger von ihrer Marke erwarten: mit einem echten Paukenschlag und nicht nur mit Nachbesserungen.

Die Abbe-König-Prismen

Den „Kracher“ verkörpern drei Victory-Ferngläser der Kenngrößen 7×42, 8×42 und 10×42 T* mit dem Zusatz FL, die mit ihren Vorgängern nur zwei Gemeinsamkeiten aufweisen: den Namen und die Abbe-König-Prismen. Wenn man die letzten hundert Jahre Fernglasbau Revue passieren lässt, so schrumpften die optischen Siebenmeilensprünge der ersten Jahrhunderthälfte im letzten Jahrzehnt auf Meter, zuletzt sogar auf Spannen. Hinter vorgehaltener Hand wurde auch schon von teuer erkauften Prestige-Verbesserungen minimaler Dimension und nur mehr rechnerisch nachvollziehbaren Leistungssteigerungen gesprochen – das Ende der Fahnenstange schien erreicht, und der Optikbau werkelte bereits an seinen Grenzen herum.

Und plötzlich hat Zeiss – wie immer wieder in der Vergangenheit – eine Mauer durchbrochen und die Dinge mit einem Schlag in Fluss gebracht. Das Geheimnis lautet „fluoridhaltige Sondergläser mit anormaler Teildispersion“, die bis dato im Fernglasbau noch nicht verwendet wurden. Sie ermöglichen ein brillant-scharfes Bild mit naturgetreuer Farbwiedergabe und schalten Farbsäume so weit aus, dass sie dem Beobachter selbst unter misslichsten Lichtverhältnissen praktisch nicht mehr auffallen. Ferner gibt es zum Sehfeldrand hin keinen störenden Helligkeitsabfall mehr. Auch deswegen empfindet der Beobachter die Randschärfe als hervorragend. Besonderes Augenmerk legten die Konstrukteure zudem darauf, das Falschlicht gegen Null zu drücken. Sie schafften dies unter anderem durch eine ausgeklügelte Gestaltung des Innen-Gehäuses und bewirkten so die außerordentliche Brillanz des Bildes ohne störende Lichtreflexe.

Die Vorteile der verwendeten Prismen nach Abbe-König kennen wir bereits von der ersten „Victory“-Generation: Sie erlauben eine Bildumkehr ohne Lichtverluste. Die üblicherweise in Kompaktgläsern eingebauten Prismen nach Schmidt-Pechan bedürfen dagegen einer Spiegelfläche. Diese schluckt jedoch Licht in nennenswertem Umfang, so dass selbst bei raffiniertester Vergütung Transmissionswerte von 90 Prozent und mehr, wie sie die neuen „Victorys“ aufweisen, Illusion bleiben. Abbe-König-Prismen wiederum benötigen mehr Platz und damit ein voluminöseres Gehäuse. So wundert es nicht, dass die neuen Zeissianer mit Gardemaßen (166x138x128 Millimeter für das 7×42 FL beziehungsweise 173x138x128 Millimeter für das 8×42 FL und das 10×42 FL) in ihrer Klasse auffallen. Dennoch sind sie mit 755 Gramm (7×42), 775 Gramm (8×42) beziehungsweise 765 Gramm (10×42) nicht nur ausgesprochene Leichtgewichte, sondern sie unterbieten mit diesen Werten sogar die unmittelbaren Konkurrenten.

Was ganz besonderes

Möglich machen es die leichten Sondergläser sowie die Mischbauweise des Gehäuses mit einem Oberteil aus glasfaserverstärktem Polycarbonat (Glasfaseranteil 60 Prozent) und Objektivstutzen aus einer hochfesten Magnesium-Legierung. Zusammen mit einer geschlossenen Brücke und einer in Messingbuchsen gelagerten Mittelachse aus Stahl verspricht der Hersteller ein Höchstmaß an mechanischer Stabilität. Formgebung und Gummiarmierung verhelfen ferner dem Gehäuse zu einer ausgesprochen guten Handlage sogar mit Handschuhen. Desgleichen sind die Binokulare so abgedichtet respektive mit Stickstoff gefüllt, dass sie sich wasserdicht nach ISO 9022-81 nennen dürfen. Dusche, Wasserbad und Temperaturwechsel müssen sie demnach unbeschadet überstehen, und das reicht für den Alltagsbetrieb – egal wo, allemal. Vor Experimenten mit Wasserdampf sei allerdings an dieser Stelle gewarnt.

Fünflinsige Weitwinkelokulare erschließen maximale Sehfelder. Spitze sind hier die 150 Meter auf 1 000 Meter des 7×42 FL, gefolgt von den 135 Meter auf 1 000 Meter des 8×42 FL und den immer noch respektablen 110 Metern auf 1 000 Meter des 10×42 FL. Den unterschiedlichen Brillenfassungen tragen vierfach rastbare (4 Millimeter, 8 Millimeter, 12 Millimeter, 16 Millimeter) Drehaugenmuscheln Rechnung. Auf diese Weise sollen auch Brillenträger in den Genuss des vollen Gesichtsfeldes kommen.

In die Ferne schweifen

Der Fokussierbereich beginnt für alle drei Modelle bei zwei Metern. Mit nur einer Umdrehung der Walze im Uhrzeigersinn ist man bei unendlich angelangt und somit in der Lage, die Schärfe nachzuführen, selbst wenn sich Objekte sehr schnell bewegen.

Der Dioptrieausgleich von +/- 4 dpt ruht im Fokussierknopf. Um ihn zu aktivieren, wird der Knopf angehoben. Durch Hineindrücken wiederum lässt sich der ermittelte Wert dauerhaft speichern. Und um die Orientierung zu erleichtern, kennzeichnet eine Rastung den Nullwert.

Auch das Zubehör der neuen Victorys stellt alle Wünsche zufrieden, denn neben breitem Umhängeriemen, Schutzdeckeln für Objektive und Okulare komplettiert eine gepolsterte Corduratasche mit Trageband und Gürtelschlaufe die Grundausstattung. Desgleichen gibt es die Option von Stativadapter und Adapter für das Ansetzen des Zeiss 3×12 B Mono.

Mit seiner jüngsten Fernglasgeneration hat Zeiss eigentlich in allen für die Güte relevanten Bereichen die Führung zurückerobert. Mehr noch: Für die Mitbewerber dürften die „FL’s“ einen ziemlich harten Brocken darstellen. Nur in einer Disziplin üben sich zum allgemeinen Erstaunen die Zeiss-Verantwortlichen in (relativer) Bescheidenheit: Beim Preis (7×42: 1 400 Euro 8×42: 1 450 Euro, 10×42: 1 490 Euro) tragen sie nämlich die Nase nicht höher, sondern tiefer als ihre Konkurrenten. Der Endverbraucher wird das zu schätzen wissen, denn bislang wurde er darauf getrimmt, für mehr Leistung auch mehr zu bezahlen. Und vielleicht tröstet das hinweg, wenn auf dem Produkt eines Tages der diskrete Vermerk „Made in Germany“ fehlt und durch „Made by Zeiss“ ersetzt wird.

Kompakter und optisch leistungsfähiger als ihre Vorgänger

Dass gegen den Fernglas-Sprung die Zielfernrohr-Schritte ein wenig ins Hintertreffen geraten, mag jeder nachvollziehen. Ohne Zweifel wertet ein 50er Objektivdurchmesser anstelle des vormaligen 44ers die vorrangig für den Exportmarkt konzipierte „Conquest“-Serie auf, bringt er doch ein Plus an Dämmerungsleistung. Ob sich deswegen die Nachfrage im Inland merklich verstärkt, sei dahingestellt.

Doch die konstruktiven Maßnahmen bei den ZM/Z-Versionen Diatal 6×42 T*, 8×56 T* und den Diavaris 1,1–4×24 T, 1,5–6×42 T*, 2,5–10×50 T* sowie 3–12×56 T* lassen diese Modelle für den schmaleren Geldbeutel attraktiver erscheinen, sind sie doch neu gerechnet, leichter, kompakter und optisch leistungsfähiger als ihre Vorgänger geworden.

Das Plus an Leistung

Für alle gibt es als Option die Zeiss-Absehenschnellverstellung (ASV) und für die beiden „großen“ Diavaris Leuchtabsehen, die in Funktion sowie Technik denen der neuesten „Victorys“ gleichen. Also mit besserer Ausleuchtung durch zwei Leuchtdioden, automatischer Abschaltung der Beleuchtung nach drei Stunden, Memory-Funktion für die eingestellte Leuchtintensität nach dem Ausschalten, reduziertem Energieverbrauch und Ladeanzeige der Batterie.

Die Preise wiederum liegen zirka 18 bis 20 Prozent unter denen der „Victorys“, starten bei 712 Euro für das 6×42 Z und enden bei 1 450 Euro für das 3–12×56 T* ZM mit Leuchtabsehen. Sie könnten durchaus ein Anreiz sein, sich freiwillig in die Fänge des Adlers zu begeben.

Auch für Brillenträger eröffnen die „Victory-Gläser“ neue Dimensionen

 

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